Hoffnung am Horizont

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Love in Boothbay Harbor - 2

Kerry Greine

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Hoffnung am Horizont

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Hoffnung am Horizont

1

Das Flugzeug schlingert kurz, als es in ein Luftloch fällt. Oh herrje, ich hasse fliegen. Zum Glück setzen wir gerade zur Landung an. Nach den Turbulenzen der letzten Stunde habe ich das Gefühl, meinen Mageninhalt nicht mehr lange kontrollieren zu können. Das Flugzeug setzt nicht gerade sanft auf dem Rollfeld auf, doch die Passagiere klatschen alle artig. Schließlich hat der Pilot uns unbeschadet durch die Luftlöcher gebracht und wir sind nicht abgestürzt. Ich atme tief durch, als die Anschnallzeichen endlich erlöschen und alle Leute gleichzeitig versuchen, auf die Ausgänge zuzuströmen. Zum Glück habe ich gleich wieder festen Boden unter den Füßen. Noch schnell meine Koffer holen und dann nichts wie ab nach Hause.

An den Gepäckbändern ist wie erwartet ein Riesengedränge. Ich werde von allen Seiten geschubst, Ellenbogen rammen in meine Rippen und eine Frau mit Highheels tritt mir voll auf die Zehe. Das gibt bestimmt einen blauen Fleck. In diesem Tumult schaffe ich es nicht einmal in die Nähe der Bänder. Na ja, dann hole ich mir halt erst einen Gepäckwagen. Suchend schaue ich mich um, während ich durch die Ankunftshalle stolpere. Als ich endlich einen ergattert habe und zurück zum Gepäckband komme, auf dem auch mein Gepäck gleich ankommen dürfte, leert sich die Halle allmählich und ich halte nach meinen Koffern Ausschau. Nur noch wenige fahren auf dem Band im Kreis, aber meine sind leider nicht dabei. Ich warte noch zehn Minuten, aber sie tauchen nicht auf. Oh bitte, nicht das auch noch. Da bin ich froh, nach über dreißig Stunden unterwegs, endlich nach Hause zu kommen und jetzt darf ich mich noch auf die Suche nach meinen Koffern machen. Ich gehe zum Schalter meiner Fluglinie und frage die gelangweilt aussehende Dame dahinter. Erst guckt sie mich sekundenlang nur an, als würden wir nicht dieselbe Sprache sprechen, aber dann kommt sie tatsächlich in Bewegung. Nach einigen Minuten Suche im Computer hat sie die ernüchternde Auskunft „Ist wohl in Toronto hängen geblieben.“

In Toronto??? Okay, da hatte ich einen Zwischenstopp auf dem Weg von Tokio hierher, aber der Zwischenstopp dauerte fünf Stunden! Man sollte doch meinen, das wäre genug Zeit, zwei Koffer umzuladen. Ich bin zu erschöpft, um lange mit ihr zu diskutieren. Bringt sowieso nichts, sie hat ja meine Koffer nicht verschlampt und kann auch nichts für meine schlechte Laune. Nachdem sie mir erklärt hat, dass mir die Koffer nach Hause gebracht werden, sobald sie da sind, mache ich mich auf den Weg zum Taxistand. Nur noch ein Taxi da, jetzt aber schnell. Ich greife schon nach der Tür, als ich unsanft zur Seite geschubst werde und beinahe auf meinem Hintern lande. Ein Typ im Businessanzug sieht aus mindestens 1,95 Meter mit schokobraunen Augen auf mich hinab und zieht spöttisch eine Augenbraue hoch, als ich ihn anblaffe.

„Hey, das ist mein Taxi!“

Er grinst nur.

„So? Steht da dein Name dran? Krieg dich ein, Mädchen, das hier ist ein Taxistand, da gibt’s noch mehr von diesen Wagen. Ich habe es eilig.“

Spricht, steigt ein und zieht die Tür so schnell hinter sich zu, dass ich keine Chance mehr habe, zu reagieren. Nicht, dass mir so schnell irgendetwas Sinnvolles als Erwiderung eingefallen wäre. Normalerweise bin ich nicht auf den Mund gefallen, aber der Typ hat mir echt die Sprache verschlagen und ich bekomme meine offene Klappe nicht mehr zu.

Mädchen? Hat er mich gerade Mädchen genannt? Für wie alt hält der mich? Zwölf? Okay, ich gebe mit Sicherheit kein schönes Bild ab, in meiner grauen Jogginghose und dem Kapuzenshirt. Meine Schminke hat sich im Laufe der letzten Stunden verabschiedet und meine ursprünglich zu einem straffen Knoten geschlungenen, rotbraunen Haare haben sich halbwegs gelöst und stehen in alle Richtungen ab. Ich muss furchtbar aussehen, aber Mädchen? Auch wenn ich nur 1,63 Meter klein bin und schon immer für jünger gehalten wurde, als ich bin, mit siebenundzwanzig bin ich von Mädchen schon ganz weit entfernt. Heute scheint aber auch wirklich alles schiefzugehen. Na ja, genau genommen die kompletten 48 Stunden, die ich jetzt geschätzt schon auf den Beinen bin.

