ADRIAN DOYLE

&

TIMOTHY STAHL

 

 

BLUTVOLK, Band 11:

Der Hüter und das Kind

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Die Autoren 

 

Was bisher geschah... 

 

DER HÜTER UND DAS KIND 

 

Vorschau auf BLUTVOLK, Band 12: HIDDEN MOON von Adrian Doyle & Timothy Stahl 

 

Glossar 

 

Das Buch

 

Für tausend Jahre war er der Hüter des Lilienkelchs. Mit dem Unheiligtum der Vampire besuchte er die Sippen in aller Welt, auf dass Menschenkinder die Ewigkeit daraus tranken und die Alte Rasse mehrten.

Dann wurde Landru der Kelch geraubt. Fast dreihundert Jahre lang währte seine Jagd nach dem Artefakt – Jahre, in denen seinem Volk der Niedergang drohte. Doch auch in dieser Zeit der Verzweiflung gab es die Hoffnung auf einen Neubeginn: die Legende, dass den Vampiren, wie dereinst den Menschen, ein Kind geboren würde, das ihre Kräfte einte und sie zu neuer Blüte führte...

Nun, da dem Kelch nur noch Tod und ewige Verdammnis entspringt, entsinnt sich Landru jener alten Prophezeiung. Und die Zeichen mehren sich, dass der Alten Rasse längst ein Kind geboren wurde...

 

BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.

Die Autoren

 

 

Manfred Weinland, Jahrgang 1960.

Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.

Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.

Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.

Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.

Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.

Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.

 

 

 

Timothy Stahl, Jahrgang 1964.

Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.

In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.

Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.

In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada.

  Was bisher geschah...

 

 

Alle Vampiroberhäupter rund um den Globus werden von einer schrecklichen Seuche befallen, die sie auf ihre Sippen übertragen. Die infizierten Vampire – bis auf die Anführer selbst – können ihren Durst nach Blut nicht mehr stillen und altern rapide. Gleichzeitig wird in einem Kloster in Maine, USA, ein Knabe geboren, der sich der Kraft und Erfahrung der todgeweihten Vampire bedient, um schnell heranzuwachsen.

Die Epidemie macht auch vor dem Häuptling eines Stammes von Vampir-Indianern nicht halt, die sich vom Bösen abgewandt haben, indem sie geistigen Kontakt zu ihren Totemtieren, der Adlern, halten. Makootemane kämpft mit dem Traumbild der Seuche – einem Purpurdrachen – und drängt sie zurück.

Sowohl die Seuche als auch die Geburt des Kindes erschüttern das Weltgefüge auf einer spirituellen Ebene. Rund um den Erdball reagieren para-sensible Menschen, träumen von unerklärlichen Dingen und möglichen Zukünften. Die »Illuminati«, ein Geheimbund in Diensten des Vatikans, rekrutiert diese Träumer.

Als das Kind die Kraft in Lilith erkennt, bringt es sie in seine Gewalt und seine Träume. Doch Rafael Baldacci, ein Gesandter von Illuminati, rettet sie aus einer Traumwelt, in der die Vampire die Erde beherrschen, indem er sein Leben für sie opfert.

Dann trifft Lilith auf einen Vampir in der Kutte eines Mönchs. Er gehörte vor gut 500 Jahren dem Illuminati-Orden an, der nahe Rom in einem unzugänglichen Kloster ein Tor bewachte (und es noch heute tut). Eines Tages wurde er von jenseits des Tores in Bann geschlagen. Zwar konnte er die Pforte nicht öffnen, lebte fortan aber als Vampir weiter. Lilith stellt sich ihm. Dabei hört sie erstmals von dem geheimnisvollen Tor...

Einen zweiten Hinweis darauf erhält Lilith, als sie einer Stadt der Vampire zwischen den Dimensionen den Todesstoß versetzt. Hier erfährt sie, dass eine Rasse gestaltwandlerischer Wesen seit tausend Jahren einen Dimensionsriss erweiterte, um »das Tor zu umgehen« – was der Untergang der Stadt verhindert.

Eine weitere Aufgabe für Lilith wartet in New Orleans. Hier versanken im Jahre 1863 Hunderte von Soldaten und Zivilisten im Sumpf – und einer davon war ein Vampir. Der Morast konservierte ihn und seine Dienerkreaturen. Als der Sumpf trockengelegt wird, erwachen sie wieder zu unheiligem Leben. Doch Lilith Eden gewinnt auch diesen schier aussichtslosen Kampf.

