Wenn die Sonne den Horizont berührt

Wenn die Sonne den Horizont berührt,

wenn ihr Licht hinab in das Dunkel der Meere

taucht,

wenn der Schatten der Nacht die Welt verhüllt,

wenn mein Blick sich nach innen richtet,

dann geht meine Seele auf Reisen,

meine Gedanken weit fort –

und sie bleiben doch nur bei mir.

Was ich auch sehe,

ich sehe es in mir.

Was ich auch fühle,

es lebt in mir.

Wohin ich auch gehe,

ich bleibe immer bei mir.

Meine Seele liegt vor Euch wie ein offenes Buch,

jedes Wort ein Spiegel,

jede Zeile ein Bild,

ein Weg zu mir,

ein Labyrinth,

scheinbar einfach,

und doch verworren.

Doch wer diesen Weg geht,

der wird mich finden,

irgendwo,

im Labyrinth,

irgendwann,

wenn die Sonne den Horizont berührt.

(1996)

Lesley B. Strong

#Borderline

DIS/CONNECTED

LIEBEN ODER LEIDEN?

Eine Lebensgeschichte

Inhaltsverzeichnis

Wenn die Sonne den Horizont berührt

VORWORT VON FRANZISKA NEIDT, AUTORIN

VORWORT VON LESLEY B. STRONG, AUTORIN

1. EINLEITUNG

Die Spinne

2. BPS ODER BORDERLINE-SYNDROM … WAS IST DAS ÜBERHAUPT?

Rachel’s Song

3. DER FLUCH DES DÄMONS

3.1. Den eigenen Emotionen ausgeliefert

Schattenbild

3.2. Gefühle? Fühlen?

Das Herz des Schmetterlings

3.3. Vakuum – die innere Leere, grenzenlos

Tears in rain

3.4. Die Ursache allen Übels: ICH

Todessehnsucht

3.5. Der Blick in den Spiegel: Wer bin ich?

Spiegelbild

3.6. Abgrenzung, was ist das? Übergriffe

Unschuld

3.7. Immer allein, niemals geborgen, kein Halt

Wäre ich ein Gott

3.8. Mit Vollgas an die Wand: Leistung vs. Überlastung

Paralleluniversum & Scheiterhaufen

Z wie … Zynismus

Fwie … Freude

3.9. Auf der Achterbahn der Emotionen

Auf den Schwingen des Adlers

Konsequent lernresistent?

4. DER TAG, AN DEM ICH BEGANN, HINTER DEN SPIEGEL ZU BLICKEN

Es gibt noch Wunder

5. EINE PARALLELE WELT MITTEN IM HIER UND JETZT

Traumtänzerin

6. DIE WAHRE GESCHICHTE VON JAN/A – EINER [NICHT] GANZ ALLTÄGLICHEN LIEBESGESCHICHTE – DER WEG INS EIGENE ICH, INS EIGENE LEBEN ODER WIE ICH MEINEN DÄMON LIEBEN LERNTE

6.1. Sethos & Yanara

6.2. Aquila & Amaranthia

6.3. Jan & Jana

Verloren im Licht

7. MEINE WELT HEUTE … EIN MULTIVERSUM DER MÖGLICHKEITEN

Irgendwo & irgendwann

8. … UND MORGEN?

Wie umarme ich einen Kaktus?

Selbstwert ohne Wenn und Aber

9. LESLEY’S WORLD: UNDY ING LOVE

Kind des Windes

10. EIN WORT ZUM SCHLUSS

Das Labyrinth

11. WAS ICH NOCH SAGEN W OLLTE

12. DIE AUTORIN & DAS NÄCHSTE PROJEKT:

RE/CONNECTED

13. LITERATURVERZEICHNIS

Vorwort von Franziska Neidt, Autorin

Borderline-Persönlichkeitsstörung - eine Erkrankung, die all zu oft als negativ betrachtet wird. Betroffene werden als aggressiv betitelt, und die Selbstverletzung steht bei vielen Menschen immer noch im Vordergrund, wenn es um Borderline geht. Dabei ist die Erkrankung viel mehr als nur Selbstverletzung oder aggressives Verhalten. Es betrifft die komplette Gefühlswelt des erkrankten Menschen. Ebenso heißt es, die Borderline- Störung sei unheilbar. Aber was heißt schon unheilbar? Die Autorin Lesley B. Strong spricht in ihrem Buch von ihrem Dämon, den sie lieben gelernt hat. Ja, sie haben richtig gelesen! Sie liebt ihren Dämon mittlerweile.

