Kerkeling, Hape Frisch hapeziert

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ISBN 978-3-492-99213-8

© Piper Verlag GmbH, München 2018

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München, nach einem Entwurf von Andrea Vagelpohl

Foto: Felix Rachor

Datenkonvertierung: abavo GmbH, Buchloe

 

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Vorwort

Liebe Leser,

 

kuckuck, der TV-Frührentner ist wieder da.

Einige schneidern nach ihrer Karriere als aktiver Fernsehkopf »Mode für Mollige« oder kochen Aprikosenmarmelade auf Ibiza ein und verscherbeln sie für teuer Geld im Internet. Andere wiederum lassen sich hauptberuflich von RTL 2 beim Austern-Futtern auf den Bahamas filmen oder werden Freizeit-Lama in Tirol. Das ist alles nix für mich.

So wurde ich für knapp ein Jahr zum Kolumnisten und durfte über Royals und Celebritys philosophieren. Meine Welt! Ich liebe gepflegten Tratsch. Solange nichts Bösartiges in Umlauf gebracht wird.

Die GALA ist diesbezüglich eine Klasse für sich. Hier dichtet man nichts Unschönes dazu und wühlt auch nicht ungefragt in prominenten Mülltonnen herum. Das Erfinden von hanebüchenen Geschichten dem schnöden Absatz zuliebe finde ich uncharmant, um nicht zu sagen schmuddelig. Nix für mich.

Sporadisch durfte ich ja immer mal wieder den Kolumnisten oder Hofberichterstatter geben. So 2002 für den »Stern« bei der Hochzeit von Königin Máxima und König Willem-Alexander in Amsterdam – nachzulesen hier am Buchende in dem Kapitel »Traumhochzeit«. Oder 2013 als Reporter für den ORF bei deren Krönung. Unvergesslich oder »onvergetelijk«, wie der Holländer sagt. Darüber später mehr.

Gerne plaudere ich hier aus dem Nähkästchen meiner Erfahrungen mit Stars und Sternchen, welche meine Milchstraße gekreuzt haben. Doch bevor wir uns gemeinsam auf VIP-Höhenflüge begeben, sollten wir eine Frage noch flott klären: Was macht einen Promi zum echten Promi? Wer ist ein sogenannter A-Promi und wer nur ein »Adabei«? So nennt man im süddeutschen Sprachraum Anhängsel von Promis, wie beispielsweise ehemalige Fitnesstrainer, angelernte Diätassistentinnen oder Coiffeure. Der Schweizer spricht hier gerne von der geschnittenen »Cervelat-Prominenz«.

Tja, A- oder B-Promi: Wer soll da noch durchblicken? Es klingt ja auch so unschön. Wie ein anrüchiger B-Movie. Sprechen wir also lieber von Platin-, Gold-, Silber-, Bronze- und Nickel-Promis.

Ähnlich wie beim Adel gibt es auch in der Promi-Welt die höheren Würdenträger und die unteren Chargen. Wobei »Royalty« natürlich grundsätzlich immer über »Celebrity« steht. Sie schwebt fast unantastbar und ätherisch über allem. Hört man etwa heraus, dass ich heimlich Royalist bin? Nein, das ist gelogen. Ich verehre und vergöttere Monarchien. Das ist zwar unprofessionell, aber auch zutiefst menschlich. Herrje, ich verquatsche mich ja schon im Vorwort!? Mehr zu meiner Leidenschaft für gekrönte Häupter und zur Faszination der Royals gleich hier im Anschluss.

Zurück zu den Promi-Kategorien: Ganz unten steht im Prinzip der sogenannte »Reality-Star«. Aber – aufgepasst! – hier gibt es Ausnahmen. Sie sehen: Es ist gar nicht so einfach.

TV-Shows wie »Deutschland sucht den Superstar« oder »Big Brother« bringen inzwischen eine derartig hohe Anzahl von angeblich prominenten Personen hervor, dass eine etwas genauere Unterscheidung zwingend wurde. In jenen Formaten werden Nickel-Promis mit mattem Glanz am Fließband produziert. Sprich, Personen, deren Prominenz als sehr schnelllebig und deren Image als besonders ausgelutscht wahrgenommen wird.

Madonna, Lady Gaga, Elton John und Robbie Williams sind selbstverständlich Platin-Promis. Sie sind international bekannt und können enorme künstlerische Leistungen vorweisen. Man kann es nicht wegdiskutieren: Sie stehen oben auf der Hollywood-Hühnerleiter. Ihnen wird von Amts wegen Gehör geschenkt.

