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INHALTSVERZEICHNIS

Übersichtskarten

Von Norden nach Süden wunderbar – Deutschland – eine Entdeckung

Der Norden

1Sylt – Trauminsel mit Friesenflair

2Flensburg – Entspannt an der Grenze

3Husum – Sturmgeboren

4Die Halligen – Träume im Meer

5EINE RUNDE UMS WATT – Von Sylt nach Ostfriesland

6Hamburg – Die Perle an der Elbe

7Bremen – Die Stadtmusikanten grüßen

8Helgoland – Insel mit Fahrstuhl

9NATIONALPARK WATTENMEER

10Ostfriesland – Zwischen Meer und Moor

11Die Ostfriesischen Inseln – Sandperlen

KALEIDOSKOP – KLÖNTÜR UND RUMMELPOTT

12Die Holsteinische Schweiz – Sanftes Seenland

13Kiel – Von der Seefahrt geprägt

14Lübeck – Marzipan und Buddenbrooks

15EINE FAHRT INS BLAUE – Vom Harz nach Fehmarn

16Osnabrück – Krieg und Frieden

17Lüneburger Heide – Bukolische Landschaft

18Wolfsburg – Die Autostadt

19Celle – Kunstvoll geometrisch

20Residenzen an der Oker – Im Löwenland

21Hildesheim – Ein Zeichen der Gottesmutter

22Hannover – Messe und mehr

23Schwerin – Traumlage am See

24Rostock – Hansestadt mit eigenem Seebad

25Wismar und Stralsund – Alter Schwede!

26NATIONALPARK VORPOMMERSCHE BODDENLANDSCHAFT

27Rügen – Ein Bild von einer Insel

28NATIONALPARK JASMUND

29Usedom – Auf der Sonnenseite

30NATIONALPARK MÜRITZ

Der Nordosten

31Berlin – Du bist so wunderbar

32Potsdam – Stadt der Schlösser

KALEIDOSKOP – BROCKENBAHN UND EIERSCHECKE

33Ruppiner und Havelland – Fontanes Mark

34NATIONALPARK UNTERES ODERTAL

35Branitz und Muskau – Pücklers Spielwiesen

36Görlitz / Zgorzelec – Grenzen überwinden

37Lutherstadt Eisleben – Anfang und Ende

38Lutherstadt Wittenberg – Ort des Anschlags

39Naumburg und Halle – Wein und Salz

40Der Spreewald – Verzauberte Wasserwelt

41Magdeburg – Stadt im Wandel

42STRECKE VOLLER ENTDECKUNGEN – Von Cottbus nach Rügen

43NATIONALPARK HARZ

44Leipzig – Goethe, Bach und Thomaner

45Dresden und Meißen – Barock und Porzellan

46NATIONALPARK SÄCHSISCHE SCHWEIZ

47Das Erzgebirge – Natur und Handwerk

Die Mitte

48NATIONALPARK HAINICH

49Weimar – Inspiration für Geistesgrößen

50Erfurt – Sakrale Baukunst und mehr

51Eisenach und die Wartburg – Luther hautnah

52TOUR MIT TIEFGANG – Von der Wartburg bis Meißen

53Göttingen – Nobels Wunder

54NATIONALPARK KELLERWALD-EDERSEE

55documenta-Stadt Kassel – Kunstvoll

56Fulda – Beim heiligen Bonifatius

57Marburg – Philipp und Elisabeth

58Rätsel im Teutoburger Wald – Externsteine

59Düsseldorf – Gediegen schick

60Xanten – Beim Drachentöter

61Münster – Alte Giebel und moderne Kunst

62Metropole Ruhr – Glück auf!

KALEIDOSKOP MUTZBRATEN UND STIPPEFÖTTCHE

63Köln – Lebensfreude am Rhein

64Aachen – Heilbad der Römer

65Bonn – Beethovens Erste

66Schloss Augustusburg – Inbegriff des Rokoko

67NATIONALPARK EIFEL

68Naturpark Pfälzerwald – Wein und Burgen

69Trier und das Moseltal – Historie mit Flair

70Das Mittlere Rheintal – Betörende Loreley

71Darmstadt – Reizvolle Zwischenlage

72Mainz – Auf dem 50. Breitengrad

73Nibelungenstadt Worms – Kriemhilds Heimat

74Speyer – Beim goldenen Hut

75Rund um das Lahntal – Jerusalems Liebe

76An der Saar – Michel und Marianne

77AUF FLUSSFÜHLUNG Von Köln nach Heidelberg

78Wiesbaden – Wasserreich

79Frankfurt – Fachwerk und Finanztürme

Der Süden

80Heidelberg – Romantik am Neckar

81NATIONALPARK HUNSRÜCK-HOCHWALD

82Kloster Maulbronn – Schlichte Pracht

83Karlsruhe – Breit gefächert

84Stuttgart – Kultur und Genuss im Ländle

85Tübingen – Dichter- und Denkerschmiede

86SPRITZTOUR IM SÜDWESTEN – Von Freiburg zum Bodensee

87Freiburg im Breisgau – Bestes Wetter

88NATIONALPARK SCHWARZWALD

89Der Bodensee – Länderverbindendes Nass

90Oberschwaben – Freiheit an der Iller

91Würzburg und Mainfranken – Weinland

92Bamberg – Das »fränkische« Rom

93Musik und Bier – Oberfranken

94Geld und Frieden – Augsburg

95ZWISCHEN WEIN UND BERGEN Von Würzburg nach Füssen

96Nürnberg – Leben im Schutz der Burg

97Das Altmühltal – Heimat des Archaeopteryx

98Burghausen – Unschlagbare Lage

99Regensburg – Historisches Gassengewirr

KALEIDOSKOP – BLUMENPFAU UND RAUWUGGERL

100 NATIONALPARK BAYERISCHER WALD

101 Passau – »Venedig Bayerns«

102 Niederbayerische Perlen – An Isar und Donau

103 München – Grüß Gott, Isarflimmern!

104 Fünfseenland – Sisis Heimat

105 Bad Tölz – Kurz vor der Steilwand

106 Das Allgäu – Grasberge und Bauernland

107 NATIONALPARK BERCHTESGADEN

108 Der Chiemsee – Tiefes Blau vor Bergkulisse

109 EINE BERG- UND SEEFAHRT Vom Watzmann bis zum Bodensee

110 Zugspitze und Pfaffenwinkel – Südzipfel

111 Schloss Neuschwanstein – Märchenpalast

Straßenkarten

Impressum

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Die Basteibrücke bei Rathen ist ein berühmtes Fotomotiv. Hamburg beeindruckt mit der modernen Architektur der Hafencity, hier das Dockland-Gebäude. Weinbau wird am Main bei Triefenstein betrieben. Rostock zeigt sich zur blauen Stunde romantisch. Am Strönwai von Kampen sind Nobelrestaurants aufgereiht. Der Felsturm der »Langen Anna« ragt einsam vor Helgoland in den Himmel (v.l.n.r.).

