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Julia Di Paolo

Samantha Montpetit-Huynh

Kim Vopni

FITNESS für Schwangere

Julia Di Paolo

Samantha Montpetit-Huynh

Kim Vopni

FITNESS für Schwangere

Mit 100 ÜBUNGEN

Das perfekte Training zur Vorbereitung auf die Geburt und für die Rückbildung

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Wichtiger Hinweis

Sämtliche Inhalte dieses Buchs wurden – auf Basis von Quellen, die der Autor und der Verlag für vertrauenswürdig erachten – nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und sorgfältig geprüft. Trotzdem stellt dieses Buch keinen Ersatz für eine individuelle Fitnessberatung und medizinische Beratung dar. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Für Fragen und Anregungen:

info@rivaverlag.de

1. Auflage 2019

© 2019 by riva Verlag, ein Imprint der

Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2019 bei Human Kinetics unter dem Titel Pregnancy Fitness. Copyright © 2019 Julia Di Paolo, Samantha Monpetit-Huynh und Kim Vopni. All rights reserved.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Maria Mill

Redaktion: Karin Leonhart für bookwise GmbH, München Umschlaggestaltung: Maria Wittek

Umschlagabbildung: shutterstock.com/LightField Studios

Abbildungen im Innenteil: © Human Kinetics, sofern nicht anders angegeben.

Layout: Maria Wittek

Illustrationen: © Human Kinetics

Satz: Leeloo Molnár, bookwise GmbH, München

Druck: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-86883-593-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0225-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0256-1

Weitere Informationen finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de.

Unsere Kundinnen und Patientinnen sind uns fortwährend Ansporn und Inspiration, besonders wenn sie fragen: »Warum hat mir das keiner gesagt, bevor ich schwanger wurde?« Wir widmen dieses Buch allen schwangeren Frauen und allen, die es in Zukunft sein werden. Wir hoffen, Sie nutzen es, um sich auf die Schwangerschaft vorzubereiten, danach zu erholen und wieder in Form zu kommen. Werden Sie aktiv, bereiten Sie sich vor, nehmen Sie den postpartalen Erholungsprozess ernst und erzählen Sie anderen, was Sie dabei gelernt haben. Gemeinsam können wir allen zu einer besseren Geburt und Erholung verhelfen und der Mutterschaft mit fitter Körpermitte entspannt entgegenblicken!

Inhalt

Vorwort

TEIL I – DEN SCHWANGEREN KÖRPER VERSTEHEN

1 Auswirkungen der Schwangerschaft

2 Fit werden für die Geburt

3 Der Beckenboden: Basis der Körpermitte

4 Die Bauchmuskeln während der Schwangerschaft und danach

TEIL II – ÜBUNGEN: GEBURTSVORBEREITUNG UND RÜCKBILDUNG

5 Dehn- und Entspannungsübungen

6 Die Körpermitte stärken

7 Kraft und Ausdauer für den Oberkörper

8 Kraft und Ausdauer für den Unterkörper

9 Funktionelle Bewegungen für die Mutterschaft

TEIL III – WORKOUTS FÜR JEDE SCHWANGERSCHAFTSPHASE

10 Wahl des Workouts und des Levels

11 Workouts für das erste Trimester

12 Workouts für das zweite Trimester

13 Workouts für das dritte Trimester

14 Workouts für das »vierte« Trimester

ANHANG

Danksagung

Über die Autorinnen

Quellen

Übungsverzeichnis

Vorwort

Die Zeit, in der man Mutter wird, ist eine Phase der Veränderung in unserem Leben. Eine Zeit, in der geistig wie körperlich viel passiert. Weltweit würdigen Kulturen diese Zeit mit unterschiedlichen Traditionen, die häufig um Ruhe, Ernährung und Unterstützung der jungen Mutter kreisen, sodass sie leichter in ihre neue Rolle wechseln kann. In Japan ist es üblich, dass sich die junge Mutter drei Wochen lang ausruht und in ihrem Elternhaus das Bett hütet. In Nigeria verlangt die Tradition des omugwo, dass es die Großmutter ist, die das Neugeborene das erste Mal badet. Das sichert der Mutter Beistand zu und die Hilfe des ganzen Dorfes bei der Erziehung. In Lateinamerika versteht man unter der sogenannten cuarentena (Quarantäne) eine sechswöchige Phase, in der die junge Mutter sowohl auf Sex, anstrengende Tätigkeiten als auch auf bestimmte Nahrungsmittel verzichtet. Sie widmet sich ganz der Erholung und dem Stillen. Die Familie steht ihr zur Seite und übernimmt Kochen, Putzen und die Versorgung der anderen Kinder als auch des Neugeborenen.

In Nordamerika gibt es keine solchen Traditionen. Gesellschaft und Medien fördern im Gegenteil eine Super-Mom-Mentalität, die rasche nachgeburtliche Fitness sowie das Ziel propagiert, bald wieder so auszusehen, als »hätte man nie ein Kind bekommen«.

