Ina Brandt

Eulenzauber

Ein Glitzerstern zur Weihnachtszeit

Eine Adventskalendergeschichte
in 24 Kapiteln

Mit Illustrationen von
Irene Mohr

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Ina Brandt
arbeitete nach dem Germanistikstudium einige Jahre als Lektorin, bevor sie sich als Autorin selbstständig machte. Seitdem hat sie zahlreiche Kinderbücher veröffentlicht. Mit »Eulenzauber« erfüllte sie sich einen lang gehegten Traum, den ihr ein kleiner Waldkauz in vielen Nächten aus dem Garten zugerufen hat. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in der Nähe von Stuttgart.

Irene Mohr
wurde in Hamburg geboren und hat dort an der Fachhochschule für Gestaltung Grafikdesign studiert. Seitdem arbeitet sie als Illustratorin und Grafikerin für verschiedene Kinderbuchverlage. In ihrem Atelier hat sie eine Malschule gegründet und dort viele Jahre Kurse für Kinder und Erwachsene gegeben. Wenn sie keine Bücher illustriert, ist sie am liebsten in der freien Natur – zwar ohne Eule, aber dafür gerne mit Pinsel und Staffelei.

Achtung!

Dies ist eine Geschichte in 24 spannenden Kapiteln. Wie bei einem Adventskalender kannst du jeden Tag vom 1. bis zum 24. Dezember ein »Türchen«, also ein Kapitel, öffnen. An manchen Tagen besteht ein Kapitel auch aus mehreren Seiten (immer dann, wenn du dieses Zeichen siehst). Am besten nimmst du dafür ein Lineal oder reißt die Seiten ganz vorsichtig mit den Fingern auf. Viel Spaß!

1. Auflage 2018
© 2018 Arena Verlag GmbH, Würzburg
Alle Rechte vorbehalten
Umschlag- und Innenillustration: Irene Mohr
Logogestaltung: Max Meinzold
Umschlaggestaltung: Anja Götz
Bastelanleitungen und Rezepte: Ines Wörner
ISBN 978-3-401-80773-7

www.arena-verlag.de
www.eulenzauber-lesen.de

1. Dezember

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»Jaaaa!« Flora ballte die Hand zur Faust und sprang auf. Endlich war sie dran! Ausgerechnet ihre beste Freundin Miri hatte das Kärtchen mit Floras Namen aus der Box gezogen.

Miri war ja eine richtige Glücksfee!

Frau Hauser, ihre Lehrerin, hatte dieses Jahr mit der Klasse einen Adventskalender gebastelt. Lauter bunte Eulenpäckchen hingen nun seit ein paar Tagen an einer roten Kordel quer über der Fensterfront. Jedes Kind hatte ein kleines Geschenk dafür besorgt und Floras Mitschüler hatten sich schon über Hüpf-Knete, Blinke-Flummis und singende Weihnachtsmänner gefreut.

Miri dagegen hatte ein langes Gesicht gemacht. In ihrem Umschlag war Shampoo drin gewesen. Dabei hasste sie Haarewaschen, genau wie Flora. Flora hatte Miri deswegen zum Trost in Frau Becks Schreibwarenladen ein Heft mit Pferdestickern gekauft. Eines der Ponys sah sogar Dusty, Miris Pferd, richtig ähnlich. Miri hatte sich total gefreut.

»Ich drück dir die Daumen«, flüsterte sie ihr zu, als Flora jetzt aufstand und nach vorne ging. Sie bemerkte die gespannten Blicke ihrer Mitschüler und spürte, wie ihr Herz zu klopfen anfing. Was bei ihr wohl drin war? Aufgeregt machte Flora die kleine Wäscheklammer mit dem Umschlag ab und griff hinein. Oh, ein Päckchen mit Fenster-Malfarben!