In Tokio, wo ich das letzte halbe Jahr verbracht habe, um einen Windpark zu planen, zu berechnen und den Beginn des Aufbaus zu überwachen, musste ich am Tag meines Abfluges noch ins Büro, um meinen Nachfolger einzuweisen. Eigentlich sollte der schon seit einer Woche da sein, um die Übergabe zu erleichtern, aber irgendwie hatte er anscheinend Besseres zu tun gehabt und war erst am Abend vor meinem Abflug angekommen, sodass wir die halbe Nacht und den Morgen über, alles in Windeseile besprechen mussten, bevor ich zum Flughafen aufgebrochen bin. Dort angekommen war mein Flieger überbucht und ich konnte von Glück sagen, dass man mich überhaupt mitgenommen hat. Da unser Flugzeug dann auch noch technische Schwierigkeiten hatte, sind wir schon mit fünf Stunden Verspätung in Tokio gestartet und somit ist meine Pufferzone für ein bisschen Schlaf in Toronto von zehn auf fünf Stunden zusammengeschrumpft. Zu wenig Zeit, um ein Hotel aufzusuchen und in der Wartehalle auf harten Plastikstühlen schlafen, geht gar nicht. Also bin ich jetzt seit geschätzten 48 Stunden ohne Schlaf und ich habe das Gefühl, mein Körper vibriert und mein Magen wehrt sich gegen alles vor lauter Kaffeekonsum, während mein Gehirn im absoluten Leerlauf arbeitet. Immer noch kochend vor Wut über diesen arroganten Mistkerl, der mir mein Taxi weggenommen hat, sehe ich dem davonfahrenden Wagen nach und lehne mich erschöpft gegen eine Säule vor dem Flughafengebäude.

Ich schaue hoch in den grauen, wolkenverhangenen Himmel. Nicht ein Sonnenstrahl stiehlt sich durch die Wolken und ich fange an zu frösteln. Die Luft riecht nach den Abgasen der vielen Autos und Reisebusse, die im Minutentakt vor dem Flughafen anhalten, ihre Passagiere und deren Gepäck entladen oder einladen und wieder abfahren. Der Gestank lässt die Übelkeit, die mich seit den Turbulenzen quält, noch stärker werden. Ich muss unbedingt aus der Stadt raus, nach Hause und endlich wieder die frische Meeresluft atmen. Nach Hause. Kann man es so nennen? In den letzten Jahren habe ich meine Wohnung kaum mehr als ein paar Wochen im Jahr genutzt, weil ich ständig beruflich in der ganzen Welt unterwegs war. Von Dänemark bis Japan, überall sind im Laufe der Jahre von mir geplante Windparks entstanden.

Nach ungefähr zwanzig Minuten kommt ein weiteres Taxi, das mir diesmal auch keiner vor der Nase wegschnappt. Aufatmend lasse ich mich in die Polster fallen und gebe dem Fahrer meine Adresse. Er pfeift kurz und fragt, ob ich wüsste, was das kostet, wenn er mich da hinfährt. Ja, weiß ich! Wenn ich irgendwie die Möglichkeit sähe, die Strecke von gut 160 Meilen von Boston nach Boothbay Harbor noch selbst zu fahren, ohne am Steuer einzuschlafen, hätte ich einen Mietwagen genommen, aber ich kann nicht mehr. Und die Firma, bei der ich bis gestern gearbeitet habe, zahlt meine Reisekosten. Auch das Taxi über diese Strecke.

Ein letztes Mal will ich die Annehmlichkeiten, die der Job mit sich brachte, genießen, denn ab morgen bin ich arbeitslos. Ich habe nach diesem letzten Auftrag in Japan gekündigt und überlege mir jetzt in Ruhe, was ich in meinem Leben weiter machen möchte. Auf jeden Fall nicht mehr durch die Weltgeschichte reisen und Windparks planen. Ich möchte sesshaft werden und eine Arbeit haben, die mich wirklich ausfüllt. Die letzten Jahre haben mich ausgebrannt und ich sehne mich nach Ruhe und Beständigkeit. Was, weiß ich noch nicht so genau, aber mir wird schon etwas einfallen. Ich habe in meinem bisherigen Job genug verdient, um mir viele Monate freizunehmen und zum ersten Mal in meinem Leben einfach zu tun und zu lassen, was ich möchte und wie lange ich es möchte.

Mit diesem Gedanken schlafe ich ein und werde erst von einem Rütteln an meiner Schulter wieder wach. Das Taxi hat vor meinem Haus gehalten und der Fahrer hat mich geweckt, damit ich ihn bezahle. Ich schnappe mir meine Handtasche, mein einziges Gepäck im Moment und wanke, noch völlig schlaftrunken, ins Haus.

