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Brigitte Bjarnason

Kirsten Rühl

Schwefel, Tran und Trockenfisch

Wie Hamburger Kaufleute Island eroberten




Góðan daginn

Wir, die Hamburger Deerns Kirsten Rühl (Reiseleiterin) und Brigitte Bjarnason (Autorin), sind mit waschechten Wikingern verheiratet und leben schon jahrzehntelang auf Island. Ohne voneinander zu wissen, trafen wir uns zufällig vor ein paar Jahren in Hafnarfjörður, einem Vorort von Reykjavík. Hier entdeckten wir, dass schon 500 Jahre vor uns Hamburger Reisen zur Feuerinsel unternommen haben. Die Spurensuche nach den Hamburger Hansekaufleuten in Island begann.

Skandinavien-Liebhaber, sowie andere Interessierte, werden mit diesem Reiseführer an die Orte der Hanse auf Island geführt und über historische Begebenheiten, wie z. B. die blutigen Kämpfe um den begehrten Trockenfisch informiert. Wir möchten Sie zurückversetzen in die Zeit, als man noch glaubte, dass der Vulkan Hekla das Tor zur Hölle und die Gewässer rund um die Insel mit Seeungeheuern bevölkert seien. Erwarten Sie bitte keinen detailgenauen wissenschaftlichen Bericht. Unser Ziel ist es, Ihnen auf unterhaltsame Weise und aus einem etwas anderen Blickwinkel dieses faszinierende Land näherzubringen, das auch heute noch eine enge Verbindung zu Deutschland hat. Wie schon bei den Hansekaufleuten spielt der Fischhandel eine wichtige Rolle. Statt Trockenfisch wird heute jedoch Frischfisch unter Anwendung modernster Technik gefangen und verarbeitet, um so schnell wie möglich den Verbraucher in Deutschland zu erreichen.

Lassen Sie sich mitnehmen auf eine informative Rundreise um die Insel, die im Westen beginnt und von dort Richtung Süden zur Ost- und Nordküste führt. Erleben Sie zusammen mit dem Kaufmannssohn Henrick Rode Island im 15. Jahrhundert, der von Hamburg mit einer Kogge über den Nordatlantik segelt und in Hafnarfjörður an Land geht.

Góða skemmtun!

Die Hanse

Die Deutsche Hanse war eine zwischen Mitte des 12. Jahrhunderts und Mitte des 17. Jahrhunderts bestehende Vereinigung niederdeutscher Kaufleute, die gemeinsam Handel betrieben. Ab dem 16. Jahrhundert verlor die Hanse allmählich an Bedeutung. Das Bündnis hatte sich die Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen und die Sicherheit der Überfahrten in fremde Länder zum Ziel gesetzt. Ihre Blütezeit erlebte die Hanse zwischen 1250 und 1400. Der erste »Hansetag« fand 1356 in Lübeck, dem Zentrum des Ostseehandels, statt. Etwa 200 Städte gehörten der Hanse an. Ihr Einflussbereich erstreckte sich von London im Westen bis Nowgorod im Osten, von Venedig im Süden bis nach Bergen im Norden. Die Hansekaufleute transportierten ihre Waren in bauchigen Frachtschiffen, den Koggen. Die Hanseflotten wurden nach ihren Bestimmungsorten Londonfahrer, Bergenfahrer, Flandernfahrer (Brügge) und Ostfahrer (Wisby, Nowgorod, Baltikum) genannt. Zu den allgemeinen Handelsgütern der Hansekaufleute gehörten Pelze, Wachs, Getreide, Fisch (besonders Dorsch und Hering), Flachs, Hanf, Holz und Holzbauprodukte wie Teer, Pech und Pottasche, die gegen Tuche, Metallwaren, wie z. B. Waffen, und Gewürze getauscht wurden. Die an der Ostsee liegende Hansestadt Lübeck, genannt »Königin der Hanse«, nahm eine zentrale Stellung ein. Es war vorgeschrieben, dass der gesamte Warenaustausch mit den jeweiligen Ländern über die Auslandsniederlassungen abgewickelt werden musste. Die wichtigsten Kontore befanden sich in London (Stalhof), Brügge, Bergen (Deutsche Brücke), Wisby auf Gotland und Nowgorod. Das Kontor in Bergen entwickelte sich unter der Führung Lübecks zum Stapelplatz für Waren aus dem Norden und umfasste nicht nur Norwegen, sondern auch Island, Grönland und die Färöer-Inseln. Den einflussreichen deutschen Kaufleuten wurde zunächst verboten, die Länder nördlich von Bergen anzulaufen, weil ihnen nach Meinung des norwegischen Königs schon zu viele Privilegien eingeräumt worden waren. Dazu zählte auch Island, das zum Randgebiet der Hanse gehörte. Dennoch fuhren im zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts deutsche Schiffe dorthin. So ist bekannt, dass um 1432 ein Schiff aus Danzig Island angelaufen hat. Um den Islandhandel der unbeliebten Engländer, die schon um 1412 die Insel anliefen, zu unterbinden, erteilte der Dänenkönig Christian I. schließlich 1468 den Hansen die offizielle Erlaubnis, nach Island zu segeln. Nun nahmen Schiffe aus Hamburg, Danzig und Bremen die gefährliche Fahrt über den Atlantik auf. Auch wenn die Lübecker Bergenfahrer versuchten, den direkten Islandhandel zu unterbinden, um die Stellung ihres Kontors zu sichern, gibt es Beweise, dass Lübecker Schiffe mit stillschweigender Duldung des Lübecker Rates nach Island segelten. Bekannt ist, dass im Jahre 1490 fünf Schiffe und eines aus Lübeck Kurs auf die Insel nahmen.

