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Karl Plepelits

Die Liebe liebt das Wandern

Ein erotischer Liebesroman





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Anstelle eines Vorworts: Einige Verse aus Schuberts Winterreise

          Die Liebe liebt das Wandern –

          Gott hat sie so gemacht –

          Von einem zu dem Andern.

          Fein Liebchen, Gute Nacht!

1

„Verschwindet, alle zwei! Verschwindet sofort! Auf der Stelle! Und lasst euch nie wieder blicken!“

Pause. Keine Reaktion.

„Habt ihr nicht gehört? Ihr sollt meine Wohnung verlassen, habe ich gesagt.“

Also sprach Bernadette Paterno, meine Studienkollegin und liebe, bis vor kurzem freilich nur platonische Freundin. Und die zwei Adressaten ihrer schönen Rede waren: Erstens Heidi Wegscheider, mein süßes Betthäschen, das mir der Liebesgott erst kürzlich unverhofft in die Arme getrieben hatte. Und zweitens ich, Walter Schüttengruber, Student der Romanistik und Anglistik an der Universität Wien.

Mein süßes Betthäschen Heidi hatte mich leider, von Bernadette in die Enge getrieben, gerade eben verraten. Denn eigentlich war sie Bernadettes Betthäschen, nicht meines. Dies war übrigens auch der Grund, warum Bernadette lange Zeit nur meine platonische Freundin war, und nicht etwa der Umstand, dass wir beide gar so keusch und tugendhaft gewesen wären. Doch nun waren wir, Bernadette und ich, nach längerer Abwesenheit in ihre (Bernadettes) Wohnung zurückgekehrt und hatten Heidi in ihrem Bett angetroffen, aber blöderweise nicht allein, sondern in zärtlicher Umarmung mit einer anderen Dame (die, nebenbei bemerkt, sofort das Weite suchte, ohne einen Ton von sich zu geben). Und sobald sich Bernadette von ihrer Überraschung und Bestürzung erholt hatte und wieder Herrin ihrer Sinne und ihrer Sprechorgane war, erteilte sie den zweien, die noch die Stellung hielten, also Heidi und mir, wie bereits erwähnt, den gar strengen Auftrag, ebenfalls das Weite zu suchen und uns nie wieder blicken zu lassen.

Da erst wandte ich mich um, schnappte mir mein Gepäck und trat zögernd den Rückzug an. An der Wohnungstüre angelangt, blickte ich noch einmal zurück, ob der strenge Auftrag vielleicht noch widerrufen wird.

Nein, wurde er leider nicht. Bis ins Innerste aufgewühlt, machte ich mich mit weichen Knien davon. Doch vor der Haustür angelangt, blieb ich stehen und wartete – worauf, wusste ich nicht. Immerhin, mein Warten wurde belohnt. Nur wenige Minuten später stand Heidi vor mir und blickte mich wortlos an, und ich blickte sie wortlos an. Ihre Wangen glühten wie Alpengipfel bei Sonnenuntergang. Ihre Brust hob und senkte sich in absurdem Tempo wie eine liebliche Hügellandschaft bei extremem Erdbeben.

Plötzlich brachen wir gleichzeitig in einen wilden Lachkrampf aus und fielen uns wie auf Kommando um den Hals.

 

2

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, war sicherlich nur meiner damaligen Unerfahrenheit in Liebesdingen zu verdanken.

Die heutige Jugend würde sich wohl totlachen, wüsste sie, wie blöd, sprich, wie unerfahren und obendrein gehemmt wir damals alle waren. Nein, alle natürlich nicht. Klar gab es Ausnahmen, die sich ihrer Erfolge bei den Frauen rühmten und damit prahlten, wie oft sie diese „glücklich machen“ konnten. Wobei natürlich immer noch die Frage ist, wie weit diese Prahlereien auf Tatsachen beruhten. Schließlich war der weibliche Teil unserer Generation nicht minder unerfahren und gehemmt – gehemmt sogar in noch weit höherem Ausmaß. Und das ist auch leicht verständlich. Die Frauen hatten früher immerwährende panische Angst vor unerwünschter Schwangerschaft. Erwünscht war sie höchstens dann, wenn man ihnen die Ehe versprach. Allerdings „musste“ dann unter allen Umständen geheiratet werden, auch auf die Gefahr hin, von den Eltern „verstoßen“ zu werden. (Die Pille war ja eben erst erfunden worden und wurde, vorausgesetzt, sie war überhaupt erhältlich, ausschließlich auf Rezept und ausschließlich verheirateten Frauen verschrieben.)

