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Im Gedenken an Cornelia Vismann (1961-2010)

Susanne Lüdemann

Jacques Derrida zur Einführung

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Wissenschaftlicher Beirat
Michael Hagner, Zürich
Dieter Thomä, St. Gallen
Cornelia Vismann, Weimar †

Junius Verlag GmbH

© 2011 by Junius Verlag GmbH

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Zur Einführung …

hat diese Taschenbuchreihe seit ihrer Gründung 1978 gedient. Zunächst als sozialistische Initiative gestartet, die philosophisches Wissen allgemein zugänglich machen und so den Marsch durch die Institutionen theoretisch ausrüsten sollte, wurden die Bände in den achtziger Jahren zu einem verlässlichen Leitfaden durch das Labyrinth der neuen Unübersichtlichkeit. Mit der Kombination von Wissensvermittlung und kritischer Analyse haben die Junius-Bände stilbildend gewirkt.

Von Zeit zu Zeit müssen im ausufernden Gebiet der Wissenschaften neue Wegweiser aufgestellt werden. Teile der Geisteswissenschaften haben sich als Kulturwissenschaften reformiert und neue Fächer und Schwerpunkte wie Medienwissenschaften, Wissenschaftsgeschichte oder Bildwissenschaften hervorgebracht; auch im Verhältnis zu den Naturwissenschaften sind die traditionellen Kernfächer der Geistes- und Sozialwissenschaften neuen Herausforderungen ausgesetzt. Diese Veränderungen sind nicht bloß Rochaden auf dem Schachbrett der akademischen Disziplinen. Sie tragen vielmehr grundlegenden Transformationen in der Genealogie, Anordnung und Geltung des Wissens Rechnung. Angesichts dieser Prozesse besteht die Aufgabe der Einführungsreihe darin, regelmäßig, kompetent und anschaulich Inventur zu halten.

Zur Einführung ist für Leute geschrieben, denen daran gelegen ist, sich über bekannte und manchmal weniger bekannte Autor(inn)en und Themen zu orientieren. Sie wollen klassische Fragen in neuem Licht und neue Forschungsfelder in gültiger Form dargestellt sehen.

Zur Einführung ist von Leuten geschrieben, die nicht nur einen souveränen Überblick geben, sondern ihren eigenen Standpunkt markieren. Vermittlung heißt nicht Verwässerung, Repräsentativität nicht Vollständigkeit. Die Autorinnen und Autoren der Reihe haben eine eigene Perspektive auf ihren Gegenstand, und ihre Handschrift ist in den einzelnen Bänden deutlich erkennbar.

Zur Einführung ist in verstärktem Maß ein Ort für Themen, die unter dem weiten Mantel der Kulturwissenschaften Platz haben und exemplarisch zeigen, was das Denken heute jenseits der Naturwissenschaften zu leisten vermag.

Zur Einführung bleibt seinem ursprünglichen Konzept treu, indem es die Zirkulation von Ideen, Erkenntnissen und Wissen befördert.

Michael Hagner
Dieter Thomä
Cornelia Vismann

Inhalt

Vorwort: Derridas Erbe

1. Zugang: Generationen, Genealogien, Übersetzungen und Kontexte

1.1 Von der »Generation der drei H« zu den »drei Meistern des Verdachts«

1.2 Die »Destruktion der Geschichte der Ontologie« und das Dasein als »Zwischen« (Heidegger)

1.3 Dezentrierung des Subjekts und Kritik der moralischen Werte (Freud, Nietzsche)

1.4 Sprachkrise, linguistic turn und Strukturalismus (Saussure)

2. Zugang: Die Metaphysik der Präsenz und die Dekonstruktion des Logozentrismus

2.1 Die Stimme und die Schrift (Grammatologie)

2.2 Verfahren der Lektüre: Die Umkehrung und Verschiebung der Begriffe

2.3 Einige Konsequenzen (Metapher und Begriff, Literatur und Philosophie)

2.4 Das Begehren nach Präsenz und die Kette der Supplemente (Rousseau)

3. Zugang: Es gibt – Undekonstruierbares (gibt es?)

3.1 Gewalt – Recht – Gerechtigkeit

3.2 Das Versprechen der Gabe und die Gabe des Versprechens

4. Zugang: Dekonstruktion und Demokratie

4.1 Die Zeit des Politischen

4.2 Jenseits der Brüderlichkeit (Politiken der Freundschaft)

4.3 Die Autoimmunität und die chōra des Demokratischen

Anhang

Anmerkungen

Siglen

Auswahlbibliografie

Zeittafel

Über die Autorin

Vorwort: Derridas Erbe

»Eines ist es, Meinungen der
Philosophen festzustellen und zu beschreiben.
Ein ganz anderes ist es, das, was sie
sagen, und das heißt das, wovon sie sagen,
mit ihnen durchzusprechen.«
Martin Heidegger, Was ist das – die Philosophie?

