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Christian Foitzik

Misserfolge und Misserfolgsstorys in der Implantologie

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografiesche Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN: 987-3-938947-20-3

Postfach 42 04 52; D-12064 Berlin
Komturstraße 18, D-12099 Berlin

Copyright © 2010 Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

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Lektorat: Peter Rudolf, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

Herstellung: Heike Rohde, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

Reproduktion: Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin

Druck: Freiburger Graphische Betriebe, Freiburg i. Br.

Printed in Germany

Christian Foitzik

Misserfolge und Misserfolgsstorys in der Implantologie

Aus Fehlern lernen
oder
Wie man ahnungslos Implantatverluste verursachen kann

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Inhalt

Kapitel 1   Einleitung

Kapitel 2   Ursachen für Misserfolge

Kapitel 3   „Die Periimplantitis ist an allem schuld”

Kapitel 4   Ungewöhnliche Komplikationsverläufe und „Misserfolgsstorys”

4.1      Hygienische Defizite

4.1.1   Unterlassene Mundhygieneinstruktion

4.1.2   Ästhetische Kompromisse zugunsten der Hygiene

4.1.3   Rezidivierende Periimplantitis

4.2      Implantate und Ästhetik

4.2.1   Herausnehmbar vs. festsitzend

4.2.2   Krone zu lang

4.2.3   Krone bei Schleimhautdefizit

4.2.4   Ästhetisches Desaster

4.2.5   Individuelle Ästhetik

4.3      Problematik des Knochenangebotes

4.3.1   Ohne Plan und Zweck

4.3.2   Versäumte Augmentation

4.3.3   Fehleinschätzung des vertikalen Knochenangebotes

4.3.4   Fehleinschätzung des transversalen Knochenangebotes

4.3.5   Augmentationsdesaster

4.4      Wahl der Implantate

4.4.1   Implantatdimension zu gering

4.4.2   Zu breites Implantat

4.4.3   Implantat zu lang

4.4.4   Folgenlose Zahnverletzung

4.4.5   Zahnverletzung durch Implantat

4.5      Entzündliche Probleme

4.5.1   Fistelbildung nach extraoral

4.5.2   Perforation der Kieferhöhle

4.5.3   Implantat in der Kieferhöhle

4.5.4   Sofortimplantation und simultane Augmentation

4.5.5   Implantatinsertion ohne Vorbehandlung

4.5.6   Schienungsmaßnahmen am Implantat

4.5.7   Verlust von augmentiertem Knochen

4.6      Prothetische Misserfolge

4.6.1   Festsitzend statt herausnehmbar

4.6.2   Kleiner Fehler – große Wirkung

4.6.3   Ungünstige prothetische Planung

4.6.4   Dentaltechnische Fehler

4.6.5   Konflikt nach wiederholten Misserfolgen

4.6.6   Implantatbruch und prothetische Kompensation

4.6.7   Misserfolg durch Fehlbelastung

Kapitel 5   Was ist bei Misserfolgen zu tun?

Kapitel 6   Schlussfolgerungen

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Kapitel 1

Einleitung

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1 Einleitung

Enossale Zahnimplantate gehören heute zum festen Bestandteil der zahnärztlichen Therapie. Obwohl die Verwendung von Implantaten als prothetische Pfeiler aus medizinischer Sicht nur in seltenen Fällen dringend erforderlich ist und nahezu jeder Behandlungsfall auch konventionell prothetisch gelöst werden kann, wird von den betroffenen Patienten der festen prothetischen Lösung oftmals der Vorzug gegeben.

So verwundert es nicht, dass die Zahl der Implantatinsertionen von Jahr zu Jahr deutlich zunimmt. Parallel dazu haben sich auch die Möglichkeiten der Fortbildung und das Angebot an Implantatsystemen so stark vervielfacht, dass der Zahnarzt in der Praxis den Überblick verloren hat.

Nahezu im gleichen Maß, wie die Zahl der Implantationen zunimmt, wächst auch die der Komplikationen, Misserfolge und Implantatverluste und damit die Häufigkeit von rechtlichen Auseinandersetzungen mit den Patienten.

Die Kenntnis des speziellen Vorgehens mit dem angewendeten Implantatsystem sowohl bei der chirurgischen Insertion als auch bei der Herstellung der prothetischen Suprakonstruktion ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung am Patienten.

Misserfolg muss dabei nicht erst der Implantatverlust sein. Schon eine Abweichung von dem geplanten und erzielbaren Ergebnis kann als Misserfolg gewertet werden. Nicht selten führen Missverständnisse, Unkenntnis von Begleitumständen oder eine ungünstige Abfolge von Ereignissen oder Versäumnissen zum Implantatverlust. In vielen Fällen stellt sich dabei die Frage, ob Misserfolge vorhersehbar und damit gegebenenfalls vermeidbar gewesen wären.