Also noch einmal: Meine jugendliche Unerfahrenheit in Liebesdingen war, im Licht des heute allgegenwärtigen Sexismus, phänomenal. Desgleichen meine Hemmungen. Dabei hatte ich eigentlich nie den Eindruck, als wäre ich für die Weiberwelt völlig uninteressant. Eher im Gegenteil. Viele meiner Kommilitoninnen an der Uni lagen mir buchstäblich zu Füßen.

Nein, das ist natürlich maßlos übertrieben. Aber sie schenkten mir süße Blicke, suchten meine Nähe, berührten mich wie unabsichtlich, ließen sich von mir mit Begeisterung auf dem Fahrrad in den Höfen der Universität im Kreis herumfahren. Und warum? Heute weiß ich’s: nicht, weil sie von mir einfach „glücklich gemacht“ werden wollten. Nein, geheiratet wollten sie werden. Manche von ihnen gaben das sogar ausdrücklich zu. Sie erzählten mir im Vertrauen, sie hätten nur deshalb an der Uni inskribiert, um sich einen Akademiker zu angeln. Ja, ja, für die „Anständigen“ war die Heirat damals alternativlos, die einzige logische Konsequenz eines Flirts. Und die anderen waren eben die „Flitscherln“, die Flittchen. (Auch weniger freundliche Bezeichnungen waren für sie im Umlauf.)

Ja, aber sooft meine Hand nur ein bisschen mutiger wurde und Stellen ihres Körpers zu berühren versuchte, die normalerweise tabu sind, wurde sie sofort wie eine lästige Fliege weggeklopft. Und da hatte ich von der betreffenden Dame sogleich die Nase voll, und ihre Jungfräulichkeit und ebenso meine Jungfräulichkeit, wenn ich es so nennen darf, blieben auf wundersame Weise bewahrt.

Eine Gelegenheit, sie zu verlieren, sprich, endlich ein Mann zu werden, ergab sich (theoretisch) erst in meinem dritten Semester nach einer Weihnachtsfeier des romanistischen Institutes im Jahre 1964. Während der Feier selbst lagen mir mehrere Kolleginnen quasi zu Füßen und bemühten sich, mir einen Gefallen zu tun, indem sie darin wetteiferten, mir Wein einzuflößen.

Nun ist die Sache die: In meinem Elternhaus war Weingenuss an und für sich ein höchst seltenes Ereignis. Und für Kinder und Jugendliche war Alkohol damals sowieso tabu. Und da ich ausschließlich über das wenige Geld verfügte, das ich mir selbst durch übrigens viel zu billig gegebene Nachhilfestunden verdiente, und Alkohol in jeglicher Form für mich daher praktisch unerschwinglich blieb, hatte ich naturgemäß auch in dieser Hinsicht entsprechend wenig Erfahrung. Die Folge war, dass ich auf besagter Weihnachtsfeier zusehends fröhlicher wurde und meine zweifellos anerzogene Scheu, Frauen zu „bedrängen“, umso mehr verlor, je höher der Alkoholspiegel stieg.

Natürlich tat ich coram publico, sprich, vor allen anderen, nichts dergleichen. Aber zweien meiner Kolleginnen dürfte diese Veränderung in mir trotzdem nicht verborgen geblieben sein. Denn als die Feier zu Ende ging, ließen sie mich in meiner Berauschtheit nicht im Stich, sondern fassten mich links und rechts unter und führten mich sicher durch die kalte Nacht. Und diese Stütze empfand ich nicht nur als außerordentlich reizvoll, sondern als mittlerweile dringend nötig. Doch während wir so meinem Elternhaus zu (oder wohin auch immer) schwankten – denn natürlich waren auch sie nicht mehr die Allernüchternsten –, begannen aus der Gegend meines Magens ein unangenehmes Gefühl und ein noch unangenehmerer Geruch aufzusteigen. Mit anderen Worten, mir wurde übel und mit jedem Schritt noch übler. Gleichzeitig wurde meine Fröhlichkeit mit jedem Schritt schwächer. Und als wir an einer kleinen Parkanlage vorbeikamen, schlug ich vor, uns auf einer Bank ein wenig auszuruhen. Wahrscheinlich dachten da meine zwei braven Begleiterinnen, aha, jetzt folgt eine kleine Liebesszene zu dritt, und auswählen wird er sich bestimmt die Zärtlichere, Leidenschaftlichere, Geilere von uns beiden. Jedenfalls bemühten sie sich redlich, mich in meiner Übelkeit zu trösten und mit kleinen Zärtlichkeiten zu erfreuen. Oder hatten sie vor, zu zweit mit mir zu knutschen, nach dem Motto: Doppelt hält besser?

Ich werde es nie erfahren. Denn dann kam die vermeintliche Liebesszene leider zu einem abrupten Ende.