Da der Stockfischhandel der Hamburger und Bremer immer stärkere Ausmaße annahm, fühlten sich die Bergenfahrer bedrängt. Christian II. beobachtete diese Entwicklung mit Besorgnis, da der Erhalt des Bergener Kontors in seinem eigenen Interesse lag. Im Jahre 1513 verbot er die Direktfahrt der Hansekaufleute nach Island. Zunächst segelten die Hanseschiffe mit ihrem Fisch nach England. Da es nicht gelang, das Verbot längere Zeit aufrechtzuerhalten, musste die Hanse sich schließlich auf die Islandfahrt einstellen. Damit begann unter der Führung Hamburgs der Aufstieg des Islandhandels. Hamburg hatte sich wegen seiner günstigen geografischen Lage zum Umschlagplatz für die skandinavischen und mitteleuropäischen Länder entwickelt. Insbesondere das in Hamburg gebraute Bier war vom 14. bis Ende des 16. Jahrhunderts ein begehrtes Ausfuhrprodukt. Auf 20.000 Einwohner kamen um das Jahr 1550 mehr als 500 Brauereien. Bier wurde auch nach Island exportiert und gegen isländische Produkte wie Eiderdaunen, Schafwolle, Felle, Talg und Tran eingetauscht. Der isländische Stockfisch war zunächst weniger begehrt als der norwegische, weil er härter war. Das änderte sich, als in Oberdeutschland Mühlen zum Weichklopfen gebaut wurden. Da in Europa in den Fastenzeiten große Mengen Fisch benötigt wurden, entwickelte sich der getrocknete oder gesalzene Fisch zur Hauptexportware der Isländer. Auch isländischer Schwefel, der ein Bestandteil des Schwarzpulvers ist, war begehrt, denn das Mineral wurde in Europa nur in Island und auf Sizilien abgebaut. Da Friedrich II. den Rohstoff für seine eigenen Bedürfnisse benötigte, verbot der dänische König im Jahre 1560 Ausländern den Schwefelhandel.

Mit dem Beginn des dänischen Handelsmonopols im Jahre 1602 endet offiziell die isländische Hansezeit. Es wird jedoch angenommen, dass auch über diese Zeit hinaus deutsche Kaufleute Verbindungen mit Island hatten. Der letzte Hansetag fand 1669 in Lübeck statt.

Seit 2006 gibt es ein internationales Forschungsprojekt, das mit archäologischen Forschungen die Spuren der Hanse auf Island verfolgt. Der erste schriftliche Hinweis für den Handel norddeutscher Kaufleute stammt aus dem Jahre 1419. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass vielleicht schon früher Handelsbeziehungen bestanden haben. Leider mangelt es an Untersuchungen wie zum Beispiel über die Schiffe der Engländer, Deutschen, Dänen, Norweger und Holländer, die im Nordatlantik und vor der Küste Islands zu Zeiten der Hanse untergegangen sind. Der isländische Archäologe Ragnar Edvarðsson schätzt, dass 450 Schiffe zwischen 1100 und 1900 gekentert sind. Viele davon an der Westküste Islands. Der archäologischen Forschung auf diesem Gebiet wurde wohl wegen der finanziellen Kosten auf Island bisher wenig Beachtung geschenkt.

Auch gestaltet sich die Suche nach alten Schiffswracks aus der Zeit der Hanse wegen des Mangels an Metall, das auf den Koggen nur in geringem Maß vorhanden war, schwierig für die Arbeit mit Messgeräten. Wenn ein Wrack entdeckt wird, passiert das meist zufällig. So wurde die bekannte »Bremer Kogge« aus dem Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven rein zufällig entdeckt, als ein Saugbagger das Flussbett der Weser vertiefen wollte. Da die Nordsee einen niedrigen Salzgehalt aufweist, tief und kalt ist, bietet sie positive Bedingungen zur Erhaltung von Schiffswracks. Schwierig ist es, den Standort der Schiffswracks zu bestimmen, da genaue Angaben zum Untergang fehlen. Ebenso ist wohl ein Teil der Schiffe durch die Gewalt des Meeres total zerstört worden, sodass statt eines vollständigen Wracks vielleicht nur Bruchstücke erhalten geblieben sind.

Die Forschungen zur Hanse sind ein spannendes Thema. Wer mehr erfahren möchte, sollte den Blog von Fish and Ships (https://fishandships.dsm.museum/) verfolgen.


Wussten Sie, dass ein hansisches Bierfass 406 Liter fasste, genau so viel wie das Taufbecken der Marienkirche in Lübeck?