»Wir müssen irgendwo, wo immer
wir sind, beginnen […]. Irgendwo, wo immer
wir sind
: schon in einem Text, in dem wir
zu sein glauben.« (G 280-81)

Als Jacques Derrida im Oktober 2004 in Paris starb, war er eine Art philosophischer Medienstar. Seine Vorlesungen an der École Normale Superieure, später an der École des Hautes Études en Sciences Sociales waren eine Institution, zu der Hörer aus aller Welt in den übervollen Hörsaal drängten. Wenn er über Themen wie »Politiken der Freundschaft« oder »Fragen der Verantwortung« las, war sein Pult stets von einer Batterie von Tonbandgeräten umgeben, die jedes seiner Worte aufzeichneten. Sein Werk ist in vierzig Sprachen übersetzt. Er hatte Gastprofessuren und hielt Vorträge in aller Herren Länder, bekam von fünfundzwanzig Universitäten die Ehrendoktorwürde verliehen und gab zahlreiche Interviews zu Fragen der Philosophie und des Zeitgeschehens. Es gibt sogar zwei Filme über ihn, die, des Publikumsinteresses sicher, neben dem Philosophen auch den Privatmann Derrida und seine Biografie in Szene setzen.

Diese Publizität ist für einen Philosophen, selbst für einen so schreibfreudigen wie Jacques Derrida, ungewöhnlich. Einerseits sind die Zeiten, in denen die Philosophie im öffentlichen Bewusstsein die Rolle einer Leitwissenschaft spielte, vorbei – Antworten auf ›letzte Fragen‹ erhofft man sich heute eher von den Bio- oder Neurowissenschaften. Andererseits steht die Popularität Derridas in umgekehrtem Verhältnis zum Schwierigkeitsgrad seiner Texte. Zwar wurde »Dekonstruktion« in den 1980er und 1990er Jahren zum modischen Theorielabel, jedoch gab es nur wenige, die die darunter befassten Texte wirklich lasen. In gewisser Weise war die mediale Aufmerksamkeit der Rezeption seiner Texte sogar hinderlich, gab sie doch, besonders in Deutschland und in Amerika, immer wieder Anlass, den Autor als modischen Scharlatan, seine Sache als rhetorisches Blendwerk abzutun – und sich so die eigene Lektüre gleich ganz zu sparen.

Diese Einführung hat dagegen nicht die Absicht, die Lektüre der Texte Derridas zu ersparen oder zu ersetzen. Eine solche Absicht wäre aus mindestens zwei Gründen verfehlt: Zum einen ist das Korpus der Texte, die unter diesem Autornamen – Jacques Derrida – erschienen sind, zu umfangreich, um in einer Einführung in extenso dargestellt, kommentiert oder gar zusammengefasst zu werden. Es umfasst, je nach Zählung, zwischen fünfundzwanzig und vierzig Bücher, mehrere Sammlungen von Essays und unzählige Einzelpublikationen – von den Tausenden Seiten des Nachlasses, die noch unpubliziert im Critical Theory Archive der University of California in Irvine liegen, ganz zu schweigen (die ersten beiden nachgelassenen Seminarbände sind unter dem Titel La bête et le souverain 2008 und 2010 bei Galilée in Paris erschienen). Zum anderen verbietet sich ein solches synoptisches Verfahren hier aber auch aus Gründen, die bereits mit der ›Sache selbst‹ zu tun haben. Wer einmal durch die Schule des Lesens gegangen ist, die die Dekonstruktion zumindest auch, wenn nicht sogar vor allem anderen ist, kann nicht mehr meinen, dass die Lektüre eines Textes sich durch die Lektüre seines Kommentars, wie immer kenntnisreich, gelehrt und durch die Autorität akademischer Weihen abgesichert er sei, ersetzen ließe. Die klassische Figur des Kommentars – noch einmal zu sagen, was der Autor schon gesagt oder gemeint hat, nur womöglich kürzer, systematischer, klarer – ist ›nach Derrida‹ nicht mehr haltbar, es sei denn um den Preis der Verkennung dessen, wovon er, der Kommentar, zu sprechen vorgibt (vgl. dazu unten S. 77f.).

Diese Einführung hat daher auch nicht die Absicht, andere Einführungen zu ersetzen, die ihre eigenen Rechte und Verdienste haben. Sie versucht stattdessen, der Leserin/dem Leser einen eigenständigen Zugang zu Derridas Werk zu ermöglichen, indem sie die Zugänge nachzeichnet, die die Verfasserin selbst über die Jahre zu diesen Texten gefunden hat. Diese Zugänge werden immer bestimmte unter anderen möglichen gewesen sein, Spuren einer Lektüre, die von den Zufällen einer akademischen und persönlichen Geschichte gezeichnet bleibt. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, wenn Lesen heißt, eine »signifikante Struktur« zu erstellen, »die von der Lektüre erst produziert werden muß« (G 273; vgl. dazu unten S. 64f.).