Mich würgte es auf einmal in der Kehle. In Panik sprang ich auf und bewässerte das Gras mit all dem Wein, den ich getrunken hatte, und düngte es mit den Keksen und Kuchenstücken, die ich verzehrt hatte. Worauf meine braven Begleiterinnen und Trösterinnen ebenfalls aufsprangen und unverweilt im Dunkel der Nacht das Weite suchten. Ob sie sich zuvor verabschiedet hatten, wie es sich gehört, könnte ich nicht sagen. Zu jenem Zeitpunkt war ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt.

So endete der erste ernsthafte Versuch zweier Frauen, mich als potentiellen Ehekandidaten zu ergattern (oder mir eventuell sogar meine Jungfräulichkeit zu rauben; doch das halte ich für eher unwahrscheinlich). Wie ich allein nach Hause kam, weiß ich nicht. Aber es gelang zum Glück ohne weitere Katastrophe.

 

3

Da ich vorhin meine Tätigkeit als Nachhilfelehrer erwähnt habe: Damit hatte ich bereits als Gymnasiast begonnen und in meiner Bescheidenheit (sprich, Dummheit) pro Stunde nur fünf Schilling, also ein besseres Trinkgeld, verlangt. (In Euro umgerechnet wären das, man höre und staune, 36 Cent. Freilich war diese Summe damals deutlich mehr wert als heute – eben, ein besseres Trinkgeld.) Inzwischen verlangte ich zwar bereits das Doppelte, konnte mich aber über mangelnde Nachfrage nicht beklagen. Zumeist besuchte ich meine Schüler (und Schülerinnen) in deren eigener Wohnung, was ihre Eltern sehr begrüßten, besonders wenn es sich um Mädchen handelte. Denn so drohte ihrer Jungfräulichkeit natürlich keinerlei Gefahr.

Ein Beispiel gefällig, wie gehemmt ich anfangs war und wie gehemmt auch die jungen Damen waren?

Also gut. Da erlebte ich eines Tages Folgendes. Ich läutete an, mir wurde aufgetan, meine Schülerin geleitete mich ins Wohnzimmer, wo wir immer gemeinsam büffelten, und huschte wortlos wieder hinaus. Kurz darauf ging die Tür auf, und herein kam nicht sie selber, sondern ihre große Schwester, eine außergewöhnlich hübsche junge Dame. Sie begrüßte mich herzlich, setzte sich zu mir, schaute mir lächelnd in die Augen. Und schwieg.

Worauf wartete sie? Sollte ich mit ihr anbandeln? Ja, das hätte ich nur zu gern getan. Aber außergewöhnlich hübschen jungen Damen gegenüber fühlte ich mich ärgerlicherweise stets besonders gehemmt, noch dazu, wenn sie mir lächelnd in die Augen schauten und wenn die Situation mit jedem Atemzug noch peinlicher wurde. Nach unendlich scheinendem Schweigen ließ die Schönheit einen leisen Seufzer hören, erhob sich und verabschiedete sich höflich. Kurz darauf trat die Kleine ein, und die Nachhilfestunde konnte beginnen.

Eine einzige Schülerin hatte ich, die ließ bei aller Schüchternheit und Gehemmtheit erkennen, dass sie sich zu mir hingezogen fühlte. Sie hieß Amanda, besuchte bereits die Oberstufe und hatte in ihren Zeugnissen regelmäßig lauter Sehrgut. Nur in Französisch hatte sie zuletzt Gut bekommen, und ihr in meinen Augen übertrieben ehrgeiziger Vater bestand darauf, dass sie auch darin Sehrgut bekommen sollte. Nun gut, mir konnte es recht sein. Umso angenehmer waren die Nachhilfestunden bei ihr. Wie angenehm sie noch werden sollten, ahnte ich lange nicht.

Eine leise Ahnung stieg erst auf, als ich eines schönen Tages plötzlich mehrere köstliche Minuten lang ihr Knie an meinem Knie spürte. Nun, das konnte natürlich auch aus bloßer Unaufmerksamkeit, also zufällig und ohne jede Absicht geschehen sein. Aber in der nächsten Stunde spürte ich an meiner Wade ihren Fuß. Und das war garantiert kein Zufall mehr.

Wie reagiert man da als Kavalier, oder sagen wir, wenn man nicht als völliger Tölpel dastehen will? Entweder man entfernt mit sanfter Hand den vorwitzigen Fuß und bittet, sich mehr auf die Lektion zu konzentrieren. Oder man entsendet seine sanfte Hand auf Amandas nacktes, halb entblößtes Knie und entblößt es ganz. Und da Amandas Fuß die Wade des verblüfften Lehrers streichelt, streichelt eben dessen Hand zum Ausgleich Amandas Knie. Und da ein Knie bekanntlich eine viel zu geringe Angriffsfläche bietet, muss die Hand natürlich auch den Ansatz zum Oberschenkel streicheln. Und da jeder weiß, wie reizvoll sich dessen Angriffsfläche anfühlt, wagt sich die entzückte Hand immer weiter hinauf und landet schließlich dort, wo ihr ein erstaunlich feuchter Slip Einhalt gebietet.