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Hinter der Figur des Jakobspilgers ragt der Dom zu Speyer auf. Bei Urach im Schwarzwald leuchtet der Morgennebel. Der Nostalgiezug »Rasender Roland« dampft über Rügen. Am Museumsufer am Main reicht der Blick in Frankfurts City. Die Walhalla thront bei Donaustauf über der Donau (v.l.n.r.).

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VON NORDEN NACH SÜDEN WUNDERBAR

Deutschland – eine Entdeckung

Das Land, in dem wir leben, ist uns vertraut – wir kennen viele Städte und Regionen. Und doch scheint es unerschöpflich in seinem Reichtum an wertvollen Kulturschätzen und schönen Landschaften, an Geschichten und Geheimnissen. Vom Wattenmeer bis zur Zugspitze und von Berlin bis an den Bodensee stellt dieses Buch 111 faszinierende Ziele vor.

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Das fränkische Rothenburg ob der Tauber gilt als Inbegriff einer romantischen mittelalterlichen Stadt.

Seit Jahren gibt es in der Reisebranche einen Trend: Die Deutschen reisen gern durch ihr eigenes Land. Quer durch alle Generationen verbringt jeder Dritte seinen Urlaub bevorzugt in Deutschland. Das mag Sicherheitsgründe haben oder einem gestiegenen Umweltbewusstsein geschuldet sein – oder es hat eine ganz einfache Ursache: Wir entdecken nach und nach die »Highlights« vor unserer Haustür. An interessanten und liebenswerten Reisezielen herrscht von Mecklenburg-Vorpommern bis Bayern kein Mangel – erst recht, wenn man die Geschichten hinter den Sehenswürdigkeiten kennt: Denn wissen wir zum Beispiel, dass die größte und artenreichste Wildnis Mitteleuropas das Wattenmeer vor Deutschlands Küste ist? Und haben wir jene kleine Schlangenskulptur an einer Säule des Rostocker Rathauses schon bemerkt, die den Umgang im Stadtrat aufs Korn nimmt? Wer hat bereits die Wacholderheide im Altmühltal durchstreift oder einen Blick in die Eiskapelle am Königssee geworfen? Und: Haben wir jemals herausgefunden, warum manche Einheimische nur wissend schmunzeln, wenn Besucher mit einer Hand über das blank gewienerte Eselsbein ihrer Bremer Stadtmusikanten streichen?

Ziele für Neugierige

Das Reiseland Deutschland steckt voller Überraschungen: von der vollen Lebenslust seiner Städte bis zur stillen Schönheit seiner Naturräume. Auf relativ engem Raum, verbunden durch ein bestens ausgebautes Straßen- und Verkehrsnetz, finden sich in diesem Land die verschiedensten Landschaftsformen. Im Schwarzwald gibt es sonnige Höhen und glasklare Seen, auf Sylt erstreckt sich kilometerlanger Sandstrand, im Spreewald bilden die Bäume schattige Dächer über den »Fließen«, den Kanälen, und der Hintersee bei Berchtesgaden verzaubert zu jeder Jahreszeit.

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In Rostocks Vorort Warnemünde treffen sich alljährlich Groß- und Traditionssegler zur Hanse Sail.

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In der Eifel reift der Wein hoch über dem Ahrtal.

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Ostseeglück finden Urlauber am Strand von »Lübecks schönster Tochter«, Travemünde.

Neben den allseits bekannten Anlaufpunkten warten zahlreiche Entdeckungen auf Neugierige: Die geheimnisvollen Externsteine im Teutoburger Wald oder der jüngst zur 44. deutschen Welterbestätte ernannte Naumburger Dom gehören sicher zu den unbekannteren Zielen, ebenso die skandinavisch anmutende Weite der Müritz oder der stille Nationalpark Unteres Odertal. Von einer Stadt wie Schwerin kennen viele vielleicht nur die Schlossansicht auf der Zwei-Euro-Münze und das von Eiszeitkräften geformte Naturparadies der Eifel ist außerhalb von Nordrhein-Westfalen nur wenig bekannt.

Klassiker seit Jahrhunderten

Andere Regionen Deutschlands begeistern Besucher dagegen schon seit Langem. Das Mittlere Rheintal etwa gilt seit 200 Jahren als romantisches Sehnsuchtsziel. Auch die Sächsische Schweiz durchstreifen Wanderer bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert. In Süddeutschland wiederum bilden die Königsschlösser Ludwigs II. seit über 120 Jahren Besuchermagneten. Spannend an der Neuentdeckung Deutschlands sind auch die Wechselwirkungen von Naturraum und kultureller Rezeption. Selbst mancher asiatische Besucher zitiert an der Loreley das Lied von Heinrich Heine. Oder die Kreidefelsen von Rügen: An ihren schroffen Kanten scheinen die Grenzen zu verschwimmen – kommen wir nicht auch hierher, um zu sehen, was sich verändert hat, seitdem Caspar David Friedrich die weltberühmten Bilder gemalt hat? Vielleicht spüren die Besucher zuweilen den Atem der Geschichte: Etwa auf der Wartburg, wo Martin Luther die Bibel ins Deutsche übertrug und später die Burschenschaften von der Einheit der Nation träumten. Oder im Dürerhaus in Nürnberg, dessen ältester Balken aus dem Jahr 1418 stammt. Rothenburg ob der Tauber, Bamberg und Teile von Görlitz oder Meißen wirken in manchen Momenten, als sei hier die Zeit stehen geblieben. Und zuweilen werden sogar literarische Räume manifest: Im »Buddenbrookhaus« in der Lübecker Mengstraße etwa, wo Thomas Mann den »Verfall einer Familie« verortete, meint man fast, im Nebenraum das Geraschel von Taft und Seide zu vernehmen.