Wir wollen mit diesem Buch zu einem Paradigmenwechsel beitragen, der auch in der westlichen Welt neue Traditionen einführt. Denn diese könnten den Geburtsvorgang positiv verändern, die Einsicht in die Notwendigkeit sinnvoller Erholung fördern und Frauen, die sich mit der Rückkehr zum Sport mehr Zeit lassen, Anerkennung zollen.

Wir glauben an Bewegung während und nach der Schwangerschaft, vor allem bewusste Bewegung. Die Beratung von Schwangeren und der sie unterstützenden Berufsgruppen ist uns eine Herzensangelegenheit. Wissen ist Macht, und wenn Frauen sich in einer Machtposition befinden, können sie auch als Schwangere, Gebärende und junge Mütter für sich selbst sachkundige Entscheidungen treffen.

Als Erstes wollen wir uns die Auswirkungen der Schwangerschaft auf den Körperansehen. So bekommen Sie einen Eindruck davon, was Sie erwartet, wie Sie damit umgehen und wie Sie sich bewegen können, damit Sie trotz der Veränderungen Ihre Fitness erhalten.

Darauf folgt das Konzept der Fitness für den Geburtsvorgang selbst. Die meisten sehen ein, dass man sich auf ein Rennen oder eine Bergtour vorbereiten sollte. Jedes größere körperliche Ereignis erfordert körperliche Vorbereitung. Und die Geburt ist ein sehr körperliches Ereignis – eines, von dem wir überzeugt sind, dass die Mutter sich darauf vorbereiten sollte. Und wir zeigen Ihnen, wie.

Beckenboden und Bauch sind unsere Spezialgebiete, die leider in vielen Geburtsvorbereitungskursen zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Beide sind ein großes Thema bei werdenden Müttern. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Körpermitte und Ihren Beckenboden unversehrt durch Schwangerschaft, Geburt und die Zeit der Rückbildung bringen und sich das gute Körpergefühl bewahren, das Sie als Mutter brauchen.

Wenn Sie über die bevorstehenden Veränderungen informiert sind, zeigen wir Ihnen als Nächstes, wie man sich am besten bewegt. In Fitness für Schwangere geht es darum, sich so zu bewegen, dass der Körper auf die Geburt vorbereitet und für die Rückbildung optimiert wird. Wir geben Ihnen Übungsanleitungen, die Sie in Ihre Workouts integrieren können, u. a. Übungen für Ober- und Unterköper sowie funktionelle Bewegungen, die Sie auf den Alltag als Mutter vorbereiten, ebenso wie Dehnübungen gegen Verspannungen und Fehlhaltungen, die oftmals die Ursache von Schmerzen oder Wehenproblemen sind.

Schließlich bieten wir Ihnen konkrete Trainingspläne für jedes Schwangerschaftstrimester. All diese Workouts gibt es für jedes Fitnesslevel – also für Einsteigerinnen, für mittlere oder fortgeschrittene Trainierende. Egal also, welches Ihr momentanes Level oder wann in Ihrer Schwangerschaft Sie auf dieses Buch stoßen, Sie finden immer das passende Programm. Die Workouts berücksichtigen auch die speziellen Anforderungen jedes einzelnen Schwangerschaftstrimesters, sodass Sie gestärkt und bestens vorbereitet dem großen Tag entgegensehen können.

Wir haben viel Liebe und Energie in dieses Buch gesteckt und freuen uns, dass Sie es entdeckt haben und unsere Arbeit in die Praxis umsetzen. Wir wünschen Ihnen eine aufgeklärte und selbstbewusste Schwangerschaft, Geburt und Erholung.

TEIL I

DEN SCHWANGEREN KÖRPER VERSTEHEN

1

Auswirkungen der Schwangerschaft

Die Schwangerschaft ist eine aufregende Zeit voller Vorfreude und Vorbereitungen. Und sie ist eine Zeit bedeutender körperlicher Veränderungen. Das betrifft nicht nur die Hormone, sondern auch Körperhaltung und -ausrichtung sowie Muskeln, Bänder und Gewebe ebenso wie Atmung und Energie. Der Körper hat eine Menge zu tun, um ein neues Leben hervorzubringen, und all diese Veränderungen können sich auch auf Geist und Gemüt der werdenden Mutter niederschlagen. Vermutlich macht Ihr Geist gerade Überstunden, und alles wird schnell zu viel. Energieschwankungen, Sorgen um die äußere Erscheinung und die Unsicherheiten der Mutterschaft, mit alldem heißt es, sich auseinanderzusetzen. Dazu der immer näher rückende Geburtstermin, der womöglich Panik- und Angstgefühle hervorruft. Heute weiß man, dass Sport Stress bewältigen hilft und die Stimmung positiv beeinflusst. Sport ist für uns alle wichtig, besonders aber für Schwangere, weil er den Körper unterstützt, ein gesundes Baby entstehen zu lassen, die damit einhergehenden Veränderungen zu verkraften, und weil er den Geist zur Ruhe kommen lässt.