Hamburg, 15. Jahrhundert


»Es ist Zeit zum Aufstehen, Henrick Rode!«, rief Anna, unsere Magd, und zog mir lachend die Schlafmütze vom Kopf. Ich hörte meine Mutter Grete in der Küche hantieren. Mein Vater, Jacob Rode, saß sicher schon am Pult in seinem Kontor über den Büchern. Mit einem Federkiel in der Hand kontrollierte er die mit sorgfältiger Schrift eingetragenen Vermerke. Ich zog mich in Windeseile an. Am liebsten wäre ich gleich zum Hafen gelaufen, wo heute die Ladung von zwei Koggen aus dem fernen Island erwartet wurde. Es waren die letzten in diesem Jahr, da die Fahrt in den Norden im Herbst und Winter zu gefährlich für die Schiffe war. Aber ohne meinen Frühstücksbrei würde mich die Mutter nicht aus dem Haus gehen lassen. Auch musste ich erst noch für den Vater eine Besorgung machen. Als ich endlich ein paar Stunden später über die Trostbrücke die Gasse zum Anlegeplatz der Einmastsegelschiffe hinunterlief, sah ich schon von Weitem, dass am Kai geschäftiges Treiben herrschte. Flöße und Kähne hatten schon seit den frühen Morgenstunden die Güter der im Hafen liegenden Koggen in die Stadt gebracht. De grote Anne und die Hispanigerd waren zu groß, um die Speicher der Hamburger Fleete direkt anzulaufen. Gerade wurden schwere Tranfässer aus einem Kahn gehievt und auf Karren verladen. »Jung, du stehst im Weg!«, pöbelte mich einer der Schauermänner, ein Hafenarbeiter, an und stieß mich grob beiseite, damit er durchkam. Auf seinem Rücken trug er eine Ladung Stoffballen. Ich sprang erschrocken zur Seite und landete in einer Pfütze mit nach Fäkalien stinkendem Wasser. Zwei Jungknechte, die alles beobachtet hatten, brachen in schallendes Gelächter aus.

»Warum bist du nicht im Speicher?«, hörte ich plötzlich eine strenge, mir bekannte Stimme fragen. Ich drehte mich um. Vor mir stand mein Vater, gekleidet in feines Tuch und ein mit Silberknöpfen verziertes Wams. Mein Vater sah es nicht gerne, wenn ich im Hafen herumstreunte, denn auch bei Tage trieb sich dort allerlei Gesindel herum. Ein junger Kaufmannssohn hatte dort nichts zu suchen.

Nach dem Willen meines Vaters sollte ich das Handwerk eines rechtschaffenen Kaufmanns von der Pike auf lernen, deshalb musste ich schon in jungen Jahren von morgens bis abends im Lagerhaus nach Anweisung der Kaufgesellen Säcke stapeln, Tuchballen und Felle zählen. Entlohnt wurde ich nicht, obwohl das Geschäft von Jacob Rode gut ging. Aber ich wollte nicht mein Leben in Speichern oder gebeugt über Geschäftsbüchern in düsteren Kontoren verbringen. Ich träumte davon, mit einer Kogge in das ferne Island zu fahren. Jedes Mal, wenn ich aus einer der Luken im Speicher den Schiffen nachsah, wie sie mit aufgeblähten Rahsegeln die Elbe Richtung Nordsee herabfuhren, schmerzte mir das Herz vor Abenteuerlust. Fragte ich meinen Vater, wann ich endlich einmal mit auf die Reise gehen dürfe, hieß es, ich sei zu jung und die Reise nach Island zu gefährlich. Dabei war die Nordsee so sicher wie schon lange nicht mehr, seit man Klaus Störtebeker und seine Gefährten auf dem Hamburger Grasbrook hingerichtet hatte. Die Hansekaufleute hofften, nach dem Tod des Freibeuterkapitäns wieder freien, ungestörten Handel betreiben zu können, ohne dass sie mit Überfällen zu rechnen hatten.

Die Islandfahrer

Etwa um das Jahr 874 brachen wagemutige Wikinger mit ihren Knorr aus Norwegen auf und gelangten über Irland, Schottland und die Hebriden bis nach Island, wo sie sich bis etwa 930 in den fruchtbaren Teilen des Landes ansiedelten. Der erste Deutsche, der seinen Fuß im Jahre 981 auf die Vulkaninsel im Nordatlantik setzte, war der sächsische Missionsbischof Friedrich gewesen. Zusammen mit dem Isländer Þorvaldur Koðránsson, der den Beinamen víðförli, der Weitgereiste, trug und sich in Deutschland vom Bischof hatte taufen lassen, wollte er die heidnischen Isländer zum christlichen Glauben bekehren. Die Mission der beiden Männer scheiterte. So gelang es Þorvaldur nicht, seine Widersacher von seinem Glauben zu überzeugen. Voller Hass gegen ihn und seine Reden wurden Schriften verfasst, die ihm ein lasterhaftes Verhalten vorhielten. Die Schreiber dieser Texte wurden daraufhin von Þorvaldur ermordet. Der deutsche Bischof fand wenig Gefallen an dem Verhalten seines Freundes und kehrte daraufhin in seine Heimat zurück. Im Jahre 1000 wurde in Island durch Gesetz das Christentum und damit der katholische Glaube eingeführt. Bis zum Jahre 1103 gehörte die Insel dem Erzbistum Hamburg-Bremen an. Danach ist wenig über Verbindungen zwischen Deutschland und Island bekannt.

Im Jahr 1262 verliert Island seine Selbstständigkeit. Nun herrscht der norwegische König über das Land, bis es 1397 dem Königreich Dänemark unterworfen wird.