Von schönen Winkeln und schwierigen Revieren

An vielen Orten Deutschlands wird augenfällig, wie groß die Bemühungen sind, die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und sozialistischer Mangelwirtschaft zu beheben. Die Stadtsilhouette von Dresden ist ein Beispiel dieser Wiederherstellung alter Pracht – der Blick vom rechten Elbufer gleicht der Ansicht Canalettos (1722–1780) aus dem Jahr 1748 zusehends, ohne dass Dresden dabei zum Freilichtmuseum verödete. Und auch Potsdam wird von Jahr zu Jahr schöner und wirkt heute so frisch, als hätte Karl Friedrich Schinkel gerade erst den Baustellenstaub von seinen Stiefeln geklopft.

Aber es sind nicht nur die herrlichen Fassaden oder die barocke Fülle wie in der Würzburger Residenz oder in der Wieskirche im oberbayerischen Pfaffenwinkel, die das Interesse verdienen. Gerade auch jene deutschen Regionen entwickeln sich rasant, deren Geschichte nicht immer glatt verlief, sondern voller Brüche steckt. Das Ruhrgebiet etwa steht für einen vielfachen Wandel – von der Industrie- zur Kulturzone, von der Brache zu neuem Leben. Manches, was hier oder auch andernorts ins Auge springt, hat experimentellen Charakter und fordert heraus: Keiner weiß, ob sich Frankfurts Museum für Elektronische Musik etablieren wird oder ob uns die Bauten am Düsseldorfer Zollhof in ein paar Jahren auch noch gefallen. Aber der Mut macht Spaß!

Zuweilen verhilft auch die Rückbesinnung auf alte Qualitäten zu frischem Glanz: Eisenachs modernes Bachmuseum liefert hierfür ein gutes Beispiel oder aufsehenerregende Bauten wie Saarbrückens Neue Galerie. Und auch das arme Bremerhaven machte aus der (Struktur-) Not eine Tugend und setzte spannende Museen an die Wesermündung, vom »Auswandererhaus« bis zum »Klimahaus 8 ° Ost«.

Die Großstädte: Frischer Wind weht durch alte Gassen

Der guten Konjunktur sei Dank, scheinen viele Städteplaner wie beflügelt: In Leipzig etwa setzt die Universität Architektur-Akzente, und Frankfurt hat das Viertel um den Römer komplett neu gestaltet. Auch das prächtige München wird jedes Jahr interessanter: Ungeachtet der Sanierungen strömen die Besucher ins Kunstareal oder sie besichtigen die atemberaubende BMW-Welt. Bald möchte sich die Residenzstadt im Werksviertel neu erfinden – man darf gespannt sein. Hamburg hat seinen jüngsten Stadtteil auf die Elbe gesetzt: die Hafencity, ein bahnbrechendes Projekt, mit der Elbphilharmonie als glänzendem Schlusspunkt.

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Publikumsmagneten: Rügens Schloss Granitz.

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Die Skulpturen am Dresdner Zwinger stören sich an zahlreichen Bewunderern nicht.

Und dann erst Berlin! Jeder will in diese Stadt, die zweifellos zu den anziehendsten Metropolen der Welt gehört. Sie ist die beste Botschafterin für das moderne, unkonventionelle Deutschland: Allein im Jahr 2017 kamen rund 13 Millionen Touristen in die Bundeshauptstadt. In Berlin entsteht permanent Neues, auch im (scheinbar) alten Gewand, wie dem rekonstruierten Stadtschloss, das bald die Ausstellungen des Humboldt Forums beherbergt. Allein die Besichtigung der Schätze der – teilweise neu gestalteten – Museumsinsel könnte viele Tage füllen, vom reichhaltigen Kulturprogramm der 3,6-Millionen-Stadt ganz zu schweigen.

Viele Seiten eines Landes

Das Land verändert sich permanent – in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Neben den schnelllebigen gibt es auch die Attraktionen mit längeren Haltbarkeitsdaten, beispielsweise die Nationalparks. Wir stellen Ihnen die Höhepunkte aller 16 Schutzgebiete vor. Außerdem machen wir Routenvorschläge für acht schöne Strecken quer durchs Land, wahre Traumrouten für Individualisten. Und in den »Kaleidoskopen« haben wir Typisches und Skurriles aufgegriffen. Lassen Sie sich von diesem vielseitigen Bildband anregen, Deutschland neu zu entdecken!

Britta Mentzel

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Der Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar ist ein Gesamtkunstwerk aus bildender Kunst, Architektur und Büchern.

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So ruhig und romantisch zeigt sich die legendäre Hafeneinfahrt von Lindau am Bodensee mit Deutschlands südlichstem Leuchtturm nur am frühen Morgen oder am Abend.

DER NORDEN

Inseln, Hanse und sanfte Brisen

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Die Hansestädte prägen den Norden Deutschlands, ob Hamburg mit dem berühmten Hafen und der nicht minder berühmten Binnenalster.

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Bremen, dessen Wahrzeichen der Roland ist.

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Doch der Norden hat noch mehr zu bieten, etwa idyllische Szenen mit Schäfer und Schnucken in der Lüneburger Heide.

image TRAUMINSEL MIT FRIESENFLAIR – SYLT

Sandstrand, Kultur und kulinarische Genüsse

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Ein 40 Kilometer langer Sandstrand erstreckt sich von Norden bis zum Süden der Nordseeinsel Sylt, die schon seit mehr als 100 Jahren zu den beliebtesten Urlaubszielen Deutschlands gehört. Daneben gibt es friesische Kultur und Geschichte, viel Natur am Wattenmeer, attraktive Spitzenrestaurants und ein aufregendes Nachtleben zu entdecken.

Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts wissen Urlauber das Meer, die Landschaften und die gesunde Luft von Sylt zu schätzen. Damals gehörte die größte nordfriesische Insel, wie der Rest Schleswig-Holsteins, noch zum Einflussbereich des dänischen Königreiches.

Zu einem Drittel ist Sylt von Sand bedeckt. Wanderdünen, vom Westwind vorangetrieben, begruben einst ganze Dörfer unter unaufhaltsamen Sandmassen. Die sandige Dünenlandschaft ist heute überwiegend mit Strandhafer bepflanzt und steht unter Naturschutz.