Mit der Schwangerschaft gehen einige unübersehbare körperliche Veränderungen einher. Größere Brüste und der wachsende Bauch sind die auffälligsten, doch auch im Körperinnern passiert eine Menge. Subtile Haltungsänderungen, ein veränderter Hormonspiegel, die Dehnung bestimmter Muskeln und Gewebe und ein sich verlagernder Schwerpunkt sind nur einige der weniger sichtbaren. Bewegung und Sport helfen, dass es während dieser Zeit nicht zu übermäßiger Gewichtszunahme, Schwangerschaftsdiabetes oder Schmerzen und Unbehagen kommt. Eine Auswertung verfügbarer Daten zeigt, dass Frauen, die während der Schwangerschaft Sport treiben, das Risiko von Schwangerschaftsdiabetes um fast 50 Prozent und für Präeklampsie um fast 40 Prozent senken. Selbst mäßige Bewegung während der Schwangerschaft verminderte das Risiko von Schwangerschaftdiabetes um mehr als 30 Prozent. Wurden die Übungen während der gesamten Schwangerschaft durchgehalten, sank das Risiko um weitere sechs Prozent (Dempsey, Butler und Williams, 2005).

Darüber hinaus wirkten die durch die Übungen ausgeschütteten Endorphine positiv auf die Psyche, was angesichts all der körperlichen Veränderungen sehr hilfreich ist. Sport sollte essenzieller Bestandteil jeder Geburtsvorbereitung sein. Während Wehen und Geburt häufig als passiv dargestellt werden, sind sie tatsächlich ein recht dynamischer und aktiver Prozess, der wie jeder andere körperliche Prozess umso leichter absolviert wird, je besser man darauf vorbereitet ist.

Werfen wir einen näheren Blick auf die Auswirkungen der Schwangerschaft auf unseren Körper, wie man ihn durch Übungen unterstützen sowie auf Wehen und Geburt vorbereiten kann.

Hormonelle Veränderungen

Dass Hormone bei Empfängnis, Schwangerschaft, Wehen und nach der Geburt eine entscheidende Rolle spielen, ist kein Geheimnis. In diesem Abschnitt werfen wir einen Blick auf jene Hormone, die den schwangeren Körper am meisten beeinflussen.

HUMANES CHORIONGONADOTROPIN (HCG)

Dieses Hormon wird mit dem Urin ausgeschieden und kommt bei Schwangerschaftsschnelltests zum Tragen. Die Aufgabe von hCG ist es, unserem Körper mitzuteilen, dass es Leben in ihm gibt und der Körper sich auf dessen Ernährung umstellen muss. Das Hormon hCG befiehlt auch den Eierstöcken, ihre Produktion vorerst einzustellen. Der hCG-Spiegel steigt stetig, bis er gegen Ende des ersten Trimesters eine Spitze erreicht, die typischerweise mit dem Ende der Übelkeit zusammenfällt. Auch wenn die Ursache der Morgenübelkeit noch nicht mit 100-prozentiger Sicherheit ermittelt wurde, glauben viele Mediziner, dass diese mit hCG zu tun hat. Das Hormon ist verantwortlich für die vermehrte Durchblutung des Beckens und wohl auch für das häufigere Signal zum Entleeren der Blase.

In den ersten Schwangerschaftswochen und -monaten kann Sport wegen der Übelkeit eine Herausforderung sein. Leichte Spaziergänge, Dehnübungen sowie leichtes Gewichtstraining (falls es vertragen wird) sind tolle Optionen, bis man sich wieder besser fühlt. Bei manchen Frauen können frische Luft und Bewegung die Symptome lindern, während andere Schwangere besser in der Nähe der Toilette bleiben.

Übelkeit ist der häufigste Grund, weshalb man in der Nähe einer Toilette bleiben sollte, doch falls sich auch Ihre Blase meldet, sollten Sie wissen, dass diese nicht immer unbedingt voll ist. Eine Blase sollte alle zweieinhalb bis vier Stunden ein Leerungssignal geben. In der Schwangerschaft kann dieses Signal hormonell bedingt oder wegen des größeren Drucks auf die Blase sehr viel häufiger kommen. Und die Blase kann sich schnell daran gewöhnen, dieses Signal auch nach der Schwangerschaft auszusenden, obwohl sie leer ist. Deswegen sollten Sie sich nach der Geburt um die Umgewöhnung Ihrer Blase kümmern. In Kapitel 3 wird davon noch die Rede sein.

PROGESTERON

Progesteron sorgt für eine entspannte Uterusmuskulatur, da sie deren Kontraktion verhindert. Außerdem spielt das Hormon eine Rolle im Immunsystem, denn es ermöglicht dem Körper, fremde DNA (die des Fötus) zu tolerieren. Schon ganz früh wird es vom Corpus luteum im Eierstock gebildet, während im zweiten Schwangerschaftsdrittel dann die Plazenta diese Aufgabe übernimmt. Weil es auch alle glatten Muskeln, wie etwa die Darmmuskulatur, entspannt, kann es die Passage der Nahrung durch den Darm verlangsamen und Verstopfung begünstigen.