Bis Island sich 1944 zur Republik erklärte und von der Herrschaft Dänemarks löste, war das Land wegen eines Mangels an eigenen Schiffen und inneren Machtkämpfen von Norwegen (13. und 14. Jh.) und Dänemark abhängig gewesen. Keines der beiden Länder konnte jedoch die Versorgung der Insel gewährleisten. Daraufhin zeigten ab 1412 die Engländer Interesse an Handelsbeziehungen mit Island. Zu dieser Zeit kam es zu einer Reihe von Neuerungen im westeuropäischen Schiffsbau. Die Zahl der Masten und Segel nahm zu und die Schiffe wurden seetüchtiger. Fischerboote (dugga), Barken (barkskip) und Balinger (balinger) zählten zu den zur Islandfahrt gebräuchlichen Schiffstypen jener Zeit.

Die englischen Kaufleute, the merchant adventure doggers, aus Hull, Lynn, Yarmouth, Ipswich, London und Bristol brachten qualitativ bessere und billigere Waren auf die Insel. Ihre Handelsplätze befanden sich überwiegend im Westen und Süden des Landes. Da es die Engländer auf den isländischen Fisch abgesehen hatten, zog ein Großteil des Gesindes der Bauern an die Küsten, um dort Fischfang zu betreiben. Schon bald beherrschten die Engländer den Islandhandel. Dann fingen sie an, mit eigenen Booten (dugga) in den isländischen Gewässern zu fischen. Das missfiel den Isländern, da die Ausländer ihnen damit die Ware zum Tausch wegnahmen. Auch die Dänen blickten beunruhigt auf den wachsenden Einfluss der Engländer im Islandhandel. Als 1467 der dänische Präfekt auf Island von Engländern ermordet wurde, nahm dies der dänische König zum Anlass, die deutschen Hansekaufleute zu fördern, denen der Stockfischhandel der englischen Konkurrenz ein Dorn im Auge war. Schon Ende des 14. Jahrhunderts hatte es Streitereien zwischen Engländern und Hansekaufleuten in Bergen gegeben mit der Folge, dass die Handelsbeziehungen zwischen England und Norwegen zum Erliegen kamen. Bis Mitte des 15. Jahrhunderts brauchten die Engländer keine Schwierigkeiten zu fürchten, denn auf Island gab es weder militärische Streitkräfte, die ungebetene Gäste aus den Gewässern hätten vertreiben können, noch Rivalen, die ihnen ihre Vorherrschaft hätten streitig machen können. Aber die Engländer sollten nicht lange allein am Handel mit Island verdienen. In Norddeutschland machten sich hanseatische Kaufleute mit ihren Koggen für die Fahrt ins ferne Island bereit.

Schiffe aus mehreren Hansestädten betrieben im 15. Jahrhundert den Islandhandel. Der erste urkundliche Hinweis auf eine Islandfahrt eines Hamburger Schiffes stammt aus dem Jahre 1423. Der erste bekannte Islandfahrer war Henning Steen. Da er als in Island verschollen galt, schickte sein Bruder Cordt 1442 einen Kundschafter auf die Insel, um nach ihm zu suchen. Eine andere Quelle gibt an, dass 1431 oder 1432 ein deutsches Schiff ohne Halt in Norwegen Island anlief. Zwei Jahre später bezeugten fünf Männer in Danzig, dass ein Matrose von Peter Dambecks Schiff am 20. März 1432 auf Island ermordet wurde. Dambeck hatte nach eigenen Angaben eine Schiffsladung in England an Bord seines Schiffes Jurien genommen und war dann weiter nach Island gesegelt. Es ist anzunehmen, dass er auf seiner Rückfahrt isländischen Fisch geladen und nach England gebracht hat.

Auch Danziger und Bremer Schiffe liefen Island an. Weniger bekannt ist, dass die Hansestadt Lübeck sich ebenfalls an der Islandfahrt beteiligte. Laut einem Testament aus dem Jahre 1429 hatte damals ein Lübecker Handelsbeziehungen zu Island. Für das Jahr 1442 gibt es ebenfalls Hinweise, dass sich Lübecker Kaufleute nach Island aufmachten. Da die Bergenfahrt eine wichtige Rolle für die Stadt spielte, versuchte der Rat, die Islandfahrten geheim zu halten. Später, als das Monopol der Bergenfahrt aufgehoben und keine Rücksicht mehr auf das dortige Hansekontor genommen zu werden brauchte, beteiligte sich 1565 sogar der Lübecker Bürgermeister Bartholomeus Tinnappel an der Islandfahrt.

Um die Zeit von 1468 bis 1473 herrschten starke Spannungen zwischen den Hansestädten, Dänemark und England. Die Deutschen erhielten 1468 die Erlaubnis des dänischen Königs für die Islandfahrt und der Schiffsverkehr nahm zu. Hamburg nahm bald eine zentrale Stellung im Warenaustausch mit Island ein, obwohl der Hanse der direkte Handel der Hamburger mit Island missfiel. Bergen beharrte auf sein Stapelrecht. Dennoch führte der Hamburger Rat seine Handelspolitik weiter fort. 1475 wurde die De Hispanigerd auf die Reise geschickt, um den Handel mit Island zu erkunden. Das Schiff fuhr zur Hälfte auf Rechnung der Stadt Hamburg und zur anderen Hälfte auf Rechnung des Kaufmanns Diderich Fryensteen (Vriensteen) und Genossen. De grote Marie lief ein Jahr später allein auf Rechnung Hamburgs aus. Im Jahre 1533 sollen sechzehn oder siebzehn Schiffe im Hamburger Hafen gelegen haben, um nach Island oder Bergen zu segeln.

