ADRIAN DOYLE

&

TIMOTHY STAHL

 

 

BLUTVOLK, Band 5:

Para-Träume

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Die Autoren 

 

Was bisher geschah... 

 

PARA-TRÄUME 

 

Vorschau auf BLUTVOLK, Band 6: DER ATEM MANITOUS 

von Adrian Doyle & Timothy Stahl 

 

Glossar 

 

Das Buch

 

Die Träume kamen plötzlich, mit brutaler Gewalt. Es war, als könnte Jennifer in eine andere Welt blicken. Eine Welt des Schreckens, des unsagbar Bösen. Eine Welt, die ihr beinahe real erschien.

Sie wusste nicht, dass sie nicht die Einzige war, die diese Träume hatte. Und dass man bereits fieberhaft nach ihr suchte.

Denn die nächtlichen Visionen waren viel mehr als bloße Träume. Sie waren der Schlüssel zu einer Wahrheit neben der unseren, der sichtbaren Welt. Und wer immer diesen Schlüssel erlangte, der hielt die Vorsehung in Händen...

 

BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.

Die Autoren

 

 

Manfred Weinland, Jahrgang 1960.

Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.

Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.

Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.

Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.

Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.

Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.

 

 

 

Timothy Stahl, Jahrgang 1964.

Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.

In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.

Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.

In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada.

  Was bisher geschah...

 

 

Fast dreihundert Jahre lang hat Landru, einer der ältesten Vampire, nach dem Lilienkelch gesucht. Nur mit ihm können die Vampire Nachwuchs zeugen: indem sie Menschenkinder rauben und ihnen das Blut eines Sippenoberhaupts zu trinken geben.

Der Lilienkelch spielte eine wichtige Rolle in der Geschichte der Vampire – und er soll sie auch wieder vom Angesicht der Erde tilgen. Gott »impft« ihn mit einer Seuche, die, als Landru den Kelch benutzt, alle Sippenoberhäupter rund um den Globus infiziert. Deren »Kinder« werden von unbändigem Durst nach Blut befallen, den sie nicht zu löschen vermögen und rapide altern. Allein die Oberhäupter sind gegen die Seuche immun. Lilith Eden, Tochter einer Vampirin und eines Menschen, erhält den Auftrag, diese letzten überlebenden Vampire zu vernichten.

Ausgenommen von der Seuche ist auch ein künstlicher, genmanipulierter Vampir. Unempfindlich gegen christliche Symbole soll er das Überleben der Blutsauger sichern. Auf einem Tanker Richtung Alaska zeugt er Nachwuchs – aus sich selbst, denn er ist geschlechtslos. Die Besatzung fällt ihm nach und nach zum Opfer, bis der Kapitän das Schiff in eine Feuerhölle verwandelt. Der Blutsauger entkommt ins Eismeer, während seine »Kinder« in den Flammen sterben...

In einem Nonnenstift in Maine, USA, wird die junge Ordensschwester Mariah schwanger, obwohl sie nie mit einem Mann zusammen war. Nur 666 Stunden später gebiert sie einen Knaben, dem alle Nonnen verfallen. Kurz darauf kommt ein von der Seuche infizierter Vampir zum Kloster – und wird von dem Kind geheilt! Freudig verbreitet er die Kunde, doch die Vampire, die daraufhin zum Nonnenstift pilgern, werden brutal getäuscht. Der Knabe entzieht ihnen alle Kraft und Erfahrung und wächst dabei um gut drei Jahre. Lilith, die dem Pilgerzug der Blutsauger gefolgt ist, zieht die falschen Schlüsse und will das Kind retten. Die Schwestern stellen sich gegen sie, und Mariah flieht mit dem Kind. Dieses aber hat in Lilith eine spätere Gegnerin erkannt...