Verstopfung ist eine unerfreuliche Nebenwirkung des Progesterons, die zu Verkrampfungen führen kann, was wiederum schlecht ist für den Beckenboden (die Muskelgruppe an der Beckenbasis). Dieser ist während der Entbindung gewaltigen Strapazen ausgesetzt, sodass man nicht noch zusätzlichen Stress durch chronische Verstopfung braucht. Achten Sie auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr und ballaststoffreiche Ernährung (lösliche wie nicht lösliche Faserstoffe), um den Stuhlgang zu fördern. Auch Sport und Bewegung sind hilfreich: Planen Sie einen Spaziergang täglich ein. Gehen ist gut für den Beckenboden und natürlich auch fürs mentale Wohlbefinden. Emotionaler Stress und niedriger Blutdruck können zu Müdigkeit führen. Achten Sie daher immer darauf, wie Sie sich fühlen.

Ein allgemeines Erschöpfungsgefühl während der Schwangerschaft kann, ebenso wie eine ungewöhnliche Kurzatmigkeit nach leichten Anstrengungen, dem Progesteron zugeschrieben werden. Progesteron macht den Körper überempfindlich für Kohlendioxid im Blut und bewirkt, dass man tiefer atmet und auf diese Weise sowohl den eigenen Sauerstoffbedarf als auch den des Babys deckt.

Der frühe Einfluss des Progesterons kann das erste Trimester zu einer großen physischen, mentalen und emotionalen Herausforderung werden lassen. Für aktive Frauen sind die ständige Übelkeit, Müdigkeit und Verstopfung eine Qual, und viele Frauen wünschen sich nur, dass es schnell vorübergeht.

ÖSTROGEN

Die Östrogenproduktion vollzieht sich nur während der frühen Schwangerschaft in den Eierstöcken. Bereits vor dem zweiten Trimester übernimmt diese Aufgabe die Plazenta. Während der gesamten Schwangerschaft steigen die Östrogenspiegel langsam und stetig, bis sich die Produktion zum Ende hin beschleunigt. Aufgabe des Östrogens ist nicht nur, die Hormonproduktion in der Nebenniere des Fötus sowie deren Wachstum anzuregen, sondern auch Ihren Uterus vorzubereiten und zu vergrößern, sodass er bei der bevorstehenden Geburt auf das Oxytocin reagieren kann. Erhöhte Östrogenspiegel können nicht nur Übelkeit bewirken, sondern auch den Appetit steigern.

Im zweiten Trimester spielt Östrogen eine Hauptrolle bei der Entwicklung der die Brüste vergrößernden Milchgänge. Die größeren Brüste führen zur Veränderung von Körperhaltung und -ausrichtung. Das Becken kippt nach vorn, die Schultern runden sich, und Sie lehnen sich vielleicht zurück, um der Verlagerung des Schwerpunkts entgegenzuwirken. Achten Sie auf einen gut sitzenden Schwangerschafts-BH und darauf, mehrere Male am Tag Ihre Haltung zu kontrollieren. Versuchen Sie, viele Stretching- und Lockerungsübungen zu machen, um die Brust zu öffnen sowie die hinteren Oberschenkelmuskeln und Hüften zu dehnen.

RELAXIN

Relaxin ist ein von Eierstöcken und Plazenta produziertes Hormon und für die Entspannung der Gewebe im Becken sowie das Erweichen und die Dehnung des Gebärmutterhalses verantwortlich. Relaxin wird häufig für die Schmerzen verantwortlich gemacht, die man gemeinhin mit der Schwangerschaft verbindet. Sie fühlt sich womöglich instabiler in den Gelenken, vor allem jedoch im Becken. Am höchsten sind die Relaxinwerte im ersten Schwangerschaftsdrittel und bei der Entbindung. Wie lang nach der Geburt der Relaxinspiegel noch erhöht bleibt, ist nicht genau bekannt, aber zumeist ist er zwischen vier und neun Monaten nach der Geburt noch feststellbar.

KÖRPERLICHE TATSACHEN – BODY FACT

Während der Schwangerschaft verfärbt sich die Linea alba häufig bräunlich. Dann heißt sie Linea nigra (»schwarze Linie«). Die dunkle, senkrechte Linie erscheint in etwa drei Viertel aller Schwangerschaften zwischen Scham und Nabel, verläuft manchmal aber auch von der Scham bis zum Oberbauch. Während der Schwangerschaft kann ein vermehrtes melanozytenstimulierendes Hormon der Plazenta zur dunklen Verfärbung der Linie führen. Das Hormon trägt auch zum Melasma (dunkleren Hautpartien im Gesicht) und dunkleren Brustwarzen bei.

Die Linea alba, die »weiße Linie«, ist eine weitere Körperregion, die sensibel auf den Anstieg des Relaxinspiegels reagiert. Die Linea alba ist das Bindegewebe, das die beiden Bahnen des Musculus rectus abdominis (die »Sixpack«-Muskeln) an Ort und Stelle hält. Während die Gebärmutter wächst, muss sich die Linea alba dehnen, um für das wachsende Baby Platz zu schaffen, was bewirkt, dass sich die beiden Bahnen des geraden Bauchmuskels von der Mitte des Körpers zu den Seiten bewegen. Dieses Auseinanderweichen wird als Rektusdiastase bezeichnet. Jüngste Untersuchungen belegen, dass Rektusdiastase bei 100 Prozent der Frauen bis zur 35. Schwangerschaftswoche auftritt. Mehr darüber lesen Sie in Kapitel 4.