Gleichwohl ist dieses kleine Buch nicht ohne Rücksicht auf jene geschrieben, für die es bestimmt ist. Das sind in erster Linie Studierende der Humanwissenschaften, darüber hinaus aber auch alle philosophisch und politisch Interessierten innerhalb und außerhalb der Akademie, die ›Einstiegshilfen‹ brauchen – Begriffserklärungen, die Erläuterung von Voraussetzungen und das Aufzeigen von geschichtlichen und thematischen Zusammenhängen, die nicht auf der Hand liegen. In diesem Sinne versucht es, zwischen dem Feststellen und Beschreiben von »Meinungen« einerseits und dem ›Durchsprechen‹ des Gesagten andererseits die Waage zu halten.

Das ›Durchsprechen‹ – in diesem Fall (und vielleicht immer) eher ein ›Durchschreiben‹ oder ein ›Durcharbeiten‹ im Sinne Freuds – ist, gemäß einer Einsicht Jacques Derridas, eine Form des Erbens, das heißt eine Form der Aneignung und Weitergabe von Überliefertem. Seinem Ruf als ›Nihilist‹ und ›Traditionszerstörer‹ zum Trotz hat niemand so oft wie Derrida betont, dass wir Erben sind, Erben einer philosophischen und politischen Tradition, für die wir die Verantwortung zu übernehmen haben. Dieses Erbe ist jedoch niemals einfach lesbar, es ist heterogen, in sich widersprüchlich und zerklüftet. »Ein Erbe versammelt sich niemals«, heißt es in Marx’ Gespenster von 1993,

»es ist niemals eins mit sich selbst. Seine vorgebliche Einheit, wenn es sie gibt, kann nur in der Verfügung bestehen, zu reaffirmieren, indem man wählt. Man muß, das heißt: Man muß filtern, sieben, kritisieren, man muß aussuchen unter den verschiedenen Möglichkeiten, die derselben Verfügung innewohnen. […] Wenn die Lesbarkeit eines Vermächtnisses einfach gegeben wäre, natürlich, transparent, eindeutig, wenn sie nicht nach Interpretation verlangen und diese gleichzeitig herausfordern würde, dann gäbe es niemals etwas zu erben. [Hervorhebung S. L.] Man würde vom Erbe affiziert wie von einer Ursache – natürlich oder genetisch. Man erbt immer ein Geheimnis – ›Lies mich!‹ sagt es, ›Wirst du jemals dazu imstande sein?‹« (MG 36)

Das gilt auch für das Erbe Derridas, ein immenses Korpus von Texten, die sich der Einheit des Buchs (oder dem Buch als Einheit, als ›Werk‹) nicht fügen. Themen werden exponiert, variiert, fallen gelassen, um an anderer Stelle, in einem anderen Vortrag oder Buch wieder aufzutauchen und erneut bearbeitet, verwandelt, weitergedacht zu werden. Ein Buch entsteht aus der Fußnote eines ›anderen‹ Textes oder wird zur Vorrede eines Buches, das erst noch zu schreiben wäre. Dieses Experimentieren mit Textformen ›hat‹ insofern ›Methode‹, als es den philosophischen Begriff der Methode als ein schrittweise deduzierendes Vorgehen zur Erkenntnis der Wahrheit auf aktive Weise negiert (aus Gründen, über die zu sprechen sein wird). Derridas Werk ist kein System von Thesen, das sich gemäß der Logik einer Entwicklung von A nach B rekonstruieren ließe. Es gleicht mehr einem offenen Netz von Verweisungen, einem »Gewebe von Spuren« (SD 443), einem Schreib- und Denk-Raum, in dem Lektüren sich überlagern, Motive einander antworten, Linien der Interpretation sich treffen, ihre Richtung ändern und wieder auseinanderlaufen. Dieser Schreib- und Denk-Raum ist in gewisser Weise der Raum der Tradition selbst, als dessen Erbe Derrida sich verstand und in den er sich einschrieb, und zwar in erster Linie als Leser. Mit Derrida wird Lesen (Lesen als Erben und Erben als transformierende Weitergabe) zur philosophischen Praxis schlechthin. Es ist daher ein wesentliches Ziel dieser Einführung, zu klären, was Lesen, im dekonstruktiven Sinn des Wortes, heißt. Es liegt in der Natur der Sache (sofern die Verfasserin ihr folgt), dass dies wiederum nur lesend geschehen kann. Auch aus diesem Grund wird im Folgenden der exemplarischen Lektüre von Texten vor dem Versuch einer Gesamtdarstellung (dem Schreiben über … oder dem »Beschreiben von Meinungen«) der Vorzug gegeben. Ein Kompromiss mit der klassischen Form der Einführung ist freilich insofern angestrebt, als die Chronologie gewahrt bleibt: Nach einem einführenden Kapitel zu den philosophiegeschichtlichen Voraussetzungen der Dekonstruktion orientieren sich die folgenden Lektüren weitgehend an der Reihenfolge, in der Derridas Texte geschrieben wurden bzw. erschienen sind. Auf diese Weise lässt sich trotz allem eine gewisse Abfolge von Themen oder eine Verlagerung der Aufmerksamkeit erkennen: Geht es in den Texten bis in die 1980er Jahre hinein vorwiegend um die Begriffe des Zeichens, der Schrift, des Textes, der Differenz und deren Verschiebung im Interesse einer Dekonstruktion der Metaphysik der Präsenz, so wenden sich die Texte der späten 1980er Jahre bis zu Derridas Tod verstärkt ethischen und politischen Fragestellungen zu. Damit verbunden ist das Insistieren auf selbst nicht dekonstruierbaren Voraussetzungen der Dekonstruktion (vgl. dazu Kap. 3). Dass und warum das eine vom anderen – die Sprachkritik von der Ethik, die Dekonstruktion der Ontologie vom Denken einer ›kommenden Demokratie‹ – dennoch nicht zu trennen ist, wird uns beschäftigen.