In meiner kleinen Wohnung im Erdgeschoss lasse ich die Tasche einfach fallen und reiße erst einmal alle Fenster auf. Nach sechs Monaten Abwesenheit ist es ein bisschen muffig hier. Auch wenn meine beste Freundin Annie ab und zu hier war, um meine Post durchzusehen und zu lüften, merkt man doch, dass die Wohnung unbewohnt war. Genau genommen war sie ja nie so wirklich bewohnt. Langsam gehe ich durch die Räume und sehe mich um. Hier muss einiges geschehen. Im Schlafzimmer steht ein wunderschönes Bett mit geschwungenem, eisernem Bettgestell, aber ich habe noch nicht einmal eine passende Tagesdecke dafür.

An den Fenstern hängen nur praktische Jalousien, die den Raum zwar wunderbar abdunkeln um zu schlafen, aber keinerlei Gemütlichkeit bringen. Ein kleiner weißer Nachttisch mit dazu passendem Kleiderschrank ergänzen den Rest der Einrichtung. Im Wohnzimmer sieht es nicht besser aus. Kein Bild ziert meine Wand, das fliederfarbene Sofa ist der einzige Farbklecks zwischen einem dunklen Sideboard an der einen Wand und dem Fernsehschrank gegenüber. Nicht einmal einen Esstisch habe ich hier stehen, obwohl der Platz dafür durchaus da wäre. Zum Essen muss ich in meiner kleinen Küche sitzen, da gibt es einen Tisch für vier Personen. Ansonsten ist es auch hier bekümmernd karg. In den nächsten Tagen oder Wochen werde ich aus dieser Wohnung ein Heim machen, nehme ich mir fest vor. Morgen mache ich mir einen Plan und gehe einkaufen. Aber im Moment bin ich so müde, ich will nur noch schlafen. Ich springe unter die Dusche, um den Schmutz der langen Reise abzuwaschen und ziehe mir einen Schlafanzug an. Nachdem ich alle Fenster wieder fest verschlossen habe, falle ich in mein Bett und schlafe die nächsten zwölf Stunden durch.


Als ich erwache, ist es fünf Uhr morgens. Okay, ich bin wohl durch die Zeitverschiebung etwas durcheinander. In Tokio ist es jetzt bereits zwölf Uhr mittags. Mittag! Der Gedanke erinnert meinen Magen daran, dass ich seit Ewigkeiten nichts gegessen habe und er knurrt vernehmlich. Das Essen im Flugzeug war eine Katastrophe, bestehend aus grauen, matschigen Nudeln und einer angeblichen Tomatensoße mit Hühnerfleisch, was aber absolut ungenießbar war. Somit habe ich mich die letzten zwei Tage nur von Keksen und Schokoriegeln aus den Flughafenkiosken ernährt. Nicht unbedingt gesund, wenn man wie ich auf seine Figur achten muss. Ich bin zwar nicht wirklich dick, aber doch an gewissen Stellen deutlich gerundet. Meine beste Freundin Annie behauptet, ich hätte eine Figur, wie ein Pin-up-Girl der fünfziger Jahre und die Männer würden auf solche Rundungen stehen, aber ich glaube, sie will nur nett sein. Ich kann jedenfalls nicht feststellen, dass mir die Männer die Bude einrennen. Im Gegenteil. Meine letzte und einzige Beziehung ist schon ewig her und war nicht gerade von Erfolg gekrönt. Na gut, ich hatte jetzt auch nicht sonderlich viel Zeit und Lust, mich um Männerbekanntschaften zu kümmern, aber ab sofort wird sich das ändern. Ich werde mein Leben neu in die Hand nehmen, beschließe ich, als ich mich schnell unter die Dusche stelle und danach eine weite Hose und einen ebenso weiten Pulli überziehe. Mir ist ein bisschen flau im Magen vor Hunger und ich weiß, dass ich absolut nichts im Haus habe. Also muss ich erst einmal einkaufen, bevor mein neues Leben beginnen kann.

Auf dem Weg zum Supermarkt überlege ich mir, dass jetzt auch der richtige Zeitpunkt wäre, um wieder Sport zu treiben. Also, erst essen und dann auf ins Sportgeschäft, Joggingschuhe kaufen.

Im Supermarkt bin ich nahezu allein mit den Verkäuferinnen, wer geht auch schon morgens um sieben einkaufen? Ich packe schnell alles in den Wagen, was ich brauche und gehe zur Kasse.

2

Nach einem ausgiebigen Frühstück widme ich mich ganz meiner Wohnung und ihrer Sauberkeit und mache mir nebenbei eine Liste, was ich noch besorgen will, um meine Wohnung zu einem Heim zu machen, dann gehe ich in die Stadt, besorge mir Joggingschuhe und bummele noch ein bisschen durch den Hafen.