Achtsame Bewegung ist unerlässlich in der Schwangerschaft. Im Wissen darum, dass das Becken weniger stabil ist und die Bauchmuskeln ihre ideale Ausrichtung verlieren, können Sie geeignete Übungen wählen, die den Körper schützen und kräftigen, statt ihn größeren Verletzungsrisiken auszusetzen.

Körperliche Veränderungen

Der hormonelle Einfluss ist Ursache für Veränderungen, die unser Körper nun erfährt. Aber auch andere Körpersysteme sind vom Wandel betroffen. So wie Ihr Baby Tag für Tag wächst, wachsen auch Sie! Schwangerschaft ist ein Zustand permanenter Veränderung und Anpassung, der in der Geburt kulminiert. Werfen wir einen Blick auf einige weitere Veränderungen sowie auf Möglichkeiten, damit zurechtzukommen.

VERÄNDERUNGEN DES HERZ-KREISLAUF-SYSTEMS

Der schwangere Körper muss sich mehr anstrengen, um Sauerstoff und Blut zirkulieren zu lassen. Angesichts der Veränderungen von Trimester zu Trimester wird Ihr Puls schwanken. Schon früh erhöht sich der Ruhepuls um etwa 10 bis 20 Schläge pro Minute, wodurch die Herzfrequenz auch beim Training höher sein wird. Dieser Anstieg beruht auf hormonellen Veränderungen einschließlich jener, die Gefäßerweiterung bewirken. Als Folge dieser Erweiterung sinkt der Blutdruck, sodass Ihr schwangerer Körper mehr leisten muss, um Sauerstoff und Blut durch eine größere Körperoberfläche zu transportieren. Nach und nach passt sich der Körper an, und der Trainingspuls pendelt sich vielleicht wieder näher bei den Werten vor der Schwangerschaft ein. Während der Schwangerschaft ist eine Kontrolle der Belastungsintensität mittels Pulsfrequenz wenig zuverlässig. Redetest und subjektive Beurteilung der Belastungsstufe (rate of perceived exertion, RPE) eignen sich besser zur Bestimmung der richtigen Trainingsintensität (siehe Tafel 1.1).

Kurzatmigkeit kann für viele Frauen einer mentalen Herausforderung werden, vor allem wenn sie vor der Schwangerschaft fit waren. Viele Frauen sagen, dass sie sich plötzlich außer Form fühlen, was insbesondere für die zuvor Superfitten entmutigend sein kann.

Tafel 1.1 Borg-Skala des subjektiven Belastungsempfindens

RPE-Anzahl

Atemfrequenz/Redefähigkeit

Belastung/ Anstrengung

1

Ruhe

Sehr gering

2

Reden fällt leicht

Gering

3

Reden fällt leicht

Moderat

4

Man kann sprechen, doch es wird mühsamer

Etwas anstrengend

5

Man kann sprechen, doch es wird mühsamer

Anstrengend

6

Atmen wird mühsam/keine Lust zu reden

Anstrengend

7

Atmen wird mühsam/keine Lust zu reden

Sehr anstrengend

8

Heftiges Atmen/Gespräch wird schwierig

Sehr, sehr anstrengend

9

Heftiges Atmen/Gespräch wird schwierig

Sehr, sehr anstrengend

10

Intensität kann nicht allzu lang aufrechterhalten werden

Maximal

Abdruck mit Genehmigung von K. Austin und B. Seebohar, 2011, Performance nutrition: Applying the science of nutrient timing (Champaign, IL: Human Kinetics), S. 30

Etwa in der Mitte der Schwangerschaft, wenn das Progesteron die Gefäßwände lockert und den Blutdruck sinken lässt, fühlen sich manche Frauen geschwächt, wenn sie zu lang stehen oder zu rasch aufstehen. Schwangerschaft und Geburt sind überaus körperliche Geschehnisse, und sie als Ereignis zu betrachten, für das man trainieren kann, verhilft einem womöglich zu einer positiveren Perspektive. Mehr zu Training und Überwachung des Pulses erfahren Sie in Kapitel 2.

VERÄNDERUNGEN DES ATMUNGS SYSTEMS

Schon zu Beginn der Schwangerschaft tragen Hormonveränderungen häufig zu einem Gefühl von Kurzatmigkeit bei. Obwohl man mehr Sauerstoff aufnimmt, fühlt es sich überhaupt nicht so an! Während die Schwangerschaft fortschreitet und die Gebärmutter sich vom Becken nach oben ausweitet, wird der Raum, in den sich das Zwerchfell beim Einatmen absenkt, kleiner, was tiefes Durchatmen erschweren kann. Der Druck der Gebärmutter auf das Zwerchfell erhöht den für das Atmen nötigen Aufwand, weil es für das Zwerchfell schwieriger wird, zu kontrahieren und sich beim Einatmen abzusenken. Folglich sind größere Anstrengung und auch mehr Energie erforderlich, um dieselbe Menge Luft zu bekommen. Möglicherweise steht weniger Sauerstoff für aerobe Übungen zur Verfügung.