Vom Ellenbogen bis zur Odde

Lange Strandspaziergänge, Sonnen, Entspannen, Lesen, Ballspielen und auch das prickelnde Brandungsbad in der Nordsee gehören zu den populären Urlaubsvergnügungen auf Sylt. Und spätestens, wenn die Sonne abends spektakulär im Meer versinkt, ist klar, warum die lang gestreckte nördlichste Insel Deutschlands jedes Jahr auch zu den Lieblingszielen von 850 000 anderen Urlaubern gehört.

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Ein Schiff auf dem Weg nach Föhr – Blick auf Hörnum ganz im Süden von Sylt.

Rund 10 000 Strandkörbe bieten Schutz vor Sonne und Wind, die meisten konzentrieren sich an den Strandzugängen von Westerland, Wenningstedt und Kampen. Deren Bars, Restaurants oder Saunen, wie das »Samoa Seepferdchen« und die »Sansibar« südlich von Rantum, die Strandpromenade von Westerland mit ihrer Musikmuschel, »Wonnemeyer« oder »Gosch« am Kliff von Wenningstedt oder Kampens »La Grande Plage« gehören zu den beliebtesten Inseltreffpunkten.

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Auch bei einer Brise schützen die Strandkörbe, wie hier bei Kampen.

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Volkstümlicher geht es bei »Gosch« in List zu, der »nördlichsten Fischbude Deutschlands«.

Strandspaziergänge der besonderen Art kann man ganz im Norden und an der Südspitze, dem »Kap Horn« Sylts, unternehmen. »Ellenbogen« nennt sich die einsame sandige Landzunge, die sich noch nördlich von List und der Bucht Königshafen erstreckt. Die private Dünenlandschaft steht unter Naturschutz und ist für Spaziergänger frei zugänglich. Das Schwimmen im Meer ist hier wegen tückischer Strömungen überwiegend verboten, aber allein die meist einsame Strandwanderung bis zur Spitze des Hakens mit Blick auf die dänische Insel Rømø ist schon etwas Besonderes. Hörnumer Odde nennt sich die Landzunge ganz im Süden, die anders als ihr Pendant im Norden durch Stürme und Wasserströmungen immer mehr an Substanz verliert. Vorbei am Leuchtturm und mit Blick auf die Nordfriesischen Nachbarinseln Föhr und Amrum, lassen sich hier auf einer Bootstour mit etwas Glück Robben und Schweinswale ausmachen. Zu den Robbenbänken laufen regelmäßig Ausflugsdampfer vom Hörnumer Hafen aus.

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Begrüßungskomitee: die »Grünen Riesen« am Bahnhof von Westerland.

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Im Februar wird der Winter auf Sylt beim »Biikebrennen« ausgetrieben, hier bei Tinnum.

Von Westerland an der Nordseeküste sind es rund 20 Kilometer bis zum nördlichen List, etwa genauso weit wie an die Südspitze des Eilands bei Hörnum. Der Hindenburgdamm, der Sylt seit 1927 ganz im Inselosten über eine Eisenbahntrasse mit dem Festland verbindet, ist von Westerland rund 15 Kilometer entfernt.

Naturparadies im Norden

Große Inselflächen stehen seit Langem unter Naturschutz. Zwischen Westerland und Hörnum gedeihen in feuchtmoorigen Dünentälern seltene Pflanzen wie der fleischfressende Sonnentau. Allein 600 Schmetterlingsarten flattern im Sommer durch Sylts Lüfte. Sie laben sich auch am Nektar der Heide, die auf dem leicht erhöhten Geestrücken weitflächig gedeiht.

Imposant sind das Rote Kliff mit seiner von Wind und Wellen gebeutelten Abbruchkante zwischen Wenningstedt und Kampen sowie das zwei Kilometer lange Morsum Kliff im ruhigeren Inselosten. Entlang der zusammengeschobenen Erdschichten passieren Besucher dort während eines Kurzrundgangs rund zehn Millionen Jahre Erdgeschichte.

Zugvögel legen auf der größten nordfriesischen Insel zu Hunderttausenden auf ihrem Weg vom Norden Skandinaviens oder Russlands in den warmen Süden und auf ihrer Rückreise eine Rast ein: im Rantumer Becken und im Königshafen bei List oder in anderen Marschgebieten auf der Insel.

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Der »Mühlenhof« ist ein traditionell reetgedecktes Friesenhaus.

Von Friesen und Fremden

Seit 700 n. Chr. leben Friesen auf Sylt und vielen anderen Inseln der deutschen und niederländischen Nordseeküste. Ihre Kultur wird auf Sylt von der »Söl’ring Foriining«, dem größten Heimatverein Schleswig-Holsteins, gehegt und gepflegt. Mehr als 2500 Sylter engagieren sich in der Vereinigung, die auch das Altfriesische Haus und das benachbarte Sylter Heimatmuseum in Keitum, den »Denghoog« in Wenningstedt sowie die Vogelkoje nördlich von Kampen betreut. Vor allem im Osten, zwischen Keitum und Morsum, wird noch Inselfriesisch als Umgangssprache gesprochen.

Seit mehr als 150 Jahren kommen Urlaubsgäste auf die Insel. Zunächst angezogen von der klaren Luft und dem Reizklima, später auch vom (hüllenlosen) Bad in der Nordsee.

Zu den vielen Inselbesuchern zählten von Beginn des Fremdenverkehrs an immer wieder mehr oder weniger prominente Zeitgenossen. Die Sozialistin Rosa Luxemburg gehörte dazu und der Schriftsteller Thomas Mann, sein Kollege Max Frisch, der Boxer Max Schmeling, die Schauspielerin Marlene Dietrich ebenso wie die Verleger Peter Suhrkamp, Ernst Rowohlt und Axel Springer. In den 1960er-Jahren erwarb sich vor allem Kampen den Ruf eines Sündenbabels mit wilden Strandfeten bei Buhne 16 mit Gunter Sachs oder Udo Jürgens. Die heutige Szene ist etwas weniger mondän; Schlagersänger und verblasste Sportgrößen halten sich an ihren Kelchen mit dem Sylter Modegetränk, Champagner-Bier, fest.