Im Folgenden werden Misserfolge und andere Behandlungsfälle aus eigener Praxis und aus der Fallsammlung des Autors in seiner Eigenschaft als Gerichtssachverständiger vorgestellt, bei denen die Komplikationen von Anfang an nicht erkannt bzw. nicht vorhergesehen wurden. Die Befunde und die Fallbeispiele wurden nach klinischen Gesichtspunkten ausgewählt und zusammengestellt, der Behandlungsverlauf mit knappen Erläuterungen kommentiert. Weitergehende Therapiekonzepte werden hier nur gestreift und können an anderer Stelle nachgearbeitet werden.

Die Auswahl der vorgestellten klinischen Fälle soll nicht nur einen überblick über mögliche Schwierigkeiten und Probleme geben, sondern auch der Erfahrung Ausdruck verleihen, dass Fehler nicht immer vermeidbar sind.

In einigen Kapiteln werden Komplikationen und Verluste von Implantaten vorgestellt, die durchaus vermeidbar gewesen wären. Gewisse Fehlentscheidungen, Unkenntnis, fehlende Erfahrung und das Fehlen evidenzbasierter Hinweise sowie wirtschaftliche Zwänge haben in diesen Fällen dazu beigetragen, dass es zum Misserfolg gekommen ist.

Die Schilderung der Behandlungsabläufe wurde bewusst kurz und zum Teil stichwortartig gehalten. Dafür sind, soweit verfügbar, klinische, radiologische und andere Originalbefunde beigefügt. Auch wenn die Dokumentation verständlicherweise nicht lückenlos ist und die Qualität der Bilder mitunter Wünsche offenlässt, kann der Sachkundige die jeweilige Problematik der vorgestellten Fälle leicht erfassen.

Dem Anfänger im Fach soll bereits zu Beginn seiner implantologischen Tätigkeit eine gewisse Sensibilität für mögliche Gefahren und Probleme vermittelt werden. Der erfahrene Leser mag aus den beschriebenen ungünstigen Verläufen seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen und gegebenenfalls ähnliche Fälle aus der eigenen Praxis darin wiedererkennen.

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Kapitel 2

Ursachen für Misserfolge

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2 Ursachen für Misserfolge

Indikationen und Kontraindikationen für den Einsatz von enossalen Zahnimplantaten sind auf der Grundlage umfangreicher Erfahrungen in den letzten drei Jahrzehnten erarbeitet worden.

Neben generellen medizinischen Gegebenheiten, die den chirurgischen Eingriff für den Patienten zu einem Risiko machen können, beispielsweise Störungen der Blutgerinnung oder Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, werden auch lokale Risiken definiert. Zu den letzteren gehören Störungen der Wundheilung, wie sie z. B. beim schlecht eingestellten Diabetes mellitus oder nach einer Strahlenbehandlung des Kieferknochens auftreten.

Aus diesem Grund sind gewisse Vorbereitungsmaßnahmen für eine Implantatinsertion unerlässlich (Tab. 2-1).

Neben den medizinischen Daten müssen auch die forensischen Risiken gesehen werden, die im Wesentlichen in der Planung, der Aufklärung des Patienten, der Dokumentation und der Organisation der Therapie begründet sein können.

Da es sich bei der implantatgetragenen Suprakonstruktion um eine Wahlleistung handelt, die nur sehr selten medizinisch notwendig ist, sind Komplikationen und Misserfolge hier eher rechtlich konfliktträchtig, als dies bei einer medizinisch notwendigen Therapie der Fall ist.

Nicht selten lösen Aussagen nachbehandelnder Kollegen oder solche von Beratern der Kostenträger den Konflikt aus, sodass es in der Folge zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Patienten mit seinem Zahnarzt kommt.

Hinzu kommt in vielen Fällen der Umstand, dass eine unzureichende Aufklärung über die möglichen Risiken erfolgt ist und dass der Patient deshalb von einem Erfolg der Behandlung und bei Komplikationen oder nach Implantatverlust von einem Fehler seitens des Behandlers ausgeht. Häufig sucht er dann andere Fachkollegen auf und wird möglicherweise in seinem Verdacht gestützt. Nicht selten baut sich der Verdacht zu einem handfesten rechtlichen Streit auf, der erst in einer Gerichtsverhandlung entschieden wird.

