Hans-Peter Regele

Bewegungen der Liebe

Wege der Heilung in unserem privaten

und beruflichen Leben

Band 1: Die Grundlagen

Für meinen früh verstorbenen Bruder Frieder,

dessen Existenz für einige Jahrzehnte

im Inneren meiner Seele verloren schien,

und für meine Tochter Hannah, deren sensible Seele

mich an ihn erinnert hat.

Inhalt

Vorwort

Mein eigener Weg der Berufung

Einleitende Gedanken

Der Hintergrund

Das Höhlengleichnis

Der Hintergrund der systemischen Aufstellungspraxis

Das „Männliche“ und das „Weibliche“

Die Gesellschaft und die Krise

Die Bedeutung für den beruflichen Bereich

Geschichten und Bilder

Über die Liebe

Einführende Gedanken

Die Liebe und die systemische Aufstellungspraxis

Das Kind im Inneren der Seele

Einführende Gedanken

Die dunkle Seite des inneren Kindes

Die Hypnose des inneren Kindes

Lösungswege

Das innere Kind in beruflichen Feldern

Wahrnehmung – das Tor zur Ganzheit

Einführende Gedanken

Verschiedene Arten der Wahrnehmung

Realität und Pseudorealität

Achtsamkeit und Meditation

Die Bedeutung der Wahrnehmung im Beruf

Wahrnehmung und Einsicht

Die Felder des Gewissens

Astrophysik – die Tür zur erweiterten Wahrnehmung

Kommunikation – denn wir sind nicht allein

Einführende Gedanken

Wichtige Kommunikationsrollen

Die „Metaebene“ der Kommunikation

Kommunikation in beruflichen Feldern

Verletzungen innerhalb der Kommunikation

Die inneren Personen der Seele

Einführende Gedanken

Das Unbewusste

Pluto – Verführer und wahrer innerer Heiler

Künstliche Intelligenz

Opferaltäre

Der Umgang mit den Archetypen

Die „verzauberte“ Liebe

Der Vordergrund und der Hintergrund

Begleitete Seelenreisen in der Einzelarbeit

Das Haus der Seele

Der Ablauf einer begleiteten Seelenreise

Die Ordnungen der Seele

Widerstände im innerseelischen Prozess

Die Begegnung mit der Angst

Einführende Gedanken

Die Angst aus systemischer Sicht

Feuerlaufen – ein Weg durch die Angst

Die Angst in gesellschaftlichen Feldern

Die Angst im Krankheitssystem

Die Angst im Bildungssystem

Die Angst in beruflichen Feldern

Beziehung und Partnerschaft

Einführende Gedanken

Die Phasen einer Partnerschaft

Partnerschaft – eine Wiederholung der Kindheit

Der systemische Hintergrund von Partnerschaft

Die Ordnungen der Liebe zwischen Mann und Frau

Die Sühne

Frühere, nicht gewürdigte Partnerschaften

Die doppelte Verschiebung

Die Achtung der Früheren

Die Treue

Meditation, ein Weg aus der Beziehungsfalle

Der systemische Hintergrund in beruflichen Feldern

Der Vordergrund und der Hintergrund

Die Vergebung

Der Krieg und die systemischen Folgen

Das Patriarchat und seine Folgen

Das Ende der Partnerschaft

Das „liebe“ Geld

Einführende Gedanken

Geld und Spiritualität

Die Gier und der Geiz

Das Geld und der systemische Hintergrund

Das Gold und der Vater

„Burn – out“ – ein Hilfeschrei der Seele

Die Symptome von „Burn – out“

Der gesellschaftliche und familiäre Hintergrund

„Burn – out“ und Suchtverhalten

Der Blick in die eigene Seele

Wege der Genesung

Sucht - die verdrängte Krankheit

Einleitende Gedanken

Die Entstehung von süchtigem Verhalten

Die Sucht und das Suchtsystem

Sucht – was ist das?