In der Zwischenzeit führt die Seuche einen zweiten Schlag gegen den Stamm der Vampir-Indianer. Hidden Moon, Makootemanes Schüler, macht sich auf, um die ebenfalls gute Halbvampirin Lilith Eden um Hilfe zu bitten – und rettet sie mit indianischer Magie aus den Klauen eines Dämons. Zum Dank steht sie dem Stamm der Arapaho gegen die Seuche bei, die jedoch alle Adler tötet. So zerstreut sich der Stamm auf der Suche nach neuen Totemtieren, und Hidden Moon (dessen indianischer Name Wyando lautet) schließt sich Lilith an...

DER HÜTER UND DAS KIND

 

 

 

  Alaska, vor einigen Wochen 

Nathan Tulliver hatte geglaubt, alle Gesichter des Todes zu kennen. Sein Irrtum wurde ihm an diesem Morgen vor Augen geführt – auf drastische Weise.

Der Leichnam lag zu seinen Füßen, Blut hatte den Schnee ringsum dunkel gefärbt, beinahe schwarz. Blut aus grässlichen Schusswunden, die den Körper regelrecht zerrissen und verheert hatten.

Doch das war nicht das eigentlich Schlimme an dem Anblick. Als viel furchtbarer empfand Tulliver die zuckenden Bewegungen, die den Toten durchliefen – und die Tatsache, dass er sich erhob.

 

Schüsse hatten Nathan Tulliver im Morgengrauen aus dem Schlaf gerissen, doch der alte Inuit war nicht sofort aus dem Bett gesprungen. Als er schließlich doch durchs Fenster seiner Hütte hinaus in das trübe Zwielicht des jungen Tages spähte, waren die Schüsse längst verklungen. Stille hatte sich wie eine alles erstickende Wolke über Nuiqtak gelegt. Eine Wolke, die dem Alten vorgekommen war wie der Hauch des Todes, der sich zwar unsichtbar, aber dafür um so deutlicher spürbar auf eine Stelle da draußen im Schnee konzentriert hatte: Das jungfräuliche Weiß war dort besudelt und etwas Dunklem gewichen, und in der Mitte jenes Fleckes lag etwas. 

Jemand... 

Nathan Tulliver hatte seine Hütte nicht durch die Vordertür verlassen, sondern durch den Anbau, in dem sich seine Werkstatt befand. Dort hatte er im Vorübergehen seine Krummaxt aufgenommen. Normalerweise bearbeitete er damit Holz, schuf Kanus und Totempfähle daraus und hatte sich so den Ruf eines wahren Meister-Schnitzers seines Landes buchstäblich erarbeitet. Doch die Axt würde ihm heute vielleicht zum ersten Mal nicht nur als Werkzeug gute Dienste leisten...

Leise war der Inuit aus der Werkstatt getreten und hatte seine Umgebung mit Blicken sondiert, so gut es die Morgendämmerung zuließ. Dann erst, als er keine Bewegung oder sonst etwas Verdächtiges wahrgenommen hatte, hatte er sich vorsichtig – und mit dennoch zum Schlag erhobener Axt – jener Stelle inmitten seiner »Sammlung« eindrucksvoller Totempfähle genähert, wo er vom Fenster aus den reglosen Körper entdeckt hatte.

Reglos war der fürchterlich zugerichtete Tote auch geblieben, als Nathan Tulliver ihn erreicht hatte.

Drei oder vier Sekunden lang.

Dann hatte der Leichnam begonnen, sich zu bewegen.

Tulliver hätte es für ein Wunder gehalten. Wenn er nicht mit jeder Faser seines Leibes und Seins gespürt hätte, dass etwas ganz und gar nicht Wunderbares der »Beweggrund« war! 

Kälte fraß sich mit tausend winzigen, mörderisch spitzen Zähnen unter die Haut des Alten und tiefer. Eine Kälte, die allem hohnsprach, was Tulliver je an Minustemperaturen erlebt hatte. Sie ließ ihn nicht einfach nur frieren, sondern ummantelte alles in ihm mit wahrhaft beißendem Frost, der sich in eisigen Blitzen tief in jede Zelle verästelte. Und doch war die Angst, daran zu sterben, geradezu lächerlich gering im Vergleich zu jener, die ihm der bloße Anblick des »Toten« bescherte. 