Wieso fällt mir bei Gold-Promis Thomas Gottschalk ein? Na, weil er einer ist. Er ist quasi ein nationaler Weltstar. So wie auch unser Herr Jauch, Iris Berben oder Senta Berger.

In der Nippel… sorry, Nickel-Abteilung rangieren schlussendlich alle, die quasi ein öffentliches Leben führen. Stichwort »Doku-Soap«. Wenn Sie sich die Frage stellen: »Warum ist diese Person überhaupt im Fernsehen?«, sind Sie im Nickel-Club gelandet. Welcome!

In Amerika allerdings haben sich die Verhältnisse schon umgekehrt. Die Reality-Stars Kardashian haben dort Hollywoodgrößen wie Brad Pitt und Angelina Jolie längst den Rang abgelaufen. In ihrer Selbstdarstellungskunst sind Kim und ihre Familie unübertroffen.

Auch wenn die Doku-Soap-Sternchen ein beneidenswertes Leben führen, wie es sich unsere Eltern dereinst immer für uns, die Kinder der Nachkriegskinder, gewünscht haben, nämlich frei von Not und Drangsal – in der Ausbeutung und im Ausschlachten ihres Images sind Kim und Family geradezu kriegerisch. Ganz nach dem Motto: Gossip sells. Klatsch verkauft. Deshalb berichten inzwischen nicht mehr nur Boulevardzeitungen, sondern auch seriöse Medien über all die Leute, die berühmt sind dafür, »irgendwie bekannt« zu sein.

 

Meinen allerersten Einsatz als Klatschreporter hatte ich übrigens im Februar des Wendejahres 1989.

Damals schickte mich mein Lieblingssender Radio Bremen für die Kult-Show »Extratour« zur Verleihung des Deutschen Fernsehpreises nach Köln.

Im strömenden Regen stehe ich dort auf dem klitschnassen roten Teppich und soll in einer Live-Schalte die Stars von Evelyn Hamann bis Willi Millowitsch keck interviewen. Aber wer sollte sich schon bei strömendem Regen auf triefender Auslegeware mit mir angeregt unterhalten wollen?

Deswegen erfinde ich an jenem Abend das »Fernsehen für Kurzentschlossene«. Samt Kamerateam stelle ich mich ins Trockene; direkt vor die Herrentoilette. Ich habe unverschämtes Glück. Die Toilettenfrau Gisela M. ist eine aufgeweckte Person und in Plauderlaune. So verhöre ich sie spontan.

Welcher Fernsehliebling wäscht sich die Hände, und vor allem: welcher nicht. Das ist tatsächlich nicht unkomisch. Meine erste bebilderte Kolumne. Die sympathische kölsche Klofrau hat mir so kurz vorm Mauerfall gewissermaßen zum Durchbruch verholfen.

Ein wichtiges Geheimnis aus der Promi-Welt habe ich bereits an jenem Abend lernen dürfen, und gerne teile ich es hier mit Ihnen: Alle Menschen sind gleich. Unterschiede bilden wir uns ein.

Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre meiner Kolumnen. Keine Sorge: Es geht hier nicht ums Koksen, Grapschen oder Schlimmeres. Es wird ganz nett. Machen Sie es sich also gemütlich. Jetzt wird frisch hapeziert!

 

Ich drücke Sie!

Ihr Hape Kerkeling

Faszination Royals

Ehe es aber losgeht mit den Kolumnen, müssen wir vorab klären, warum wir Königs eigentlich so lieben und wie die genealogischen Verbindungen und Verstrickungen unter Europas Königshäusern sind.

Eins vorneweg: Alle Menschen sind natürlich gleich.

Doch machen wir uns bitte nichts vor, meine Lieben! Monarchien strahlen seit jeher etwas besonders Erhabenes aus. Genau deshalb sind blaublütige Fürsten auch gleicher als der Rest der Normalo-Menschheit. Also, Contenance!

Kein Wunder, dass unsere Vorfahren noch an »Gottkönige« glaubten. Ob in Ägypten, Rom oder China. Royalty, wie das schon klingt! Nach Diadem und dickem roten Teppich.

Der magische Glanz, die unkaputtbare Kontinuität und die bescheidene Zurückhaltung, die von Europas Fürstenhäusern ausgehen, faszinieren jedenfalls bis heute. Immer wieder. Das lässt sich auch zweifelsfrei anhand der Sensations-Einschaltquoten royaler Traumhochzeiten belegen.