Ich selbst bin Betroffene der Erkrankung. Die Diagnose wurde im Jahre 2006 gestellt, als ich 33 Jahre alt war. Doch ich weiß, dass die Störung bereits seit meiner Teenagerzeit in mir schlummerte und erst viele Jahre später zum Ausbruch kam. Ich habe zwar keinen Namen für meine Erkrankung, aber dennoch kann ich viel darüber erzählen und berichten. Meine Welt brach 2006 komplett auseinander. Schwarz-Weiß-Denken, Hoffnungslosigkeit, schwere Selbstverletzungen, Suizidgedanken, Achterbahnfahrten meiner Gefühle, Wut und Verzweiflung prägten mein Leben zu dieser Zeit. So oft hatte ich daran gedacht, einfach aufzugeben, da ich keinen Sinn mehr in meinem Leben sah. Ich hasste mich als Person und ich hasste mein Borderline. Abgestempelt in den Augen vieler Menschen, versuchte ich jedoch zu beweisen, dass es einen Ausweg gab aus diesem Teufelskreis. Ich suchte mir Hilfe, begann eine intensive Therapie, war viele Male in der Psychiatrie und in Kliniken, und stellte im Laufe der Zeit fest, dass es der Anfang von etwas Gutem war. Natürlich dauerte es viele Jahre, bis ich diese Erkenntnis wahrnahm, aber sie kam zu mir. Auch ich habe diesen Dämon in mir lieben gelernt. Was heißt das heute für mich?

Die Geister meiner Vergangenheit nennen sich sexueller Missbrauch, schwere Misshandlungen und emotionaler Missbrauch … Taten, die man eigentlich niemals vergessen und vergeben kann. Das ist nur zum Teil richtig. Ich habe es geschafft. Ich habe zwar nicht vergessen, aber ich habe vergeben. Ich habe meinen Tätern vergeben. Es brauchte 14 Jahre lang intensive Therapie, um an diesen Punkt zu kommen. 14 Jahre harte Arbeit an mir selbst, das auch ich heute, genau wie Lesley, sagen kann, ich liebe meinen Dämon, denn er gehört zu mir. Er ist ein wichtiger Teil von mir geworden, den ich gelernt habe zu akzeptieren.

Für viele Menschen ist meine heutige Einstellung zu meiner Vergangenheit und zu meiner Erkrankung nicht nachvollziehbar. Doch heute sage ich offen und ehrlich: Ich bin dankbar für alles, was in meinem Leben passiert ist, egal, ob es der Missbrauch oder die Misshandlungen waren. NEIN, ich heiße es nicht gut, also bitte nicht falsch verstehen, aber ich bin dankbar, denn all meine Erfahrungen haben den Menschen aus mir gemacht, der ich heute bin. Und zwar ein ruhiger, empathischer, authentischer und liebenswerter Mensch, der sein Herz am richtigen Platz hat.

Was würde ich für ein Leben führen, wenn ich eine unbeschwerte Kindheit gehabt hätte? Wenn mich Menschen nicht verletzt hätten? Die Frage kann ich nicht beantworten, aber sicher wäre ich ein anderer Mensch geworden. Ich bin dankbar für die vielen Psychiatrieaufenthalte, denn sie haben mir einen Weg gezeigt, mich selbst wieder zu finden, und vor allem den inneren Frieden zu finden, den ich heute so unendlich spüren kann.

Ich bin mir auch bewusst, dass ich das alles nur geschafft habe, weil ich den Willen, die Kraft und die Stärke hatte, und niemals aufgab. Viele Menschen haben mir ihre Hände gereicht, die ich dankbar genommen habe, denn diese Menschen zeigten mir, dass ich nicht allein bin. Ich habe in dieser Zeit Freunde gefunden und Freunde verloren, doch dies musste wohl so sein. Früher hatte ich nicht an den Spruch geglaubt, doch heute weiß ich: Alles hat einen Sinn, egal, wie gut oder schlecht es ist. So hatten auch meine Vergangenheit, meine Erkrankung und mein gesamter Weg einen Sinn für mich.