Häufiges Stehen und Herumgehen tagsüber können diese Auswirkungen mildern, ebenso wie Stretching und Entspannungsübungen für die Rumpfseiten und die schrägen Bauchmuskeln. Wird die Spannung im Brustkorb oder den schrägen Bauchmuskeln gehalten, behindert dies mitunter die Rippendehnung und das beim Einatmen notwendige Absenken des Zwerchfells.

Auch später, wenn die sich ausdehnende Gebärmutter die Kontraktion des Zwerchfells einschränkt, können entspannte schräge Bauchmuskeln helfen, mehr Luft zu bekommen.

VERÄNDERUNGEN DER SKELETTAUSRICHTUNG

Dass sich durch den wachsenden Bauch der Schwerpunkt verlagert, überrascht nicht. Solange Sie nicht schwanger sind, sollte Ihr Gewicht auf den Fersen lasten, d. h., das Becken sollte sich über den Fußgelenken und die Rippen über dem Becken befinden. Wenn der Bauch wächst, steht vorn eine größere Masse über, die den Schwerpunkt allmählich verändert – wobei man idealerweise immer noch in der Lage sein sollte, das Becken über den Fußgelenken zu halten. Leider führt unser moderner Lebensstil mit viel Sitzen, wenig Gehen und Hocken meist dazu, dass der Rücken nicht mehr die Masse besitzt, um dem wachsenden Bauch etwas entgegenzusetzen. Dies führt zu Kompensationen in Form angespannter hinterer Oberschenkelmuskeln, der Verlagerung der Last des Beckens vor die Fußknöchel, zu schwacher Gesäßmuskulatur und zu kurzen und angespannten Beckenbodenmuskeln. Unsere Übungsteile umfassen wichtige Entspannungsübungen sowie Bewegungen, die sicherstellen, dass Ihr Rücken ein Gegengewicht zur Vorderseite bildet, um eine optimale Ausrichtung zu gewährleisten. Beides befähigt Sie, das Gewicht Ihres Babys besser und mit weniger Stress für Ihre Bänder zu tragen, was nicht nur bequemer, sondern auch der optimalen Lage des Fötus förderlich ist (siehe Abb. 1.1).

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Abb. 1.1 Vergleichen Sie (a) gute Haltung mit (b) schlechter während der Schwangerschaft. Beachten Sie auf dem rechten Bild (b), wie sich das Gewicht nach vorn über den Vorderfuß verlagert.

Beide Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von Jenn Di Spirito

Bei idealer Körperausrichtung würde ein Lot in gerader Linie von den Ohren durch Schultern, Hüften, Knie und Fußgelenke verlaufen. Es gibt Apps, bei denen Sie ein solches Lot auf ein Foto von sich applizieren können, um zu sehen, wie gut Sie ausgerichtet sind. Sie können auch einfach ein Band oder eine Schnur mit einem Gewicht, wie etwa der Schnalle eines Yogagurts, verwenden und es ans Becken halten, sodass es neben den Fußgelenken baumelt. Halten Sie den Gurt an die Stelle, wo sich der große Rollhügel des Oberschenkels an der Hüfte nach außen wölbt. Das Schnallenende zeigt an, wo man sein Gewicht hält. Idealerweise hängt die Schnalle neben dem Fußgelenk. Doch falls das Gewicht weiter vorn lastet, hängt die Schnalle eher neben Mittel- oder Vorderfuß. Auf diese Weise sehen Sie, wo sich Ihr Becken im Verhältnis zu den Fußgelenken befindet, und können gut abschätzen, wie Sie sich im Raum halten.

KÖRPERLICHE TATSACHEN – BODY FACT

Die Stabilität unserer Gelenke wird durch Bänder gewährleistet, die auch deren Beweglichkeit ermöglichen. Bänder sind zähe, aber flexible fibröse Bindegewebsstränge. In der Schwangerschaft erhöht Relaxin den Wassergehalt der Kollagenfasern in den Bändern, was deren Elastizität steigert. Diese nun weicheren und geschmeidigeren Bänder sorgen für die bei der Entbindung nötige gesteigerte Beweglichkeit der Knochenstruktur, vermindern aber auch die Stabilität der Gelenke und führen mitunter zu Haltungsänderungen, die uns schmerz- und verletzungsanfällig machen.

Auch das Wachstum der Brüste belastet unseren Körper, der darauf mit unterschiedlichen Ausgleichs- und Kontrollstrategien reagiert. Sobald die Brüste wachsen, kann ihr Gewicht die Schultern nach vorn ziehen. Um diese Haltungsänderungen abzumildern, sollten wir uns auf die Anspannung im Brustkorb und die Schwäche des oberen Rückens konzentrieren.