Die seelischen Hintergründe süchtigen Verhaltens

Die systemischen Hintergründe süchtigen Verhaltens

Verschiedene Suchtformen

Substanzgebundene Süchte

Prozessgebundene Süchte

Merkmale süchtigen Verhaltens

Beziehungssucht – die Angst vor der Nähe

Die Sucht im beruflichen und sozialen Umfeld

Die Genesung

Abschließende Gedanken

Der Tod – Höhepunkt des Lebens

Einführende Gedanken zum Thema Tod und Sterben

Der geworfene Stein

Der Tod und die Seele

Tod und Abschied in beruflichen Feldern

Der systemische Hintergrund

Ausklang

Quellenhinweise

Vorwort

Es ist mir schon seit einigen Jahren ein großes Bedürfnis, meine Erfahrungen über die menschliche Seele aufzuschreiben und mit Menschen zu teilen, die dadurch ihrer eigenen Seele ein Stück näher kommen möchten. Diese Erfahrungen entspringen einer Zeitperiode von vierzig Jahren, in der ich Menschen auf ihrem Weg ein Stück begleitet habe und immer noch begleiten darf. Dabei möchte ich den Fokus auf die systemische Betrachtungsweise richten, die uns in den letzten Jahren so viele heilsame Erkenntnisse über die menschliche Seele geschenkt hat und immer wieder aufs Neue schenkt. Mit der systemischen Betrachtungsweise meine ich die Praxis des Familienstellens, sowie die Praxis der begleiteten „Seelenreisen“.

In dieser „Seelenarbeit“ fühle ich mich mitgenommen von einer Bewegung, die uns alle führt und die allem gleichermaßen wohlwollend zugewandt ist: Dem Guten, wie dem Bösen, dem Kleinen, wie dem Großen, dem Kranken, wie dem Gesunden, dem Opfer, wie dem Täter, dem Männlichen, wie dem Weiblichen.

Wenn ich meinen Blick auf den privaten und den beruflichen Bereich unseres Lebens richte, so liegt es nicht in meiner Absicht, die Seele aufzuteilen, so als ob sie sich in diesen beiden Bereichen in unterschiedlicher Erscheinung zeigen würde. Seele beinhaltet immer alles, was zu uns gehört und was uns als menschliche Wesen ausmacht, völlig gleichgültig, in welchem Umfeld wir uns aufhalten und bewegen.

Dass ich den beruflichen Bereich in meine Betrachtung mit einbeziehe, hängt ganz einfach damit zusammen, dass sich die meisten von uns einen großen Teil des Tages dort bewegen. Schwierigkeiten und Probleme am Arbeitsplatz sind immer Abbild und Ausdruck unserer Seele. Unsere Seele ist in alten Bildern und Geschichten gefangen und in tiefer Liebe z. B. mit einem verstorbenen oder noch lebenden Familienangehörigen verbunden, so dass wir Menschen dadurch unser eigenes Leben nicht wirklich leben können. All dies wirkt sich auf unser ganzes Leben aus, völlig gleichgültig, auf welchen Bereich wir auch schauen mögen.

Obwohl es auf dem Markt inzwischen sehr viele Bücher gibt, die sich auch vor dem systemischen Hintergrund mit dem Thema der Seele beschäftigen, so ist es doch mein Anliegen, meine ganz persönlichen Erkenntnisse und Einsichten, die mir in all den Jahren, in denen ich Menschen auf ihrem Weg begleiten darf, geschenkt wurden, zum Ausdruck zu bringen und die Seele aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.

In diesem Zusammenhang erscheint es mir wichtig zu sein, die seelische und geistige Essenz in die Betrachtungsweise mit einzubeziehen, die unser ganzes Wesen mit einschließt. Es ist jene Essenz, die uns allen zutiefst innewohnt und ohne die alle Beziehungen, sowohl im privaten wie im beruflichen Bereich scheitern müssen. Diese Essenz beschreibt jenen Teil unserer Seele, der die Einheit nie verlassen und der sich immer als Teil des großen Ganzen erfahren hat. Es liegt mir fern, hier eine Abhandlung über das, was wir als sogenannte „Spiritualität“ beschreiben, vorzulegen.