All dies geschah im wahrsten Sinn des Wortes unterm Tisch. Überm Tisch wurde weiterhin fleißig Französisch getrieben. Nur einmal unterbrach Amanda ihre Übungen mitten im Satz, weil sie unversehens Schwierigkeiten beim Atmen hatte. Zugleich schaute sie drein, als sähe sie den Himmel offen so wie einst der heilige Stephanus, bevor er gesteinigt wurde. Dann lächelte sie mich schüchtern an und übte weiter ihr Französisch, als ob nichts geschehen wäre. Nur hatte ich jetzt selbst gewisse Schwierigkeiten, zwar nicht beim Atmen, wohl aber mit meiner Konzentration.

Solches wiederholte sich von da an in jeder Nachhilfestunde, und ihre Mutter begann mir vorzuschwärmen, wie nett mich Amanda finde, wie gut mein Unterricht doch sei und wie wunderbar er sich in Amandas Leistungen auswirke.

Und dann läutete ich eines schönen Tages an, und es öffnete nicht Amanda selbst, sondern ihre Mutter und erklärte, freundlich lächelnd, mit bedauernder Miene, Amanda habe leider dringend in ihre Musikschule müssen, wegen eines Schülerkonzerts, und telefonisch sei ich ja nicht erreichbar. (Tatsächlich hatten wir, das heißt, meine Eltern damals noch keinen Telefonanschluss.)

„Es hätte eh nichts genützt“, sagte ich lachend. „Ich komm ja direkt von der Uni.“

„Na, sehen Sie. Darf ich Sie zum Trost zu einer kleinen Jause einladen?“

O ja, das durfte sie sehr gern. Sie durfte mich sogar noch zu einem oder auch zwei Stamperln Likör einladen und genehmigte solche auch sich selbst. Und diese machten sie so fröhlich, dass sie mir, als ich mich endlich erhob und mich verabschieden wollte, um ihr nicht länger zur Last zu fallen, unverhofft um den Hals fiel und mir einen kurzen, aber ausgesprochen süßen Kuss auf die Lippen drückte.

Nun, überrascht war sie offensichtlich selbst. In Panik (falls diese nicht nur vorgetäuscht war) löste sie sich wieder von mir, schaute mich mit unbeschreiblich komischer Miene an und stammelte eine Entschuldigung.

„Aber nein“, erwiderte ich; ich stammelte ärger als sie selbst. „Das ist doch nicht ... So eine nette ... Ich gäbe viel dafür, wenn Sie ...“

„Wenn ich?“

„Wenn Sie das ... Wenn Sie das wiederholen könnten.“

„Ja? Soll ich?“

„O ja, bitte.“

Und sie? Sie fiel mir abermals und noch stürmischer um den Hals und küsste mich, dass mir Hören und Sehen verging. Und als sich wie von selbst meine eigenen Arme um ihre Schultern legten, presste sie sich mit aller Macht an mich und flüsterte ganz atemlos: „Ich bin die Senta.“

Und nach kurzem Schweigen: „Aber nur, wenn keiner zuhören kann, gell?“

„Ja, ja, selbstverständlich“, stammelte ich. „Und ich bin der Walter.“

Sie begann mich abermals zu küssen und überdies meinen Rücken zu streicheln, und ich verlor allmählich meine ganzen Hemmungen und erwiderte ihre Küsse und begann ihren Rücken und danach ihren Po und sogar, wenn auch ganz vorsichtig, als ob es reiner Zufall wäre, ihre Brust zu streicheln. Und auch ihre Hände gerieten auf mein Hinterteil und schließlich auf dessen Vorderseite. Sie hatte sicher längst gemerkt, dass diese plötzlich eine seltsame Ausbuchtung aufwies, die unangenehm gegen ihren Bauch drückte, und musste dieses seltsame Objekt natürlich untersuchen. Und um es besser untersuchen zu können, entfernte sie zuvor behutsam meine Hose und mit besonderer Vorsicht meine Unterhose und gab dann während ihrer Untersuchungen seltsame Geräusche von sich, wie man sie auszustoßen pflegt, wenn man sich einen besonders köstlichen Leckerbissen in den Mund steckt.

Nein, nein, in den Mund steckte sie sich den Leckerbissen nicht. Das kam erst später. Aber sie untersuchte ihn so gründlich mit ihren Fingern, dass er sich weiter aufzublähen schien und bald zu platzen drohte.