Ein Wort zu dem, was auf den folgenden Seiten nicht behandelt wird. Von Derridas ›großen‹ Büchern sind das vor allem Glas: Totenglocke (1974), Derridas große Auseinandersetzung mit Hegel und Jean Genet, Die Wahrheit in der Malerei (1978) und Berühren, Jean-Luc Nancy (2000), beides Beiträge zur (Kritik der) philosophischen Ästhetik und zum Denken der Leiblichkeit. Auch Derridas Auseinandersetzung mit Husserl, dem seine ersten Publikationen galten, wird nur gestreift. Das Verhältnis von Dekonstruktion und Psychoanalyse hätte ebenso ein eigenes Kapitel verdient wie das von Dekonstruktion und Literatur – auf die Bedeutung beider für die Positionierung der Dekonstruktion in der zeitgenössischen Theorielandschaft wird indes an verschiedenen Stellen eingegangen. Verantwortlich für die Auslassungen ist zum einen die Beschränkung des Platzes im Format einer Einführung, zum anderen sind es persönliche Wertungen, denen manches wichtiger schien als anderes. Unter den verschiedenen Möglichkeiten, die Derridas Verfügung innewohnen, habe ich jene bevorzugt, die mir eher als andere geeignet scheinen, über die Grenzen der Akademie hinaus weiterzuwirken – verändernd in unser Denken und Handeln einzugreifen. Ich folge damit Derridas eigener Positionsbestimmung der Dekonstruktion,

»die im Sinne ihrer eigenen Konsequenz nicht in rein spekulativen, theoretischen und akademischen Diskursen eingeschlossen bleiben möchte und die […] den Anspruch erhebt, Folgen zu haben, die Dinge zu ändern und auf eine Weise einzugreifen, die wirksam und verantwortlich ist, mag sie auch zugleich sehr vermittelt sein: einzugreifen nicht nur im beruflichen Bereich, sondern ebenfalls in dem, was man den bürgerlichen, städtischen Raum [cité], die polis und allgemeiner noch die Welt nennt« (GK 18f.; vgl. dazu unten S. 99f.).

Ob dies, nach dem Tod des Autors, noch möglich sein wird, hängt in erster Linie von der Bereitschaft der Überlebenden und Nachgeborenen ab, Derrida zu beerben, seine Schriften zu lesen, sie durchzuarbeiten, sie zu kritisieren, sein Erbe zu reaffirmieren, indem man wählt. Auch wenn diese Lektüre und diese Wahl letztendlich von jedem selbst geleistet werden müssen, kann eine Einführung doch dabei helfen, den ›eigenen Weg‹ zu finden. Das ist nicht leicht, besonders in Deutschland, wo im universitären Bereich weder der Poststrukturalismus noch der Strukturalismus noch die Psychoanalyse jemals gründlich rezipiert worden sind. Die Linguisten lesen alles, bloß nicht Saussure, die Psychologen lesen alles, bloß nicht Freud, und die Philosophen vom Fach haben (unter anderem deswegen) mit Derrida, nebst einigen anderen, noch nie viel anfangen können. In dieser Hinsicht hat sich seit meiner Studienzeit in den 1980er Jahren nicht viel geändert, wird der Medienrummel um den öffentlichen Intellektuellen Derrida nach wie vor von einer eigentümlichen Taubheit für und Widerständigkeit gegen das konterkariert, worum es ihm ging. Es ist meine eigene Interpretation, wenn ich dieses ›Worumwillen‹ der Dekonstruktion als den Versuch beschreibe, eine verantwortliche Form des Philosophierens ›nach Auschwitz‹ zu finden. Derrida sagt dies explizit nirgendwo (es sei denn, es stünde irgendwo in den nachgelassenen Papieren), ebenso wenig, wie er sich je anders als passager auf Adorno bezog (auch das, verlässlicher Auskunft zufolge, hauptsächlich in den späten, noch unveröffentlichten Seminaren). Die Unterschiede zwischen Adorno und Derrida sind erheblich – um es in aller Kürze zu sagen: Für Adorno ist das ›Nichtidentische‹ eine unerlöste oder unversöhnte Form der Identität, für Derrida ist es, unter dem Namen der différance, eine ebenso unaufhebbare wie zu affirmierende Form der Selbst-Affektion –, dennoch besteht eine nicht akzidentelle Form der Verwandtschaft zwischen Kritischer Theorie und Dekonstruktion in der Absicht, aus den (europäischen) Katastrophen des 20. Jahrhunderts die Konsequenzen zu ziehen, auch dieses Erbe anzutreten, gerade dieses Erbe. Im Hinblick auf eine Zukunft, in der nichts Ähnliches sich wiederhole.