Die Vampire sind nicht die einzige Rasse neben den Menschen. Es gibt noch eine weitere, die bei Vollmond ihre Kraft entfaltet: die Werwölfe. Ihre Herkunft und ihr Fluch sind noch ungeklärt. Ein Fluch, den der Weise Chiyoda zu kontrollieren versteht. In einem chinesischen Kloster lehrt der Werwolf seine Schüler die Kunst der Selbstbeherrschung. Dort befindet sich auch Nona, die Landru seit Urzeiten kennt und begehrt, seit sie sein Blut aus dem Lilienkelch trank. Als Chiyoda in seinen Visionen von dem Schicksal erfährt, das über die Vampire kam, bricht Nona allen Warnungen zum Trotz auf, um die Herkunft der Seuche zu ergründen. Und sie glaubt, dass eine Frau dahintersteckt, der Landru schon so manche Niederlage verdankt: Lilith Eden...

PARA-TRÄUME

 

 

 

   Der Kampf musste mit animalischer Wildheit geführt worden sein. Und das Finale, der wahrhaft mörderische Höhepunkt, stand unmittelbar bevor.

Die Schwarzhaarige war nur noch in Fetzen gekleidet. Ihre verzerrten Züge erinnerten an ein Raubtier. Und wie ein solches mochte sie sich zur Wehr gesetzt haben. Vergebens...

Sie war die Unterlegene dieser Auseinandersetzung. Sie lag am Boden, auf dem Rücken, und das heisere Fauchen, das sie dem über ihr Knienden entgegen zischte, war nicht mehr als ein trotziger Versuch, über die eigene Todesangst hinwegzutäuschen.

Beeindruckend waren allenfalls die beiden dolchartig gekrümmten Eckzähne, die dabei sichtbar wurden. Aber auch diese Drohgebärde konnte den Mann nicht davon abhalten, es zu Ende zu bringen...

 

Die zurechtgeschnitzte Spitze des hölzernen Pflocks, den er in seinen Fäusten hielt, berührte durch eines der Löcher in der Kleidung die bleiche, nackte Haut der wilden Schönen, kaum zwei Fingerbreit unter ihrem in hastigen Atemzügen wogenden Busen.

Er sah ihr noch einmal tief in die Augen, als wollte er sie stumm um Vergebung bitten.

Dann warf er sich förmlich mit seinem ganzen Gewicht und all seiner Kraft auf das stumpfe Ende des Pflocks!

Der Pfahl bohrte sich tief in die Brust der Schwarzhaarigen und musste ihr Herz regelrecht aufspießen.

Ihr Brüllen war nur im allerersten Moment das einer waidwunden Bestie. Alle Abscheulichkeit floss aus ihren Zügen, und dann war es eine junge und betörend schöne Frau, die ihren Todesschmerz in die Dunkelheit schrie. Vier oder fünf Sekunden lang. Bis ihre Stimmbänder mürbe wurden und ihre Stimme im wahrsten Sinne des Wortes brach...

Und wenig später erinnerte kaum noch etwas an das, was eben hier stattgefunden hatte.

Von der Vampirin blieb nicht mehr übrig als Asche, die der Wind in den ewig gierigen Schlund der Nacht trieb.

Der Mann, der Richter und Henker in einem gewesen war, sah dem verwehenden Staub nach, bis er seinen Blicken entschwand. Dann erst wandte er sich zum Gehen, den Pflock noch immer in Händen.

Schwer wie Blut aus einer furchtbar schmerzenden Wunde tropften die Worte von seinen Lippen.

»Verzeih mir... Lilith Eden.«

 

 

Tage vorher

Rom, Petersplatz

»Wissen Sie eigentlich, wie sehr ich es hasse, Sie zu treffen?«

Kardinal Alessandro Caracolli blieb stehen, bevor sein Fuß den Rand des dunklen Schattens übertrat, den der mitten auf dem riesigen Platz stehende Obelisk in der Frühsonne warf. Als hoffte Seine Eminenz, das noch kraftlose Licht des Morgens könnte die Schauder vertreiben, die ohne Unterlass über seinen Rücken krochen. Wie Spinnen mit eiskalten Beinen, die sich nicht entscheiden konnten, in welche Richtung sie seinen Körper verlassen sollten.

Dabei waren es normalerweise die anderen, in denen seine Gegenwart solcherlei Unbehagen weckte. Der Kardinal war ein korpulenter Hüne. Seine Augen lagen wegen der buschigen Brauen stets im Schatten und fielen nur deshalb auf, weil es in ihnen fortwährend blitzte – selten vergnügt, oft energisch und manchmal erzürnt. Autorität umwehte ihn auf Schritt und Tritt, einer Aura gleich, die in anderen schon den bloßen Gedanken an Widerspruch erstickte.