Die Seekarte »Carta Marina« des schwedischen Geistlichen und Kartografen Olaus Magnus von 1539 illustriert die nördlichen Länder und die dort vorkommenden wunderlichen Dinge. Dabei verdeutlicht sie auch die Vorrangstellung der Hamburger auf Island. Dargestellt wird eine Hamburger Kogge, die ein schottisches Schiff beschießt und versenkt.

Bis Ende des 15. Jahrhunderts schienen vor allem die Hamburger den Islandhandel zu beherrschen. Von der Stärke der Deutschen beunruhigt, erteilte der dänische König 1490 England und Holland ebenfalls offiziell die Handelserlaubnis. Die Holländer zeigten wenig Interesse an der Islandfahrt. Die Deutschen dagegen segelten weiterhin mit ihren Koggen Richtung Island und gerieten von 1486 bis 1532 mehrmals in Auseinandersetzungen mit den Engländern. Den Bergenfahrern missfiel die Entwicklung. Sie wollten die direkte Islandfahrt verbieten und erreichten 1513 beim dänischen König das Gebot, dass die Kaufleute den isländischen Fisch nur nach England bringen durften. Dennoch wurde weiterhin in Hamburg und Bremen mit isländischem Fisch gehandelt.

Kurz vor 1500 soll Hamburg die einzige deutsche Stadt gewesen sein, in der sich eine Gesellschaft der Islandfahrer bildete. Im April 1500 wurde die St. Annen-Brüderschaft der Islandfahrer (Sunte-Annen-Broderschop der Isländer Varer tho Hamborch) gegründet, deren Aufgabe es war, Mitglieder, die in soziale und finanzielle Not geraten waren, zu unterstützen und gemeinschaftliche Interessen zu vertreten. Das Armenhaus der Brüderschaft stand in der Rosenstraße. Die Klosterkirche St. Johannis stellte der Brüderschaft für ihre Andachten einen Altar mit einem Raum und ein freies Grab für ihre Mitglieder zur Verfügung. 1513 kauften die Olderlude (Älterleute) der St. Annen-Brüderschaft der Islandfahrer einen unvollendeten Kapellenbau an der Südseite der St. Petrikirche. 1520 wurde die Kapelle eingeweiht. Allerdings gaben die Islandfahrer 1535 ihre Kapelle wieder auf, da die Kosten für die Fertigstellung zu hoch waren. Alle Einrichtungsgegenstände bis auf den Altar wurden verkauft. Es wird angenommen, dass die 1534 erstmals erwähnte Kirche »Karcken yn yslant« in »Hannenforde« (Hafnarfjörður) den Altar bekommen hat. Auch ein Petschaft soll noch erhalten sein. Dieser in Silber gegossene Stempel »der Islander Farer tho Hambroch« zeigt die Heilige Anna. Zu ihren Füßen ist das Wappen der Islandfahrer zu erkennen, bestehend aus dem damaligen Wappen Islands, dem Dorsch unter der Krone, und der halben Burg des Hamburger Stadtwappens.

In den Rechnungsbüchern des Hamburger Seefahrer-Armenhauses sind die Namen der Schiffer aufgeführt, die nach Island, zu den Färöern und Shetlandinseln gefahren sind, soweit sie Spenden für die Armen der Brüderschaft beigesteuert haben. Dennoch ist diese Auflistung nicht vollständig. 1534 wird geklagt, dass einige Schiffer keine schriftlichen Belege ihrer Zahlungen ablieferten. Von daher ist die Anzahl der in den Büchern aufgeführten Schiffe bis 1541 sehr klein. Ab 1542 steigt sie auf 10 und von 1544 bis 1562 liegt sie zwischen 14 und 17. Im Zeitraum von 1542 bis 1564 sollen im Durchschnitt 12 bis 13 Schiffe pro Jahr von Hamburg nach Island gesegelt sein. Zwischen 1565 und 1579 wurden die Fahrten seltener und zeitweise ganz eingestellt, da der damalige dänische König Friedrich II. den Hamburgern nicht wohlgesinnt war. Nun erhielten vor allem Kaufleute aus Buxtehude und Stade Lizenzen für isländische Häfen, während die Hamburger Kaufleute keine oder wenige bekamen. Nach Abschluss der Verträge von Flensburg 1579 und Kiel 1580 stieg ab 1581 die Zahl der Hamburger Schiffe wieder an. Der Jahresdurchschnitt von 1581 bis 1602 lag bei 17 Schiffen. Danach verbot König Christian IV. den Islandhandel der Deutschen. Er wurde dennoch eine Zeit lang, wenn auch nicht in großem Umfang und zum Teil mit dänischen Schiffen, fortgesetzt. Die Anordnung des Königs wirkte sich verhängnisvoll für die Isländer aus. Es gab keine Konkurrenz mehr, die die Preise niedrig hielt, und die Qualität und das Angebot der Waren verschlechterten sich. Den dänischen Kaufleuten fehlte es an Schiffsraum und Seeleuten, die mit der gefährlichen Islandfahrt vertraut waren. In kleineren Häfen blühte der Schmuggelhandel auf, an dem Deutsche, Engländer und Holländer beteiligt gewesen waren. Damit wenigstens ein Teil dieser isländischen Handelswaren nach Kopenhagen gelangte, wurde in der Handelsverordnung von 1619 festgelegt, dass mindestens die Hälfte der Waren dorthin verschifft werden sollte. Noch 1661 fuhren Hamburger und Lübecker mit ihren Schiffen nach Island, da die Isländische Gesellschaft in Kopenhagen weder über die Schiffskapazitäten noch die finanziellen Mittel verfügte, um den Warenbedarf der Isländer zu decken. So waren die Dänen weiterhin auf die Hilfe der Deutschen angewiesen.