Um ein solches Unglück zu verhindern, entzog ich ihn schließlich ihren Händen, wusste dann aber nicht, was tun, um aus dieser peinlichen Situation wieder herauszukommen.

Aber Senta wusste, was zu tun war. Sie küsste mich erneut, aber nur flüchtig, veranlasste mich, auf einer Couch Platz zu nehmen, fiel vor mir auf die Knie, nein, hockte sich nieder, um mir Hose und Unterhose vollends auszuziehen, knöpfte mir das Hemd auf und zog es mir aus, veranlasste mich, mich auf der Couch hinzulegen, zog sich selbst den Slip aus, streifte ihr Kleid in die Höhe, sodass ich zu meinem Entzücken einen guten Blick auf ihre prallen Schenkel genoss, setzte sich kurzerhand über mich, ergriff, unsagbar süß lächelnd, mit der Hand den Leckerbissen, untersuchte ihn aufs Neue und steckte ihn sich langsam, und genüsslich stöhnend, in die Möse, behielt aber die Hand an Ort und Stelle und bewegte sie auf ihrer Klitoris hin und her, bewegte sich zugleich als Ganzes hin und her und wurde immer ekstatischer. Und so reizvoll, so angenehm, so süß meine Gefühle waren, sie überwältigten mich nur allzu bald. Der Leckerbissen platzte, explodierte in Sentas Möse, und ich wollte schreien und lag nur schweigend da und war total gelähmt. Und dann explodierte Senta selbst und stieß, wenn auch nur gedämpft, verzückte Schreie aus und ließ sich auf mich fallen und war danach ebenfalls total gelähmt.

Erst allmählich kam sie wieder zu sich, küsste mich, rappelte sich auf, untersuchte den mittlerweile geschrumpften Leckerbissen neuerlich.

„An Übung fehlt es ihm offenbar nicht“, sagte sie kichernd. „In wie viel Frauen ist er denn schon gesteckt? Falls man fragen darf.“

„In wie viel Frauen? Ha, in gar keiner. Außer jetzt gerade ...“

„Wie? Dann bin ich die allererste?“

„Aber sicher.“

„He, das ist ja ...“

Und ohne mir zu verraten, was das ist, machte sie sich über „ihn“ her, untersuchte ihn erneut und steckte ihn sich schließlich zu meinem Entsetzen, zu meiner Verblüffung, zu meinem Entzücken in den Mund. Zu meinem Entzücken deshalb, weil er sogleich wieder süße Gefühle über meinen ganzen Körper entsandte. Und weil ich spürte, dass er sich erneut aufzublähen begann und bald erneut zu explodieren drohte.

Doch nun war es mit meiner bisherigen Passivität vorbei. Ich rappelte mich selber auf, küsste Senta heftig (vielleicht sogar ein wenig grob), zog ihr nicht ohne Mühe und nicht ohne ihre Hilfe ihr Kleid aus, befreite sie sogar von ihrem BH, drückte sie meinerseits auf die Couch nieder, legte mich mit gebotener Vorsicht über sie. Gehorsam spreizte sie die Beine, ergriff den Leckerbissen, spielte ein Weilchen mit ihm an ihrem Schoß und steckte ihn sich abermals hinein. Aber durch ihr Beispiel angeregt, ließ ich meine Hände diesmal nicht müßig ruhen, sondern streichelte, so gut es eben ging, ihre Klitoris. Und der Erfolg blieb nicht aus. In erstaunlich kurzer Zeit explodierte Senta und stieß abermals, wenn auch diesmal nur gedämpft, verzückte Schreie aus, die in langanhaltendes leises Jammern oder Stöhnen übergingen. Und dann explodierte sie aufs Neue, und nun waren ihre Schreie nicht mehr sonderlich gedämpft. Erst danach explodierte ich selbst und war danach lange Zeit nicht nur gelähmt, sondern wie tot und dürfte sogar eingeschlafen sein.

Ich erwachte durch einen zärtlichen Kuss und die geflüsterten Worte: „He, du Verführer keuscher Ehefrauen! Dich geb ich nicht mehr her.“

„Ha?“

„Nur, sag, wie sollen wir das machen? Es darf ja keiner merken. Das muss unbedingt unser gemeinsames süßes Geheimnis bleiben.“

Senta blieb ein paar Augenblicke still und sagte dann: „Kann ich dich irgendwo besuchen?“

Bedauernd schüttelte ich den Kopf. „M-m. Ich wohne ja noch bei meinen Eltern.“

„Und ich wohne bei Mann und Kind. Hm. Weißt du was? Ich habe eine gute Freundin. Die wohnt allein. Mit der werde ich reden.“