Es mochte kaum eine Handvoll Menschen auf der Welt geben, die ihrerseits ein solches Gefühl in Alessandro Caracolli zu schüren imstande waren.

Und von dieser möglichen Handvoll war der Kardinal bislang nur zweien tatsächlich begegnet.

Einer dieser beiden war Seine Heiligkeit selbst.

Dem anderen stand er nun gegenüber.

»Ich kann es mir vorstellen. Aber ich hoffe, es hat nicht wirklich etwas mit meiner Person zu tun«, erwiderte dieser andere auf die Frage des Kardinals, obwohl Seine Eminenz vielleicht gar keine Antwort erwartet hatte.

»Nein«, sagte Caracolli, seines Zeichens Präfekt der Heiligen Ritenkongregation, »ich nehme an, das hat es nicht.«

Wenngleich er sich dessen auch nicht vollkommen sicher war. Obwohl der andere auf den ersten Blick keinen Anlass bot, ihm mit Misstrauen oder gar Vorbehalten gegenüberzutreten – er war einen halben Kopf kleiner als Caracolli, sein Gesicht war Beweis dafür, dass sich in seinen Adern das Blut vieler Völker dieser Erde mengte, und sein gepflegtes Äußeres ließ an einen Geschäftsmann denken, der seinen Erfolg zwar zur Schau trug, dies aber nicht auffällig tat; seine schlanken Hände lagen auf dem Knauf eines unübersehbar wertvollen Gehstocks, und das Alter des Mannes war kaum zu schätzen: er konnte die Vierzig ebenso gut gerade erst überschritten wie die Sechzig beinahe erreicht haben – , war etwas an ihm, dass den Kardinal ein bisschen mehr als nur beunruhigte. Ohne dass er es konkret hätte benennen können.

Vielleicht war es etwas, das den anderen unsichtbar umgab; vielleicht war es sein Gebaren – seine Angewohnheit etwa, sich stets im Schatten zu halten; sein rhetorisches Talent, mit vielen Worten wenig zu sagen und mit wenigen Worten Rätselhaftes noch mehr zu verklären; seine Fähigkeit, die eigenen Gesichtszüge wie die einer Wachsmaske modellieren zu können, was es anderen unmöglich machte, hinter die Fassade zu sehen.

Und vielleicht war es etwas ganz anderes...

Vielleicht das, was die wenigen Menschen, die sich zu dieser früher Stunde auf dem Petersplatz aufhielten, einen Bogen um die beiden Männer schlagen ließ und sie fremden Blicken offenbar entzog.

Der Kardinal war es gewohnt, wegen seiner auffälligen Erscheinung und der Soutane, die Zeichen seines hohen Amtes war, von Besuchern des Heiligen Platzes zumindest mit verhohlener Neugier bedacht zu werden. Doch jetzt, im Beisein des anderen, war es, als gäbe es ihn gar nicht.

Im Beisein des anderen...

Des anderen...

Caracolli kannte nicht einmal seinen Namen. Und auch das mochte einer der Gründe sein, weshalb ihm diese Treffen verhasst waren.

»Sie haben mit dem Chef gesprochen?« fragte der andere aus dem Schatten des Obelisken heraus, und der Kardinal konnte sich des seltsamen Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Schatten den Mann ein kleines bisschen mehr umhüllte, als er es eigentlich hätte tun dürfen.

Caracollis Augenbrauen wanderten mit fast hörbarem Knistern aufeinander zu, als er missbilligend die Stirn furchte. Der despektierliche Umgangston, den der andere bisweilen anschlug, war auch so eine Sache...