Die zwei, vier oder gar acht Wochen langen Reisen über den Nordatlantik und der Handel auf Island verliefen nicht immer reibungslos. Es musste neben lebensbedrohlichen Wetterbedingungen und eventuellen Zwischenstopps auf den Färöer- oder Shetlandinseln auch mit Überfällen auf See und zu Lande gerechnet werden. Zu einem Konflikt kam es im Jahre 1532 als Hamburger und Bremer Kaufleute in Verbindung mit dem dänischen Vogt ein englisches Schiff im isländischen Hafen Bossande (Básenda) überfielen und dabei 15 Engländer ermordeten. Auch die Geschäftsbeziehungen unter den deutschen Kaufleuten verliefen nicht immer friedlich. So versuchten die Hamburger einen Boten, der dem dänischen Vogt eine königliche Erlaubnis des Lübecker Schiffers Herrmann Vürborn zum Betreten der Insel vorlegte, zu erschlagen.

Trotz des Beschlusses des dänischen Königs ab 1562 regelmäßig Lizenzen für bestimmte isländische Häfen zu vergeben, die auch wieder entzogen werden konnten, weitete sich der Handel aus. Kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den hanseatischen Kaufleuten, wurde der isländische Vogt zur Schlichtung angerufen. 1583 wurde ein Streit zum isländischen Althing verwiesen, wo die Parteien ihre Beweismittel vorbringen mussten. Immer wieder gab es Komplikationen mit den Liegeplätzen, wie z. B. im Falle des Platzes Stappe (Arnarstapi) auf der Halbinsel Snæfellsnes. Bremer Kaufleute und Schiffer hatten damals den Hafen Bodenstede (Búðir) gepachtet und beklagten sich darüber, dass im Januar 1571 der Hamburger Schiffer Hans Gronewoldt, der den Hafen Reff (Rif) gepachtet hatte, auch den zwischen beiden Häfen gelegenen Liegeplatz Stappe (Arnarstapi) benutzte. Dann gab es Fälle, wo mehrere Lizenzen für einen Hafen vergeben wurden, wie 1582 in Ostfjord (Djúpivogur).

Der Wettbewerb der Deutschen um die isländischen Häfen bot dem dänischen König die Gelegenheit, seine Macht zu demonstrieren. So bestrafte er die Bremer, die die Schweden im Krieg 1563 –1570 unterstützt hatten, indem er ihnen die Handelserlaubnis entzog und die Hamburger, indem er ihnen den Handel mit Schwefel verbot und diesen 1561 einem Stettiner Handelshaus überließ. Auch wurden drei ihrer Häfen an den Bürgermeister von Kopenhagen vergeben. 1562/63 war der Warenverkehr zwischen Island und Deutschland beträchtlich eingeschränkt. 1572 gerieten die Hamburger wieder in Streit mit dem König, was zur Folge hatte, dass er ihnen verbot, mit isländischem Fisch nach Hamburg zu segeln. Um das Verbot zu umgehen, segelten die Hamburger Kaufleute nach Kopenhagen, Lübeck, Kiel und Buxtehude. 1577 verbot er den Hamburgern schließlich den allgemeinen Handel. Mit dem Flensburger Vertrag von 1579 wurde das Verbot aufgehoben und der Zustand von 1562 wiederhergestellt. Damit verstärkte sich abermals der Konkurrenzkampf zwischen Hamburg, Bremen, Lübeck und Oldenburg. So vergab 1585 der dänische König neue Lizenzen an Graf Hans von Oldenburg für Kummerwage (Kumbaravogi) und 1584 an den Administrator des Erzstifts Bremen für Nesvogur (Stykkishólmur) und Grundefjord (Grundarfjörður).

Der dänischen Monarchie missfiel offensichtlich, dass der Islandhandel den Deutschen hohe Gewinne brachte. Damit auch seine Gefolgsleute an dem Islandgeschäft verdienten, verpachtete der Dänenkönig nun einzelne Häfen an dänische Kaufleute. Zum Beispiel beteiligte sich der dänische Großkaufmann Markus Hess, der es insbesondere auf den isländischen Schwefel abgesehen hatte, an dem Islandgeschäft und lief die Häfen im Norden der Insel an. Seine aus Dänemark importierten Waren galten jedoch bei den Isländern als teuer und von schlechter Qualität. Die Blütezeit des Handels auf Island hatte mit der Monopolstellung Dänemarks ein Ende genommen. Das Warenangebot wurde knapper und für die Allgemeinheit unbezahlbar. Zusätzlich hatten die Inselbewohner mit einer anhaltenden Kälteperiode zu kämpfen, die die Armut im Land verschärfte.