In den Wunden, die vor nasser Schwärze glänzten, rührte sich etwas. Als würden Metastasen in widernatürlicher Geschwindigkeit darin wuchern, um die finsteren Löcher zu füllen und zu schließen.

Und nichts anderes tat die schwammige Bewegung...

Der grauenhafte Prozess ging einher mit ekelhaft feuchten und schmatzenden Lauten, die dem Inuit schier in den Ohren dröhnten, in seinen Gedanken brüllten und seinen Verstand auf eine imaginäre Grenze zuhetzten, über die er nie mehr zurückkommen würde, wenn er sie einmal überschritten hatte...

»Wahnsinn...«, wehte es von den bebenden Lippen seines lederhäutigen Gesichts. Die Furchen darin, die ihn in den Augen anderer selbst wie aus Holz geschnitzt aussehen ließen, bewegten sich wie von eigenständigem Leben beseelt.

Im Gegenlicht der aufgehenden Sonne von einer glühenden Aureole umgeben stand der »Tote« da, und durch die tiefsten Brustwunden, die sich noch nicht geschlossen hatten, bohrten sich blutfarbene Lichtlanzen, auf denen er sich vor Schmerz zu winden schien. Dann wucherte die Schwärze auch in diesen Löchern und verschloss sie.

Einer körperlosen Leibgarde gleich flankierten die Schatten der Totempfähle den Auferstandenen –

der selbst keinen Schatten warf! 

Nathan Tulliver wunderte sich, dass er in dem Chaos, das in ihm tobte, überhaupt Muße und Gelegenheit für diese merkwürdige Beobachtung fand.

Doch schon im nächsten Augenblick wurde er abgelenkt.

Als der unheilige Heilungsvorgang auf das Gesicht des anderen übergriff.

Eben noch eine formlose Fratze aus Blut und zerfetztem Fleisch, schienen sich mit einem Mal unsichtbare Hände der amorphen Masse anzunehmen, um sie zu modellieren. Sie schufen einen noch lippenlosen Mund, der sich öffnete und all den Schmerz, der sich in dem Wiederbelebten aufgestaut hatte, in einem einzigen Schrei entließ.

Tulliver erzitterte unter der Gewalt des Brüllens und wandte den Blick ab. Als er wieder hinsah – nach drei, allerhöchstens vier Sekunden – , hatten die Unsichtbaren ihr Werk vollendet.

Der Inuit sah in ein wiederhergestelltes Männergesicht – doch auf eine Weise, die er selbst nicht in Worte fassen konnte, schien es ihm beinahe schlimmer als im zerstörten Zustand. Die Augen lagen im Schatten buschiger Brauen und tief in ihren Höhlen, doch ihre dunkle Färbung rührte nicht daher. Sie waren vielmehr von der Farbe eines sternenlosen Nachthimmels, und sie strahlten ebensolche Kälte aus, wie sie in den unbegreiflichen Weiten der Unendlichkeit herrschen mochte.

Ein harter Zug lag um die Lippen des anderen, und doch verriet dieser Zug mehr als nur Härte oder auch Ingrimm. Er zeugte von unvorstellbarer Grausamkeit, von gnadenloser Brutalität, von abgrundtiefem Hass – und von vielen Dingen mehr, die zu benennen Nathan Tulliver nicht mehr die Zeit hatte.

Denn der andere kam näher.

Vielleicht war es die Kälte, die ihn immer noch in ihrem eisigen Griff hielt, vielleicht auch der Blick aus diesen glanzlosen Augen, die den Inuit lähmte und bannte und ihm die Krummaxt aus den Fingern fallen ließ.

Als der andere ihm so nahe gekommen war, dass er den Geruch des Todes, der ihm immer noch anhing, wahrnehmen konnte, registrierte Nathan Tulliver noch zwei Auffälligkeiten:

Eine kreuzförmige Narbe, die auf der Wange seines Gegenübers prangte und wie in schwarzer Glut zu leuchten schien. 

Und zwei elfenbeinfarbene Spitzen, die sich unter seiner Oberlippe hervorschoben.

Im nächsten Moment nahm der alte Holzschnitzer nur noch eines wahr.

Schmerz.

Doch auch der ließ nach, pulsierte im Takt seines immer müder schlagenden Herzens aus ihm heraus.

Und er verebbte vollends, als Landru den letzten Tropfen Blut aus seinen Adern gesogen hatte.