Es steht uns nicht frei, diese Verantwortung zurückzuweisen, ja mehr noch: Wir sind, wie Derrida sagt, an Vergangenheit und Zukunft verantwortet, ob wir es wollen und wissen oder nicht. Es ist diese Verantwortetheit, die uns lesen macht.

Wir müssen damit irgendwo, wo immer wir sind, beginnen. Irgendwo, wo immer wir sind: schon in einem Text, in dem wir zu sein glauben: zum Beispiel hier.

Chicago, im November 2010

1. Zugang: Generationen, Genealogien, Übersetzungen und Kontexte

1.1Von der »Generation der drei H« zu den »drei Meistern des Verdachts«

Jacques Derrida wurde am 15. Juli 1930 in El-Biar in der Nähe von Algier geboren. Seine Eltern waren assimilierte sephardische Juden, was die Frage der Zugehörigkeit gleich mehrfach in sein Leben einschrieb. Aufgewachsen als Franzose unter Arabern und als Jude unter maghrebinischen Muslimen, kam er erst mit 22 Jahren, kurz vor dem Beginn des algerischen Unabhängigkeitskrieges, nach Paris, wo er als Algerienfranzose (»pied-noir«, »Schwarzfuß«, lautet die umgangssprachliche französische Bezeichnung) ebenfalls nicht zum Establishment gehörte. Selbst als er es bereits zu Weltruhm gebracht hatte, blieb seine Stellung im französischen Universitätsbetrieb vergleichsweise bescheiden, auch wenn das später mehr mit seinen kontroversen philosophischen Thesen als mit seiner Herkunft zu tun hatte. Auch seine Zugehörigkeit zum Judentum hatte er, der weder Hebräisch sprach noch je eine Talmudschule besuchte, bis zu seiner Übersiedlung nach Paris vorwiegend als antisemitische Zuschreibung erfahren: Während des Vichy-Regimes hatten die algerischen Juden zeitweise ihre französische Staatsbürgerschaft verloren, und die jüdischen Kinder, auch Derrida, waren der Schule verwiesen worden (Erklärung eines Schulleiters im Klassenzimmer: »Die französische Kultur ist nicht für kleine Juden gemacht.«2) Es ist vielleicht kein unzulässiger Biografismus, in dieser komplexen Herkunft eine wichtige Triebfeder von Derridas Denken zu sehen, das sich in einer ersten, sehr pauschalen Annäherung als ein Denken der Differenz in allen ihren Formen bezeichnen lässt.

Die Pariser philosophische Szene, die Derrida 1952 zuerst als Student an der École Normale Supérieure (wo er von 1965 bis 1984 auch lehrte) betrat, war in den 1950er Jahren noch durch die sogenannte »Generation der drei H« geprägt, das heißt durch die französischen Schüler und Interpreten Hegels, Husserls und Heideggers. Die in Frankreich dominierenden philosophischen Richtungen waren zu jener Zeit der Existenzialismus (Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus), die französische Phänomenologie (Maurice Merleau-Ponty, Emmanuel Levinas, Paul Ricœur) und der Strukturalismus (die strukturale Anthropologie Claude Lévi-Strauss’ und die strukturale Psychoanalyse Jacques Lacans). Politisch war die Situation durch den Algerienkrieg und die Auseinandersetzung mit dem stalinistischen Kommunismus geprägt. In den 1950er und 1960er Jahren vollzog sich dann der Übergang von der »Generation der drei H« zu jener der »drei Meister des Verdachts«: Marx, Nietzsche, Freud; damit verbunden ist die Entstehung des sogenannten Poststrukturalismus, dem neben Michel Foucault, Gilles Deleuze, Jean Baudrillard, Jean-François Lyotard und anderen auch Jacques Derrida zugerechnet wird (auch hier sind die Zugehörigkeiten freilich so einfach nicht: Man kann zögern, Paul Ricœur als Phänomenologen zu bezeichnen, und Lacan ist sicher ebenso sehr ›Poststrukturalist‹ wie ›Strukturalist‹ – oder keines von beiden. Roland Barthes dagegen, der sich in den einschlägigen Lexika unter die Poststrukturalisten gezählt findet, hat sich selbst stets als Strukturalisten verstanden, und manche der für Derrida und seine Generation wichtigen Lehrer und Weggenossen, wie beispielsweise Maurice Blanchot, sind in dieser Einteilung gar nicht unterzubringen).