Wussten Sie, dass 187 Städte in 16 Ländern eine Verbindung zur Hanse haben?

www.hanse.org

Hamburg, 15. Jahrhundert


Die folgenden Tage gab es viel Arbeit im Speicher. Außer den Waren aus Island hatte mein Vater auch teure Gewürze wie Safran, Pfeffer, Muskatnuss, Zimt und Nelken aus Arabien und Spezereien aus Asien, so wie Tuche aus Flandern und London und Felle aus Nowgorod auf den Lagerböden liegen. Eines Abends kam der Lübecker Kaufmann Johann Hoyer zu Besuch. Laute Stimmen aus dem Kontor weckten meine Neugierde. Mein Vater und der fremde Kaufmann stritten sich. Der Lübecker schimpfte über die Hamburger, die ihre Waren und den Stockfisch aus Island anstatt nach Bergen direkt nach Hamburg brachten. Als er wutentbrannt das Kontor verließ, schlich ich ihm nach. An einer Straßenecke blieb er stehen und steckte sich eine Pfeife an. Er hatte mich wohl bemerkt und wartete, dass ich näher kam. »Was willst du, Henrick Rode? Hat dein Vater dich zu mir geschickt?«, rief er mir entgegen.

»Ich habe gehört, dass Ihr schon ein paar Mal nach Island gesegelt seid. Mein Vater will mich nicht fahren lassen. Könntet Ihr mich mit auf Eure nächste Reise nehmen?«

Der Lübecker lachte schallend. »Ohne die Erlaubnis deines Vaters? Die Idee schlage dir aus dem Kopf, Bürschchen. Einen verwöhnten seekranken Kaufmannssohn kann ich auf meiner Kogge nicht gebrauchen.«

»Ihr könntet mich als Jungknecht anheuern.«

»Wenn du nach Island reisen willst, musst du Kälte, Regen, Schnee und starken Wind ertragen können. Es gibt dort keine Dörfer und keine Städte, nur Steine, Felsen, endlose Sandwüsten und gefährliche Gletscherflüsse. Im Norden kommen Eisbären aus Grönland an Land und das Treibeis hat schon so manches Schiff beschädigt. Viele Reisende haben auf der Feuerinsel ihr Leben gelassen. Auch musst du Hunger aushalten können. Auf dem kargen Boden dort wächst weder Getreide noch Obst, es gibt kein Brot und kein Bier. Die Einheimischen essen verschimmelten ungesalzenen Fisch und mit Haaren verschmutzte Butter«, berichtete der Lübecker und zog an seiner Pfeife.

Ich hing wie gebannt an seinen Lippen. Der Bericht des Lübeckers ließ mir eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Doch war es nicht die Angst, sondern die Lust auf Abenteuer, die mich gepackt hatte.

»Wann darf ich bei Euch anheuern?«, fragte ich, fest entschlossen, mit ihm auf die Reise zu gehen.

Der Lübecker Kaufmann blickte mich ernst an.

»Melde dich im Frühjahr in meinem Kontor in Lübeck«, sagte er und verschwand in der einbrechenden Dunkelheit.

Über das Meer

Der Abfahrtstermin der Schiffe von den Hansestädten nach Island lag in der zweiten Märzhälfte bis Anfang April. Die Koggen segelten so lange es ging an der Küste entlang und liefen oftmals auf ihrem Weg englische Häfen an. Im Juli oder August kehrten die Schiffe von Island zurück. Es gab aber Ausnahmen, wo Schiffe auch noch nach Mitte September bis in den November isländischen Fisch nach Hamburg und Bremen brachten. Das isländische Althing, das älteste noch heute existierende Parlament der Welt, untersagte zum Schutz der Bevölkerung, dass deutsche Schiffe und Kaufleute den Winter auf Island verbrachten. Doch wurden unter bestimmten Umständen Ausnahmen gemacht, wenn z. B. Jungen die Sprache lernen wollten oder um ausstehende Schulden einzutreiben. Trotz des Verbotes blieb ein Teil der Deutschen den Winter über auf der Insel.

Die Islandfahrer waren mit ihren Schiffen etwa vier Wochen nach Island unterwegs. Ihr Aufenthalt auf der Insel betrug ungefähr zwei Monate. Die gängigen Schiffstypen waren Holk oder Hulk, Kogge, Kraweel (Ende des 15. Jahrhunderts), Karavelle (16. Jahrhundert), Balinger (Bollich), Bojer und Rasegel.

Für die Hamburger, Lübecker und Bremer bedeutete die Fahrt nach Island im 15. und 16. Jahrhundert die längste und gefahrvollste Seereise. 1469 strandete ein Bremer Schiff bei den Shetlandinseln. 1535 kenterte ein Hamburger Schiff auf der Rückfahrt von Island vor der dänischen Küste. 17 Mann kamen bei dem Unglück ums Leben. 1538 galt ein Lübecker Schiff als verschollen und 1539 versank ein Hamburger Schiffer bei den Shetlandinseln. Ein Bremer Schiff ging 1578 mit der ganzen Mannschaft und der Lizenz für den isländischen Hafen »Flattö« (Flatey) unter. Gerade zu Beginn der Islandfahrt kam es vor, dass die Schiffer Island nicht fanden, an der Insel vorbeisegelten und in Grönland landeten. 1539 soll sich ein Hamburger Schiff im Nordmeer verirrt haben. Es gelangte bis nach Grönland, wo es wegen der Wetterbedingungen nicht landen konnte. Ein Teil der Besatzung verhungerte oder erkrankte an Skorbut. 18 Wochen später kehrte das Schiff zurück in den Hamburger Hafen. Später galten jedoch gerade die Hamburger Islandfahrer als besonders kundig in Bezug auf die weite Reise über den Nordatlantik.

