Hans Jürgen Hengsbach

Querrisse

Gedanken, Gedichte, Geschichten

Kapitel 1:

Gedanken / Gedichte

Kapitel 2:

„A-Z – Alphabet der Tiere und anderer Menschen“

Kapitel 3:

Geschichten

Kapitel 1

Gedanken / Gedichte

 

Sonne

Kleines Gedicht

Schneefall

Die Wolke

Regenbogen

Glückswandel

Progressive Regression

Flüchtige Konzentration

Perspektivisch

Schlimm

Uhr-Zeiten

Verprasst

Verschiebungen

Der Kaktus

Altersschwachsinnig

Gedanken

Muss wohl

Splitter eines Schreis

Gedankenfluss

Wir grillen

KonFuTse sagte (es zwar nicht, aber es hätte sein können)

Buchstaben-Bilder

 

 

Sonne

Der Kälteeinbruch kommt zu spät,

wenn die Hitze einen hat bereits verdorren lassen.

Wärme ist nur dann hilfreich,

wenn man nicht zuvor erfroren ist.

Der Regenschauer ist sinnlos,

wenn man kein Wasser mehr aufnehmen kann.

Die Trockenperiode bringt nur dem etwas,

der nicht bereits ertrunken ist.

Die frische Brise bleibt ungenutzt,

wenn das Segel in Fetzen hängt.

Die Windstille ist überfällig,

wenn man bereits vom Sturm mitgerissen wurde.

Der Sonnenschein nutzt nicht viel,

wenn man nicht selbst etwas Sonne im Herzen hat.

 

Kleines Gedicht

Mein Kopf ist leer,

doch mein Herz ist voll.

Ich sitze hier und weiß nicht,

was ich schreiben soll.

Ich wünsche mir, Du denkst an mich.

Ich denk nur eins,

ich denk –

ich liebe Dich!

 

Schneefall

Ein Wintertag mit frostigen Temperaturen….

Die vor Kälte scheinbar geschrumpfte Sonne hängt am stahlblauen Himmel, der sich aber mehr und mehr in Grau verwandelt und die Sonne zu einer unscheinbaren Kugel werden lässt.

Das Grau wird dichter, öffnet sich und gibt die erste kleine Flocke frei.

Langsam und zögernd fällt sie dem Erdboden entgegen. Der Fall verläuft in geschwungenen Bahnen, so als würde sie sich umsehen, wo ihre Artgenossen bleiben.

Sie lassen nicht lange auf sich warten und der Himmel wird weiß.

Die Konturen verschwinden.

Farben werden blass, grau, weiß.

Schmutz wird verdeckt, unsichtbar und vermeintlich sauber.

Der Horizont kommt näher, schrumpft und verschwindet schließlich.

Die Welt wird unwirklich.

Mensch und Technik klein und hilflos.

Die Natur zeigt für einige Zeit ihre wahre Stärke.

 

Die Wolke

Ein Ansichtskartensommertag…

Türkisgrünblaues Wasser mit weißen Gischtwellenbergen, vanillesahneweißer Strand mit farbenfroh gekleideten braungebrannten Menschen.

Fröhliches Kindergejohle mischt sich mit dem Säuseln der Meeresbrise.

Am Himmel sieht man ein makelloses Blau in Blau.

Mit einem Lächeln im Gesicht schweift der Blick umher.

Was ist das dort in der Ferne?

Am Horizont ist ein heller Fleck am Firmament zu entdecken. Eine kleine Wolke nimmt Besitz von der Freiheit der unbegrenzten Bläue.

Bei manchen Sonnenanbetern, die die Wolke entdecken, erscheinen missmutige Schatten auf den Gesichtern.

Noch ist die Wolke klein, weiß und zeugt von schönem Wetter. Doch ist bei genauerer Betrachtung nicht ein stetes Wachstum zu erkennen.

Und dort am Rand…. sind dort nicht die ersten grauen Tönungen zu entdecken?

Für die Missmutigen ist nur noch die bedrohliche Wolke zu sehen.

Das Blau des Sommerhimmels wird zusehends verschluckt.

Die Temperaturen fallen und der Regen wird womöglich nicht lange auf sich warten lassen. Die Freude ist getrübt.

Ein paar wenige sehen die Wolke mit Vorfreude.

Wenn sie wächst und sich vor die Sonne schiebt, wird sie Schatten und Labsal schenken.