Häufig geben uns unsere Füße Hinweise auf Veränderungen, die weiter oben im Körper stattfinden. Manche Frauen behaupten, ihre Füße wüchsen in der Schwangerschaft. Tatsächlich kann die Schwäche der äußeren Hüftrotatoren bewirken, dass die Oberschenkel innerlich rotieren, was wiederum zu einer Senkung der Fußgewölbe führt. Auch hormonelle Veränderungen können das Fußgewölbe schwächen, vor allem wenn der Schwerpunkt das Körpergewicht mehr in Richtung Vorderfuß zieht. Dies lässt den Fuß womöglich länger erscheinen. Übungen und Bewegungen, die die äußeren Hüftrotatoren trainieren, helfen mitunter, ebenso wie Barfußgehen, damit die Fußmuskeln natürlich arbeiten, statt sich durch die Schuhe, die wir tragen, einschränken zu lassen.

VERÄNDERUNGEN DES BAUCHES

Wie erwähnt, gehört die Bauchdecke zu den Körperteilen, die großen Veränderungen unterworfen sind und zur Schwerpunktverlagerung beitragen. Sie kann die Ausrichtung des Beckens beeinträchtigen und unseren Körper zu Kompensationsstrategien veranlassen.

Unter der Last des wachsenden Bauches tendiert das Becken dazu, nach vorn zu kippen, was zu einer ausgeprägteren Krümmung der Lendenwirbelsäule führt. Mit fortschreitender Schwangerschaft besteht die natürliche Reaktion auf die Last und das kippende Becken darin, sich zurückzulehnen und das gesamte Becken nach vorn zu drücken. Dies kann nach und nach zu einem völligen Verschwinden der Lendenlordose (der leichten Wölbung im unteren Rücken) sowie zu einem nicht optimalen Hohlkreuz weiter oben, zu einem verspannten hinteren Beckenboden und zu schlecht funktionierenden Gesäßmuskeln führen. Das entspricht alles ganz und gar nicht mehr der von uns beschriebenen optimalen Ausrichtung mit Rippen über Becken und Becken über den Fußknöcheln. Auf Abbildung 1.2 sehen Sie ein Beispiel für eine solches extremes Hohlkreuz.

Viele Frauen sind sich der subtilen Haltungsänderungen nicht bewusst und halten Schmerzen in der Schwangerschaft für normal. Mit dem richtigen Körperbewusstsein, Aufklärung und täglicher Bewegung aber kann die Schwangerschaft angenehm sein und die Haltung trotz Schwerpunktverlagerung fast normal bleiben. Entscheidend ist, sich bewusst zu bewegen, Spannungen im Becken abzubauen und während der gesamten Schwangerschaft die Gesäßmuskeln zu trainieren. So können wir das Baby »in uns« statt »vor uns her« tragen, und sowohl die Schwerpunktverlagerung als auch die Belastung der Bauchdecke bleiben im Rahmen.

In der Schwangerschaft entwickelt sich ein relativ flacher Bauch zu einem runden, wobei sich Muskeln und Bindegewebe, insbesondere die Linea alba, beträchtlich dehnen. Die Dehnung der Linea trägt zur (bereits erwähnten und detailliert in Kapitel 4 behandelten) Rektusdiastase bei. Obwohl diese ein normaler Vorgang in der Schwangerschaft ist, lohnt es sich, etwas dafür zu tun, damit die Bauchwand eine bessere Chance hat, nach der Geburt zu ihrer optimalen Funktion zurückzukehren. Studien haben gezeigt, dass mehr als 50 Prozent der Frauen mit Rektusdiastase unter Beckenbodendysfunktionen wie Inkontinenz oder Beckenbodenprolaps leiden (Spitznagle, Leong und Van Dillen, 2007). Die Rektusmuskeln sind an der Schambeinsymphyse (oder Schambeinfuge) befestigt, folglich ist nachvollziehbar, dass – wenn die Muskeln gedehnt wurden oder ihre anatomisch korrekte Position verlassen haben – auch das Becken betroffen sein kann.

Wenn Beckenboden und umgebende Muskeln wie etwa der Psoas einen normalen Tonus besitzen, hat das Baby genug Platz »im« Becken. Ist der Tonus von Beckenboden und Psoas jedoch zu hoch, sind beide verkrampft und das Becken bietet weniger Raum. Im Gegenzug wird sich der Bauch stärker nach vorn wölben und mehr Druck auf fdie Linea alba ausüben. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Rektusmuskeln weiter von der Mittellinie entfernen, und macht es später schwieriger für das Bindegewebe, seine normale, rumpfstabilisierende Spannung zurückzugewinnen.

Wenn wir darüber reden, wie sich der Bauch verändert, müssen wir auch die psychologischen Aspekte ansprechen. Während die ersten Anzeichen eines Babybäuchleins noch aufregend sind, denkt man bei fortschreitender Schwangerschaft vielleicht: »O Gott, wie soll ich das je wieder wegkriegen?« Vor allem wenn man vorher recht fit war, kann die körperliche Veränderung beunruhigend sein. Die Übungen in diesem Buch sowie Ihr neues Wissen über Körperhaltung werden Ihnen helfen, Ihre Bauchmuskeln wieder in Bestform zu bringen, sodass Sie mit Vertrauen in Ihren postpartalen Körper die Reise in die Mutterschaft antreten können.