Es geht mir in diesem Zusammenhang vor allem darum, Räume zu schaffen, in denen das, was getrennt wurde, in die Sichtbarkeit kommen, und so im Lichte unseres Bewusstseins wieder vereint werden kann. Das, was sich jeder von uns als „Spiritualität“ vorstellt, sind nur Bilder, die wir selbst erschaffen haben, um dem Diesseits zu entkommen und uns über die Brücke dieser Bilder eine „Scheinwelt“ zu kreieren, die wir, wenn wir meinen, uns besonders anzustrengen, irgendwann auch erreichen und so dem tristen und belastenden Dasein dieser Inkarnation entkommen zu können, so hoffen wir zumindest. Unserer sogenannten „Spiritualität“ sind wir am nächsten, wenn wir dem zustimmen, was ist und was jetzt von uns geachtet und anerkannt werden möchte – hier auf der Erde.

Dabei ist es nicht meine Absicht, eine Trennung der unterschiedlichen Lebensbereiche in denen wir unser Leben gestalten, vorzunehmen, so als hätten die unterschiedlichen Lebensbereiche nichts miteinander zu tun, auch wenn wir nichts unversucht lassen, dies immer wieder anzustreben. Wo immer wir uns aufhalten, was auch immer wir tun, mit wem wir auch immer zu tun haben, wir sind es selbst, die in Erscheinung treten mit allem, was zu uns gehört und mit allem, was wir aus unserer Familie mitbringen.

Die Essenz, die uns allen innewohnt, ist die Liebe, die universelle Kraft unseres Universums, die ständig neues Leben erschafft und die alles in Bewegung hält. Ich meine hier nicht das, was wir als „persönliche Liebe“ bezeichnen, denn diese ist immer eingefärbt von unserer egoistischen Haltung dem Leben und anderen Menschen gegenüber. Ich meine die allumfassende Liebe, die in unserem Inneren schon so lange darauf wartet, dass wir lernen, sie zu erkennen und anzunehmen. Sie macht nicht halt an den Grenzen des privaten und beruflichen Lebens, sondern sie möchte in unserem ganzen Sein zum Ausdruck kommen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Du jetzt beginnst, darüber zu schmunzeln und Dich zu fragen, was denn die Liebe mit einer erfüllenden beruflichen Tätigkeit oder gar dem erfolgreichen Führen eines Unternehmens zu tun hat. Möglicherweise hast Du den Verdacht, dass dadurch versucht werden soll, dem beruflichen Bereich ein rosa Schleifchen umzubinden, das alles richten soll. Das ist nicht meine Absicht. Aber ich möchte mit meinen Worten aufzeigen, dass ein Leben, das alle Lebensbereiche umfasst und das versucht, das Kontinuum von Körper – Seele – und Geist auszuschließen, im Chaos, im Konflikt und im Leiden verharren muss. Dies betrifft die Bereiche von Beziehungen, Partnerschaften und Familie in gleicher Weise, wie auch unsere beruflichen Felder. Ein Wirtschaftssystem, das dieses seelisch – geistige Kontinuum weiterhin ausklammert, wird keine Überlebenschance mehr haben. Das wird uns allen gerade auch in der gegenwärtigen Zeit so eindrucksvoll vor Augen geführt.

So ist es mir ein großes Anliegen, nicht nur theoretische und praktische Ansätze der systemischen Aufstellungsarbeit im privaten und beruflichen Bereich darzustellen, sondern in erster Linie die menschliche Seele in den Fokus zu rücken, die allem zugrunde liegt, was unser Leben bestimmt.