Auffällig an den Dreigestirnen, nach denen die französische Philosophie ihre Generationen zählt, ist wohl zuerst einmal, dass es sich ausschließlich um deutschsprachige Denker handelt. Das heißt jedoch keineswegs, dass die französische Philosophie des 20. Jahrhunderts unoriginell oder unselbständig gewesen wäre. Vielmehr verhält es sich so, dass die wichtigsten Konsequenzen aus den großen philosophischen Entwürfen der Moderne (ob es sich nun um Hegels Phänomenologie des Geistes, Nietzsches »Umwertung aller Werte«, Heideggers Fundamentalontologie oder Freuds Metapsychologie handelt) im Wesentlichen in Frankreich gezogen worden sind. Ein gewisses radikales Denken der Moderne, das in Deutschland begann und durch den Nationalsozialismus nachhaltig unterbrochen wurde, wird nach dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich aufgenommen und bis in seine ›postmodernen‹ Konsequenzen zu Ende gedacht. Die deutsche Nachkriegsphilosophie hat dagegen an Richtungen von vergleichbarem Format allenfalls die an Hegel und Marx anschließende Kritische Theorie der Frankfurter Schule hervorgebracht, bevor Mitte der 1980er Jahre die von jenseits des Rheins zurückkommenden Nietzsche-, Heidegger- und Freud-Lektüren auch die deutsche Landschaft zu verändern begannen.

Für den Prozess der produktiven Aneignung der deutschen ›Dreigestirne‹ in Frankreich ist ferner nicht unerheblich, dass die wichtigsten Texte zum Teil schwer zugänglich waren; sei es, dass sie erst spät übersetzt wurden (die erste Übersetzung der Phänomenologie des Geistes erschien in Frankreich erst 1947; die erste vollständige Übersetzung von Sein und Zeit gar erst in den 1980er Jahren), sei es, dass sie überhaupt noch nicht publiziert waren wie zum Beispiel viele Texte Husserls. Statt mit fertigen und von den Autoritäten der akademischen Interpretation bereits besetzten Texten hatte man es mit einem Steinbruch von Fragmenten, Teilübersetzungen und zirkulierenden Manuskripten oder mit deutschen Originalen zu tun, in deren je und je stattfindende Übersetzung sich die Differenz der Sprachen und der Kulturen unweigerlich einschrieb.

Derridas Weg durch diese vielfältige intellektuelle und politische Landschaft verlief nicht einlinig und war in den ersten Pariser Jahren wohl auch durch tiefgreifende persönliche Krisen geprägt. Fest stand wohl von Anfang an nur die Ablehnung des Sartre’schen Existenzialismus, von dem sich auch Heidegger in seinem 1946 an den französischen Philosophen und Germanisten Jean Beaufret gerichteten Brief über den Humanismus abgesetzt hatte. Dieser Brief ist für die französische Diskussion ein entscheidendes Datum, weil er nicht nur eine Selbstinterpretation Heideggers enthält (die Darstellung seiner sogenannten Kehre in den 1930er Jahren), sondern auch, unmittelbar ›nach Auschwitz‹, die Diskussion über den Humanismus einleitete. Ob sich diesem Wort nach dem, was geschehen war, noch ein neuer Sinn geben ließe, hatte Jean Beaufret Heidegger gefragt. Heidegger antwortete mit einer umfassenden Kritik des Humanismus, insofern dieser seinem Wesen nach metaphysisch sei und daher das ›Wesen‹ des Menschen gerade verfehle. Diese Kritik war zumindest auch gegen Sartre gerichtet, der in seiner ein Jahr zuvor erschienenen Streitschrift Ist der Existentialismus ein Humanismus? die selbstgestellte Frage eindeutig bejaht hatte. Die seither ebenso populär gewordene wie immer noch gründlich missverstandene Rede vom »Ende des Menschen« oder vom »Tod des Subjekts« (meist wird sie Foucault zugeschrieben) geht letztlich auf diese Debatte zurück. Sie hat sehr dazu beigetragen, den französischen Poststrukturalismus in Deutschland als antihumanistisch oder gar als inhuman (aufklärungsfeindlich, irrationalistisch) zu diskreditieren. Diese Einführung soll unter anderem dazu beitragen, diese Vorurteile, zumindest was Derrida betrifft, zu entkräften. Sie gehen zum großen Teil auf ungenaue Lektüren zurück – wenn sie nicht überhaupt der Vorwand waren, die Arbeit des Lesens gar nicht erst auf sich zu nehmen. In einem sehr genau auf den April 1968 datierten Vortragstext mit dem Titel Fines Hominis (RP 133-157) hat Derrida sich vor dem Hintergrund der Pariser Studentenunruhen, der soeben scheiternden Friedensverhandlungen in Vietnam und des Mordes an Martin Luther King (in einer ›Engführung‹ von Philosophie und Politik also) mit der Humanismus-Debatte auseinandergesetzt und sich sowohl von Sartre als auch von Heidegger distanziert. Dieser Text ist auch geeignet, ein anderes Vorurteil zu entkräften, das Derrida ebenso oft getroffen hat, nämlich dass die Dekonstruktion »ästhetizistisch« und daher unpolitisch sei. Nichts könnte falscher sein – wir kommen darauf zurück.