Die Farben des Himmel, des Meeres und des Strandes werden andere Farbnuancen annehmen. Die Atmosphäre wird eine andere sein.

Vielleicht wird sie sich sogar zur Regenwolke wandeln und ein kühles, belebendes Nass spenden, für die Pflanzen und die Tierwelt. Und es wird sogar ein paar Menschen geben, die sich daran erfreuen.

Manche bauen Schlösser auf den Wolken, manche ihr ganzen Leben, manche sehen pastellfarbene, andere sehen Wolken gar nicht mehr bewusst.

Wie die Menschen, wie deren Ansichten, wie das Leben als solches… selbst die Wolke kann und sollte aus allen denkbaren Perspektiven betrachtet werden.

 

Regenbogen

Ich hatte mal die wahre Liebe.

Ganz sicher bin ich mir allerdings nicht –

da mir Vergleichsmöglichkeiten fehlen.

In ihrer Gegenwart war das Glück wohl vollkommen.

Aber was ist schon vollkommen?

Und Glück ist etwas mit dem ich nicht vertraut bin.

Ein wunderbares Geben und Nehmen von

Körperlichkeit, Emotionalität und Zärtlichkeit…

soweit es meine Kopflastigkeit zulässt.

Sie offenbarte mir neue Welten und Dinge,

von deren Existenz ich zuvor keinerlei Vorstellung hatte.

Doch wie konnte ich mich dort zurechtfinden, wenn mir selbst

meine eigene Welt fremd ist?

Sie schenkte mir einen Regenbogen.

Ich bedankte mich und nahm ihn voller Freude an.

Aber ich wusste nicht so recht was ich mit ihm anfangen sollte.

So verblasste der Regenbogen allmählich und schließlich verschwand er.

… und so die wahre Liebe.

 

Glückswandel

Glück

Glücksklee

Wiese

Weide

Kuh

Kuh frisst Klee

Kuh verdaut Klee

Kuh entledigt sich der Übrigbleibsel

Fladen

Scheiße

Progressive Regression

Eine Samenzelle setzt zum Sprint an.

Das Kind hat sich verrannt.

Der Jugendliche hat sich verlaufen.

Der Mann hat sich vergangen.

Der Greis hat sich verkrochen.

Eine Leiche steht im Weg.

Flüchtige Konzentration

Meine Konzentrationsfähigkeit heute ist ähnlich ausgeprägt wie die Haltbarkeit von Blättern an Herbstbäumen…

 

Perspektivisch

Oben wird unten,

wenn man sich auf dem Kopf stellt.

Decken werden zu Wänden…

wenn man die Zimmer auf die Seite legt.

Blau wird zu grün und gelb und braun,

wenn ein Hämatom langsam ausheilt.

Tritte werden zu Zukunftsoptionen,

wenn der Tritt der Auslöser zu Eigeninitiative ist.

 

Schlimm

Es ist nicht schlimm, etwas zu tun.

Es ist nicht schlimm, etwas zu unterlassen.

Es ist nicht schlimm, Pech zu haben.

Es ist erst recht nicht schlimm, Glück zu haben.

Es ist nicht schlimm, unglücklich zu sein.

Es ist ganz und gar nicht schlimm, glücklich zu sein.

Es ist nicht schlimm, etwas zu tun, in der Hoffnung glücklich zu bleiben.

Es ist nicht schlimm, etwas zu unterlassen, in der Hoffnung glücklich zu bleiben.

Es ist nicht schlimm, etwas zu tun, in der Hoffnung glücklich zu werden.

Es ist nicht schlimm, etwas zu unterlassen, in der Hoffnung glücklich zu werden.

Schlimm ist es, zu glauben, egal, ob man etwas tut oder unterlässt, es wird einen nicht glücklicher machen.

 

Uhr-Zeiten

Uhren sind nicht gleich Uhren und jede hat ihre eigene Zeit.

Die Rede ist jetzt nicht von der Sonnenuhr,

sie zählt ja abgedroschenerweise die heiteren Stunden nur.

Was soll man damit?

Sitzt man in der Sonne und kann den Lauf des Zeigerschattens verfolgen, braucht man keine Uhrzeit. Diese wird hauptsächlich dann benötigt, wenn es bewölkt, regnerisch oder dunkel ist. Aber insbesondere unterwegs und Sonnenuhren sind zumeist sehr unhandlich.

