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Wilfried A. Hary, Werner K. Giesa

STAR GATE 179-180: Alarm auf Phönix

„Die Suche nach der zweiten Basis – und ein Planet im Ausnahmezustand!“


Nähere Angaben zum Hauptautor und Herausgeber der Serie Wilfried A. Hary siehe Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary


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80331 München

STAR GATE – das Original 179-180:

 

Alarm auf Phönix

- Werner K. Giesa und Wilfried A. Hary:

Die Suche nach der zweiten Basis – und ein Planet im Ausnahmezustand!“

 

Die Basis ermöglicht den Terranern auch nach der Befreiung von der kyphorischen Besatzungsmacht latent die Kontrolle über das gesamte STAR GATE-Netzwerk des Bundes von Dhuul-Kyphora. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Zentralrechner der Basis abstürzt. Eine Sicherheitsabschaltung, weil ein Cheekah die falschen Fragen stellte und den Rechner zu einer Antwort zwingen wollte?

Ken Randall macht sich mit Tanya Genada und Tanith Callahan an Bord der EXCALIBUR auf, die zweite Basis und somit vielleicht dort die Lösung ihres Problems zu finden…

 

Impressum

 

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

Diese Fassung: © 2018 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855

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Coverbild: Lothar Bauer, Coverhintergrund: Anistasius, Logo: Gerhard Börnsen

 

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Clint Fisher hatte den Funkspruch der EXCALIBUR mit Besorgnis entgegengenommen.

Ein Kontrollanruf in der Basis verriet ihm das Ausmaß der Katastrophe.

Er verzichtete darauf, die EXCALIBUR jetzt noch anfunken zu lassen, bevor sie den Transit einleitete. Auch wenn Randall oft nicht seiner Meinung war, schätzte Fisher dennoch dessen Fähigkeiten und Entschlusskraft. Mit seinem eigenmächtigen Start in Richtung Unendlichkeit war er nur einer entsprechenden Anweisung Fishers zuvorgekommen - und hatte diesem angesichts des Zwitterstatuses der EXCALIBUR und ihrer Mannschaft einen langwierigen Verwaltungskrieg erspart.

Es gab wichtigere Dinge zu tun. Jene zum Beispiel, deretwegen Fisher nicht nur Thaier, sondern auch Haiko Chan zum Sidney-STAR GATE geschickt hatte.

Immerhin galt es, König William von den Vorfällen zu unterrichten. Was der dann dem Kronrat vortrug, war dessen Sache.

An die Monarchie und die damit verbundenen Gebräuche konnte Fisher sich nicht so schnell gewöhnen. Es drehte ihm fast den Magen um, als er das Sichtsprechgerät benutzte und den vorgeschriebenen Text herunterzuleiern hatte:

„Ich bitte um eine Audienz bei seiner Majestät. Es ist äußerst dringend.“

Und als die Robotstimme ihm antwortete: „Seine Majestät gewährt Ihnen Audienz in zweiundzwanzig Minuten in seinem Büro“, erlitt er fast einen Hustenanfall.


*


Tanith Callahan hatte richtig beobachtet, als sie vor ihrer Abreise in Sydney am STAR GATE Jerry Bernstein zu sehen geglaubt hatte.

Bernstein hatte gerade das Taxi verlassen und schritt zur ersten Kontrolle. Er schob seine ID-Card in den Spalt des Abtasters, bis die Sperre geöffnet wurde.

Noch hielt ihn niemand auf.

Seine linke Hand umklammerte den Griff des Koffers. Wahllos hatte er im Hotelzimmer alles zusammengerafft. Nichts war zurückgeblieben. Wenn es hinterlegte Aufzeichnungen gegeben hatte, lagen sie jetzt mit dem anderen Kleinkram, den er sich in der Hektik nicht angesehen hatte, in seinem Koffer. Niemand würde im aufgegebenen Hotelzimmer noch Rückschlüsse ziehen können.

Die Anwesenheit Tanith Callahans hatte er zwar erwartet, aber sie hatte ihn irritiert. Er war froh, dass sie inzwischen bereits mit dem Beiboot der EXCALIBUR in den Weltraum unterwegs war. Bis sie hier, in Sidney, von irgendwem zu seiner Person hätte befragt werden können, befand er sich längst nicht mehr im Sonnensystem.

An der zweiten Sperre hatte er abermals seine ID-Card vorzuweisen. Zusätzlich wurden sein Gepäck und er durchleuchtet.