Genuss zu jeder Jahreszeit

Sylt hat sich zu Deutschlands kulinarischer (Strand-)Hochburg entwickelt. Wo früher Schweinskopfsülze zu einem Krug Warmbier serviert wurde, rühren heute Sterneköche in ihren Töpfen und exzellente Restaurants servieren internationale Gerichte. Dazu kommt frischer Fisch, vor allem von den Inselmatadoren Blum und Gosch, die Imbisse und Restaurants in mehreren Orten unterhalten.

Vor allem in der sommerlichen Hochsaison kann es auf Sylt voll werden; dann sind die Inselherbergen, vom Luxusresort bis zur einfachen Pension, ebenso wie die mehr als 10 000 Strandkörbe zwischen Westerland und Kampen gut belegt. Auch zwischen Weihnachten und Neujahr, wenn hin und wieder der Ostwind die Insel mit Frost überzieht, hat Sylt Saison.

TOP image ERLEBNISSE

image FRIESISCHE ROMANTIK

Bevor die Westküste das Publikum anzog, galt Keitum als bedeutendster Inselort. Der »Mühlenhof« von 1730 kündet von Sylts Walfangvergangenheit, während viele der reetgedeckten Friesenhäuser heute als Ferienunterkünfte dienen, beschattet von hohen Linden und Kastanien.

image WANDER-KLASSIKER

Der acht Kilometer lange Weg rund um das Rote Kliff gilt als eine der spektakulärsten Routen der Nordsee. Die Strecke beginnt an Kampens Sturmhaube, führt über die Uwedüne durch die Heide und am Klippenrand entlang. Ab dem Strandzugang 31 geht es über Lattenwege und viele Stufen bis zum Wennigstedter Strand. Der Rückweg ist leicht: Immer am Wasser bleiben!

image WIND UM DIE NASE

Zum Sylter Sommerprogramm gehören mehrere Surfwettbewerbe, einige von nationalem, einige von internationalem Rang. Den Auftakt bildet das Multivan Summer Opening im Mai, gefolgt vom Kitesurf Cup Ende Juni, dem Multivan Surf Cup vier Wochen später und der Sailing Week Anfang August. Das Buhne 16 Longboard Festival fällt in den September, der Mercedes-Benz Windsurf World Cup beendet die Saison.

Weitere Informationen

www.sylt.de,
www.westerland.de,
www.insel-sylt.de

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Beste Bedingungen beim Windsurf World Cup vor Westerland.

image ENTSPANNT AN DER GRENZE – FLENSBURG

Hoch im Norden ist Deutschland ziemlich dänisch

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Im innersten Winkel der Förde macht es sich Flensburg seit rund 900 Jahren gemütlich. Für die Gründung der Stadt waren Handelswege über Land entscheidend, eine »berauschende« Karriere zu See erlebte sie erst später. Ausgerechnet in der einstigen Rum-Metropole werden die »Punkte« von Deutschlands angesäuselten Autofahrern verwaltet.

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Hinter den blühenden Rapsfeldern ragt die Windmühle von Unewatt an der Flensburger Förde auf.

Vornehm und mit stolz aufragendem Schornstein rauscht die alte Lady über das Wasser. Der Rauch, den die »Alexandra« auf ihrer großen Fahrt über die Flensburger Förde ausstößt, lässt altmodisches Fernweh aufkommen. Dank liebevoller Pflege ist der über 100 Jahre alte Salondampfer als das letzte seegehende Passagierdampfschiff Deutschlands wie eh und je eisern einsatzbereit.

Die »Alexandra« ist in Flensburgs historischem Hafen zu Hause, wo sie sich mit der motorisierten »Gesine« die Brücke teilt. Nebenan riecht es in der Museumswerft nach Holz und Teer, dort liegen klassische Yachten und die romantischen Segelschiffe des Museumshafens vor Anker. Im Herzen des historischen Hafens erzählt das Schifffahrtsmuseum vor der Kulisse der hübschen Altstadt kurzweilig von Flensburgs Seefahrtsgeschichte, seinen Reedern und Kaufleuten, von Kapitänen, Schiffen und Werften, vom Westindienhandel – und von dessen grausamer Schattenseite, der Sklaverei.

… und ’ne Buddel voll Rum

Das Museum ist im alten Zollpackhaus an der Schiffbrücke untergebracht, in dem noch in den 1960er-Jahren Zollbeamte Rumfässer überprüften. Flensburgs große Zeit als Europas Rum-Metropole war damals jedoch schon vorbei, die erlebte es im 18. und 19. Jahrhundert. Aus dieser strahlenden Epoche stammen im Zentrum reizende Gänge und Straßenzüge, prächtige Patrizierhäuser am Holm und malerische Handelshöfe in der Roten Straße.

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Vom Flensburger Hafen reicht der Blick auf die St.-Jürgen-Kirche.

Wer vom Schifffahrtsmuseum auf der »Rum-& Zuckermeile« durch die Innenstadt bummelt, entdeckt alte Zuckersiedereien, Kaufmannshäuser und Stätten der Rum-Produktion. Hansen, Asmussen – die Namen sind auch heute klangvoll, aber für Flensburg nicht mehr relevant. Produzierten hier einst Dutzende Destillerien edlen Rum und Rum-Verschnitt, brennen als traditionelle Rum-Häuser heute nur noch Johannsen und Braasch vor Ort.

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Das Wasserschloss Glücksburg spiegelt sich in der Flensburger Förde.

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Johannsen ist eine der letzten Rum-Manufakturen der Stadt.

Die Kapitäne und reichen Bürger, die meist mit der Seefahrt ihr Geld verdienten, zog es im 19. Jahrhundert auf Jürgensby, wo sie in schnieken Häusern auf den Hafen blickten, der sich damals noch als ein bedeutenderes Tor weit zur Welt öffnete. Heute ist die Förde das Revier der Wassersportler, wenngleich die Flensburger Werft ein wichtiger Arbeitgeber ist und im Hafen auch immer noch Handelsschiffe anlegen. Damals brachten sie ihre Waren bevorzugt aus Dänisch-Westindien, bis Flensburg 1864 von Dänemark an Preußen überging.