Auf der Promenade bleibe ich stehen und sehe über das Wasser. Möwen kreischen über mir auf der Suche nach Futter, ich höre das Rauschen der Brandung und es klingt wie Musik in meinen Ohren. Mein Blick schweift über den Strand und den Hafen, weiße Segelschiffe dümpeln neben vereinzelten Fischerbooten am Pier und Fahnen flattern im Wind. Auf einmal überkommt mich eine Ruhe, wie ich sie selten erlebt habe. Ja, hier ist mein Zuhause, hier gehöre ich her.

Allmählich wird mir kalt und ich mache mich langsam und so entspannt wie schon lange nicht mehr, auf den Weg zurück in meine Wohnung.

Nachdem ich meine Einkäufe nach Hause gebracht habe, muss ich mich schon wieder sputen. Annie hat mich eingeladen. Nach einem halben Jahr ohne sie, kann ich es kaum erwarten, sie zu sehen. Ich habe meine beste Freundin vermisst und ich weiß, dass sie mir wahnsinnig viel zu erzählen hat. Sie hat nach vier Jahren den Vater ihrer kleinen Tochter wiedergetroffen und wie ich ihren letzten E-Mails entnommen habe, sind die beiden bis über beide Ohren verliebt ineinander, wollen demnächst heiraten und erwarten ein Baby. Ich bin sehr gespannt auf ihren Colin, ihren E-Mails nach soll er ja ein Traummann sein.

Schnell ziehe ich mir eine enge Jeans und einen dicken, schwarzen Strickpulli mit Zopfmuster an. Nicht zu leger, aber doch bequem. Der Pullover reicht mir bis auf die Oberschenkel und kaschiert meine Hüften und die nicht gerade kleine Oberweite. Ich schlüpfe in meine hochhackigen Stiefel und mache mich auf den Weg. Anscheinend wohnt Annie im Moment nur ein paar Minuten von meiner Wohnung entfernt in Colins Penthouse am Hafen. Sie hat mir geschrieben, dass ihr Haus, das auf einem wunderschönen, großen Grundstück am Strand liegt, gerade umgebaut wird. Das Häuschen war zu klein und renovierungsbedürftig für die wachsende Familie. Problemlos finde ich den Weg zum Penthouse und klingele. Sofort wird der Summer gedrückt und ich höre Annies Stimme von oben.

„Jules, nimm den Fahrstuhl bis nach ganz oben.“

Okay, Penthouse. Ich habe mir schon so etwas gedacht, dass es ganz oben ist. Ist ein Penthouse nicht immer ganz oben? Ich grinse noch immer in mich hinein, als sich die Fahrstuhltüren öffnen und meine Freundin mich direkt heraus, in ihre Arme und weiter in die Wohnung zieht.

„Du bist zu Hause!“, quietscht sie in mein Ohr.

„Ich freu mich so! Ich habe dich so vermisst! Lass dich ansehen!“

Ich schiebe sie ein Stück von mir und wir mustern uns gegenseitig strahlend, während wir uns gleichzeitig versichern, wie gut wir aussehen. Hinter Annie tritt ein schwarzhaariger, gutaussehender Mann in den Flur und lächelt mich freundlich an.

„Hey, du musst Jules sein. Annie hat mir schon viel von dir erzählt. Schön, dass wir uns endlich kennenlernen. Ich bin Colin.“

Während er spricht, reicht er mir die Hand und zieht mich gleich in eine herzliche, freundschaftliche Umarmung.

„Äh, ja, ich freu mich auch. Danke“, stammele ich, noch etwas verwirrt von der fast schon überschwänglichen Begrüßung.

Völlig selbstverständlich legt er einen Arm um Annies Schultern und gibt ihr einen Kuss auf die Schläfe. Die andere Hand streicht über ihren schon ganz leicht gewölbten Bauch. Für einen kurzen Moment habe ich einen Kloß im Hals, als ich diese Vertrautheit und den kleinen Babybauch sehe. Aber ich will nicht neidisch sein! Annie hat dieses Glück verdient wie keine andere. Es ist nur so, dass ich so etwas wohl nie erleben werde und das macht mich ein bisschen traurig.

Colin dirigiert uns den Flur entlang, während wir ununterbrochen reden und ihm hinterherlaufen. Er führt uns in ein riesiges Wohnzimmer, die gegenüberliegende Wand ist komplett verglast und bietet einen atemberaubenden Ausblick auf den Hafen. Vor den Fenstern steht ein dunkelhaariger Mann und sieht reglos, uns den Rücken zugewandt, hinaus. Als Colin den Raum betritt, dreht er sich langsam zu uns um und ich bleibe wie angewurzelt in der Tür stehen. ER ist es, der Typ vom Taxistand am Flughafen und sieht mit zusammengezogenen Augenbrauen aus den eigentlich warmen braunen Augen zu uns herüber. Als er mich sieht, runzelt er die Stirn und verschränkt die Arme vor der breiten, muskulösen Brust. Er sieht nicht sonderlich begeistert aus, hier zu sein und ich frage mich, was er überhaupt hier macht, als Colin uns schon vorstellt.