Ich denke eher an die vielen anderen Zeitmesser digitaler und analoger Art. Erdacht, konstruiert und erbaut von Menschen für Menschen. Aber sobald sie ihren Dienst erfüllen, werden sie beherrscht von der Zeit und durch sie beherrscht die Zeit die Menschen.

Jede Uhr wirkt anders.

Da ist die Sanduhr, durch die die Körner stetig und gemächlich rieseln. Man weiß, dass die Zeit vergeht, aber sie vergeht spielerisch. Dreh die Uhr um und das Spiel beginnt von vorn.

Da ist die digitale Uhr mit Stunden- und Minutenanzeige. Die Zeit scheint still zu stehen und plötzlich, wenn man kaum noch damit rechnet, ist eine Minute vorüber.

Ähnlich, aber in gewisser Weise noch erschreckender ist ihr analoger Bruder ohne Sekundenzeiger…

… zumeist riesengroß und bedrohlich, immer dort zu finden, wo es auf die Minute ankommt.

So auf Bahnhöfen…..man hastet die Treppen zum Bahnsteig

hoch, erblickt die Uhr, der Minutenzeiger springt gerade mit

einer nahezu körperlich spürbaren Erschütterung um

und der Zug fährt davon.…

Auf ankommende Züge haben diese Uhren übrigens keinerlei Einfluss.

Dann gibt es noch die guten alten Analoguhren mit Sekundenzeiger. Jede Sekunde zeigt diese zuverlässig an, nachvollziehbar auch mit geschlossenen Augen. Brav wartet der Minutenzeiger bis der kleine Genosse ihn anstupst und dies gilt vergleichbar dann auch für den Stundenwechsel.

Die Uhren der neuesten Generation sind so hektisch wie die Zeit selbst. Die Sekundenzeiger sind keine mehr, es sind Kontinuitätszeiger geworden, Fleißzeiger, Stressindikatoren!

Selbst innerhalb einer Minute spürt man die eigene Vergänglichkeit, Ruhelosigkeit, Verfall.

Eine Erfindung des Teufels!

Doch defekte Uhren sind auch keine Lösung, zeitlos unveränderlich, still stehend, ohne jede Entwicklung, tot.

Also lass Uhren Uhren sein und nutze die Zeit soweit es geht………

 

Verprasst

Das Universum verprasst Galaxien.

Die Sonne verprasst Energie.

Die Erde verprasst ihre Reserven.

Die Nacht verprasst Dunkelheit.

Der Tag verprasst Licht.

Der Regen verprasst Wasser.

Der Wüstenwind verprasst Sandkörner.

Die Menschheit verprasst ihre Mitglieder.

Manche verprassen Geld, welches sie nicht besitzen.

Der Schwätzer verprasst Worte.

Zögernde verprassen die Zeit.

Übermütige verprassen ihren Mut.

Feiglinge verprassen ihre Chancen.

Ich hab manchmal das Gefühl, mein Leben zu verprassen.

 

Verschiebungen

Sein Leben spielte sich in geregelten Bahnen ab.

Die Positionen waren fest.

Er stand an den Stellen, die für ihn bestimmt waren, in allen Lebenslagen.

Er hatte diese Rollen nicht frei gewählt,

sie waren ihm zugefallen, sie wurden bestimmt,

sie hatten sich ergeben.

In seinem Leben hatte alles seinen festen Platz.

Es gab keine Verschiebungen.

Er bewegt sich von der Stelle.

Das Muster seines Handelns ist unplanmäßig.

Seine Bahnen folgen keinen Regeln.

Er spielt keine Rollen.

Die Starrheit hat sich aufgelöst.

Positionen schwanken.

Er hat seinen festen Platz verloren.

Er ist –

verrückt.

 

Der Kaktus

Unscheinbar sieht er aus…

kein Vergleich zu einer Orchidee…

unantastbar durch seine Stacheln,

vielleicht auch deshalb ein Überlebenskünstler.

Hitze, Kälte, Trockenheit kann er überstehen.

Das macht ihn stark, aber auch zum Einzelgänger.

Klein steht er in der Öde und wartet.

Er wartet auf etwas Wasser, Wärme, Liebe.

Und hat er dann das Glück…

dann blüht er auf und plötzlich strahlt auch er Schönheit aus.

Wasser und Wärme können vergehen.

Doch die Erinnerung an Liebe bleibt bestehen

Und ebenso die Fähigkeit zu blühen.

- Ich bin der Kaktus,

sei Du diejenige, die mich zum Blühen bringt.