Dänische Mischung

Dänisch war Flensburg schon, als sein erster Siedlungskern um das Jahr 1100 im heutigen Stadtteil Johannis entstand, ein wenig älter war das östlich gelegene Adelby. Händler und Fischer lebten hier an der Kreuzung zweier großer Handelsstraßen: des Ochsenweges, der vom dänischen Viborg bis nach Wedel bei Hamburg verlief, und eines der Angelbowege, die Nordfriesland mit der Halbinsel Angeln verbanden. 1128 erhielten die Siedler mit St. Johannis eine Kirche, deren gotisches Gewölbe aus dem 15. Jahrhundert Peter Lykt wie einen Paradiesgarten mit einem stilisierten Rankenwerk ausmalte. Größer und prächtiger ist die Marienkirche aus dem späteren 12. Jahrhundert. Ein Renaissance-Altar und die reich verzierte Kanzel sind Stiftungen aus dem späten 16. Jahrhundert und zeigen, welchen Reichtum Flensburger Bürger vor den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges anhäufen konnten.

Dänisch spielt in Flensburg heute noch eine wichtige Rolle, immerhin gehören rund 20 Prozent der 88 000 Einwohner der dänischen Minderheit an. Hier gibt es dänische Kindergärten, eine dänische Schule und mit dem »Flensborg Avis« sogar eine dänische Tageszeitung. Dänisch wird an den Schulen als Fremdsprache unterrichtet und ist im öffentlichen Leben allgegenwärtig. Der dänische Kulturverein Grænseforeningen (Grenzverein) hat seinen Sitz im 1725 erbauten Flensborghus in der Norderstraße.

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Rund um Nordermarkt und Marienkirche bietet Flensburgs Altstadt reges Leben.

Die lässigste dänisch-deutsche Kulturintegration brachten wohl die Frauen aus der Region zustande, die auf der »Alexandra« und anderen Schiffen Anfang des 20. Jahrhunderts auf Butterfahrten zum zollfreien Einkaufen auf der Förde zwischen Deutschland und Dänemark hin- und herschipperten. Mit einer Dauerkarte ausgestattet, die »partout« – also immer – galt, wurden sie zu Petuh-Tanten, die »Petuh« schnackten. Auf der »Alexandra« werden noch heute Fahrten mit Petuh-Unterhaltungsprogramm angeboten. Dabei geht es sprachlich völlig drunter und drüber, ist doch das Petuh ein Mix aus Hoch- und Plattdeutsch, Hoch- und Niederdänisch. Vereinfacht ausgedrückt, benutzt man deutsche Wörter, die dänische Grammatik und Satzstellung, verschleift das »G« zum »Ch« und stellt ein scharfes »S« voran. Würde diese Flensburger Mundart aussterben, lautete auf Petuh der Kommentar: »Is dat Ssünde!« – »Das ist aber schade!«

Gott gebe Glück mit Frieden

In Flensburg kann man es entspannt angehen, dröge ist es in der Universitätsstadt schon dank der vielen Studenten jedoch nicht. Wenn das Wetter mitspielt, kann man an einem der vielen Strände baden gehen und sich im Sand sonnen. Von Wassersleben aus ist man in ein paar Minuten nach Dänemark geschwommen, vom Strand Solitüde aus ist es ein Katzensprung nach Glücksburg. Glücksburg ist tatsächlich die nördlichste Stadt Deutschlands – schneller zum dänischen Nachbarn kommt man aber von Flensburg aus, weil man nicht um die halbe Förde herumfahren muss.

In Glücksburg warten nicht nur weitere Strände und Wassersportmöglichkeiten, sondern auch das Renaissanceschloss Glücksburg. Herzog Johann der Jüngere ließ es Ende des 16. Jahrhunderts erbauen und nannte es nach seinem Wahlspruch, der noch heute über dem Eingangsportal wünscht: »Gott gebe Glück mit Frieden – GGGMF«. In Glücksburg residierten Herzöge und dänische Könige und obwohl es ein wenig abseits steht, spielte es im Europa der Monarchien eine zentrale Rolle. Dank geschickter Heiratspolitik gelang es einem Glücksburger Herzog, der als Christian IX. 1863 bis 1906 als dänischer König regierte, dass das Haus Glücksburg von Russland bis England so ziemlich mit jedem europäischen Königs- oder Fürstenhaus verwandtschaftlich verbandelt ist. Auch eine Kunst.

TOP image ERLEBNISSE

image ES LEBEN DIE WIKINGER!

Mit Haithabu und Danewerk stehen seit dem Sommer 2018 zwei weitere Stätten Schleswig-Holsteins auf der Welterbeliste der UNESCO. In der Wikingersiedlung Haithabu verdeutlichen einige Nachbauten, wie die Gebäude des expansiven Volks aussahen, das dort am Haddebyer Noor seine südlichste Siedlung gründete. Das Wikingermuseum zeigt die prägnantesten der mehr als 12 000 Fundstücke.

Danewerk heißen die dänischen Befestigungsanlagen, die seit dem frühen Mittelalter in mehreren Bauabschnitten entstanden. Der markanteste sichtbare Teil ist die Waldemarsmauer aus dem 12. Jahrhundert, eine Ziegelsteinmauer, die sich über dreieinhalb Kilometer hinzog.

image EIN PROST AUF DEN NORDEN!

In Flensburg löschen zwei Brauereien den Durst: einerseits die Flensburger Brauerei, kurz »Flens«genannt, die seit dem Zusammenschluss der beiden örtlichen Brauereien 1919 besteht, andererseits Hansens Brauerei. Als einer der Trendsetter der Craft-Beer-Bewegung serviert sie seit 1990 in der nördlichsten Gasthausbrauerei Deutschlands Standardbiere und saisonale Produkte.

Weitere Informationen

www.flensburg-tourismus,
www.haithabu.de,
www.haithabu.de,
www.hansensbrauerei.de

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Kämpfen wie die Wikinger in Haithabu.

image STURMGEBOREN – HUSUM

Licht und Farbe in Nordfriesland

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Als Theodor Storm seinen Heimatort Husum in seinem Gedicht Die Stadt verewigte, hatte er einige berufliche Schwierigkeiten zu bewältigen. Vielleicht beschrieb er ihn darin deshalb ausgerechnet als »Du graue Stadt am Meer«. Möglicherweise hadert das Stadtmarketing heute ein wenig mit Husums Beinamen »graue Stadt«, denn tatsächlich erfreut das »Tor zur Halligwelt« mit Farben und Licht.