Aber die Maschinen fanden nichts, das verdächtig gewesen wäre.

Für die Dauer einiger Sekunden empfand er das Austricksen der Sicherungen fast wie eine sportliche Übung; dann aber entsann er sich, dass es um mehr ging - um viel mehr.

Die Dinge waren ins Rollen gekommen. Es gab kein Zurück mehr. Er musste da jetzt durch und konnte nur hoffen, dass die Vorarbeiten perfekt genug gewesen waren.

An der dritten Sperre stand ein Beamter des TSD, der Bernstein scharf ansah. Hinter ihm waren fünf Kampfroboter in Bereitschaft. Sie waren von den Kyphorern übernommen und mit terranischen Programmen versehen worden - eine Arbeit, für die hauptsächlich ausgerechnet Tanith Callahan verantwortlich zeichnete.

Als die Kyphorer das Sonnensystem hatten verlassen müssen, hatten sie alles eingeführte technische Gerät zurückgelassen. Das waren unter anderem nämlich die Bedingungen des Kapitulationsvertrages gewesen.

„Sie suchen dich schon“, sagte der TSD-Beamte leise. „Ihre Elektronik ist verdammt weit entwickelt. Weiter, als wir gedacht haben. Ich muss dich verhaften.“

Bernstein sah ihn starr an.

„Komm mit“, sagte der Beamte.

Er sprach in sein Armbandfunkgerät.

„Thaier hier. Ich muss kurz abgelöst werden. Eskorte. Ich habe einen Verdächtigen.“

Hinter Bernstein hatte sich eine Warteschlange gebildet. Die am weitesten vorn stehenden Menschen, die ebenfalls die Sperre passieren wollten, versuchten der leise geführten Unterhaltung zu folgen. Doch sie bekamen nichts mit.

Ein wohlbeleibter Mann, der den Eindruck eines erfolgreichen >Berufsurlaubers< machte, wurde laut.

„Warum geht es nicht weiter da vorn? Was ist denn los?“

„Gedulden Sie sich“, sagte der TSD-Beamte mit unüberhörbarer Schärfe. „Sie sind noch früh genug dran. Mit einem Flugzeug wären Sie länger unterwegs, vergessen Sie das nie!“

Bernstein grinste. Offensichtlich hatten die Menschen sich unglaublich schnell daran gewöhnt, die Benutzung eines STAR GATES als alltäglich zu akzeptieren. Vor der Invasion hatten sie nicht einmal gewusst, dass es diese Transmitter gab, und noch vor einem halben Jahr war ihre Existenz nur den Kyphorern selbst und den Rebellen als echt bekannt gewesen. Alle anderen hatten nur von Gerüchten gewusst.

Aber ein halbes Jahr hatte genügt, die Nullzeit-Beförderung über größte Distanzen zu akzeptieren.

Nur die nichtsolaren Planeten waren nach wie vor Sperrzonen. Ausschließlich Angehörige des TSD durften >PHÖNIX< betreten, und zur geheimnisvollen Welt der rätselhaften Cheekah gab es gar überhaupt keine Transmitterverbindung.

Bernstein sah nach rechts.

Fünfhundert Meter weiter glitten Lastengleiter in die Sperrzone und wurden ständig scharf kontrolliert. Ein Vorstoß Unbefugter würde dort unweigerlich scheitern.

Ein anderer TSD-Mann näherte sich. Er warf Bernstein einen überraschten Blick zu.

„Oh“, sagte er nur.

„Ich eskortiere ihn“, sagte der erste.

Er schob seine Dienstkarte in den Aufnahmespalt des Abtasters und tastete Namen und Anwesenheitsunterbrechung ein.

Dann schob der andere seine Karte ein und tippte:

Vorübergehende Ablösung.“

Laut fügte er hinzu:

„Okay, Thaier, Sie können mit dem Burschen verschwinden.“

Der Beamte, der sich Thaier nannte, legte die Hand auf Bernsteins Schulter und zog ihn mit sich.

„War das ein Spion oder ein Verbrecher?“, fragte der >Berufsurlauber< aufgeregt, als er sich der Überprüfung unterzog.

„Geht Sie nichts an, Mister. Alles okay, gehen Sie weiter. Folgen Sie den Leitmarkierungen zum Warteraum. Ihr Transit hat noch neunundzwanzig Minuten Zeit.