Gleichgültig, in welchem Bereich des Lebens wir beruflich aktiv sind, zuallererst sind wir beseelte Wesenheiten, die auf dem Weg sind, Mensch zu werden. Und diesem Menschen als körperlich, seelischem und geistigem Wesen gilt hier meine ganze Aufmerksamkeit. Aus dieser Ganzheit heraus pulsiert jener Lebensstrom, der in jedem Augenblick unseres Lebens wirksam ist, unabhängig davon, wohin uns unser Schicksal auch immer gestellt haben mag. Außerdem möchte ich jener geistigen Kraft, die über uns waltet einen gebührenden Platz einräumen, denn unsere Aufgabe besteht vermehrt darin, uns deren geistigen Bewegungen, die immer um uns sind, anzuvertrauen, und uns von ihnen vertrauensvoll durch unser Leben führen lassen

Es ist mir ein weiteres Anliegen, mit meinen Gedanken und Erfahrungen Dein Interesse zu wecken und mit Dir gemeinsam Türen zu öffnen, die uns zu neuen Wegen führen können, die nicht mehr geprägt sind von Egomanie, Macht, Manipulation, Gier, Korruption, Selbstverleugnung usw., sondern die uns daran erinnern können, dass wir alle höhere Wesen sind und dass unsere Hauptaufgabe hier auf Erden in erster Linie darin besteht, dass wir uns an die Liebe erinnern dürfen. Diese Liebe schließt den anderen nicht aus. Sie schließt auch uns selbst nicht aus. Sie führt uns zu einem anderen Umgang, zu einer anderen Haltung gegenüber uns selbst, unserem Nächsten und gegenüber der ganzen Schöpfung, die uns anvertraut wurde.

Die systemische Aufstellungsarbeit, die ich hier vorstellen und näher beleuchten möchte, hat in meinen Augen nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Bereich zu weitreichenden Lösungsansätzen geführt. Was die menschliche Seele betrifft, werde ich versuchen, anhand von verschiedenen Themenbereichen auf ihr Wesen einzugehen, die alle Lebensbereiche erfasst. Nebenbei bemerkt, lässt sich unsere Seele niemals „coachen“, auch wenn dieses Unterfangen in den letzten Jahren immer weitere Kreise gezogen hat und fast schon zu einem „Volkssport“ geworden ist. Jeder Versuch, die Seele in bestimmte Bahnen lenken zu wollen, die uns noch mehr Erfolg, noch mehr Profit, noch mehr Wachstum und noch mehr Glück bringen sollen, muss kläglich scheitern.

Ein Mensch, der seinem Erfolg hinterher jagt, kann niemals lieben. Ein Umstand, den wir gerade in dieser Zeit in allen Lebensbereichen beobachten können. Die Seele beschreiben zu wollen, ist ein sehr riskantes und letztlich nie wirklich befriedigendes Unternehmen. Immer dort, wo wir in den Bereich der Seele eingreifen wollen, z. B. dadurch, dass wir sie verändern wollen, zieht sie sich zurück. Nein, Seele lässt sich nicht manipulieren, aber Seele lässt sich erfahren. Genau darum geht es in meinen Augen.

Zeit meines Lebens hat die menschliche Seele mich in ihren Bann gezogen. Mich hat dieses „Wesen“, das wir ja selbst sind und das sich seit Anbeginn auf dem Weg durch die verschiedensten Daseinsformen unserer Existenz befindet, so fasziniert, dass ich meine Berufung darin gefunden habe, andere Menschen auf ihrem Weg durch die inneren Landschaften und Räume ihrer Seele zu begleiten. So wurde und wird mir dadurch die Möglichkeit geschenkt, auch meiner eigenen Seele immer näherzukommen. Die Seele ist jener Teil von uns, der niemals stirbt, den es immer gegeben hat und den es immer geben wird, auch wenn sie von Zeit zu Zeit ein neues Kleid trägt. Auf den Bereich der Seele werde ich an anderer Stelle noch näher eingehen.

Mein eigener Weg der Berufung

Mein beruflicher Weg führte mich zunächst in die Begegnung mit geistig behinderten Menschen, jenen Seelen, die meiner Erfahrung nach die Aufgabe haben, uns daran zu erinnern, dass es noch etwas anderes in uns gibt, als unsere Ratio, unser Streben und unsere Flucht vor uns selbst. Es sind Menschen, die uns daran erinnern wollen, dass es jenseits unserer Masken und Rollen, die wir zu spielen gelernt haben, noch eine andere Instanz gibt – unser göttliches Selbst, unsere Essenz, das, was nie stirbt. Ich habe von Ihnen sehr viel über die menschliche Seele lernen dürfen und nicht nur einmal haben sie – liebevoll – ihre Finger in meine seelischen Wunden gelegt und mich daran erinnert, dass wir alle auf dem Weg nach Hause sind und uns als die erfahren dürfen, die wir wirklich sind: Gottes geliebte Kinder.