Vor der Implantation

•  medizinische Abklärung

•  Diagnostik der lokalen Verhältnisse

•  Dokumentation aller Daten

•  Aufklärung und schriftliche Vereinbarung der Therapie und Kosten

•  schonende OP-Technik (und kurze OPDauer)

•  adäquate Suprakonstruktion

•  Mundhygienekonzept und dessen Etablierung

•  Recall

Nach der prothetischen Versorgung

•  rechtzeitige Diagnostik bei Verdacht auf eine Komplikation

•  adäquate Therapie

•  Indikation zur Explantation

•  schonende Explantation

•  prothetisches Umstellungskonzept oder erneute Planung

Tab. 2-1 Übersicht über die medizinische Abklärung und Langzeitbetreuung von Implantatpatienten.

Die Einteilung der Misserfolge in der Implantologie erfolgt nicht einheitlich, sondern kann nach unterschiedlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden.

In der Tabelle 2-2 sind die Möglichkeiten für einen Implantationsmisserfolg zusammengestellt.

Arten von Komplikationen und Misserfolgen am Implantat

•  Frühmisserfolge (in der Einheilphase, vor der prothetischen Versorgung

•  Spätmisserfolge (nach der prothetischen Versorgung)

•  Misserfolge durch Materialfehler (z. B. Implantatherstellung)

•  falsche Implantatauswahl (z. B. Dimensionsprobleme, Implantatdesign)

•  Misserfolge aufgrund von dentaltechnischen Fehlern (z. B. Löten)

•  Misserfolge durch prothetische Fehler (z. B. Mikrospalt)

•  Misserfolge wegen Hygieneunfähigkeit des Zahnersatzes

•  ästhetische Misserfolge

•  patientenverschuldete Misserfolge

Tab. 2-2 Übersicht über mögliche Komplikationen und Misserfolge im Zusammenhang mit enossalen Implantaten.

In den meisten Fällen sucht der betroffene Patient nach den Gründen, die den Misserfolg herbeigeführt haben, wobei ein Implantatverlust nach mehreren Jahren Verweildauer im Kiefer eher hingenommen wird als ein Misserfolg innerhalb eines Zeitraums von 2 bis 3 Jahren nach der Implantation oder noch früher.

Die Folgen eines Implantatverlustes können weitreichend sein und neben finanziellem Schaden Schmerzen und längeren Arbeitsausfall verursachen, was weiteren materiellen Schaden nach sich ziehen kann. Nicht selten kann daraus ein (bisweilen umfangreicher) Nachbehandlungs- und Neuversorgungsaufwand entstehen, dessen Kosten der Patient nicht immer bereit ist, selbst zu tragen.

Im Falle von Dauerschäden, z. B. einer Anästhesie des N. alveolaris inferior, muss der Behandler nachweisen, dass die Nervschädigung unvermeidbar war und keine Verletzung der Sorgfaltspflicht darstellt. In jedem Fall haftet der behandelnde Zahnarzt auch für sein Team und für alle an der Komplikation beteiligten Personen und deren Mitwirkung.

Forensische Kategorien (zahn)medizinischer Komplikationen und Fehler

•  schicksalhafte Misserfolge (z. B. durch Tumorentstehung oder Unfall)

•  Therapiemisserfolg durch Fehler des Behandlers (Kunstfehler)

•  Patientenfehler (fehlende Compliance)

•  Schnittstellenfehler (Fehler von an der Therapie beteiligten Dritten)

Tab. 2-3 Forensische Einordnung von (zahn)medizinischen Komplikationen und Fehlern.

Der Jurist unterscheidet bei der Analyse von Misserfolgen die in Tabelle 2-3 dargestellten kausalen Möglichkeiten, die zur forensischen Entscheidungsfindung führen:

Schicksalhafte Probleme können sich in der Implantologie beispielsweise dann ergeben, wenn es (mitunter etliche Jahre) nach einer implantologischen Versorgung zu unerwarteten Erkrankungen, z. B. einer Tumorerkrankung, und deren Behandlung kommt. In den letzten Jahren wurde in der Fachliteratur mehrfach berichtet, dass reizlos eingeheilte Implantate aufgrund einer Kieferknochennekrose im Zuge einer Bisphosphonattherapie verloren gingen. Ähnliche schicksalhafte Komplikationen sind auch nach Ausbruch anderer Erkrankungen möglich (z. B. Diabetes mellitus oder Tumor) und sicherlich nicht vorhersehbar.

Auch wenn echte Kunstfehler nicht häufig vorkommen, ist bei den Frühmisserfolgen ein Verschulden durch den behandelnden Zahnarzt nicht selten.