 

 

Auch anderenorts, auf der jenseitigen Hälfte des Erdballs in Indien, wurde der Tod betrogen.

Seit vielen Nächten schon.

Augen, die Jahrhunderte geschaut hatten, öffneten sich in einem finsteren Gewölbe. Ein Stöhnen wehte durch die Dunkelheit, doch es war nicht von jener Art, mit dem letzte Müdigkeit nach langem Schlaf wich. Vielmehr kündete es von Enttäuschung, und Schmerz schwang darin mit.

Enttäuschung und Schmerz – weil sich der Tod einmal mehr nicht als endgültig erwiesen hatte.

Der Vampir versuchte sich aufzurichten. Aber es dauerte lange, bis sein verwüsteter Leib den gedanklichen Befehlen gehorchte, und selbst dann wollte sich ihnen noch jedes einzelne Glied widersetzen. Weil selbst die geringste Bewegung Qualen bedeutete, die an dem bisschen Kraft, das noch in dem geschundenen Körper steckte, zehrte, ohne es indes zur Gänze zu verschlingen.

Etwas ließ nicht zu, dass jene allerletzte Neige von Energie aufgebraucht wurde. Jemand, der an diesem Rest von Leben hing, obwohl es nicht das seine war – und obwohl er dem Tode stets mehr zugetan gewesen war als dem Leben. 

Zu eigenen Lebzeiten... 

»Parasit...«, presste Timot hervor. Selbst seine Stimme klang mürbe und kraftlos.

Ein lautloses Lachen mengte sich zwischen seine Gedanken.

Du bezahlst nur für das, was du mir angetan hast, wisperte es nicht nur im Schädel des Vampirs, sondern überall in ihm. Und für das, was du mir genommen hast... 

Timot schwieg. Doch die Erinnerung ließ sich auf diese Weise nicht unterdrücken. Wie in jeder Nacht stieg sie in ihm empor, brachte Bilder mit aus einer Vergangenheit, die noch gar nicht sehr lange zurücklag – und in der doch alles anders gewesen war...

Die Vampire waren noch die geheimen Herrscher gewesen, überall auf der Welt, auch hier in Delhi. Stark und mächtig war die Alte Rasse, obgleich der Verlust des Lilienkelchs wie ein Damoklesschwert über ihr gehangen hatte. Doch die Zeichen hatten sich gemehrt, dass sich ein anderer Weg auftun könnte, um vampirischen Nachwuchs zu schaffen. Die Delhi-Sippe – oder wenigstens doch ihr Führer, Tanor, und er selbst, Timot, – hatte ihr Scherflein dazu beigetragen. Sie hatten sich mit Landru, nachdem sie ihm sein Geheimnis entrissen hatten, verschworen, um diesen neuen Weg zu ebnen –

und hatten doch nichts anderes getan, als das Unheil heraufzubeschwören. 

So jedenfalls betrachtete Timot rückblickend die Ereignisse jener Nacht, in der sie in Landrus Auftrag die rätselhafte Opferschlange dem Nekromagier Sahya Patnaik übergeben hatten, damit er ihre Geheimnisse ergründete.

Patnaik – der wegen seiner besonderen Gabe, Tote auf unsagbare Weisen zu reanimieren, auch der »Erwecker« genannt wurde – hatte die Aufgabe nicht gelöst. Er war daran zerbrochen, und Timot hatte ihn getötet, als er, dem Wahnsinn anheimgefallen, über das Oberhaupt der Delhi-Sippe hergefallen war.

Zuvor jedoch hatte Timot seine besondere Gabe, die Kraft und die Talente anderer zu seinen eigenen zu machen, eingesetzt und Patnaik im Moment des Todes etwas entrissen, das er später noch erproben wollte, um zu sehen, wie er es nutzen konnte... 

Nutzen hatte es ihm jedoch keinen gebracht. Statt dessen war ihm das Leichenfleddern zum Fluch geworden...

Ein Fluch, der Timot zum Leben verdammte.

Weil er nichts anderes wollte, als zu sterben – endlich und endgültig.

Denn er starb durchaus – am Ende einer jeden Nacht holte der Tod ihn zu sich. Doch nur, um ihn mit dem Verlöschen des letzten Sonnenstrahls am Abend wieder in die Welt der Lebenden hinauszuweisen. In eine Welt, die nicht mehr die seine war, seit...

Ja, seit was eigentlich?