»Super, die habe ich mir schon lange gewünscht!«, freute sie sich. »Aber meine Mutter meint, das gibt nur eine Riesensauerei, die man später nie wieder abkriegt.«

Frau Hauser schaute sich die Packung genauer an. »Da steht: ›Farben können problemlos abgewischt werden.‹ Das stimmt dann hoffentlich.«

Flora nickte und schaute sich verstohlen um. Wer aus ihrer Klasse hatte diese Idee wohl gehabt? Doch die Gesichter ihrer Mitschüler verrieten nichts. Nur Miri strahlte. Sie freute sich für Flora. Nathalie dagegen tuschelte Lea was ins Ohr und die grinste. Sicher fanden die beiden Fenster-Malfarben total uncool, aber das war Flora egal. Heute konnte selbst Nathalie mit ihren blöden Sprüchen ihr nicht die Laune verderben!

»Sieh mal, da ist sogar Gold dabei«, sagte Miri, als Flora sich wieder neben sie setzte. »Damit kannst du tolle glitzernde Christbaumkugeln an die Scheiben malen. Das stelle ich mir richtig schön vor.«

Flora nickte. »Ja, ich mir auch.«

Aber sie konnte sich etwas anderes noch viel schöner vorstellen. Goldwing! Flora wusste schon jetzt: Sie wollte ihre kleine Zaubereule übers Fenster fliegen lassen, mit weit ausgebreiteten goldenen Flügeln. Und da hätte sie auch gar nichts dagegen, wenn dieses Bild nie wieder abginge!

Dein Eulen-Adventskalender

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Du brauchst:

image 24 braune Papiertüten (ohne Henkel)

image 24 Holzklammern

image Tonpapier (Weiß, Schwarz und beliebige andere Farben)

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Für den Adventskalender brauchst du 24 Papiertüten. Sie sollten ungefähr eine Größe von 20 cm Höhe und 15 cm Breite haben. Natürlich kannst du dir die Tüten auch aus braunem Kraftpapier selbst falten.

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Lege deine erste Tüte mit dem umgeknickten Boden nach unten auf einen Tisch. Klappe nun vorsichtig beide Ecken der Tüte (an der Öffnung) zur Mitte, sodass oben ein Dreieck entsteht. Für den Bauch der Eule schneidest du nun einen Halbkreis aus buntem Tonpapier aus. Klebe diesen wie in der Abbildung auf. Die Adventskalenderzahl kannst du gut auf den Bauch schreiben, zum Beispiel auf einen Stern aus Glitzerpapier.

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Als Nächstes knickst du das obere Dreieck nach unten. Auf diese Fläche klebst du dann die Augen, für die du zuvor zwei große weiße Kreise und zwei kleine schwarze Kreise aus Tonpapier ausgeschnitten hast. Die 24 fertigen Tüten verschließt du nach dem Befüllen mit Holzklammern.

2. Dezember

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Als Flora an diesem Tag nach Hause kam, rief sie ihrer Mutter schon von der Wohnungstür zu: »Heute ist mein Glückstag!«

Ihre Mutter trat aus der Küche. »Wieso? Habt ihr keine Hausaufgaben?«

Flora schüttelte den Kopf. »Viel besser!«, verkündete sie. »Miri hat mich für den Adventskalender gezogen. Schau mal, was dadrin war!« Strahlend zeigte sie ihrer Mutter das Geschenk.

Das Lächeln wich aus Frau Faltins Gesicht, als sie sah, worüber sich Flora so freute. Aber dann musste sie schmunzeln. »Jetzt hast du die Farben also doch noch bekommen. Manchmal werden Wünsche wahr, auch wenn man gar nicht damit rechnet.« Sie legte einen Arm um Flora und zwinkerte ihr zu. »Vielleicht ja heute gleich zweimal?«

»Wie meinst du das?«, fragte Flora verwundert.

»Och, nur so«, erwiderte ihre Mutter und ging zurück in die Küche.

»Jetzt komm, sag schon«, bettelte Flora. Sie zog schnell ihre Jacke aus und lief ihrer Mutter hinterher. Aber sosehr Flora sie auch löcherte, Frau Faltin verriet kein Sterbenswörtchen.