Der Nächste, bitte!“

Währenddessen näherten sich Bernstein und sein Begleiter dem Verwaltungstrakt neben der STAR GATE-Pyramide.


*


Mit 0,87 Prozent Lichtgeschwindigkeit stieß die EXCALIBUR in das System der Sonne Tarr vor, die von einem einzigen Planeten umlaufen wurde, der die kyphorische Bezeichnung 3-GHAL trug.

Die Ortungen der EXCALIBUR arbeiteten auf Hochtouren. Ken wollte sich nicht vom Auftauchen gegnerischer Raumer überraschen lassen. Nur zu deutlich war ihm bewusst, dass im Einflussbereich des Bundes die überlichtschnelle Raumfahrt in der Form von Transitionen durch den Nullraum, von Wissenschaftlern auch Äthermorph genannt, nur den Kyphorern erlaubt war. Eine Entdeckung hätte zur Folge, dass man sie mit allen Mitteln angreifen und vernichten würde.

Aber das Tarr-System schien leer von Raumflugkörpern zu sein.

Achmed Rashid meldete sich aus der Astro-Abteilung:

„Randall, der Planet liegt in der Biosphäre des Sternes. Wir müssen mit hochentwickeltem Leben rechnen. Tarr ist ein nicht gerade junger Stern, und dementsprechend dürfte auch 3-GHAL alt genug sein, um Leben zu tragen. Wir können mit Intelligenzen rechnen.“

Er ließ die Daten folgen, die er über den Stern und seinen einzigen Trabanten gesammelt hatte.

Tarr war eine rote Sonne, die den Höhepunkt ihres Daseins überschritten hatte. 3-GHAL war erdgroß und umlief die Sonne in einer Entfernung von weniger als einer Astronomischen Einheit. Demzufolge musste ein überwiegend tropisches Klima herrschen, noch etwas heißer als auf Cheekan.

„Unseren cheekanischen Freunden dürfte es entgegenkommen“, behauptete Rashid. „Die mittlere Temperatur liegt im Sommer sogar in der sogenannten gemäßigten Zone vermutlich bei über dreißig Grad.“

Das bedeutete eben Spitzen von annähernd 45 bis 50 Grad sogar in dieser gemäßigten Zone. Irdisches Leben im Äquatorbereich gar wäre unter diesen Umständen auszuschließen gewesen.

„Also ein Planet, auf dem chemische Reaktionen erheblich schneller ablaufen als auf der Erde“, folgerte Randall außerdem. „Haben Sie Daten über die Atmosphäre?“

„Der Lichtbrechung nach muss es einen hohen Sauerstoffanteil geben. Näheres können wir erst feststellen, wenn wir in die Atmosphäre eintauchen. Unsere Tronic behauptet zwar, eine Fernanalyse erstellen zu können, aber ich traue ihr nicht.“

Ken nickte.

„Gut, warten wir die Feinanalyse vor Ort erst einmal ab. Achmed, ich nehme an, dass wir auf dem Planeten atmen können?“

„Wenn es nicht extreme Giftgasanteile gibt - ja“, prognostizierte der Astronom. „Um den Rest kümmert sich dann das Spacelab.“

„Danke!“

Rudolfe Calaroni hatte an seiner Ortung nichts zu melden.

„Das System ist so tot, wie es nur sein kann! Keine Trabanten, keine Satelliten, keine Energieechos von Kraftwerken auf dem Planeten.“

Ken hatte es schon lange aufgegeben, sich darüber zu wundern, wie leistungsfähig die Ortungen der EXCALIBUR waren. Arbeitende Energieerzeuger ließen sich mühelos über eine Distanz von einigen Lichtwochen anmessen, und auch die Masse-Ortung hatte eine ähnliche Reichweite und Präzision. Wenn Calaroni behauptete, es sei nicht feststellbar, dann gab es auf 3-GHAL auch nichts.

Das änderte sich auch nicht, als die EXCALIBUR sich dem Planeten bis auf eine Lichtsekunde genähert hatte.

„Langsam beginne ich an den Speicherdaten der Tronic zu zweifeln“, sagte Tanith leise. „Wir müssten doch die Kraftwerke der zweiten Basis anmessen können! Oder sollte das ganze Ding tot sein? Dann nützt es uns herzlich wenig.“

„Wir gehen in fünfzehntausend Kilometern Höhe über dem Planeten in den Orbit“, beschloss Ken. „Wir werden dann, wenn wir unsere Parkposition erreicht haben, alle zehn Beiboote ausschleusen, die den Planeten abzusuchen haben. Schade, dass wir keine genaue geographische Position der Basis haben.“

„Ich fliege selbst mit“, bot Tanya Genada sich an.