Nach diesen wertvollen Erfahrungen mit diesen Menschen habe ich meine Berufung darin gefunden, diese Erkenntnisse auch anderen Menschen zukommen zu lassen. Seit vier Jahrzehnten begleite ich nun Menschen auf ihrem Weg und ich durfte auf all diesen Reisen erleben, welche Vielfalt und welch großes Potential der Heilung unserer Seele innewohnen. Wenn wir ihr einen Schritt entgegen gehen, kommt sie in großen Schritten auf uns zu, denn sie wartet schon so lange auf uns.

Weitere wichtige Impulse auf meinem Weg bekam ich von Peter Orban, über den sich mir die Welt der „Inneren Personen“ erschloss, die mich seither nicht mehr losgelassen hat. Auch seine „Symbolon – Astrologie“ ist seit vielen Jahren zu einem unverzichtbaren Instrument innerhalb meiner Arbeit geworden. Vor allem aber Bert Hellinger bin ich zu großem Dank verpflichtet. Er hat meine Seele ordentlich durchgeschüttelt. Was er in den letzten Jahrzehnten in die „Psychoszene“ hineingeworfen und durcheinandergewirbelt hat, ist mit Worten allein nicht auszudrücken.

Die Begleitung von Menschen, die er uns mit der systemischen Arbeit des Familienstellens an die Hand gegeben hat, ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken. Ermöglicht sie uns doch, weit über den Bereich der Psychotherapie hinauszugehen und uns einer geistigen Bewegung zu öffnen, die uns alle führt und die allem in gleichem Maße zugewandt ist, so wie es ist. Ich sehe ihn als großen Friedensstifter unserer Zeit, versucht er doch über alle nationalen, kulturellen und auch religiösen Grenzen hinweg zu versöhnen, was ehedem getrennt war, zu lösen, was nicht in der natürlichen Ordnung ist, und somit einer Liebe die Tür zu öffnen, die keine Grenzen kennt.

An Bert Hellinger schätze ich sehr, dass er niemals stehen geblieben ist, sondern dass er bereit war, sich von dieser geistigen Kraft führen zu lassen, die in ihm immer wieder neue Erkenntnisse und Einsichten aufleuchten ließ. So hat er viele Menschen in den letzten Jahren dazu ermutigt, sich den Bewegungen des Geistes anzuvertrauen, von denen wir geführt werden und die sich jenseits der Vorstellungen und Meinungen unseres Verstandes vollziehen.

In meiner Arbeit wurde mir schon sehr früh bewusst, wie wenig der soziale Bereich und die Welt der Wirtschaft bereit sind, sich zu begegnen, wenn wir einmal von den verschiedenen Formen der Spendentätigkeit absehen. Doch die hatten schon immer auch eine Alibifunktion, um sich diesem „Non – Profit – Bereich“ nicht wirklich nähern zu müssen und sich dennoch ein gutes Gewissen zu verschaffen. Wir waren immer schon sehr spendabel, wenn es darum ging, dem eigenen Spiegel entkommen zu können. Schon damals konnte ich spüren, wie viel sich beide Seiten geben könnten, wie viel beide voneinander lernen könnten. In Wirklichkeit sind beide nicht voneinander getrennt, so wie nichts Existierendes jemals von etwas anderem getrennt ist. Sie zeigen sich als einzelne Teile, die in Wirklichkeit eins sind.

Der soziale Bereich hat sich die Liebe auf die Fahnen geschrieben, mit der karitativer Dienst am Nächsten praktiziert werden soll, zumindest nach außen hin. Bei Licht besehen treten diese Organisationen inzwischen auch immer mehr in die Fußstapfen von Profitunternehmen, wenn dies öffentlich auch nicht immer so in Erscheinung treten mag.

