Volker Lauterbach

Doppelpaul

Aus dem Leben des Paul P.

Über den Autor

Man sollte sich nicht allzu ernst nehmen und auch einmal über sich selbst lachen können.

Der Doppelpaul – Aus dem Leben des Paul P. ist eine Biographie mit Augenzwinkern, in der sich Protagonist Paul, ein liebevoller Chaot, mehr oder weniger erfolgreich durch das Leben schlägt.

Begleiten Sie Paul P. auf den verschiedenen Stationen seines Lebens und falls Sie sich das eine oder andere Lächeln nicht verkneifen können, dann ist der Zweck dieses Buches bereits erfüllt.

Sein erstes Buch „Lauftipp für Anfänger“ ist im Jahr 2016 erschienen und im stationären Buchhandel in den Printversionen als auch im Internet und zudem als eBook erhältlich.

Inhalt

Paul - und wie noch?

Schwere Zeiten - Kindheit und Jugend

Harte Suche - Ausbildungsplatz

Coole Truppe - Bundeswehr

Cooler Job - Koch

Richtiger Job - Kaufmann

Fit für die Zukunft - Computerkurs

Unter der Erde - Bergbau

Werte schaffen - Hausbau

Werte auflösen - Hausverkauf

Neue Heimat - Bei Peter&Paul

Doppelter Boden - Heimat 2.0

America Online - Die große Liebe

Neue Familie - aus zwei mach fünf

Hauskauf – zweiter Versuch

Der Bruder – die neue Freundin

In der großen Stadt – so laut

Laufend abnehmen – Paul läuft

Reif für die Insel – Lanzarote

Camping oder was? - Freizeitdomizil

Parcours de le Bürokratie - Die Kur

Der Ruhestand – Paul geht in Rente

Schlusswort

Paul - und wie noch?

Bekannte und Menschen, die glauben, meine Freunde zu sein, nennen mich Doppelpaul. Fremde und Geschäftspartner reden mich mit Herr Paul an. Weitläufige Verwandte und andere Personen, die mich nicht näher kennen, sagen Paul zu mir. Nur meine liebe Ehefrau nennt mich Hase. Nur sie darf das aber auch.

Nun fragen Sie sich sicher, was ich Ihnen direkt zu Beginn dieses Büchleins zumute. Bitte lassen Sie mich erklären:

Ich heiße in der Tat Paul, was an sich ja nichts Ungewöhnliches ist. Zumal der Name Paul zurzeit eine wahre Renaissance erlebt. Viele tausend Neugeborene, natürlich männlichen Geschlechts, bekommen den schicken Rufnamen Paul in diesen Jahren von ihren Eltern. Was mich von den meisten neuen Erdenbürgern mit dem Namen Paul unterscheidet, sind neben dem Alter und der Lebenserfahrung, die Eltern und deren Sinn für Humor.

Nun ist Humor im Grundsatz eine feine Sache. Jemand tut oder sagt etwas Witziges und Andere lachen mehr oder weniger ehrlich und herzhaft darüber. Die größten Lacher finden dabei oftmals Witze, die auf Kosten einer anderen Person gemacht werden. Und da komme ich ins Spiel!

Denn meine lieben Eltern müssen im Jahr meiner Geburt gleich mehrfach von der Muse Humor geküsst worden sein. Gemeinheit oder gar Boshaftigkeit lagen ihnen zeitlebens fern. Also kann und will ich ihnen derartiges nicht unterstellen. Demnach kann es nur eine besondere Art von Witz gewesen sein, die meine Erzeuger dazu veranlasste, mir den Rufnamen Paul zu geben. „Das ist ja nun wirklich nicht weiter schlimm“, werden Sie sicher insgeheim denken. Womit Sie im Grunde auch recht haben. Aber leider, und dafür könnte ich meine Eltern auch heute noch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagen, trugen diese doch den Familiennamen Paul.

In unseren Breitengraden setzt sich der Name eines Menschen aus dem Vor- und dem Nachnamen zusammen. Anders als bei den Indianern. Bei diesen werden die Namen kreativer Eltern aus mehr oder weniger geistreichen Kombinationen von Adjektiven und Substantiven gebildet.

Lustiger Hase oder der Flinkes Wiesel fallen mir dazu ganz spontan ein. Gemeine Eltern nannten ihren Sohn zu Wild West Zeiten dann auch mal Humpelnder Esel oder Riechendes Kaninchen.

In Zentraleuropa und auch sonst wo in der westlichen Welt ergibt sich der volle Name, wie bereits erwähnt, aus Vor- und Nachname. Punkt! Wobei der Vorname von den Eltern oder Großeltern ausgesucht wird. Der Nachname wird allerdings zwangsweise von den Eltern übernommen. Das ist das Prinzip, das auch in 99 Prozent der Fälle für alle Beteiligten zumindest zufriedenstellende Namenskombinationen hervorbringt. Bei rund einem Prozent hingegen funktioniert die beschriebene Systematik, und das zum Leidwesen der Betroffenen, nicht. Vereinfacht gesagt, hat ein Prozent der Menschen in unserem Land das ganzes Leben mit einem doofen Namen zu kämpfen. Vielmehr sogar darunter zu leiden. Schon ein bekannter Liedermacher aus den 1970-er Jahren wollte nicht Tulpenstengel heißen. Was ich gut verstehen kann. Denn ich heiße Paul Paul. Das ist jetzt kein Doppler der Tastatur. Nein, dieser Name ist das Ergebnis dieses ganz besonderen Humors meiner lieben Eltern im Jahr 1962, dem Jahr meiner Geburt.