Ob altgediente Monarchinnen wie Königin Silvia von Schweden oder junge Herzoginnen-Hüpfer wie Käthe Cambridge. Wir schauen gerne hin, hören zu, sind beeindruckt und bewundern die feinen Aristokratinnen still.

Im tiefsten Grunde unseres Herzens wünschen wir uns wohl sowieso alle, vom gutmütigen Augsburger-Puppenkisten-Herrscher König Alfons dem Viertel-vor-Zwölften mit Besonnenheit und Humor regiert zu werden. Insgeheim sind die meisten von uns doch gefühlte Royalisten. Und womit? Mit Recht.

Der Job von Königs ist allerdings unfassbar facettenreich und somit kompliziert. An jeder Ecke lauern protokollarische Fettnäpfchen. Die Klatschpresse ist zudem, in sehnsüchtiger Erwartung kleinster Fauxpas, bei jedem öffentlichen Auftritt immer mit am Ball.

Wie konnten die zehn regierenden Fürstenhäuser in Europa Kriege, Krisen und Revolutionen über die Jahrhunderte überstehen – und an der Macht bleiben?

Weltweit gibt es derzeit 44 Monarchien sowie den Vatikan. Der ist zwar nur so groß wie Silvio Berlusconis Ferienhaus auf Sardinien, aber auch die letzte absolute Monarchie in Europa. Klein, aber oho. Sage und schreibe ein Viertel der unabhängigen Staaten auf diesem Planeten sind Königreiche, Herzog- oder Fürstentümer.

Darunter so kuriose Nationen wie zum Beispiel der zwischen Spanien und Frankreich eingequetschte Pyrenäen-Zwergstaat Andorra. Dort regieren bis heute zwei Kofürsten. Der eine ist der Bischof der nordkatalonischen Stadt La Seu d’Urgell, der andere der französische Staatspräsident. Staaten gibt’s!

»Monos« sagt der Grieche, wenn er das Gegenteil von Stereo meint. »Archein« hingegen bedeutet herrschen. Nur wenn einer alleine alles wuppt, sprechen wir von einer Monarchie. Insofern ist Andorra streng genommen gar keine Monarchie, sondern eine Art Duett in Stereo!

In Europa haben wir es heute jedenfalls wahlweise mit der konstitutionellen oder der parlamentarischen Monarchie zu tun. Der Absolutismus ist – mal abgesehen vom Heiligen Stuhl in Rom – Geschichte.

Monaco und Liechtenstein sind konstitutionelle Monarchien. Der Herrscher darf hier zwar keine dicke Lippe riskieren, denn seine Macht ist durch die Verfassung begrenzt und geregelt; jedoch ist der Monarch auch der Chef der Regierung und bestimmt maßgeblich die Geschicke seines Landes mit. Die Volksvertreter haben da, gestalterisch gesehen, herzlich wenig zu melden.

Bei der parlamentarischen Monarchie hingegen darf der König der Regierung weder reinquatschen, noch kann er sie absetzen. Politisch hat der oberste Staatsdiener hier so gut wie nichts mehr zu sagen.

Belgien, Dänemark, die Niederlande, Schweden, Spanien, das Vereinigte Königreich sowie das Großherzogtum Luxemburg teilen diese Staatsform.

Der Monarch repräsentiert hier lächelnd, winkend und tapfer die Nation nach innen und außen. Je nach Persönlichkeit wirkt er mal mehr, mal weniger auf Volk und Gesellschaft ein.

Einzig Norwegen tanzt hier ein wenig aus der royalen Reihe. Das Land ist eine konstitutionelle Monarchie nach parlamentarischem Zuschnitt. König Harald genießt in seinem Osloer Palast ein µ mehr Beinfreiheit als seine Adelskollegen im Rest Europas.

Der Einfluss aller europäischen Monarchen ist jedoch trotz Beschränkung durch die jeweilige Verfassung nicht zu unterschätzen. Mal abgesehen von ihrer gesellschaftlichen Bedeutung.

Spanien, Belgien, Luxemburg, Liechtenstein und Monaco werden übrigens von katholischen Fürstenhäusern regiert. Vielleicht versucht die Kurie hier hinter den Kulissen ab und zu ein bisschen zu soufflieren? Die fünf nordischen Monarchien hingegen sind protestantisch geprägt.