„Jules, das ist mein bester Freund Gabriel Jackson. Gabe, das ist Annies beste Freundin, Jules Ramieri.“

Während Colin gesprochen hat, ist Gabriel zu uns getreten, die Arme immer noch vor der Brust verschränkt, und sieht auf mich hinab ohne mit der Wimper zu zucken.

„Hallo. Nett, Sie kennenzulernen“, sage ich und will ihm die Hand geben. Im ersten Moment rührt er sich nicht, dann ergreift er sie zögernd, lässt sie aber sofort wieder los, als hätte ich ihm einen toten Fisch gereicht. Na super, das kann ja ein toller Abend werden, denke ich, als nur ein knappes „Hallo“ kommt und er sich wieder wegdreht. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Annie Colin einen fragenden Blick zuwirft und auch ich bin mehr als erstaunt. Habe ich diesem Typen etwas getan? Ich zucke innerlich mit den Schultern und wende mich wieder Annie zu.

„Wo ist Lilly?“, frage ich sie nach ihrer dreijährigen Tochter.

„Lilly kommt erst übermorgen wieder, sie ist bei meinen Eltern.“

Eigentlich schade. Ich liebe diesen kleinen Wirbelwind. Aber gut, ich habe in den nächsten Monaten genug Zeit für die Kleine, da ich ja erst einmal nicht arbeiten werde.


Annie hat für uns vier gekocht und wir setzen uns an den großen Esstisch. Gabriel sitzt mir gegenüber und beachtet mich nicht. Ich weiß wirklich nicht, was für ein Problem er mit mir hat. Ich kenne den Mann ja nicht einmal. Aber mit Annie und Colin unterhält er sich die ganze Zeit freundlich und lacht sogar ein paar Mal. Nur wenn er in meine Richtung sieht, verdüstert sich sein Gesicht. Ich mustere ihn verstohlen während des Essens. Er hat braune, leicht wellige Haare bis zum Kinn, die er sich bestimmt schon zum Pferdeschwanz binden könnte. Seine schokobraunen Augen sind mir ja schon am Flughafen aufgefallen. Er trägt einen gepflegten Drei-Tage-Bart, der einen sinnlichen Mund freilässt und hat ein energisches Kinn. Gabe sieht wahnsinnig gut aus und mir wird der Mund trocken, bis seine tiefe Stimme mich aus meinen Gedanken reißt.

„Gefällt dir, was du siehst, Mädchen?“, fragt er leise.

Mir stockt der Atem und die Röte schießt mir ins Gesicht. Mist, erwischt! Ich hab ihn wohl etwas zu deutlich angestarrt. Moment mal, Mädchen? Nennt er jede Frau so oder hat er mich wiedererkannt? Als hätte er meine Gedanken gelesen, sagt er: „Ich vergesse nie ein Gesicht.“

Ups, schon wieder erwischt. Mittlerweile bin ich knallrot und beiße mir auf die Lippe, so peinlich ist mir das Ganze. Schnell greife ich nach meinem Weinglas und nehme hastig einen viel zu großen Schluck von dem guten Rotwein, bevor ich angestrengt auf meinen Teller starre. Ich kann seinem durchdringenden Blick nicht standhalten. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Annie und Colin uns schon zum zweiten Mal an diesem Abend fragende Blicke zuwerfen, aber keiner der beiden sagt etwas dazu. Vielleicht haben sie Gabriels Worte nicht verstanden, so leise, wie er gesprochen hat. Ich hoffe es! Der Appetit ist mir vergangen, obwohl ich das köstliche Rinderfilet auf meinem Teller kaum angerührt habe. Ich schiebe es noch ein paar Minuten hin und her, ohne wirklich einen Bissen zu essen, dann werde ich zum Glück von Annie gerettet, die mich bittet, ihr beim Nachtisch zu helfen. Schnell greife ich mir ein paar Teller und verschwinde in der Küche. Wir räumen das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine und Annie holt die Schälchen mit Zitronenmousse aus dem Kühlschrank.

„Wann soll eigentlich eure Hochzeit stattfinden?“, frage ich. „Du hast in deiner letzten Mail gar nichts geschrieben.“

„Nein, das war Absicht. Ich wollte dich persönlich fragen, deshalb habe ich dich in die Küche gebeten. Also, wir wollen morgen in vier Wochen schon heiraten und ich wollte dich fragen ... Also ...“

Sie verstummt und blickt wie suchend in der Küche umher, bis ich sehe, dass sie Tränen in den Augen hat. Sanft fasse ich sie an den Oberarmen.

„Annie, was wolltest du mich fragen?“

Sie atmet noch einmal tief durch und sammelt sich kurz.

„Okay. Jules, du weißt, du bist meine allerbeste Freundin und ich wollte dich fragen, ob du meine Trauzeugin werden möchtest.“

Jetzt fangen ihre Tränen an zu fließen und ich bin gerührt.