Ken nickte. Sein l. Offizier war entbehrlich. In Notfällen ließ sich der ganze Raumer mit einer dreiköpfigen Zentrale-Besatzung fliegen. Die EXCALIBUR besaß aber ihre Sollstärke von 90 Raumfahrern, einschließlich der wissenschaftlichen Abteilungen.

Damit war die Kapazität des Raumers noch lange nicht erreicht, der in der Lage war, rund 500 Personen Platz zu bieten.

Der Dodekaeder glitt näher an den Planeten heran. Alles war nach wie vor ruhig.

Zu ruhig!

Ken war und blieb misstrauisch. Er musste an die Schwierigkeiten denken, die sie seinerzeit gehabt hatten, als sie auf dem Planeten >Trick Stop< den Einweg-Transmitter gesucht hatten, der >Trick Stop< mit der Basis verband. Das One-Way-STAR GATE war unglaublich stark abgesichert und mit Fallen gespickt gewesen.

Warum sollte es hier anders sein?

Vielleicht war 3-GHAL sogar nur eine Zwischenstation, so wie es >Trick Stop< gewesen war?

„Rudolfe, nichts Neues?“

Calaroni verneinte.

„Beneret, halten Sie Ihre Feuerorgel klar. Aber warten Sie Befehle ab!“

„Glaubst du, dass wir angegriffen werden?“, raunte Tanith erschrocken.

„Ich glaube gar nichts“, erwiderte Ken. „Aber ich traue diesem Planeten nicht über den Weg. Der ist mir einfach zu ruhig und tot.“

Im gleichen Moment gab die Tronic Vibrations-Alarm - und der Planet 3-GHAL schlug zu!


*


In einem Büro des Verwaltungsgebäudes fühlte sich Bernstein keine Sekunde lange bedroht. Der TSD-Beamte drückte ihm sogar auch noch einen Blaster in die Hand.

„Hier, durch die Kontrollen bist du durch, und drüben wird dich keiner mehr überprüfen, wenn ich das richtig sehe. Alle gehen davon aus, dass hier eine hundertfache Siebung stattfindet.“

„Außerdem bin ich Jerry Bernstein. Mich kennt dort jeder.“

Bernstein schob den Blaster in die Innentasche seiner Lederjacke.

„Verhört habe ich dich jetzt“, behauptete der TSD-Beamte. „Okay, du kannst also jetzt entwischen. Du hast mich gezwungen, dir die Transmittereinstellung zu verraten, bloß erwache ich erst aus der Bewusstlosigkeit, wenn du wieder weg bist, okay?“

„Alles klar“, bestätigte Bernstein.

Der Beamte drückte ihm eine Folie in die Hand. Sie stellte Zahlenwerte dar, die der Steuerung des Transmitters eingegeben werden mussten, um die Normung auf den entsprechenden Empfänger einzustellen.

„Gibt es einen Sicherheitscode?“, erkundigte sich Bernstein abschließend.

„Nein. Die Männer, die den Transmitter schalten, sind zehnfach überprüft und vereidigt. Nur sie kennen die Normung überhaupt. Und die im Transmitterbereich eingesetzten TSD-Leute natürlich“, fügte er hinzu. „Mich wundert, dass sie mich akzeptiert haben. Immerhin bin ich neu hier.“

„Es gibt immer mal Neulinge. Warum soll also nicht auch ein Claus Thaier zum Transmitterdienst versetzt werden?“

Bernstein grinste.

„Ich bin jetzt unterwegs“, fügte er hinzu.

Er verließ das Büro, in dem der TSD-Beamte ruhig zurückblieb.

Erst als Bernstein gegangen war, öffnete der Beamte ein Etui und entnahm ihm eine hauchdünne Folie. Er drückte sie gegen seine Schläfe. Im nächsten Moment verschmolz die Folie mit der Haut, verfärbte sich und sah aus wie eine gefährliche Platzwunde.

Sorgfältig trug der Beamte noch Spuren einer dunklen Paste auf, die den Eindruck schlecht abgetupften geronnenen Blutes hinterließ.

Als er in die spiegelnde Fläche des Fensters sah, war er mit seiner Arbeit in jeglicher Hinsicht zufrieden.