Monarchien haben sich überall dort erhalten, wo es in den vergangenen 150 Jahren relativ ruhig zuging, wie beispielsweise in Schweden oder Liechtenstein; und dort, wo die Landesfürsten im Zweiten Weltkrieg Nazideutschland mutig die Stirn boten.

So weigerte sich Königin Elizabeth – The Queen Mother – im Jahre 1940, mit ihren Töchtern Elizabeth und Margaret vom kriegsgebeutelten London ins sichere Kanada zu flüchten. Sie lehnte ab mit den Worten »Die Prinzessinnen gehen nicht ohne mich, ich gehe nicht ohne den König, und der König wird niemals gehen.«

König Christian X. von Dänemark, der Großvater der heutigen Königin Margrethe II., ritt demonstrativ jeden Morgen ohne seine Leibgarde durch die Straßen des besetzten Kopenhagens. Er wurde zum Symbol für den Freiheitsdrang der Dänen. Warum also hätten beispielsweise die Dänen die Monarchie jemals abschaffen sollen? Steht sie doch für die Unabhängigkeit ihrer Nation.

Auch in Großbritannien sprechen sich immer noch achtzig Prozent der Untertanen für die Beibehaltung der Monarchie aus. Gewissermaßen ist sie ja so etwas wie die natürliche europäische Staatsform. Nur die Schweiz hat als einzige Republik eine ähnlich lange Tradition.

Was der royale Spaß so kostet? Nun, für den Löwenanteil der Kosten kommen die Steuerzahler auf. Aber es wird ja auch aristokratisch was geboten für die Kohle! Kronen, Kutschen und Kastelle. What a show!

Deutschland hat keine besonders guten Erfahrungen mit seinem kriegshungrigen Kaiser gemacht. Sind die Deutschen trotzdem oder vielleicht gerade deshalb, aus Enttäuschung, die treuesten Anhänger der europäischen Königshäuser? Vermutlich hat es in dieser schnelllebigen Welt auch etwas Beruhigendes, eine einigermaßen heile Familie mit gelebter Tradition an der Spitze des Staates zu wissen.

Die zukünftigen Königinnen und Könige Europas sind heute noch Teenies oder gar Kinder. Estelle von Schweden, Ingrid von Norwegen, Christian von Dänemark, Elisabeth von Belgien, Leonor von Spanien, George von England oder Amalia der Niederlande.

Wir und unsere Nachkommen sehen, wie sie aufwachsen, sich entwickeln, sich verlieben, heiraten, Kinder kriegen, gekrönt werden, regieren und irgendwann, eines fernen Tages, die Erde wieder verlassen. Das schafft enormes Vertrauen und eine hohe Identifikation. Die Herrscherhäuser sind uns wie Kinder, Eltern und Großeltern.

Und im besten Fall spannt eine Königin wie Elizabeth II. von England mit ihrem Leben für uns eine Brücke über ein schwieriges Jahrhundert. God save the Queen.

Genealogische Grundlagen des Boulevards

Kriegen Sie jetzt bitte keinen Schreck, aber einmal muss es ja gesagt werden: Die sieben regierenden europäischen Königshäuser sind alle miteinander verwandt. Mal mehr, mal weniger eng.

Die Bernadottes in Schweden mit den Oranien-Nassaus in den Niederlanden. Die Bourbonen in Spanien mit den Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburgs in Dänemark. Die Sachsen-Coburgs-Gotha aus Belgien sind ihrerseits verwandt mit den Windsors in England, die wiederum eigentlich genauso heißen wie die Belgier. Der Familienname der englischen Könige wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg von Sachsen-Coburg-Gotha in den hippen Künstlernamen Windsor umgewandelt. Man hätte sich auch Harrod’s, Burberry, Landrover oder schlicht »The Beatles« nennen können. Die Windsors sprechen ja auch von sich selbst spaßeshalber gerne als »die Firma«. Wobei, streng genommen, Königin Elizabeth ja nach der Hochzeit mit Philip eigentlich Mrs. Schleswig-Holstein usw. heißen müsste?

Besonders kosmopolitisch geht es auf dem royalen Parkett in Oslo zu. Die Norweger gehören zwar ebenfalls zum Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, übrigens eine Nebenlinie des Hauses Oldenburg, sind mit allen aber noch enger verwandt als der ganze royale Rest Europas.