Ja, jetzt hatte ich also meine Jungfräulichkeit verloren und fühlte mich hin- und hergerissen zwischen gewaltigem Stolz auf meine Eroberung und schleichendem Unbehagen. Einerseits hatte ich Gewissensbisse, weil ich Senta zum Ehebruch verführt hatte. Dass es genaugenommen umgekehrt war, spielte naturgemäß keine Rolle. Meine Gefühle ließen sich von diesem Argument nicht beeindrucken. Andererseits war mir Senta definitiv zu alt. Sie hätte ja meine Mutter sein können. Da wäre mir Amanda hundertmal lieber gewesen. Noch dazu, wo ich mit ihr ohnedies schon fast so etwas wie eine Affäre hatte. Wie sollte es also mit ihr weitergehen? Und wie sollte es mit Senta weitergehen?

Ja, wie ging’s mit Senta weiter? Nun, ihre „gute Freundin“ war offensichtlich eine liberal denkende Dame und stellte uns zu gewissen Zeiten ihre Wohnung zur Verfügung. Dort traf ich mich von nun an ungefähr einmal pro Woche mit Senta. Zwar konnte man nicht behaupten, dass ich in sie verliebt gewesen wäre. Aber sie war in mich verliebt. Sie war in mich vernarrt und ließ mich nicht nur ihren – zugegeben – noch immer durchaus attraktiven Körper genießen, sondern steckte mir sogar gelegentlich Geldgeschenke zu, die mich beschämten und in mir den Gedanken weckten, ich sollte dem sofort ein Ende setzen. Andererseits konnte ich das Geld sehr gut brauchen. Und so verschob ich das zweifellos unausweichliche Ende immer wieder. Außerdem, sagte ich mir, ist sie dann vielleicht sauer auf mich und erklärt auch meine Nachhilfe an Amanda für beendet. Und wenn ich in jemanden verliebt war, dann in sie, also in Amanda. Übrigens stand sie mittlerweile auch in Französisch auf Sehrgut. Aber da ihr Vater von ihren Fortschritten noch immer nicht ganz überzeugt war und Amanda selbst, laut Senta, mich und meinen Unterricht über den grünen Klee lobte, waren meine Dienste eben weiterhin gefragt.

Nun gut, mir sollte es recht sein. Nur, war Amanda selbst mit allen meinen Diensten zufrieden, oder erwartete sie sich mehr von mir, etwa gar eine Entjungferung? Angeblich genieren sich ja manche junge Mädchen vor ihren Freundinnen und Schulkolleginnen, wenn sie zugeben müssen, immer noch nicht entjungfert zu sein.

Irgendwann überwand ich meine immer noch bestehende Schüchternheit, entsandte meine Hand, bevor sie unter ihrem Kleid aktiv wurde, zunächst probehalber unter ihre Bluse, drückte ihr zugleich einen keuschen Kuss auf die Lippen und wurde reich belohnt. Amanda erwiderte meinen Kuss mit unerwarteter Leidenschaft, sodass ich mich dazu hinreißen ließ, ihr (auf Französisch) meine Liebe zu gestehen, was ihre Leidenschaft nur noch weiter anheizte. Und ich musste mich sehr beherrschen, um sie nicht wie ihre Mutter an Ort und Stelle zu vernaschen, sondern kühles Blut zu bewahren und an den Unterricht zu denken. Was ihr übrigens, das war deutlich zu erkennen, maßlos zu imponierte und ihre Verliebtheit ins Gigantische zu steigern schien. Jedenfalls wurde ich ab sofort in jeder Nachhilfestunde mit Küssen überhäuft.

Und dann geschah es, dass, während wir dem Küssen und dem Streicheln hingegeben waren, unversehens Senta vor uns stand. Wir hatten sie nicht kommen hören. Sie stand vor uns wie Lots Weib, nachdem sie in eine Salzsäule verwandelt worden war, wie in Mozarts Don Giovanni der Steinerne Gast, der erschienen ist, um den Frevler den Flammen der Hölle zu übergeben.

So stand Senta vor uns und machte ein Gesicht, als sähe sie ein gefährliches Monster, nein, zwei gefährliche Monster vor sich. Amanda und ich fuhren erschrocken auseinander und versuchten (natürlich vergeblich) so zu tun, als wären wir in unsere Arbeit vertieft. Aber Senta konnte sich wunderbar beherrschen. Sobald sie ihre Sprache wiedergefunden hatte, schickte sie Amanda mit tonloser Stimme aus dem Zimmer und übergab mich, den Frevler, den Flammen der Hölle – nein, zückte ihre Geldbörse, überreichte mir eine Zehn-Schilling-Münze und erklärte (mit gedämpfter Stimme), meine Nachhilfe für Amanda sei hiermit beendet, und ich möge mich nicht mehr blicken lassen.