Auch mit Seeräuberei musste auf der Fahrt nach Island gerechnet werden. So fuhren die Schiffe gerne im Konvoi, um sich vor Überfällen zu schützen und waren mit Waffen ausgerüstet (Bombarden).

Durch den regen Schiffsverkehr gelangten zahlreiche Kaufleute auf die Insel. Die Kaufleute mussten sich, genauso wie die Besatzung, dem Schiffer vollständig unterordnen. In Island errichteten die Kaufleute ihre Buden und handelten auf eigene Rechnung. Die Rechnungsbücher der Hamburger Islandfahrer belegen, dass die größeren Schiffe 40 bis 60 Personen an Bord hatten, davon waren 10 bis 15 Kaufleute, 15 bis 30 Kaufmannsknechte und 10 bis 20 Besatzungsmitglieder (Schiffer und Schiffsvolk). Da im 16. Jahrhundert jährlich bis zu 25 Schiffe nach Island segelten, kann davon ausgegangen werden, dass sich zwischen Mai und Juli bis zu 750 Personen, davon 400 Kaufleute und Kaufmannsgehilfen, aus den Hansestädten auf der Insel aufhielten. Zu der Schiffsbesatzung gehörte für gewöhnlich auch ein Mann, der das Amt eines Pfarrers, Wundarztes und eines Barbiers (Bartscherers) übernehmen musste. Es wurde vermutet, dass der Dichter Gories Peerse, welcher in seinem Gedicht von den Sitten und Gebräuchen der Isländer erzählt, dieses Amt einnahm. Später stellte sich heraus, dass er wahrscheinlich Schiffsführer und Kaufmann gewesen war.

1601 beendete König Christian IV. von Dänemark den Handel der Hamburger und Bremer Hansekaufleute, indem er ihre Lizenzen nicht verlängerte. Die Hamburger fuhren danach noch einige Jahre auf dänische Rechnung nach Island, bis sie sich der Isländischen Compagnie in Kopenhagen anschlossen. Fast zweihundert Jahre hatten bis dahin deutsche Hansekaufleute Island mit Waren versorgt.


Wussten Sie, dass die Kogge als Symbol für Handel und Macht der Hanse auf den Siegeln verschiedener Städte, wie z. B. Lübeck und Stralsund, zu finden ist?

Hamburg, 15. Jahrhundert


Während des Winters redete mein Vater immer wieder davon, mich nach Bergen an den deutschen Kai (der Tyske Bryggen) zu schicken, wo sich der Stützpunkt der Hanse befand. Auch von dem Stalhof in London und dem Hansekontor in Brügge sprach er. Es war gang und gäbe unter den Hamburger Kaufleuten, ihre Söhne eine Zeitlang in die Hansekontore zu schicken, wo sie lernen sollten, in der Fremde Geschäfte zu machen. Die staubige Luft der Kontore verlockte mich keinesfalls. Nur ein Ziel hatte ich vor meinen Augen und das war Island. Doch dafür musste ich meinen Vater überzeugen, mich nach Lübeck zu schicken.

»Moin, Moin«, begrüßten mich mein Vater und die Arbeiter im Speicher. Er war guter Stimmung, da am Vortag ein Holk mit Weinfässern aus Frankreich und Tuch aus Flandern wohlbehalten nach Hamburg zurückgekehrt war. Er konnte die Waren sofort verkaufen und machte guten Gewinn. Ich nutzte die Gelegenheit und bat ihn um ein Gespräch. Es wurde Zeit, denn in zwei Monaten würde die Kogge von Johann Hoyer von Lübeck nach Island aufbrechen.

Wie erwartet war mein Vater Jacob Rode keinesfalls erfreut von meinem Wunsch, nach Lübeck zu gehen, um dort eine Weile im Kontor von Johann Hoyer zu arbeiten. Meinen Plan, mit der Kogge des Lübeckers nach Island zu reisen, behielt ich für mich. Vaters finstere Miene nahm mir alle Hoffnung. Aber dann klopfte er mir plötzlich auf die Schulter und sagte: »Denn man tau, min Jung.« (Dann mal los, mein Junge).

Vielleicht lag es daran, dass meinem Vater zu Ohren gekommen war, dass der Lübecker Kaufmann gute Beziehungen zum Petershof in Nowgorod pflegte, denn Johann Hoyer handelte mit Pelzen, mit denen er viel Geld verdiente. Hatte ich es Vaters Neid auf den Reichtum Johann Hoyers zu verdanken, dass er mir die Fahrt nach Lübeck erlaubte? Ein Einstieg ins russische Pelzgeschäft versprach Gewinn und dafür waren gute Kontakte wichtig.

Ich versprach ihm, im nächsten Jahr mit Freude ins Brüggener Kontor zu gehen und wartete erregt auf den Tag meiner Abreise nach Lübeck.