Denn bis 1905 gehörte Norwegen ja noch zu Schweden. Ein Enkel des damaligen dänischen Königs Christian IX. wurde schließlich Monarch in Norwegen. Erst seit 1991 regiert mit Harald V. ein waschechter und im Lande geborener Wikinger.

Kein Herrscherhaus stammt im Übrigen aus dem Land, welches es regiert. Die Schweden und die Spanier kamen ursprünglich mal aus Frankreich. Die Belgier, die Luxemburger, die Engländer, die Dänen und die Norweger stammen wegen ihrer oldenburgischen, nassauischen und sächsisch-coburgischen Ahnherren ursprünglich aus Deutschland. Die Niederländer setzen dem Ganzen als hessische Holländer aus der Provence die Krone auf.

Ja, und wie verwandt sind die denn nun alle genau miteinander?

Ein anschauliches Beispiel: Griechenland besitzt zwar seit 1974 keine Monarchie mehr, aber das ehemalige Herrscherhaus gehört wie die Dänen und Norweger zum Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Die Familie aus Athen ist heute eine Art familiäres Bindeglied zwischen allen modernen Fürstenhäusern.

Exkönigin Anne-Marie von Griechenland ist nicht nur die Schwester der amtierenden dänischen Königin Margrethe, sondern in Personalunion auch die Schwägerin der ehemaligen Königin von Spanien, Sophia, einer gebürtigen Prinzessin von Griechenland. Somit ist Anne-Marie auch die Tante des derzeitigen spanischen Königs Felipe. Allerdings ist Tante Anne-Marie auch eine Cousine des Schwedenkönigs Carl Gustav und angeheiratete Nichte von Queen Elizabeth. Der Großherzog von Luxemburg Henri und der König der Belgier Philippe, übrigens direkte Cousins, sind wiederum Großneffen der Griechin. Für den holländischen Herrscher Willem-Alexander ist sie eine Art Ur-Großcousine zweiten Grades. Können Sie mir noch folgen? Die meisten europäischen Monarchen stammen heute jedenfalls aus den Familien Schleswig-Holstein usw. und Sachsen-Coburg-Gotha.

 

Heute heiratet man allerdings nicht mehr wie früher untereinander Prinzen und Prinzessinnen, sondern der Trend geht bevorzugt zu den sogenannten »Bürgerlichen«. Die zukünftigen Königinnen in Europa sind ehemalige Werbefachfrauen oder PR-Strateginnen. Die kommenden Prinzgemahle waren mal Fitnesstrainer oder Banker. Mittlerweile darf man eben heiraten, wen man mag, und nicht, wen man muss. Das macht die Herrscherhäuser volksnäher. Dereinst waren langfristige Friedenssicherung und knallharter Machterhalt die Leitmotive für eine standesgemäße Heirat.

Vor allem die Dänen waren auf eine überaus kluge Heiratspolitik bedacht. Erfunden haben diese Hochzeitsdiplomatie allerdings weder die Dänen noch die Schweizer, sondern die glücklichen Österreicher. Der Wahlspruch der Habsburger lautete: Bella gerant alii! Tu, felix Austria, nube! Kriege mögen andere führen, Du, glückliches Österreich, heirate!

Und ab in die Flitterwochen, möchte man hinzufügen. Die Österreicher flitterten ab dem Mittelalter für einige Jahrhunderte durch und erweiterten so ihren Herrschaftsbereich und ihr Territorium konsequent. Kein Thron in Europa, auf dem nicht irgendein buckliger Verwandter der Wiener saß. Na, küss die Hände!

 

Als Großmutter des modernen Europas gilt allerdings Königin Victoria von England.

Her Majesty hatte sage und schreibe 40 Enkel und 88 Urenkel. Die Herrschaften wurden allesamt nolens volens in die nobelsten Familien des alten Kontinents verheiratet. Durch die Nachkommen aus diesen Verbindungen ist Victoria Urahnin für fast alle heutigen europäischen Monarchen. Das sollte der Friedenssicherung dienen. Bereits im Ersten Weltkrieg scheiterte diese Art der Familienpolitik aber kolossal. Die Front verlief quer durch die Sippe.

Königin Elizabeth II. von Großbritannien, König Harald V. von Norwegen, König Carl XVI. Gustaf von Schweden, König Felipe VI. von Spanien, Königin Margrethe II. von Dänemark, der ehemalige König von Griechenland Konstantin II. und der ehemalige König von Rumänien Michael I. sind alle direkte Nachfahren von Victoria.