Nachmittags traf sich Flora mit Leon und seinem Hund Luki zu einem Spaziergang. Natürlich erzählte sie auch ihm sofort von ihrem Glückstag und der komischen Andeutung ihrer Mutter. »Wäre doch Wahnsinn, wenn ich heute gleich einen doppelten Glückstag hätte«, sprudelte sie aufgeregt hervor. Gedankenverloren blickte sie auf die beiden Hunde. Zorro, den schwarzen Labrador der Mühlenbesitzer, hatten sie auch mitgenommen. Er und Luki waren beste Freunde. Voller Freude jagten sie sich gegenseitig durch das raschelnde Laub, auf dem ein feiner Hauch Schnee lag.

Leon nahm einen Stock und warf ihn einen Abhang hinunter. Sofort hechteten Zorro und Luki hinterher.

»Einen doppelten Glückstag brauche ich gar nicht«, meinte Leon und blickte seufzend auf die Hunde. »Mein Glückstag wäre, wenn mein Vater zu unserer Aufführung kommt. Aber er sagt, er hat so viel um die Ohren, dass er froh ist, wenn er mal ein paar Tage Ruhe hat und sich nicht auch noch ins Flugzeug setzen muss.«

Seit der Scheidung lebte Leons Vater in Rom und kam nur sehr selten zu Besuch.

Leon ging weiter und Flora schaute ihm traurig hinterher. Seit Wochen übten sie mit Frau Green, ihrer Musiklehrerin, an dem Musical für die Weihnachtsfeier. Alle Schüler machten mit und freuten sich schon, es ihren Eltern vorzuführen. Wenn nur Leons Vater auch dabei wäre! Wie schade, dass das wohl nicht möglich war … oder vielleicht doch?

Goldwing als Fensterbild

Hast du auch Lust, dir wie Flora ein tolles Bild von Goldwing ans Fenster zu kleben? Nimm dir dafür ein Transparentpapier, pause die Schablone ab und zeichne sie im Anschluss mit deinen Fenstermalfarben auf eine Fensterfolie. Danach kannst du die Eule mit den passenden Farben ausmalen. Fertig!

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3. Dezember

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Flora ging mit Leon wieder zurück zur Mühle, um Zorro abzuliefern. Der Mühlenladen, in dem Floras Mutter arbeitete, war wunderschön dekoriert. In den Fenstern hingen Girlanden aus Tannenzweigen mit roten Christbaumkugeln. Und auf den Verkaufstischen standen Holzsterne, dicke Kerzen in allen Farben und Schraubdeckelflaschen mit Backmischungen für leckeren Weihnachtskuchen. Flora ging zu dem Ständer mit den Ausstechern, unter dem ein großer Teller mit Plätzchen stand. Mhmm, die schmeckten einfach herrlich!

Frau Faltin machte Schluss für heute und setzte Leon und Luki daheim ab. Von der Eingangstür winkte er ihnen noch mal kurz zu.

»Schön, dass die beiden so glücklich miteinander sind«, meinte Floras Mutter. Flora nickte. Ja, seit der süße Collie Leon gehörte, war er viel fröhlicher als nach seinem Umzug nach Tannenbach.

»Am allerglücklichsten wäre er, wenn sein Vater zur Weihnachtsfeier käme«, erwiderte Flora. »Aber vermutlich wird das nichts.«

»Das tut mir leid für ihn«, sagte ihre Mutter. Sie seufzte. »Tja, manche Wünsche kann nicht mal der Weihnachtsmann erfüllen.«

Flora nickte. Der Weihnachtsmann nicht, aber vielleicht hatte ihre kleine Zaubereule eine Idee? Flora wollte Goldwing gleich heute Abend fragen.

Zu Hause bastelte sie mit ihrem Bruder Felix weiter an ihren Sternen aus Butterbrotpapier. Zwei hatten sie schon fertig, aber es sollten ganz viele werden. Die wollten sie ihren Eltern zu Weihnachten schenken und dann überall in der Wohnung aufhängen.

Während Felix Formen ausschnitt, verschönerte Flora die Sterne noch mit silbernem und goldenem Glitzerstift. Das sah richtig toll aus!

Da ging die Tür auf und Herr Faltin schaute herein.

»Raus!«, riefen Flora und Felix wie aus einem Mund und versteckten die Sterne rasch hinter ihren Rücken.