Der Bereich der Wirtschaft konnte es sich bis jetzt leisten, auf die Liebe zu verzichten, da sie in all den Jahresbilanzen von Aktiengesellschaften keine Rolle spielt. So hat mich der Gedanke nie verlassen, mit meinen Erfahrungen im Bereich der menschlichen Seele und des Geistes auch in der Welt des beruflichen Feldes etwas anzustoßen und dafür zu sensibilisieren, dass es ohne Rückverbindung zur Seele keine Entwicklung geben kann, die auf das Allumfassende ausgerichtet ist und die Nachhaltigkeit garantiert.

So möchte ich meine Erfahrungen und meine Erkenntnisse allen Menschen zukommen lassen, die dafür offen sind, sich ihrer Seele wieder zu nähern, gerade auch im Bereich unseres beruflichen Lebens. Es ist mir auch ein Anliegen, alle, die im Bereich der Wirtschaft Verantwortung tragen und die vielfach einem globalen Wachstumswahn frönen, der sich eher früher als später selbst zerstören wird, dafür zu sensibilisieren, sich mit ihren seelischen Wurzeln wieder zu verbinden.

Meine Worte wollen Wege aufzeigen, die zum Nachdenken und vor allem zum Nachspüren anregen sollen, die aber auch zeigen können, wie Störungen in Beziehungen innerhalb unseres Lebens entstehen und einer Lösung zugeführt werden können. Völlig unabhängig von unserem sozialen Status oder der jeweiligen Tätigkeit, die wir gerade ausüben, die Hinwendung zu uns selbst, zu unserem innersten Kern, der uns vermittelt, wer wir wirklich sind, wird der Schritt auf die nächste Evolutionsstufe der Menschheit sein. Darauf weisen in jüngster Zeit auch alle geistigen Lehrer hin. Wenn wir uns unserer seelisch – geistigen Seite öffnen, dann werden wir auf den Weg der Liebe geführt, auf den Weg zu unserem Herzen.

Der Auftrag an uns Menschen lautet von jeher, uns selbst zu erkennen, mit allem was zu uns gehört, denn alles, was zu uns gehört, ob es uns gefällt oder nicht, ist göttlichen Ursprungs und somit immer ein Ausdruck von Liebe. So möchte ich uns alle einladen, unseren Blick über den Tellerrand unserer eingefahrenen Egoismen hinaus zu richten, um jenen geistigen Kräften Raum zu geben, die uns bewegen und die wir so lange ausgesperrt haben.

Sie können uns den Weg zeigen, der uns zur Liebe zu uns selbst und zu allen anderen führt.

Im ersten Band dieses vorliegenden Werkes - „Die Grundlagen“ - möchte ich auf die Hintergründe des menschlichen Lebens, also insbesondere auf die Fragen eingehen, warum wir hier sind, was der Sinn unseres Lebens ist und was die Gründe unseres Leidens sind. So werde ich versuchen, die wichtigsten Lebensbereiche von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Dabei habe ich nicht den Anspruch, den Stein der Weisen gefunden zu haben, sondern ich versuche, meine Erkenntnisse und Erfahrungen, die mir in all den Jahren, in denen ich Menschen begleiten darf, geschenkt wurden, zum Ausdruck zu bringen. Von daher gilt mein größter Dank all jenen Menschen, die ich in all den Jahren in ihre Seele begleiten durfte und die mir das Vertrauen geschenkt haben, gemeinsam mit ihnen ihre Seele zu durchlichten.

So möchte ich den Fokus auf verschiedene Bereiche der Seele und des Geistes richten und versuchen, die jeweiligen Auswirkungen und Erscheinungsformen, sowohl in unseren privaten wie auch in unseren beruflichen Feldern darzustellen. Es sind Erkenntnisse, die ich vor allem in den Aufstellungen, die ich begleiten durfte, erfahren habe und die meine Seele zutiefst bereichert haben. In diesem ersten Teil möchte ich unter anderem auch noch ganz speziell auf zwei Themen näher eingehen, die gerade in der heutigen Zeit immer mehr in den Vordergrund rücken: Das sogenannte „Burn – Out“, sowie das Thema „Sucht“. Außerdem möchte ich einen Weg vorstellen, der uns in Form von begleiteten Seelenreisen in der Einzelarbeit direkt mit unserer Seele in Kontakt bringen kann.