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Abb. 2-1a, b Spontaner Implantatverlust infolge von Hitzenekrose: a Verlust des Implantates mitsamt eines aufgrund der Primärstabilität anhaftenden Knochensequesters am 9. postoperativen Tag. b Verlust von drei Schraubenimplantaten und Sequesterabgang durch Knochenüberhitzung bei der Implantatinsertion.

Bei ungünstigen Knochensituationen, beispielsweise bei einer stark ausgeprägten Kompaktalamelle oder nach Knochenaufbaumaßnahmen, kann es aufgrund von bei der Implantatbettpräparation verursachten Hitzenekrosen des Knochens zu Frühkomplikationen oder Frühmisserfolgen kommen (Abb. 2-1). Eine Knochenüberhitzung bei der Implantatinsertion lässt sich auch zu einem späteren Zeitpunkt noch mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den Angaben des betroffenen Patienten vermuten. In solchen Fällen sind in den ersten 8 bis 14 Tagen praktisch immer heftige Schmerzen zu beobachten. Die Schmerzen, die mit starken Analgetika bekämpft werden müssen, lassen etwa 2 Wochen nach dem operativen Eingriff nach und werden von einer beginnenden Lockerung des Implantates abgelöst. Nicht selten kommt es dann zum Spontanverlust des Implantates und einer Abstoßung von Knochensequestern. Der Patient ist danach zwar im Allgemeinen beschwerdefrei, doch hinterlassen solche Implantatverluste oft erhebliche Knochendefekte am Kieferkamm.

Spätmisserfolge können verschiedene Ursachen haben und deshalb nicht immer sicher eingeordnet werden. Bei rechtlichen Auseinandersetzungen wird in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erst in einem Gerichtsverfahren anhand eines Sachverständigengutachtens ein Urteil gefunden.

Die Mitarbeit des Patienten ist für den Erfolg der Implantatversorgung unabdingbar und wird seitens des Zahnarztes erwartet.

In jedem Fall wird der Behandler als für die Behandlungsmaßnahme verantwortliche und haftende Person bei Implantatverlusten und anderen Schäden an erster Stelle angesprochen. Da die Gesamtrehabilitation der Patienten im Rahmen einer implantatchirurgischen und implantatprothetischen Therapie aber auch Dienste, Produkte und Leistungen anderer beansprucht, können sich daraus weitere Ursachen für Probleme und Misserfolge ergeben. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Schnittstellenproblematik (Abb. 2-2). Der Behandler haftet in großem Umfang für die Durchführung der Behandlung. Hierzu zählen jedoch nicht nur die von ihm selbst zu erbringenden ärztlichen Vorbereitungs- und Behandlungsleistungen sowie eine rechtswirksame Aufklärung und die Dokumentation aller relevanten Daten, sondern er ist zusätzlich für mögliche Fehlleistungen an den sogenannten „Schnittstellen“ verantwortlich.

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Abb. 2-2 Schnittstellen im Rahmen einer implantologischen Behandlung.

Im Mittelpunkt der Bemühungen steht der Patient mit seinen Wünschen und Vorstellungen, die der Zahnarzt in seiner Planung berücksichtigen muss. Überzogene Vorstellungen seitens des Patienten sollten möglichst vor Beginn der Behandlung korrigiert und an die tatsächlich gegebenen Möglichkeiten angepasst werden.

Im Rahmen der Behandlungsaufklärung sollten aus diesem Grund alle Details der Behandlung, sämtliche möglichen Risiken sowie das zu erwartende Ergebnis besprochen und schriftlich dokumentiert werden.

Der Behandler sollte selbstverständlich seine eigenen Möglichkeiten und seine implantologische Kompetenz im Rahmen der durchzuführenden Behandlung realistisch einschätzen und bei sich abzeichnenden Defiziten dem Patienten eine kompetente Stelle zur Weiterbehandlung empfehlen.

Bei einem Überweisungsauftrag, der sowohl chirurgisch als auch prothetisch erfolgen kann, sollte eine konkrete interdisziplinäre Gesamtplanung durchgeführt werden, um alle Probleme und Besonderheiten des Falles zu erfassen. Hierzu gehört auch die Klärung der Zuständigkeiten und der Verantwortung für die jeweiligen Kompetenzbereiche der Behandler.

Ebenso wichtig für den Erfolg der Behandlung ist ein eingespieltes Praxisteam, das sich durch spezifisches verfahrenstechnisches Know-how und reibungslose Abläufe auszeichnet. Der behandelnde Zahnarzt trägt für die Kompetenz seines Teams uneingeschränkt die Verantwortung und haftet für dessen Fehlleistungen.