 

Altersschwachsinnig

Früher warst du jung, stark und auf der Höhe Deiner geistigen Fähigkeiten.

Du glaubtest, die Welt läge Dir zu Füßen, Du konntest Bäume ausreißen und jedes Problem schien lösbar.

Die Jahre gingen ins Land…. und mit ihnen der Glaube an das Nabel-der-Welt-Sein, die Größe der ausreißbaren Bäume und die Zuversicht, alles zu schaffen.

Manchmal machte sich Panik breit.

…die Angst, anderen nicht mehr zu gefallen, sondern nur noch ein mitleidiges Stirnrunzeln hervorzurufen oder sogar zur Last zu fallen.

…die Angst, aufgrund körperlicher Gebrechen selbst vor Bonsais kapitulieren zu müssen oder sogar bei den einfachsten Dingen auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.

…die Angst, die Anzahl der grauen Zellen und damit Deine intellektuellen Fähigkeiten schrumpfen mehr und mehr oder sogar, dass Dich der Altersschwachsinn zu einer hilflosen Kreatur werden lässt.

Aber ein Blick in den Spiegel und in Dein Inneres zeigt Dir:

Du bist nicht alt.

Du bist nicht schwach.

Du bist reichlich sinnig.

 

Gedanken

Stimmengewirr umgibt mich.

Rauch und Alkoholdunst benebeln mein Gehirn.

Nicht einen klaren Gedanken kann ich fassen.

Viele Menschen um mich herum und doch allein.

Ich habe Dich und ich müsste glücklich sein.

Doch Du bist nicht da und niemals zuvor

war die Einsamkeit so greifbar nah.

Klein ist mein Zimmer, doch ohne Dich

war es viel zu groß für mich.

Meine Bücher, meine Lieder sind mir wichtig,

doch heute erscheinen sie leer und nichtig.

Gesellschaft habe ich gesucht

in der Hoffnung mich zu zerstreuen.

Doch schon bald wurde mir klar

dass das Gesuchte hier nicht zu finden war.

Dich habe ich gesucht und suche Dich.

Gewartet habe ich, das Glück zu finden und zu lieben.

Hätt´ ich nur vorher gewusst, wie grausam Liebe ist.

Vielleicht wäre die Entscheidung anders ausgefallen.

Aber nein, welch ein Gedanke.

Glück ist wohl erst vollkommen, wenn Träume es am Leben halten.

Ständig Sonne bringt den Tod,

ohne Regen wächst nur Not.

Hell und Dunkel, Tag und Nacht.

Es ist der Widerspruch, der das Leben macht.

Solch sonderbare Gedanken beschäftigen mich.

Ein Gedanke überwiegt - ich liebe Dich.

 

Muss wohl

Draußen sitz´ ich und tue scheinbar nichts.

Doch Irrtum - Ich bin beschäftigt wie lang´ nicht mehr.

Eine verlorene Welt entdecke ich neu.

Ich sehe.

Insekten, schöne und weniger schöne, fliegen umher.

Gräser, Laub und Äste bewegen sich im Wind.

Vögel streiten sich um die Leckerbissen der Natur.

Vereinzelte Sonnenstrahlen beteiligen sich an der beruhigenden Unruhe.

Ich rieche.

Der Sommer verströmt seinen reichhaltigen Duft,

selbst die Abgase wirken heut´ nicht fehl am Platz.

Sonne und Regen erfüllen die Luft mit eigenem Aroma.

Frisch gekochter Kaffee rundet alles ab zu ausgefeilter Harmonie.

Ich höre.

Vogelgezwitscher und Hundegebell ringen um die Wette.

Kindliches Gelächter durchdringt Mauern und Wände.

Wie früher unterscheide ich Automarken nach Gehör.

Es gibt kein Geräusch, das nicht dazu gehört.

Was ist bloß los?

Ich hab´ keine neue Brille, die mein Auge so verjüngt.

Die Nase ist so gut und schlecht wie immer.

Auch die Ohren sind die alten; kein Hörgerät, das mir Töne schenkt.

Aber etwas muss das alles doch bewirken?!

Hm, muss wohl an dir liegen;

tja, muss wohl!

 

Splitter eines Schreis

Irgendwo auf der Welt, in einem Hospital unter professioneller Aufsicht, der Geborgenheit eines sicheren Zuhauses mit der Hilfe einer vertrauten Person oder aber im Dschungel des Lebens wird ein Baby geboren. Dessen erstes Tun, als Folge des berühmten ersten Klapses oder spontan als Reaktion auf dem Kampf ums Leben –

ist der Splitter eines Schreis.