Und mit noch leiserer Stimme: „Wie können Sie mich nur so enttäuschen! Schämen Sie sich nicht?“

Und als ich etwas zu sagen versuchte, um mich zu rechtfertigen – immerhin war Amanda als Erste „dran“ gewesen, und außerdem war sie nach wie vor unentjungfert (jedenfalls soweit es von mir abhing) –, rief sie mit bitterböser Stimme aus: „Ich will gar nichts hören. Verschwinden Sie auf der Stelle!“

Also verschwand ich wunschgemäß auf der Stelle, nicht ohne noch höflich Auf Wiedersehen zu sagen. Doch als ich auf dem Weg zur Wohnungstür das Vorzimmer durchquerte, sah ich Amanda in einer Ecke kauern – tränenüberströmt, von Schmerz zerfressen. Ich hielt einen Moment inne und wollte ihr schon einen Abschiedskuss geben, wagte es aber nicht. Mir gelang es lediglich zu murmeln, nein, zu stammeln: „Leb wohl, Amanda!“

Ihre Antwort? Verzweifeltes Aufschluchzen. Aber auch mir kamen die Tränen, während ich mich zögernd davonmachte.

Die Sehnsucht quälte mich noch lange.

 

4

Aber ich hatte Blut geleckt. Im Klartext: Auf die Freuden, die ich bei Senta kennengelernt und von denen ich schließlich auch bei Amanda einen Vorgeschmack bekommen hatte, wollte ich jetzt nicht mehr verzichten. Und überhaupt bedauerte ich zutiefst, sie erst jetzt kennengelernt zu haben.

Durch meine „Lehrzeit“ mit Amanda und Senta muss ich in meinem Wesen irgendwie verändert gewesen sein. Jedenfalls sah es zu meiner Überraschung so aus, als wäre ich mit einem Mal für die Damenwelt noch interessanter geworden. Trotzdem dauerte es geraume Zeit, bis ich erneut solche Freuden genießen durfte, wie sie mir Senta gespendet hatte.

Zwar, eine Freundin hatte ich schon längst. Sie hieß Bernadette, studierte dieselben Fächer wie ich, sprach entzückenden Vorarlberger Dialekt (den ich so schlecht verstand, dass ich lieber Spanisch mit ihr sprach) und war nicht nur lustig und charmant, sondern vor allem unglaublich hübsch, bei weitem hübscher als Amanda oder Senta, und hatte eine blendende Figur. Obendrein nannte sie eine rote Löwenmähne ihr Eigen. Die Folge war, dass ich, wann immer ich mit ihr zusammen auftrat, allüberall neidvolle Blicke erntete. Wodurch genau unsere Freundschaft zustande gekommen war, könnte ich gar nicht mit Sicherheit sagen. Tatsache ist, dass mich ihre auffallende Schönheit von Anfang an angezogen hatte wie eine Lichtquelle die Nachtfalter. Andererseits fühlte ich mich gerade durch ihr blendendes Aussehen besonders stark gehemmt, sogar noch nach meinen Erfahrungen mit Senta. Und bestimmt war ich nicht der einzige Nachtfalter, den das Licht von Bernadettes Schönheit blendete und anzog. Wieso hatte sie sich also ausgerechnet mich als Freund erkoren? Ja, wenn ich das wüsste. Vielleicht, weil sie irgendwie spürte, dass ich noch das reinste Unschuldslamm war und dass von mir keine Gefahr für ihre Jungfräulichkeit ausging? Übrigens zeigte sie sich zu meinem Entzücken ab und zu mit einer ebenfalls auffallend hübschen Freundin namens Heidi (was andererseits meine Hemmungen nur verstärkte).

Nun, mit Bernadette konnte man, wie man so schön sagt, Pferde stehlen. Im Studium erwies sie sich als große Hilfe. Wenn ich einmal verhindert war, eine Vorlesung zu besuchen, versäumte sie nie, in ihr Kollegheft ein Blatt Kohlepapier und darunter ein weißes Blatt einzulegen und so für mich mitzuschreiben. (Umgekehrt schrieb natürlich ich, wenn nötig, auf dieselbe Weise für sie mit). Sie geizte auch nicht mit ihren Küssen. Nur waren die ganz anders als Sentas oder auch Amandas Küsse, nämlich, jedenfalls für mein Gefühl, ganz ohne Leidenschaft, eher so, wie eine Mutter ihren Sohn küsst (oder zumindest küssen sollte; da soll es ja Ausnahmen geben). Und da sie sich mir gegenüber auch sonst ausgesprochen zurückhaltend verhielt, wagte ich es in meiner Gehemmtheit nicht, ihr körperlich näherzukommen. Dazu bedurfte es erst eines inneren Antriebs, der mir meine diesbezüglichen Hemmungen nahm.