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Abb. 1.2 Extremes Hohlkreuz in der Schwangerschaft

Ihr Körper erlebt gegenwärtig bedeutende Veränderungen, und im Lauf der Schwangerschaft kommen noch weitere dazu. Ein Bewusstsein für diesen umfassenden Wandel zu entwickeln, warum er sich vollzieht und wie man den Körper dabei am besten unterstützt, kann wesentlich dazu beitragen, Geburt und Rückbildung zu optimieren. Im nächsten Kapitel beschäftigen wir uns mit Sport und Bewegung in der Schwangerschaft, immer unter Berücksichtigung all dieser Veränderungen.

Meditation und Visualisierung

Machen Sie sich mit Ihrem Becken und Ihrem Beckenboden vertraut. Denken Sie daran, dass das Baby aus der Vagina kommt und die Vagina sich dehnen wird. Wir können uns die knöchernen Begrenzungen des Beckenbodens als Tür vorstellen. Zur Ermöglichung des Geburtsvorgangs muss sich der Beckenboden ungehindert öffnen können. Lernen Sie, zu entspannen und zwischen Schambein, Steißbein und den beiden Sitzbeinhöckern Raum entstehen zu lassen. Nehmen Sie sich Tag für Tag Zeit, um zu meditieren und zu visualisieren, wie sich Ihr Becken lockert, auf dass sich die Beckentür am großen Tag leicht und mühelos öffnet.

2

Fit werden für die Geburt

Um für die Geburt wirklich fit zu sein, sollten Sie Bewegungsformen wählen, die Sie für den großen Tag vorbereiten. Das bedeutet nicht nur sportliches Training, sondern auch generell mehr Bewegung. Wir leben in einer Welt, in der wir den Großteil unserer Bewegung vermeiden können und es auch tun. Auch wenn wir das für eine tolle Idee halten: Unser Körper und vor allem unser schwangerer Körper liebt es, sich zu bewegen! Wir aber benutzen stattdessen automatische Türen, Rolltreppen und Rollsteige, fahren fast täglich Auto und zumeist noch ins Büro, wo wir den Großteil des Tages sitzend verbringen. So haben wir kaum »natürliche« Bewegung und verlassen uns letztlich auf unsere einstündigen Fitnesskurse, um uns dann einzubilden, wir seien fit. Doch fit wozu? Gebären ist ein aktiver und dynamischer Prozess. Die gängigen Medien haben es geschafft, Geburt als etwas darzustellen, das man im Liegen erledigt. Aber ein Kind zu gebären ist nichts, was man »passiv und liegend« erledigt. Je aufrechter und beweglicher Sie dabei sind, umso leichter wird das Baby in Ihr Becken eintreten und aus ihm herauskommen. Bewegungen und Fitnessaktivitäten, die die Veränderungen der Schwangerschaft berücksichtigen, die Wehen nachahmen sowie Kraft- und Entspannungsübungen verbinden, sind die beste Wahl, um in der Schwangerschaft fit zu bleiben und auf die Geburt vorbereitet zu sein.

Wehen, Geburt und Mutterschaft bringen viele physische und psychische Herausforderungen mit sich, die bei entsprechender Vorbereitung durch Training und Bewegung leichter gemeistert werden können. Seien Sie achtsam bei Ihren Aktivitäten und nutzen Sie alle Möglichkeiten, weniger zu sitzen und sich mehr zu bewegen. Wählen Sie Übungen, die Ihren Körper auf den großen Tag und das Muttersein vorbereiten. Muttersein erfordert, dass man sich auf bisher ungewohnte Weise bewegt, etwa sperrige schwere Lasten (Kindersitze) trägt, sich bückt und etwas hochhebt (ein Baby in die Wiege legt), sich im Sitzen umdreht (um ein unruhiges Baby im Auto zu trösten) und Wäsche im einen und ein quengelndes Baby im anderen Arm trägt und zu beruhigen versucht! Lassen Sie uns tiefer einsteigen und die besten Vorbereitungsmöglichkeiten auf Geburt und Mutterschaft näher betrachten.

Das Prinzip der Spezifität

Das Prinzip der Spezifität ist nichts Neues im Fitnessbereich, bemerkenswert jedoch ist, dass es bis vor Kurzem noch nie auf Schwangerschaft und Geburt angewandt wurde. Zwar war man sich einig, dass Aktivität für Schwangere günstig ist und Fitness den Geburtsvorgang und die rasche Rückbildung fördert. Forschungen und daraus folgende Trainingsempfehlungen wurden jedoch bislang ignoriert.

Als aktive und gegenwärtig schwangere Frau sind Sie sich der sportlichen Notwendigkeiten bewusst und wollen wahrscheinlich nach der Geburt möglichst rasch wieder so fit werden, wie Sie es waren. Vielleicht haben Sie schon begonnen, nach geeigneten Übungen oder Informationen zu suchen. Aber wissen Sie wirklich, wie man für die Anforderungen einer Geburt trainiert?