„Natürlich will ich!“ rufe ich, falle ihr um den Hals und jetzt kann auch ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten.

Annie ist meine beste Freundin seit wir uns im ersten Semester auf der Uni ein Zimmer geteilt haben. Wir sind gemeinsam durch dick und dünn gegangen, haben zusammen gelacht, unsere Tränen getrocknet, über unsere Kommilitonen hergezogen und uns zusammen auf Partys betrunken. Wir wissen über den anderen genauso viel, wie über uns selbst und als Annie nach ihrer Vergewaltigung hierher nach Boothbay Harbor ans Meer gezogen ist, bin ich mitgegangen, um sie zu unterstützen.

Für mich war es früher egal, wo ich meine Wohnung hatte, da ich in den letzten Jahren ja sowieso beruflich viel unterwegs war, aber diese kleine Stadt am Meer hat mich vom ersten Augenblick in ihren Bann gezogen. Ich möchte nie wieder woanders wohnen.

Auf einmal kommt mir ein Gedanke.

„Sag mal, dein Zukünftiger fragt nicht zufällig gerade Gabriel, oder?“

„Doch, aber wie ich die Männer kenne, geht es dabei nicht halb so rührselig zu wie bei uns“, lacht sie und wischt sich das letzte Tränchen ab.

Na, das kann ja heiter werden. Dann sehe ich diesen Typen wohl noch häufiger.


Beim Nachtisch reden wir noch eine Weile über die Hochzeitsplanung. Gabe spricht mich nicht wieder an und auch ich versuche ihn nicht weiter zu beachten. Nach dem Essen verabschiede ich mich allmählich. Der Jetlag schlägt wieder zu und ich gähne, als ich in meine Jacke schlüpfe und mich verabschiede. Als ich in den Fahrstuhl trete, steht Gabe auf einmal neben mir. Ich habe nicht mitbekommen, dass auch er gehen wollte und sehe ihn überrascht an.

„Keine Sorge, ich beiße nicht“, sagt er nur und sieht mich grimmig an.

Endlich finde ich meine Schlagfertigkeit wieder.

„Ach nein? Aber ich vielleicht!“

Okay, nicht der beste Spruch, aber immerhin das letzte Wort. Sein Gesichtsausdruck wird noch grimmiger, aber er sagt nichts mehr und ich drehe ihm den Rücken zu, um ihn nicht ansehen zu müssen.

Langsam macht mich seine schlecht gelaunte Art wütend. Ich atme tief durch um mich zu beruhigen und mir stockt der Atem. Der ganze Fahrstuhl ist erfüllt von seinem Duft. Er riecht nach Seife und Pfefferminz, ein wunderbarer Geruch. Auf der Straße will ich den Weg zu meiner Wohnung einschlagen, als mich jemand unsanft am Arm packt.

„Ich fahre dich nach Hause, Mädchen“, sagt Gabe in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zulässt. Aber, oh nein, nicht mit mir.

„Ich kenne den Weg, ich laufe“, antworte ich pampig und reiße meinen Arm los. Als ich mich umdrehen will, um zu gehen, packt er mich wieder und zieht mich zu sich heran.

„Kleine Mädchen sollten bei Nacht nicht allein zu Fuß durch die Stadt laufen“, knurrt er mit zusammengebissenen Zähnen. Wieder steigt sein Duft in meine Nase und mein Herz schlägt schneller.

„Ich habe keine Angst vor Ihnen, also hören Sie auf, mich einschüchtern zu wollen.“

Ich stoße ihn von mir, während er mich gleichzeitig abrupt loslässt. Durch den Ruck taumele ich zurück und pralle mit der Schulter heftig gegen die Ecke der Hauswand. Keuchend versuche ich, den Schmerz zu ignorieren, der mir durch die Schulter, den Arm und bis in die Fingerspitzen fährt.

„Hast du dir wehgetan, Mädchen?“, sein eiskalter Blick wirkt auf einmal ganz besorgt.

„Nein! Es ist nichts passiert. Und hören Sie auf, mich Mädchen zu nennen, aus dem Alter bin ich schon lange raus. Ich weiß nicht, was Ihr Problem ist, aber ich habe nichts damit zu tun, also sehen Sie mich nicht immer so an, als hätte ich gerade Ihr Auto zu Schrott gefahren!“

Jetzt bin ich echt stocksauer! Ich drehe mich um und gehe los. Diesmal hält er mich nicht zurück.

Noch zu Hause im Bett habe ich das Gefühl, seinen Duft zu riechen und seine kräftigen Hände auf meinen Oberarmen zu spüren, während meine Schulter schmerzhaft pocht.