Eine weitere Schnittstelle stellt diejenige zum Dentallabor dar, in dem die Herstellung des Zahnersatzes erfolgt. Hier wird eine Referenzorientierung zwischen dem Behandler und dem Zahntechniker vorausgesetzt, die eine fehlerfreie Ausführung der Anweisungen für den Zahnersatz garantiert. Generell wird große Kooperationsbereitschaft zur Umsetzung von besonderen Herausforderungen vom Dentallabor bzw. von den beteiligten Zahntechnikern erwartet.

Nicht selten wird der Patient von seiner Umgebung (in erster Linie Arbeitskollegen oder Familienangehörige) auf Defizite seines implantatgetragenen Zahnersatzes aufmerksam gemacht.

Auch die Industrie ist Partner des implantologisch tätigen Zahnarztes. Insbesondere die hohe Qualität der Produkte sollte uneingeschränkt gewährleistet sein. Im Zeitalter eines zügellosen Managements, das auch in die zahnärztliche Implantologie Eingang gefunden hat, musste leider festgestellt werden, dass von Firmen, die Plagiate von Markenprodukten herstellen, aber auch von marktführenden Anbietern zum Teil unwahre und unseriöse Informationen verbreitet und als große Errungenschaften der Implantologie gepriesen werden. Die unreflektierte Umsetzung derartiger Informationen führte vielfach zu Komplikationen am Patienten und zu schmerzhaften Erfahrungen. Heute ist jeder Kollege gut beraten, wenn er die Angebote der Industrie kritisch prüft und gegebenenfalls hinterfragt.

Im Rahmen einer fairen Partnerschaft zu den Herstellern sollte die ausreichende klinische Erprobung der angebotenen Produkte zur Anwendung am Patienten, eine CE-Kennzeichnung sowie ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis vorausgesetzt werden dürfen.

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Kapitel 3

„Die Periimplantitis ist an allem schuld“

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3 „Die Periimplantitis ist an allem schuld“

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Abb. 3-1a–d Marginaler Knochenverlust nach jahrzehntelanger Tragedauer und funktioneller Belastung von Implantaten: a, b Tragezeit 26 Jahre; c, d Tragezeit 28 Jahre.

Entzündliche Vorgänge am Implantat sollten am besten durch die Etablierung einer adäquaten Mundhygiene vermieden werden. Treten sie einmal auf, sollten sie mit allen zur Verfügung stehenden therapeutischen Mitteln und Möglichkeiten konsequent und dauerhaft eliminiert werden, damit es zu keiner Beteiligung der tiefer gelegenen periimplantären Gewebe kommt.

Die Periimplantitisprophylaxe sollte bereits in der Phase der Behandlungsplanung beginnen, wobei die Art des Zahnersatzes unter dem Aspekt der Hygiene kritisch geprüft werden kann. Auch wenn die Patienten einen festsitzenden Zahnersatz bevorzugen und fordern, sollte das hygienische Konzept über allen anderen Interessen stehen, damit auf lange Sicht entzündliche Komplikationen am Implantat vermieden werden.

Wir wissen, dass es im Laufe der Jahre zu einem stetigen marginalen Knochenverlust am Implantat kommt, der nur wenige Bruchteile eines Millimeters beträgt. Nach einer langen Implantattragedauer sind die Zeichen der Osseodesintegration dann klinisch sichtbar (Abb. 3-1). Bei günstiger Hygiene bedürfen sie jedoch keiner Therapie.

Eine zuverlässige Therapie gibt es nicht, weshalb man bei jedem Implantatpatienten im Recall die Mundhygiene überprüfen muss und bei Bedarf eine Reinstruktion und Remotivation durchführen sollte.

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Abb. 3-2ad Unterschiedliche Implantate als Beispiele verschiedener Konzepte für den Durchtritt durch die Schleimhaut: a SICace-Implantat (SIC invent, Basel, Schweiz) für die Insertion auf Knochenniveau oder darunter für die Erreichung des Platformswitching. b SPI®-onetime (Thommen Medical, Waldenburg, Schweiz) für die transgingivale Implantatinsertion. Der durch die Schleimhaut tretende Anteil ist maschiniert. c NobelDirect® (Nobel Biocare, Kloten, Schweiz), das bis zum prothetischen Abutment mit der Mikrostruktur versehen ist. Wegen der Plaqueretention an der Oberfläche sollte dieses Implantat nicht verwendet werden. d NobelPerfect®, ein Implantat, mit dem angeblich der approximale Knochen erhalten wird, ist in seiner Anwendung ebenfalls sehr kritisch zu bewerten.

Abb. 3-2