Die »Grote Mandränke«, das »große Ertrinken«, war eine katastrophale Sturmflut, deren mächtige Wellen im Jahr 1362 Nordfrieslands Küste so umformten, dass das kleine Dorf Husembro auf einmal direkt am Meer lag. Damit waren die Weichen für die Entwicklung der Siedlung neu gestellt: Aus Husembro wurde die Hafenstadt Husum. Für Dänemark, das damals in Streit mit der Hanse lag, war der aufstrebende Hafen von enormer Bedeutung und Husum erlebte bis Mitte des 17. Jahrhunderts eine goldene Zeit. In diese Epoche fällt auch der Bau des Schlosses vor Husum, das 1577 bis 1582 für Herzog Adolf I. außerhalb der Stadtmauern errichtet wurde. Heute hat sich die Stadt so ausgedehnt, dass der prächtige Renaissancebau auf der Schlossinsel inzwischen mitten in Husum steht.

Das lila Blütenwunder des Nordens

Das Schloss ist der beste Beweis, dass Storms »graue Stadt« durchaus Farbe zu bieten hat. Selbst bei »Schietwetter« wirkt im Frühjahr das lila Blütenwunder des Nordens: ein Meer aus rund fünf Millionen Krokusblüten. Die verwilderten Blumen breiten sich im Schlosspark schon seit Jahrhunderten aus; warum sie ursprünglich eingeführt wurden, weiß man heute nicht mehr. Vielleicht sollte aus den Blüten Safran als Färbemittel oder Gewürz gewonnen werden, doch in diesem Fall war die Enttäuschung vorprogrammiert. Für den zarten Blütenteppich zeichnet sich in Husum der Crocu neapolitanus verantwortlich, Safran kann man aber nur aus Crocus sativus gewinnen.

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Husums alten Hafen säumen bunte Häuser.

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Pferde grasen am Hattstedtermarsch bei Husum.

Maler, Dichter, Puppenspieler

Der Schlosspark mit den riesigen Bäumen ist auch jenseits der Krokusblüte attraktiv und im Schloss bewundern Besucher die Ausstattung aus dem 18. Jahrhundert, genießen Konzerte und erfreuen sich an moderner Kunst. Die Landschaft, die Farben und das klare Licht des Nordens haben schon immer Künstler nach Husum und in die Region gezogen. In Seebüll, von Husum gut 50 Kilometer Richtung dänische Grenze entfernt, lebte ab 1930 der expressionistische Maler Emil Nolde, dem die Farben stets »ein Glück« und Ausdrucksmittel waren. Dort können das ehemalige Wohnhaus mit Werken des Künstlers und der von Nolde gestaltete Garten besichtigt werden.

Im Schloss entführt das Poppenspäler Museum in die Kunst des Puppentheaters. Der Name ist natürlich eine Reminiszenz an Theodor Storms Novelle Pole Poppenspäler. Der Dichter kam 1817 in Husum zur Welt und ist dort noch sehr präsent. Gleich beim Binnenhafen, wo in den angrenzenden Straßen die schönen alten Giebelhäuser der Kapitäne und Kaufleute aus dem 18. und 19. Jahrhundert stehen, ist in der Wasserreihe sein ehemaliges Wohnhaus in ein Museum umgewandelt.

Stadt am Meer

Nicht weit entfernt kann man sich im NordseeMuseum Storms Märchen Der kleine Häwelmann auch auf Dänisch, Plattdeutsch und Friesisch anhören – all diese Sprachen sind in Husum und der Region beheimatet. Das Museum widmet sich dem historischen Alltag an der Nordseeküste, wo die Menschen immer mit den gewaltigen Kräften des Meeres zu kämpfen hatten. Dessen einmalige Gezeitenlandschaft kann man bei einem Wattspaziergang im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer erkunden und seine köstlichen Früchte im malerischen Hafen direkt von den bunten Krabbenkuttern naschen. Dort starten auch die Schiffstouren zu den Halligen, ins Watt und zu den Seehundbänken. Beim Hafen spürt zudem das Schifffahrtsmuseum über 1000 Jahren Schifffahrtsgeschichte nach und hat eine weltweit einmalige Besonderheit zu bieten: das rund 400 Jahre alte Uevelsbüller Wrack, das mit einer Lösung aus mehr als 100 000 Kilogramm Zucker konserviert wurde und deshalb auch »Zuckerschiff« heißt.

TOP image ERLEBNISSE

image HOFFEN AUF SCHIETWETTER

Es regnet im Urlaub? Ideale Bedingungen für einen Abstecher ins Fun Center Husum, das Kinder und Erwachsene mit Trampolinen, Bumpercars und Soccerfeld unterhält. Hinter der neuesten Attraktion »Unschlagbar« verbirgt sich eine Schwarzlicht-Golfbahn; der Indoor-Hochseilgarten fordert in fünf Meter Höhe schwindelfreien Einsatz. Als letzter Indoor-Schrei gilt das Lasertagging.

image KRÖNUNG MIT KROKUS

Seit 2018 pfeift Husum auf die traditionelle Erbfolge und präsentiert Mitte März auch einen Krokusblütenkönig. Die jährlich neu gekürte Majestät eröffnet das Festwochenende rund um Schloss und Blumenmarkt; die eigentlichen Stars aber sind die kleinen Frühlingsblüher, die den Schlosspark in ein violettes Farbmeer tauchen.

image HOLLAND AN DER TREENE

Als Planstadt mit schnurgeraden Straßen, Grachten und einem großen Marktplatz angelegt, erscheint Friedrichstadt bis heute wie Holland im Westentaschenformat. Friedrich III. gründete den Ort 1621 für Glaubensflüchtlinge, Kaufleute und Wasserbauer, um dem Handel in dem gottorfschen Herzogtum Auftrieb zu geben.

Weitere Informationen

www.husum.de,
www.friedrichstadt.de,
www.funcenter-husum.de

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Friedrichstadts Marktplatz säumen holländische Häuser.

image TRÄUME IM MEER – DIE HALLIGEN

Auf den Marschinseln im Wattenmeer heißt es regelmäßig »Land unter«

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Sollte der Meeresspiegel durch die Klimaerwärmung ansteigen, werden diese Inseln irgendwann gänzlich verschwunden sein. Nasse Füße bekommen Mensch und Tier dort jedoch heute schon, wenn die Flut besonders hoch aufläuft. Die Rede ist nicht von den Malediven, sondern von den Halligen vor Schleswig-Holsteins Nordseeküste.

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Auf der größten Hallig, Langeneß, reicht der Blick über die Salzwiesen zu einer Warft und über das Meer.