3

Am nächsten Morgen kann ich meine Schulter kaum bewegen. Trotzdem ziehe ich eine lange Laufhose, ein Langarmshirt und meine neuen Laufschuhe an und mache mich auf den Weg zum Strand. Meine erste Joggingrunde seit über einem Jahr. Ich bin total aus der Übung und die Schmerzen in der Schulter machen es mir nicht unbedingt leichter. Nach einer halben Stunde gebe ich auf und gehe nach Hause zurück. Als ich unter die Dusche steige, sehe ich mir meine Schulter im Spiegel genauer an. Ein dunkelblauer Bluterguss zieht sich vom Schulterblatt hoch bis zu meinem Oberarm. Na toll! Eine schöne Prellung. Na ja, in ein paar Tagen ist sie wieder weg, denke ich und stelle mich unter das heiße Wasser.

Ich bin mit Annie zum Frühstück verabredet und muss mich langsam beeilen, wenn ich pünktlich im Coffeeshop sein will.

Vorsichtig ziehe ich einen warmen Pulli über und steige in meine Jeans. Ich habe das Gefühl, mein Arm wird immer steifer.

Im Coffeeshop begrüßt Annie mich mit einer Umarmung.

„Hey Jules! So, jetzt können wir uns endlich allein ausquatschen. Gestern Abend kamen wir ja nicht so richtig dazu.“

Ich zucke zusammen, als sie meine Schulter drückt und sie bemerkt es natürlich sofort.

„Oh, habe ich dir weh getan? Was ist denn mit deiner Schulter?“

„Ach nichts weiter, ich bin gestolpert und habe unsanft Bekanntschaft mit einer Hauswand gemacht“, winke ich ab und reibe mir über den schmerzenden Arm.

Sie muss von meinem kleinen Disput gestern Abend mit dem Trauzeugen ihres Zukünftigen nichts erfahren. Annie sieht mich zweifelnd an.

„Daran hat sich also noch immer nichts geändert? Unfallgefährdet wie eh und je?“, schmunzelt sie, bevor ihr Gesicht auf einmal ernst wird. „Trotzdem, nichts weiter, ja? Deshalb zuckst du bei der kleinsten Bewegung vor Schmerzen zusammen? Geh damit zum Arzt! Wenn du willst, fahr ich dich hin, Auto fahren kannst du im Moment wohl nicht.“

Hm, sie hat Recht, meinen Wagen sollte ich in den nächsten Tagen lieber stehen lassen. Macht auch nichts, dieses Örtchen ist so klein, dass man problemlos alles zu Fuß erledigen kann. Das Auto habe ich eigentlich nur für Notfälle, aber zum Arzt gehe ich trotzdem ganz bestimmt nicht. Als ich nur stur den Kopf schüttele, lässt Annie das Thema fallen. Sie kennt mich und weiß, dass ich nicht zum Arzt gehe, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Diese Spezies ist mir absolut unheimlich. Okay, ich gebe es zu, ich habe Angst vor Ärzten und meide sie wie die Pest. Aber schon naht das nächste unangenehme Thema.

„Was war eigentlich gestern Abend mit dir und Gabe los? Er hat dich so komisch angesehen, als hättest du ihn verärgert. Und was hattet ihr beim Essen zu tuscheln?“

„Ich habe keine Ahnung! Vielleicht hatte er einfach schlechte Laune. Soweit ich weiß, kennen wir uns nicht.“ Okay, das stimmt so nicht ganz, aber was soll ich denn sagen? Dass er mir das Taxi weggeschnappt hat? Dann hätte wohl eher ich einen Grund sauer zu sein, oder?

Um abzulenken, frage ich sie schnell nach dem Baby. Den Bauch kann sie unter weiteren Oberteilen noch gut verstecken, aber ich weiß, dass sie sich wie wahnsinnig auf dieses Kind freut. Stolz zeigt sie mir die Ultraschallbilder und ihren Mutterpass, wo alles Wichtige eingetragen wird. Annie ist so aufgeregt, obwohl das Baby erst im Mai kommen soll und ich freue mich mit ihr. Ich darf sogar ganz vorsichtig meine Hand auf die Wölbung ihres Bauches legen und prompt bekomme ich ein bisschen feuchte Augen vor Rührung.

Wir sprechen noch ein wenig über die Hochzeit und brechen dann auf. Annie möchte mit mir ihr Brautkleid aussuchen gehen und ich brauche auch noch ein Kleid für die Hochzeit.

Wir stürmen den Laden für Braut- und Abendmode und lassen uns von der Verkäuferin beraten. Annie hat schon, als ich noch in Japan war, eine Vorauswahl getroffen, die sie mir noch einmal zeigen will, bevor sie sich entscheidet. Ziemlich schnell ist klar, sie nimmt ein Kleid aus cremefarbenem Satin, bestickt mit feiner Spitze und mit Spitzenärmeln, das unter der Brust gerafft ist und in weich fließenden Wellen bis zum Boden fällt. Ihre durch die Schwangerschaft größeren Brüste werden wunderschön betont und der Bauch wird auch in vier Wochen wohl kaum auffallen unter dem Kleid. Sie sieht so wunderschön, strahlend und glücklich aus, dass ich vor Freude einen Kloß im Hals habe und auch Annie hat verdächtig feuchte Augen. Ich nehme sie vorsichtig in den Arm und drücke sie, während die Verkäuferin uns Taschentücher anreicht.