Irgendwo auf der Welt, in einem Kinderhort oder einem Spielplatz entdeckt ein Kind die Welt, seine Fähigkeiten und seine Grenzen. Es stellt fest, dass es plötzlich Dinge kann, die am Vortag noch nicht gelangen und jauchzt vor Stolz und Freude – den Splitter eines Schreis.

Und es muss entdecken, dass die Versuche, die eigenen Grenzen zu erkunden und im besten Fall auszudehnen, schmerzhaft enden können, enttäuschend, frustrierend und oftmals – mit einem weiteren Splitter eines Schreis.

Irgendwo auf der Welt, nimmt ein Mensch die Schönheit der Welt wahr, unerwartet, unverhofft und unvermittelt, einen Sonnenaufgang, ein stilles unberührtes Stückchen Erde, ein Geschenk oder ein liebes Wort und ruft hervor, ob hörbar oder unterdrückt und nur im Inneren vibrierend –

einen weiteren Splitter eines Schreis.

Einem anderen Mensch widerfährt die Unmenschlichkeit der Natur, die Grausamkeit der Mitmenschen, die Ungerechtigkeit der Welt, die Schmerzen einer Krankheit und es bricht aus ihm hervor – ein Splitter eines Schreis.

Irgendwo auf der Welt, findet ein Mensch einen anderen, entdeckt Gemeinsamkeit, gleiche Interessen, dieselben Träume. Sie kommen sich näher, Gefühle füreinander wachsen, sie lassen es zu. Zärtlichkeit wird ausgetauscht, geschenkt und empfangen.

Sie genießen die Berührungen, die Küsse. Sie lassen sich fallen, geben sich ihrer Leidenschaft hin – mit einem weiteren Splitter eines Schreis.

Irgendwo auf der Welt, in einem Hospiz, vielleicht abgeschoben und allein gelassen oder auch vielleicht unter intensiver Betreuung, daheim unter liebevoller Begleitung auf dem letzten Weg, aus dem Leben gerissen durch Unfall, Krieg oder Verbrechen, als Verlierer im Duell mit deiner Krankheit, beendet ein Mensch seine Existenz mit - dem Splitter eines Schreis

….. dem fehlenden Bruchstück vom Schrei des Lebens.

 

Gedankenfluss

Bunte Bilder befreien sich von Nägeln, Haken und Schnüren, verlassen die Wände, an die sie bislang gefesselt waren und fliegen empor. Sie durchbrechen die Wolken, erlösen sich vom Einfluss der Gravitation, überschreiten die Grenzen des Universums und missionieren die Schwärze des Weltalls.

Und eine weitere Insel aus Synapsenmagma entsteht und bahnt sich ihren Weg an die Oberfläche des Gedankenflusses.

Wörter verlassen Bücher und ihre Ordnung, beginnen ein Eigenleben. Sie zerfallen in ihre Bestandteile. Die Buchstaben verändern ihre Form und Bedeutung. Neue Worte formen sich, bar jeder irdischen Bedeutung, um neue Welten zu beschreiben. Die leeren Seiten reinkarnieren zu Bäumen.

Und eine weitere Insel aus Synapsenmagma entsteht und bahnt sich ihren Weg an die Oberfläche des Gedankenflusses.

Schneeflocken verweigern sich dem Einfluss der Temperatur zu unterwerfen und mutieren zu Sonnenflocken.

Voller Wärme fallen sie zu Boden und entziehen dem Winter seine Substanz.

Und eine weitere Insel aus Synapsenmagma entsteht und bahnt sich ihren Weg an die Oberfläche des Gedankenflusses.

Mächtige Höhenzüge sind der Schwere ihres Daseins leid. Nach und nach zerfallen sie in Felsstücke, Steine, Kiesel, Sand und Staub. Heben ab, verflüssigen sich oder sublimieren.

Gebirgsnebel, Steinpfützen und Kieselseen entstehen.

Und eine weitere Insel aus Synapsenmagma entsteht und bahnt sich ihren Weg an die Oberfläche des Gedankenflusses.

Zurück bleibt ein verwirrter Mensch, beraubt seiner gewohnten Umgebung, seiner Erfahrungen, seiner Quellen. Ein Moment der es Erinnerung und Gedächtnis erlaubt, der Enge des Gehirns zu entfliehen. Das Erlernte macht Platz…für Wissen.