Theodor Storm gelang ein zart-poetischer – und gern zitierter – Vergleich: Für ihn lagen die Halligen »wie Träume« im Nebel auf dem Meer. Von oben gesehen, stechen die kleinen Inseln im graubraunen Wattenmeer vor Schleswig-Holsteins Nordseeküste wie Oasen in der Wüste hervor, deren kräftigem Grün im Sommer der Strandflieder einen lila Anstrich verpasst. Der Wüstenvergleich hinkt allerdings insofern, als weltweit kaum eine Landschaft so von Leben strotzt wie das amphibische Wattenmeer, in dem Land und Wasser eine einzigartige Verbindung eingehen.

Prekäre Existenzen

Die Halligen sind kleine Marschinseln, die in der sich ständig verändernden Landschaft des Wattenmeeres vor einigen Jahrhunderten entstanden und heute zum Biosphärengebiet Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und Halligen gehören. Nicht eingedeicht oder nur durch einen kleinen Sommerdeich geschützt, sind sie den Kräften des Meeres ausgesetzt und führten stets ein prekäres Dasein. Wellen und Wattströme verändern die Umrisse der Inseln, die bei Sturmfluten regelmäßig überflutet werden. Sie »laufen blank«, wie ihre Bewohner sagen, und so manche Hallig ist aus dem Land-Unter nicht mehr aufgetaucht.

Wenn die Wellen bei Sturmflut über die flachen Inseln schlagen, ziehen sich Mensch und Tier in die Häuser und Ställe auf den kleinen Warften zurück. Die aufgeschütteten Hügel mit den flachen Böschungen ragen einige Meter über den Wiesen der Inseln auf, die ringsum im stürmischen Meer versinken. Fast surreal wirken dann die Bilder einer aufgewühlten Wasseroberfläche, aus der einzelne Häuser auf winzigem Raum wie Stationen im Niemandsland aufragen. Bei der katastrophalen Sturmflut von 1962 stürzten einige alte Bauernhäuser auf den Halligen ein; aus dieser Erfahrung heraus wurden die Häuser auf den Inseln mit Schutzräumen im Obergeschoss ausgestattet, die über Betonstützen tief im Boden verankert sind. Sicherheit in diesen Zufluchtsstätten bieten zudem Strom- und Wasserleitungen. Letztere sind eine Errungenschaft aus den 1960er-Jahren, als die bewohnten Halligen an das Süßwassernetz des Festlands angeschlossen wurden. Kleine Inseln – große Welt

Vor Schleswig-Holsteins Küste sind nur zehn Halligen verblieben, von denen drei gänzlich unbewohnt sind. Doch zeigen alte Karten und bestätigen Überlieferungen, dass es früher weitaus mehr dieser kleinen Inseln gab. Habel misst als kleinste nur 3,6 Hektar und darf als strenges Naturschutzgebiet nicht betreten werden, die größte ist die besiedelte Hallig Langeneß mit einer Fläche von 956 Hektar. Hooge, die zweitgrößte und sicherlich bekannteste Hallig, ist immerhin 574 Hektar groß, besitzt mehr als 100 Bewohner auf zehn Warften, eine Kirche, Schule, WLAN und zählt jährlich rund 90 000 Tagesbesucher und 46 000 Übernachtungen.

»Mein Gott, was is de Welt doch grot; un et gifft ok noch en Holland!«, ließ Theodor Storm in seiner Novelle Eine Halligfahrt eine Halligbewohnerin bei ihrem Besuch auf dem Festland ausrufen. Doch bieten die winzigen Inseln nicht nur ihren Bewohnern eine Heimat, sondern zudem ihren Besuchern die einzigartige Erfahrung, wie man ohne Netz und doppelten Boden in einer gewaltigen Naturlandschaft sein Leben gestaltet – jenseits der perfekten deutschen Infrastruktur mit Ärzten und Apotheken, Supermärkten und Restaurants in nächster Nähe. Nicht immer ging dies früher gut aus; auf Südfall beispielsweise kamen in Sturmfluten im 17. und 19. Jahrhundert fast alle Bewohner um. Heute lebt hier nur noch im Sommer der Vogelwart, der in den von Prielen durchzogenen Salzwiesen die zahllosen Zug- und Brutvögel beobachtet. Als Besucher darf man dieses Vogelparadies nur mit Genehmigung im Rahmen von Führungen betreten.

Auf Süderoog dagegen freuen sich die Bewohner über Besuch, denn auf der 60 Hektar großen Insel lebt nur ein junges Paar von Bio-Landwirtschaft. Auf ihrer – passenderweise – herzförmigen Insel bieten die beiden einen ganz besonderen Service: In ihrer guten Stube kann man sich ganz zünftig das Jawort geben.

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Zur Hallig Südfall geht es per Pferdewagen durchs Watt.

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image STRANDWANDERUNG

Einer der schönsten Amrumer Wanderwege führt genau über die breiteste Ausdehnung des Kniepsands. Die 13-Kilometer-Tour beginnt an der Kniepsandhalle und geht über den Nebeler Strand immer am Wasser entlang zur Norddorfer Aussichtsplattform. Von dort schlängelt sich der Rückweg über die Vogelkoje Meerarm und zwei Aussichtsdünen.

image PERFEKTE SYMMETRIE

So stellen sich Landratten Leuchttürme vor: rot-weiß geringelt und zwei Wärterhäuschen links und rechts. Seit mehr als 100 Jahren steht der Leuchtturm Westerheversand auf einer Warft auf der Halbinsel Eiderstadt. Aus 41 Meter Höhe macht sein Feuer die Runde – bei klarer Sicht ist es bis Helgoland erkennbar.

image RINGELGANSBUFFET

Bevor sie gen Norden nach Sibirien oder Richtung Süden nach England oder Frankreich fliegen, machen die Ringelgänse auf den Halligen im Frühjahr und Herbst Station. Auf den Wiesen fressen sie sich den Reiseproviant an und lassen sich dabei aus nächster Nähe zusehen. Halliggemeinden, Naturschutzverbände und der Nationalpark Wattenmeer bieten Ringelganstage mit Führungen an.

Weitere Informationen

www.halligen.de,
www.amrum.de,
www.westerhevernordsee.de,
www.ringelganstage.de

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Im Frühjahr rasten Tausende Ringelgänse auf den Halligen.