Als Annie wieder umgezogen ist, suchen wir nach einem Kleid für mich. Ich mag keine engen Kleider, weil man darin jedes Pölsterchen sieht, aber Annie überredet mich, ein rosafarbenes, langes Abendkleid mit schmalen Trägern, engem Mieder und tiefem Ausschnitt anzuprobieren. Während ich mich umziehe, höre ich auf einmal ihre überraschte Stimme.

„Colin, was macht ihr denn hier? Du weißt doch, dass du mein Kleid nicht vor der Hochzeit sehen darfst. Das bringt Unglück!“

Colins Erwiderung verstehe ich nicht, weil der Vorhang raschelt, als ich in dem Kleid aus der Umkleide trete. Dann muss ich grinsen. Die beiden stehen mitten im Laden, küssen sich völlig selbstvergessen und bemerken gar nichts mehr um sich herum.

Auf einmal höre ich jemanden hinter mir scharf einatmen und drehe mich erschreckt um. Gabriel. Na großartig! Er starrt mich finster an. Unsicher sehe ich zu Colin und Annie, aber die beiden sind noch immer mit sich selbst beschäftigt und bekommen nichts mit. Da fasst Gabe mich am Arm und zieht mich hinter einen Kleiderständer. Ich komme mir nackt vor unter seinem durchdringenden Blick, in diesem engen, offenherzigen Kleid.

„Nichts passiert, ja? Und was ist das auf deiner Schulter?“, knurrt er mit zusammengebissenen Zähnen und funkelt mich an.

Oh Mist, das habe ich ja total vergessen. In diesem Hauch von Kleid kann man wunderbar die blauen Flecken sehen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, da spricht Gabe schon weiter.

„Warst du damit beim Arzt?“

„Äh, nein. Ist nicht so schlimm“, stottere ich, total überrumpelt. Würde er mich nicht immer noch so böse ansehen, könnte man denken, er macht sich Sorgen. Ich habe kaum zu Ende gedacht, als er schon vorsichtig meine lädierte Schulter berührt.

„Tut das weh?“

Ich beiße die Zähne zusammen und schüttele den Kopf. Er nimmt meinen Arm und bewegt ihn vorsichtig hin und her. Es wirkt, als würde er ihn untersuchen und er fragt zwischendurch immer wieder, ob ich Schmerzen habe. Nach ein paar Minuten löse ich mich aus meiner Schockstarre und blaffe ihn, ein bisschen zu spät, an.

„Finger weg. Es geht mir gut.“

„Nein, es geht dir nicht gut. Du hast eine heftige Prellung an der Schulter und offensichtlich Schmerzen, auch wenn du es leugnest. Du musst zum Arzt, die Schulter gehört vernünftig behandelt.“

Okay, es ist vielleicht ein bisschen überreagiert, aber ich entreiße ihm meinen Arm, obwohl mir der Schmerz bei der ruckartigen Bewegung wieder bis in die Finger schießt und flüchte mich in die Umkleide. Die Lust auf shoppen ist mir vergangen und so ziehe ich mich wieder an und verlasse die Umkleide. Das Kleid war für meinen Geschmack sowieso viel zu freizügig und die Farbe stand mir auch nicht.

Annie und Colin sehen mich erwartungsvoll an, als ich den Vorhang öffne. Ich versuche fröhlich zu lächeln, was mir aber gründlich misslingt, als ich Gabe hinter den beiden sehe.

„Hey Colin!“, begrüße ich ihn.

„Was ist mit dem Kleid?“, fragt Annie.

„Ähm, das war nichts für mich“, antworte ich verlegen, während Gabe mich nur mit hochgezogenen Augenbrauen finster ansieht.

„Ja ... also ... ich muss dann auch mal los. War schön dich zu treffen Colin, wir telefonieren Annie.“ Hastig verabschiede ich mich von den beiden und verlasse den Laden. Auf der Straße atme ich erst einmal tief durch und gehe dann schnell in Richtung meiner Wohnung. Ich habe heute noch einiges vor.


Nachdem ich mich ein bisschen beruhigt habe, mache ich mich auf den Weg zum städtischen Tierheim. Ich wollte schon immer einen Hund haben und jetzt scheint mir endlich der passende Zeitpunkt dafür zu sein.

Im Tierheim laufe ich mit der Mitarbeiterin, laut dem Namenschild an ihrer Jacke heißt sie Cindy, an unzähligen Käfigen vorbei. Die Hunde darin kläffen wie verrückt, springen gegen die Gitter und buhlen um meine Aufmerksamkeit. Ich kann mich nicht entscheiden. Sie sind alle auf ihre Weise süß und es bricht mir das Herz, dass ich nur einen von ihnen nehmen kann.