Derridas erste Veröffentlichungen galten allerdings nicht Heidegger, sondern Husserl (der auch Heideggers Lehrer gewesen war). Seine Dissertation (1954) widmete sich dem Problem der Genese in der Philosophie Husserls; er übersetzte die Beilage III zu Husserls Spätschrift Die Krise der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie und versah sie mit einer Einleitung, die um vieles länger war als der übersetzte Text (in Frankreich 1963 erschienen unter dem Titel Edmund Husserl, L’Origine de la géométrie. Übersetzt und eingeleitet von Jacques Derrida), und 1967, zeitgleich mit seinem wohl nach wie vor berühmtesten Buch, der Grammatologie, erschien Die Stimme und das Phänomen. Ein Essay über das Problem des Zeichens in der Philosophie Husserls. Zu erwähnen sind weiterhin die beiden Aufsätze ›Genesis und Struktur‹ und die Phänomenologie (SD 236-258) und Die Form und das Bedeuten: Bemerkungen zur Phänomenologie der Sprache (RP 177-194). Besonders Die Stimme und das Phänomen formuliert dabei bereits jene Kritik des Phonozentrismus, des Logozentrismus und der Präsenz, die in der Grammatologie entfaltet und der dort eine ›Wissenschaft der Schrift‹ entgegengesetzt wird.

In diesem Einleitungskapitel soll es aber nicht um Husserl, sondern um Heidegger, Nietzsche und Freud als jene drei Autoren gehen, die Derrida auch in methodischer Hinsicht beerbt (während er sich von Husserl später ganz abwandte und von den phänomenologischen Autoren insgesamt nur Emmanuel Levinas zeitlebens für ihn wichtig geblieben ist).3 Dazu kommen Strukturalismus und linguistic turn als unmittelbare Voraussetzungen der poststrukturalistischen Kritik des Zeichens. Diese Auswahl ist nicht willkürlich, aber es ist eine Auswahl. Sie erlaubt es, in (notwendigerweise) äußerst knappen Zügen den Denkhorizont zu umreißen, in dem die Dekonstruktion sowohl als philosophisches Projekt wie auch als Praxis der Lektüre steht. Innerhalb dieses Horizonts vollzieht sich in der zweiten Hälfte des 19. und ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Paradigmenwechsel, der sich mit knappen Schlagworten als Wechsel vom Denken der Identität zum Denken der Differenz, vom Denken des Selben zum Denken des Anderen, vom Primat des Bewusstseins zum Primat der Sprache kennzeichnen lässt. Er vollzieht sich in Form einer radikalen Selbstkritik der philosophischen Tradition, für die die vielfältige Rede vom »Ende« – vom Ende der Kunst und der Geschichte (Hegel), vom Ende der Philosophie (Heidegger), vom Ende des Menschen (Nietzsche, Heidegger), vom Tod Gottes (Nietzsche), des Subjekts (Foucault) und des Autors (Roland Barthes) – symptomatisch ist. Der Bruch liegt zwischen Hegel als dem letzten Systemphilosophen, für den das Ende der Geschichte noch gleichbedeutend mit ihrer Vollendung ist, und Nietzsche als dem ersten Diagnostiker der »Heraufkunft des Nihilismus«.