Früher hatte ich Träume, die ich geträumt habe, und heute verwirkliche ich meine Träume, weil ich weiß, ich kann es. Ich bin die Heldin meiner Vergangenheit! Denn ich habe sie überlebt.

Vor ca. drei Jahren habe ich folgende Zeilen geschrieben, die ich gerne mit euch teilen möchte:

Borderline - ein Brief

Borderline - viele Jahre hast du mein Leben

ausgebremst,

du machtest ein Monster aus mir,

und hast mir diese innere Leere gegeben,

hast meine Persönlichkeit verändert

und meine Gedanken manipuliert.

Meine Wahrnehmung hast du intensiviert,

dass ich kaum reagieren konnte,

überwältigt von den schmerzenden Gefühlen

lag ich so oft am Boden

und spürte nichts mehr.

Borderline - du hast mich geschwächt,

die Stimmung hoch und wieder tief

konnte ich kaum noch ertragen das Leid.

Du machtest mich wütend und aggressiv,

aber auch sensibel und leicht verwundbar.

Borderline - deine Gefühle waren so intensiv,

dass ich sie nur durch Schnitte ertrug.

Die Narben sprechen heute eine deutliche Sprache.

Sie begleiten mich im Alltag.

Aber:

Borderline - du hast mich nicht gebrochen.

Du gabst mir tiefe Einblicke in dein Da-sein

und schenktest mir Erfahrungen,

die mein Leben verändert haben.

Obwohl ich weiß, du wirst mein Leben immer begleiten,

bin ich heute glücklich.

Du zeigtest mir, was Leid bedeutet,

und schenktest mir eine ausgeprägte Wahrnehmung,

die ich heute positiv nutzen kann.

Empathisch zeige ich mich

und gehe heute mit Stolz durchs Leben.

Borderline - ich nehme dich an,

akzeptiere dich und lebe mit dir.

Du machtest aus mir den Menschen,

der ich heute bin.

Viele Gespräche und Therapie,

viele Tränen und heilende Momente,

und vor allem das Bewusstsein

meines eigenen Verhaltens

gaben mir den Mut,

niemals aufzugeben.

Heute habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, den Menschen Mut zu machen, die nicht an sich glauben, ihnen zu zeigen, dass es möglich ist, den eigenen Dämon zu besiegen bzw. zu akzeptieren und in sein eigenes Leben zu integrieren.

Franziska Neidt

Autorin

Vorwort von Lesley B. Strong, Autorin

Im Zuge meines Coming Out als Borderlinerin Ende 2018/Anfang 2019 suchte ich via Facebook Blogger/innen, die sich dem Thema widmen – und lernte Franziska Neidt virtuell kennen. Persönlich haben wir uns bis dato noch nie getroffen, denn wir leben auf unterschiedlichen Kontinenten, und da trifft man sich nicht mal eben auf einen Kaffee. Dennoch hat sich in kurzer Zeit eine Freundschaft unter Gleichgesinnten und Schicksalsgefährtinnen entwickelt, die uns beide hoffentlich noch lange verbinden wird.

Als ich Franziska bat, ein Vorwort für meine Autobiographie zu schreibe, ahnte ich, dass sie die richtigen Worte finden würden – und sie tat es. Kraftvolle Worte, die Mut zusprechen. Was heißt schon unheilbar? Im Film „Lawrence von Arabien“ sagt einer der Akteure: es steht geschrieben, dass niemand diese Wüste lebend durchqueren kann. Nun, Lawrence tat es dennoch, und dann wurde dies wie folgt kommentiert: Wahrlich, für manche Menschen steht nichts geschrieben.

Was heißt unheilbar? Steht dies geschrieben? Falls ja, haben Franziska und ich unabhängig voneinander entscheiden, es für uns nicht (länger) gelten zu lassen, sondern das Drehbuch für unsere Leben selbst zu schreiben.

 

Liebe Franziska,

herzlichen Dank

für Deine berührenden Worte

und Deine Freundschaft.

In Verbundenheit und Liebe

Lesley