Im zweiten Band werde ich dann ausführlich auf das Thema „Depression“, die aktuelle Situation von Frauen, Männern und Kindern und vor allem auf die systemische Aufstellungspraxis im Allgemeinen eingehen und auch hier den jeweiligen Bezug zu verschiedenen Lebensbereichen herstellen. Das Familienstellen im Rahmen von Seminargruppen steht hier im Vordergrund meiner Betrachtung. So möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die erfahrungsreiche Entwicklung dieser systemischen Arbeit eingehen, die noch lange nicht zu Ende ist.

Dieses Buch wurde von mir absichtlich nicht als „Ratgeber“ verfasst. Derer gibt es im Bücherwald reichlich genug. Ein Ratgeber hat für mich immer den Hauch eines Versuches, den eigenen „inneren Dämonen“ entkommen zu wollen. Ein Ratgeber möchte uns einen Rat geben, wie wir z. B. aus einer festgefahrenen Situation, in der wir leiden, wieder heraus kommen können. Darin liegt bereits die Täuschung. Niemand kann einem anderen Menschen aus einem Konflikt heraus helfen, auch wenn wir alle bestrebt sind, das immer wieder zu versuchen. Wir können es deshalb nicht, weil wir nichts oder nur wenig über die Seele unseres Gegenübers wissen. Was noch wichtiger ist, ist die Tatsache, dass der Ratgeber den Ratsuchenden und den Platz an dem er gerade steht, nicht achtet. Warum sollte er sonst einen Rat geben wollen.

Wenn wir einem anderen helfen oder ihm einen Rat geben, dann tun wir so, als wüssten wir, wo der andere steht, was ihm fehlt und vor allem, was ihm helfen kann. Das kann jedoch einzig und allein seine eigene Seele. Aber wir können einen Raum schaffen, in dem es möglich ist, dass sich die Seele erfahren lässt und so Entwicklung und Heilung möglich wird.

Selbst der beste Therapeut kann uns nichts über unsere Seele sagen. Er kann uns nur etwas über seine eigene Seele mitteilen. Wir können ihm unsere Geschichte erzählen und er kann daraus Schlussfolgerungen ziehen, warum wir heute so leiden. Diese Schlussfolgerungen greifen aus meiner Erfahrung jedoch immer zu kurz, da sie nur Teilaspekte berücksichtigen können, die darüber hinaus auch noch den persönlichen Filter des „Helfers“ durchlaufen, der immer subjektiv eingefärbt ist. Unsere Seele umfasst aber viel mehr, als wir überhaupt greifen, herleiten oder erklären könnten. Einem anderen auf seelisch – geistigem Gebiet helfen zu wollen, ist im Grunde eine Anmaßung und eine Einmischung in den Intimbereich der Seele. Wir meinen häufig zu wissen, was für uns und den anderen richtig oder falsch ist. Einem größeren Irrtum können wir nicht erliegen. Niemand hat das Recht, einen anderen aus seinem Leid herausführen zu wollen. Aber wir können uns vor seinem Schicksal verneigen und daran Anteil nehmen. Und wir können uns vor unserem eigenen Schicksal verneigen und es mit anderen teilen. Das ist es, was uns weiterbringen kann.

Von Jidduh Krishnamurti stammt die Aussage: „Die Größe eines Menschen besteht darin, dass niemand ihn erretten kann.

Ein Ratgeber ist bestrebt, mithilfe von „Ratschlägen“ – auch das sind Schläge –, eine Situation, die wir als belastend erleben, zu ändern. Veränderung ist das Credo der heutigen Zeit. Ich frage mich allerdings, wohin wir uns denn verändern sollen? Einen Zustand verändern zu wollen setzt voraus, dass wir mit dem Ort, wo wir gerade stehen, oder der Situation in der wir uns gerade befinden, nicht einverstanden sind. Wir wollen es in uns nicht haben und deshalb möchten wir es ändern. Doch worunter wir leiden, gehört auch zu uns, zu unserer Seele und zu unserem Schicksal.