Seit Nietzsche erscheint die philosophische Tradition, die mit Platon und Aristoteles begann, nicht mehr als eine Geschichte des Fortschritts auf dem Weg zu einem endgültigen System der Wissenschaften und der Erkenntnis, sondern als ein problematisches Erbe, dessen ontologischer und erkenntnistheoretischer Wert in Frage zu stellen ist. Entwertung der obersten Werte (Nietzsche), Krise des Geistes (Valéry), Sprachkrise, Krisis der europäischen Wissenschaften (Husserl), Untergang des Abendlandes (Spengler) – diese Schlagworte häufen sich um und nach 1900. Die Gründe für dieses gesteigerte Krisenbewusstsein sind zu vielfältig, um hier thematisiert zu werden – politische Entwicklungen, Kriege (vor allem der Erste Weltkrieg), Wirtschaftskrisen und die Entstehung der modernen Massengesellschaften spielen dabei eine ebenso große Rolle wie die unter anderen von Max Weber diagnostizierte zunehmende Rationalisierung und »Entzauberung« der Welt. Wir müssen uns auf einige für Derrida besonders relevante Aspekte jener Selbstkritik des philosophischen Denkens beschränken.

1.2Die »Destruktion der Geschichte der Ontologie« und das Dasein als »Zwischen« (Heidegger)

Eine erste Annäherung an das Verhältnis der Dekonstruktion zur philosophischen Tradition bietet das Wort »Dekonstruktion« selbst, das Derrida zuerst in dem Buch verwendet hat, das ihn berühmt machte: Grammatologie (vgl. dazu Kap. 2). Das Wort déconstruction habe in der französischen Sprache schon vorher existiert, sagt Derrida, sei aber ungebräuchlich gewesen. Es habe ihm zuerst dazu gedient, zwei andere Begriffe zu übersetzen, nämlich zum einen Heideggers programmatische Formel von der »Destruktion« der Geschichte der Ontologie, und zum anderen Freuds Begriff der »Dissoziation«. Damit beruft sich Derrida auf zwei sehr unterschiedliche Vorgänger, deren Konzepte das Wort »Dekonstruktion« gleichzeitig bündelt und interpretiert. Beginnen wir mit dem Erstgenannten.

Heidegger hatte in Sein und Zeit (1926) von der »Destruktion der Geschichte der Ontologie« als einer »Aufgabe« gesprochen, da die Ontologie (aus dem Griechischen ὂV / on – »seiend« als Partizip Präsens zu εἷναι / einai – »sein«, und λόγος / logos – »Lehre«, »Wort«) seit Aristoteles als Lehre vom Seienden verstanden worden sei und somit die Frage nach dem Sinn von Sein wesentlich verfehlt und verdeckt habe. Bei Aristoteles heißt die Ontologie noch »Erste Philosophie« (πρώτη φιλοσοφία – protē philosophia) oder auch »Theologische Wissenschaft« (ἐπιστήμη – epistēmē theologikē), später bekam sie den Namen »allgemeine Metaphysik«, und er definiert sie folgendermaßen:

»Es gibt eine Wissenschaft, welche das Seiende als Seiendes untersucht und das demselben an sich Zukommende. Diese Wissenschaft ist mit keiner der einzelnen Wissenschaften identisch; denn keine der übrigen Wissenschaften handelt allgemein vom Seienden als Seienden, sondern sie grenzen sich einen Teil des Seienden ab und untersuchen die für diesen sich ergebenden Bestimmungen, wie z.B. die mathematischen Wissenschaften. Indem wir nun die Prinzipien und höchsten Ursachen suchen, ist offenbar, daß diese notwendig Ursachen einer gewissen Natur an sich sein müssen.«4

Ontologie oder Metaphysik ist also die allgemeinste Wissenschaft; sie untersucht nicht diesen oder jenen bestimmten Bereich des Seienden (wie etwa Biologie oder Physik dies tun, oder, in neueren Zeiten, Psychologie oder Soziologie), sondern sie untersucht diejenigen Bestimmungen, die allem Seienden zukommen, insofern es ist. Dazu gehören bei Aristoteles beispielsweise Substanz, Quantität, Qualität, Relation, Ort, Zeit, Lage, Tun und Erleiden (die sogenannten Kategorien oder, auf Lateinisch, Prädikamente). Das Sein selbst ist jedoch bei Aristoteles und in der ganzen auf ihn aufbauenden Tradition keine solche Kategorie, da der Begriff der bloßen Existenz eines Gegenstands ihrer Überzeugung zufolge leer ist. Er bringt zu einem Gegenstand nichts Zusätzliches hinzu. Was immer wir uns vorstellen, stellen wir bereits als existierend vor. So ist das Sein zwar im Seienden impliziert, aber es lässt sich von ihm nicht abtrennen. Im Sprachgebrauch ist es lediglich die Kopula (das ›Band‹) des Urteils, dasjenige, was das Subjekt eines Satzes mit seinem Prädikat verbindet. Wenn ich etwa sage »Der Himmel ist blau«, »Sokrates ist ein Mensch« oder »Dekonstruktion istist