Schwere Zeiten - Kindheit und Jugend

Sie können sich sicher vorstellen, wie es mir in der Schule erging. PePe, PauPau und PP waren die üblichen Arten, wie man mich nannte. Vermeintlich besonders witzige Mitschüler ließen sich Bezeichnungen wie der zuvor erwähnte Doppelpaul oder der doppelte Paul einfallen. Weitere Kreationen möchten ich Ihnen nicht zumuten. Sie haben bereits damals jedwede Untergrenze des schlechten Geschmacks unterschritten. Aber auch viele Lehrer konnten an der Paul&Paul-Kombination nicht vorbeigehen, ohne einen dummen Kommentar zu hinterlassen. Ein blöder Spruch, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, kam von Herrn Dr. Pomm. Ausgerechnet Herr Dr. Pomm. Jener Deutschlehrer, der mit Vornamen Fritz hieß, sagte eines Tages in einem Anflug von Heiterkeit bei der Ausgabe von Klausurbögen „Und tragen sie bitte Vor- und Nachnamen in der korrekten Reihenfolge ein“. Glücklicherweise waren die meisten Klassenkameraden zu sehr mit sich und der bevorstehenden Klausur beschäftigt, als dass sie diesen feinen Wortwitz verstanden hätten. Herr Dr. Pomm aber hieß von diesem Augenblick an für mich nur noch Rot-Weiß.

Im Religionsunterricht befassten wir uns zwei lange Schulstunden mit Apostel Paulus. Diese Geschichte aus der Bibel war ein willkommener Anlass, mich in nervtötender Häufigkeit fortan nur noch mit Paulus anzureden.

„Na Paulus, schreibst du mir auch einen Brief? Oder eine Predigt?“.

„Sag mal Paulus, wann triffst du Jesus wieder?“. Das waren die Sprüche, die ich mir in den Tagen nach den besagten Religionsstunden anhören musste. Bis es zu viel wurde und ich meinem besonders nervenden Mitschüler Reiner Senis auf die Frage, „Paulus, na wieder in Sandalen unterwegs?“, zur Antwort gab: „Was geschieht eigentlich mit Deinem Nachnamen, wenn man vom Saulus zum Paulus wird?“. Von da an hatte ich Ruhe vor Apostel Paulus.

Und da war dann noch die Klassenfahrt. In allen Gymnasien, die etwas auf sich hielten, durften die Schüler damaliger Zeit per demokratischer Abstimmung ein Ziel für den mehrtägigen Ausflug der Schulkasse auswählen. Und wie damals landesweit üblich, standen auch bei uns London, Rom und München zur Wahl.

Rom bekam die wenigsten Stimmen. Das war, die Vermutung liegt nahe, der geringen Zahl an Lateinschülern geschuldet. Wären mehr Klassenkameraden, die die staubigste aller Sprachen hätten lernen wollen, in unserer Klasse gewesen, wir wären sicher nach Rom in die ewige Stadt gefahren.

München war zweitplatziert und scheiterte in erster Linie an den Mädels der Klasse. Sie befürchteten, und das nicht zu Unrecht, die eine oder andere Bierleiche in der Stadt des Hofbräuhauses.

London wurde, wie leicht zu erraten, das Ziel dieser Klassenfahrt. Nicht zuletzt auch, weil unser Klassenlehrer in seinem, auf einem altgriechischen Gymnasium erlernten Englischdialekt sagte: „Inn Londonn wieh kähn wisitt se Sens Pohls Kätiedrell.“

St. Paul‘s…ha…meine Klassenkameraden wieherten schon los, noch ehe ich auch nur das Geringste sagen konnte. So hatten meine Schulkollegen, in der St. Pauls Cathedral angekommen, auch nichts Besseres zu tun, als vor mir niederzuknien und so zu tun, als ob sie meinen Ring küssen würden.

Einen in meinen Augen unrühmlichen Höhepunkt erreichten die Hänseleien in der Schule durch den Zugang eines neuen Klassenkameraden. Der Neue kam aus Berlin-Neukölln und war mitten im Schuljahr mit seinen Eltern aus der damals geteilten Stadt zugezogen. Er musste tatsächlich durch die DDR fahren, um in seine alte Heimat zu gelangen. Wenn das mal kein Exot war! Aber nicht die Tatsache, dass er aus einer anderen Welt kam, gab Anlass zu so manchem Scherz. Vielmehr war sein Name der Grund, dass es sich kurzzeitig ausgepault hatte. Mein neuer und zukünftig bester Freund hieß nämlich Peter Peters.

Der arme Peter hatte es anfangs ziemlich schwer. Musste er doch die gleichen flachen Witze über sich ergehen lassen, wie ich sie schon seit Jahren kannte. Er bekam das alles aber nur in einer Art Zeitraffer mit. Denn auch für den größten Klassenclown, Albert Köttel (der hieß wirklich so), wurden die bescheuerten Doppelnamen irgendwann einmal uninteressant.

Das bedeutet aber nicht, dass damit die Schulzeit und deren Hänseleien überstanden waren. Denn scheinbar neues Ungemach tat sich von einer für mich vollkommen unerwarteten Seite auf. Erdmute Pfau, eine unscheinbare, kleine Streberin, die seit der Quinta in unserer Klasse war, nahm eines Tages ihren ganzen Mut zusammen und sagte: „Jetzt, wo der Paul seinen Peter gefunden hat, sollen wir nicht den Peter und Paul-Tag zum Klassenfeiertag ernennen und ab sofort an diesem Jahrestag das Brauchtum pflegen?“.

In der Tat wurde der 29. Juni für die letzten Schuljahre ein Tag zum Feiern. So veranstalteten wir in den letzten Jahren bis zum Abitur an diesem Sommertag ein rauschendes Fest mit viel Grillgut und noch mehr Getränken.

Die Witzeleien über meinen Namen sollten wider Erwarten von diesem Tag an bis zum Schulabschluss ein Ende haben.