So sind wir aufgerufen, dieses Leiden nicht zu bekämpfen, sondern uns ihm zuzuwenden, uns ihm ganz auszusetzen und uns somit mit ihm zu versöhnen, d. h. es als Teil von uns selbst mit Liebe anzunehmen. Dadurch findet Veränderung von alleine statt. Wenn es uns möglich ist, all das, was zu uns gehört, anzunehmen, dann verändern wir uns von selbst. Dann nehmen wir den Fuß von der Bremse und können uns der Bewegung hingeben, die uns führen möchte.

Wenn wir am Punkt „A“ stehen, an dem wir leiden und den wir ändern möchten, so dass wir zum Punkt „B“, dem Ort unserer Erlösung kommen können, so wird dies niemals stattfinden können, solange der Punkt „A“ von uns nicht gewürdigt und anerkannt wird. Das ist ein kosmisches und damit auch ein seelisches Gesetz, das sich mir in den vielen Jahren meiner therapeutischen Tätigkeit und auch auf meinem eigenen Lebensweg immer wieder offenbarte.

Jemandem einen Rat zu geben beinhaltet immer die Botschaft:

„Mache du es für mich!“

Erst wenn wir bereit sind, unser Leiden, wie auch immer es sich uns zeigen mag, anzuerkennen, mit allem was es uns kostet, werden wir frei.

Dadurch findet Veränderung immer von selbst statt. Nicht unbedingt in der Form, die sich unser Verstand vorgestellt hat.

Mich selbst haben immer diejenigen Bücher bereichert, in denen die Autoren ihre eigenen Erfahrungen zum Ausdruck gebracht haben, die sie mit ihren Lesern teilen wollten. Und so liegt es mir am Herzen, auch meine Erfahrungen, meine Gedanken und Empfindungen, meine Seele zum Ausdruck zu bringen und mit Dir zu teilen.

Es geht mir auch darum, Worte zu „verlieren“. Worte die in mir sind, die mich bewegen. Ich möchte sie verlieren, um wieder leer zu werden für neue Worte, für neue Fragen, die ich dann auch verlieren darf. So lange, bis sich vielleicht eines Tages Leere in meinem Geist und in meiner Seele ausbreiten dürfen.

Es kann auch sein, dass in diesem Buch einige Gedanken immer wieder auftauchen und ich mich wiederhole. Es war und ist nicht meine Absicht, dies zu vermeiden, da ich dieses Buch als eine Kommunion zwischen meiner Seele und Deiner Seele betrachte.

Was ich hier in diesem Buch zum Ausdruck bringe, ist zu einem großen Teil von den Bewegungen meiner Seele geprägt, der ich hier die Möglichkeit eingeräumt habe, sich mitzuteilen und sich zu entfalten. Wiederholungen sind Möglichkeiten, immer wieder einer bestimmten Aussage bzw. einer bestimmten Erkenntnis zu begegnen, die sich durch die Wiederholung in uns immer deutlicher erfahren lässt.

Ich werde Dich auf unserer gemeinsamen Reise durch dieses Buch in der Regel in der männlichen Form anreden. Das hat nichts damit zu tun, dass ich die weibliche Seite nicht auch im Blick habe, es ist für mich von der Gestaltung her so am einfachsten.

Wie Du ja schon bemerkt hast, erlaube ich mir auch, Dich in der „Du – Form“ anzureden. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass ich unhöflich sein oder mich Dir aufdrängen möchte, sondern damit, dass ich nicht nur mit Deinem Verstand kommunizieren möchte, sondern in erster Linie mit Deiner Seele und die kennt keine Höflichkeitsformen. Ja, ich möchte Dir bewusst nahe treten und Dich und auch mich einladen, gemeinsam diese Reise zu unternehmen. Wir sitzen alle im gleichen Boot und keiner bleibt zurück. Herzlich willkommen.