»Ja, das habe ich«, sagte er dann. »Und ich frage mich einmal mehr, weshalb Sie es nicht selbst tun. Wenn Sie allem Anschein nach doch so vertraut mit Seiner Heiligkeit sind...«

Ein freudloses und wie gewohnt künstlich wirkendes Grinsen erschien im schattenhaften Gesicht seines Gegenübers: »Gehen Sie der Einfachheit halber davon aus, dass ich Schwierigkeiten habe, den polnischen Akzent zu verstehen, hm?«

Jeder andere hätte das Grollen, das sich Caracollis Brust entrang, als eine unmissverständliche Drohung aufgefasst. Der andere jedoch quittierte den dumpfen Laut nur mit einer um eine winzige Nuance veränderten Version seines Lächelns und sagte: »Dann haben Sie eine Nachricht für mich?«

Er fragte nicht, er stellte fest. Und streckte gleichzeitig die Hand aus; gerade soweit, dass sie den Schatten des Obelisken nicht verließ.

Der Kardinal streckte seinerseits die Rechte vor, die er bisher hinter seinem Rücken verborgen gehalten hatte. Der Kommentar, der ihm auf der Zunge lag, erstarb noch hinter seinen Lippen, als seine Hand in den Schatten glitt.

Dieses Gefühl...

Diese unmögliche Kälte, die wie mit winzigen, aber höllisch scharfen Zähnen in seine Finger biss, kaum dass sie in den Schatten des Obelisken eintauchten...

Es musste Einbildung sein.

Es konnte nur Einbildung sein!

Und doch löste sich sein Griff wie unter plötzlichem Schmerz, und er ließ den Umschlag, den er gehalten hatte, mehr in die offene Hand des anderen fallen, als dass er ihn wirklich überreichte...

Der andere drehte das unscheinbare Kuvert und brach das päpstliche Lacksiegel, das ihn verschloss. Dann entnahm er dem Umschlag ein nicht minder unscheinbares Blatt Papier, von dem Caracolli nur so viel erkannte, als dass es handschriftlich beschrieben war, mit nicht einmal sonderlich vielen Worten.

Die Augen des anderen bewegten sich rasch hin und her, während seine Blicke über die wenigen Zeilen huschten. Sein Mienenspiel gab dabei – natürlich – keinen Aufschluss über das, was er las. Und mit der gleichen Ausdruckslosigkeit in den Zügen holte er dann ein Sturmfeuerzeug aus einer Tasche seines Jacketts, schnippte die Flamme an und hielt sie an das Papier, das er zuvor einmal der Länge nach gefaltet hatte.

Das Blatt wurde so schnell vom Feuer verschlungen, dass Caracolli vermutete, es müsste mit einer brennbaren Substanz getränkt sein. Der andere hielt es so lange fest, bis die Flammen schon nach seinen Fingern züngelten. Dann erst ließ er es los, und Ascheflocken wehten wie schwarzer Schnee über den Petersplatz.

»Beeindruckend«, konnte der Kardinal sich nicht verkneifen zu sagen, auch wenn nicht einmal halb so viel Spott in dem einen Wort lag, wie er es beabsichtigt hatte.

Der andere überging die Bemerkung einfach.

»Gehen Sie zu ihm und sagen Sie ihm, dass die Gesandten umgehend losgeschickt werden.«

Seine vage Kopfbewegung und die kaum merklich veränderte Blickrichtung seiner Augen galten dem Vatikanischen Palast.

Alessandro Caracolli zwang sich, den anderen sekundenlang regelrecht anzustarren. Er spürte, wie etwas ihn dazu bewegen wollte, den Blick abzuwenden, aber er widersetzte sich diesem Drang mit Erfolg. Und dieser kleine Sieg über – was-auch-immer-es-war verlieh seiner Stimme die Festigkeit, die er sich wünschte und die vonnöten war, um seine Worte nicht albern klingen zu lassen – und deren Fehlen seine wahre Beunruhigung verraten hätte.

»Ich glaube, ich weiß, warum ich diese Treffen hasse«, meinte er.

Die linke Augenbraue des anderen rutschte eine Winzigkeit nach oben.

»Ja?«

Der Kardinal nickte.

»Ja. Es liegt wohl daran, dass ich dabei immer das Gefühl habe, es ginge um ein bisschen mehr als nur um Leben und Tod.«

Um die Lippen des anderen legte sich eine neue Abart seines freudlosen Lächelns, doch in seine Züge stahl sich eine Spur von Nachdenklichkeit, von der Caracolli fast überzeugt war, dass sie sich gegen seinen Willen dort einnistete. Und es dauerte eine kleine Weile, bis der andere antwortete.