Und eine weitere Insel aus Synapsenmagma entsteht und bahnt sich ihren Weg an die Oberfläche des Gedankenflusses…

.. bis die Inseln eine Einheit bilden, der Gedankenfluss versiegt und nur noch Sein übrigbleibt.

 

wir grillen

Ankündigung

Wir grillen –

am kommenden Samstag beginnend um 20 Uhr treffen wir uns an unserem allseits beliebten Grillplatz. Für ausreichend Getränke ist gesorgt. Essbares ist mitzubringen. Wir bitten darum, auf Einweggeschirr zu verzichten, um die anfallenden Abfallmengen in Grenzen zu halten.

Sollte das Wetter wider Erwarten kein Grillen zulassen, verschieben wir es auf einen neuen kurzfristig bekanntzugebenden Termin.

Proklamation

Wir Grillen –

proklamieren hiermit höchstoffiziell und unwiderruflich unsere Absicht, zum Wohle aller die Weltherrschaft zu übernehmen. Zu diesem Zweck werden wir mittels geeigneter Strategien die Agrarwirtschaft und somit mittelbar alle Grundlagen der menschlichen Vorherrschaft vernichten. Vernunftfähigen und kompromissbereiten Menschen, die eine für alle Kreaturen adäquate Lebensweise führen wollen, geben wir bis zum Einbruch des nächsten Winters die Gelegenheit uns durch zweckdienliche Maßnahmen davon zu überzeugen, ihnen eine letzte Chance zu geben.

Kon Fu Tse sagte (es zwar nicht, aber es hätte sein können)

Falls Du schon einmal zu viel getrunken haben solltest und dafür böse Blicke geerntet hast …

… und Du Dir tatsächlich die Frage stellen solltest, ob Du dies noch mal riskieren willst, werde Dir darüber klar, was schlimmer ist, böse Blicke oder Durst.

Die Antwort ist aus folgendem Grund eindeutig.

Böse Blicke kann man wegtrinken, aber Durst nicht weggucken!!!

 

Buchstaben-Bilder

Grau in Grau war der Himmel als die Schneeflocke erwartungsvoll taumelnd dem Erdboden entgegen schwebte. Auf dem angenehm kühlen Boden angekommen, entdeckte sie rundum einige Artgenossen. Sie war gerade dabei, sich mit der Umgebung vertraut zu machen als plötzlich grellblendende, schmerzhaft warme Helligkeit den Himmel durchstach.

„Was ist das?“, fragte sie.

„Sonnenstrahlen“ war das letzte, das die Schneeträne hörte.

Dem Kreis war langweilig. Er blähte sich auf, immer mehr.

Sein Radius wuchs und wuchs ….

…und der Kreis hörte auf, ein Kreis zu sein. Denn ein Kreis mit einem unendlichen Radius galt nicht als solcher.

Das Weiß erschrak und verschluckte sich. Es verschluckte nicht nur sich, sondern auch das Licht, das es traf. Und da das Weiß nicht mehr in der Lage war, das Licht zu reflektieren, sondern alles in sich aufnahm, ärgerte es sich schwarz.

Ein halbstarker, sich unbesiegbar vorkommender Lichtstrahl hatte sich viel vorgenommen. Er wollte alle Dunkelheit mit seiner Helligkeit beseitigen.

Er begann in diversen unbeleuchteten Ecken und fühlte sich in seinem Tun bestätigt. Dann folgten ganze Zimmer und Säle. Das Ergebnis war sehenswert.

Sein Ehrgeiz wuchs ins Unermessliche und so machte er sich auf ins Weltall, das doch einiges an Licht vertragen konnte, wie er dachte. Nachdem einige kleine Kometen, Monde und Planeten erleuchtet worden waren, entdeckte der Lichtstrahl eine besonders dunkle Stelle und steuerte darauf zu.

Es dauerte viele Jahre seiner Zeitrechnung, dann erreichte er sein Ziel …..und verschwand endgültig in einem schwarzen Loch.

Die Inspektion war fällig. Das Gehirn wurde gründlich untersucht.

Das Ergebnis war beruhigend.

Nun gut, viele graue Zellen hatten deutlich an Stärke verloren, aber sie waren alle noch an Ort und Stelle.

Es war also kein Verrücktsein, sondern nur Schwachsinn.