Diesen inneren Antrieb erhielt ich erst durch die Weihnachtsfeier des Jahres 1966, also zwei Jahre nach jenem fatalen Missgeschick mit den zwei Begleiterinnen, die möglicherweise auf eine kleine Liebesszene zu dritt hofften. Und natürlich war auch diesmal wieder der Alkohol im Spiel. Unterdessen war ich allerdings gewarnt und hütete mich, ihn mir in allzu großen Mengen einzuverleiben. Und nach der Feier durfte ich, o Jubel, o Freud, Bernadette zum ersten Mal zu Hause besuchen. Das heißt, sie fragte mich, ob ich sie eventuell heimbegleiten könnte, und ich sagte, das wäre mir eine Ehre und eine Freude.

Und so entdeckte ich zu meiner Überraschung, dass sie eine eigene kleine Wohnung besaß, quasi eine sturmfreie Bude, wie man das damals nannte. Ich musste daran denken, wozu eine sturmfreie Bude gut ist. Sicher wartete Bernadette doch nur darauf, dass ich als Mann die Initiative ergreife, wenn sie mich schon mitgenommen hat. Und da infolge des Alkohols, den ich intus hatte, meine bisherigen Hemmungen unverhofft verschwunden oder zumindest zurückgedrängt waren, traute ich mich endlich, aktiv zu werden. Nach nur kurzem Zaudern fiel ich, wohlgemerkt, nicht allzu wild über Bernadette her und ließ sie meine unterdessen ins Gigantische gestiegene Leidenschaft spüren, um ihre eigene, bisher, wie ich vermutete, ebenfalls durch Hemmungen zurückgehaltene Leidenschaft aus ihrem Dornröschenschlaf wachzuküssen.

Und was geschah? Bernadette wehrte ihren vermeintlichen Märchenprinzen entschlossen ab, entzog ihm ihre Lippen, entzog ihm ihren ganzen göttinnengleichen Körper, nahm mich bei der Hand, bat, ihr nicht böse zu sein, aber ...

Hier stockte sie, und ich dachte, aha, sie will wahrscheinlich ihre Jungfräulichkeit bis zur Hochzeitsnacht aufsparen, wie es ja die katholische Kirche vorschreibt.

Aber nein: „Weißt du, ich stehe nicht auf Männer.“

„Aber ich bin doch eh nur einer“, sagte ich verblüfft in meiner sagenhaften Naivität, während sie wieder eine Kunstpause einlegte. „Das ist ja ein Unterschied, ob du nur einen oder gleich mehrere auf einmal ...“

Sie lachte herzlich. „Aber, liebster Walter, so meine ich das ja nicht.“

„Also bin doch noch dein liebster Walter?“

„Aber ja, sicher. Nur, weißt du ... Na ja, ich stehe halt nicht auf Männer, sondern auf Frauen.“

„Ha? Wie geht das?“

Ich muss ein extrem dummes Gesicht gemacht haben. Denn Bernadette lachte abermals hell auf, nicht verächtlich oder so, sondern verständnisvoll. Ja, sie verstand mich. Aber ich verstand sie nicht. Ich hatte tatsächlich keine Ahnung, wie das gemeint sein könnte. Ich hatte von dergleichen noch nie gehört.

Nun, Bernadette gab sich alle Mühe, mich aufzuklären. Ja, und ihre Leidenschaft sei eben auf Heidi gerichtet, aber leider nicht auf mich, so gern sie auch mit mir zusammen sei. Und sie beschwor mich, dieses Geheimnis ja nicht auszuplaudern und sie deshalb auch nicht zu verstoßen.

Über den Ausdruck „verstoßen“ musste nun ich hellauf lachen, versprach ihr aber natürlich beides und wurde dafür mit einem zarten Kuss belohnt. Das war natürlich bestenfalls ein Trostpreis, und als ich anschließend heimwärts wanderte, fühlte ich mich sehr ernüchtert.

Aber etwas hatte sich als Folge dieser Begebenheit doch verändert: Besuche bei Bernadette wurden mir ab jetzt zu einer lieben Gewohnheit. Ich sagte mir, eine platonische Freundin ist immer noch unendlich besser als gar keine Freundin. Und dies nicht nur wegen der neidischen Blicke der anderen. Denn nun hatten wir wesentlich mehr Zeit, um miteinander zu studieren oder zu fachsimpeln, zumal an Sonn- und Feiertagen und in den Ferien. (Das klingt jetzt zwar höchst reizlos, um nicht zu sagen langweilig, war aber in Wirklichkeit jedes Mal ein Vergnügen.) Und ich schwöre, zarte Küsse sind immer noch unendlich besser als gar keine weiblichen Berührungen.