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Der Autor

Dr. med. Matthias Riedl ist Ernährungsmediziner, Diabetologe sowie ärztlicher Direktor und Gründer des medicum Hamburg, Europas größter Einrichtung für Diabetes, Ernährungsmedizin und angrenzende Fachgebiete.

Bekannt ist Dr. Matthias Riedl als ERNÄHRUNGS-DOC beim NDR und durch diverse Publikationen in Fachmagazinen und seiner Ernährungszeitschrift Iss dich gesund. Bei GU erschienen sind die Ratgeber und Kochbücher: Iss dich gesund mit Dr. Riedl, Abnehmen nach dem 20:80-Prinzip, Das 20:80-Kochbuch für Berufstätige, Dr. Riedls 20:80-Expressküche, Diabetes- Kochbuch, Expresskochen Diabetes, Artgerechte Ernährung sowie Artgerechte Ernährung – Das Kochbuch.

Im Jahr 2013 nahm die Medizinredaktion der Zeitschrift Focus Dr. Matthias Riedl in die Empfehlungsliste der Topmediziner auf. Damit gehört er zu Deutschlands renommiertesten Ärzten. Er ist außerdem ein gefragter Vortragsredner und Dozent sowie Vorstandsmitglied des Bundes Deutscher Ernährungsmediziner.

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Impressum

 

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

 

Projektleitung: Nadine Widl

Lektorat: Dr. Peter Schäfer, Gütersloh

Covergestaltung: independent Medien-Design GmbH, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Lena-Maria Stahl

 

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ISBN 978-3-8338-7461-1

1. Auflage 2020

 

Bildnachweis

Coverabbildung: Kellie French/Stocksy United

Fotos: Kellie French/Stocksy United, Andreas Sibler

Syndication: www.seasons.agency

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Dieses Buch hilft Ihnen …

… für eine gute gesundheitliche Basis des eigenen Kindes zu sorgen.

… auf Probleme mit Übergewicht besser zu reagieren.

… zwischen wirklichem Hunger und „Lustessen“ zu unterscheiden.

… stressbedingtes Essen zu vermeiden.

… die eigenen Essgewohnheiten – und die der ganzen Familie – umzuprogrammieren, ohne auf gesunde Fette, Süßes und genussvolle Mahlzeiten zu verzichten.

Wichtiger Hinweis

Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung des Verfassers dar. Sie wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

WOZU EIN BUCH ÜBER FRÜHKINDLICHE ERNÄHRUNGSPRÄGUNG?

Die geheime Welt der menschlichen Prägung ist eines der faszinierendsten Forschungsgebiete, die ich als Ernährungsmediziner zu ergründen versuche. Dieses Forschungsgebiet beantwortet nämlich viele Fragen, die sich die meisten von uns stellen. Wie etwa: »Warum essen wir, wie wir essen?« Oder: »Wieso begeistert sich das eine Kind – und der eine Erwachsene – für Gemüse, während das andere Currywurst und Pommes fürs kulinarische Glück braucht?« Und natürlich auch: »Warum scheitern Diäten so zuverlässig – und wie kann eine dauerhafte Ernährungsumstellung wirklich gelingen?« Antworten auf all diese Phänomene erhält, wer mir in die so spannende Welt unserer frühkindlichen Prägung folgt. Bevor ich Sie aber dahin entführe, lassen Sie mich vorab kurz erklären, für wen ich dieses Buch geschrieben habe. Was ich mit den folgenden Seiten erreichen will. Und was nicht.

Zum einen richtet sich der Band an Eltern. An jene also, die sich im Idealfall neun Monate auf ihren Nachwuchs freuen – und danach fassungslos vor diesem Wunder stehen, wenn es als greifbares Wesen in ihr Leben tritt. So unglaublich zart und schutzbedürftig wirkt dieser Winzling, wenn wir ihn zum ersten Mal in den Armen halten. So unglaublich weich ist seine Haut, so unendlich faszinierend sind die kleinen Fingerchen und Zehen – und kein Parfum der Welt vermag uns ähnlich zu begeistern wie dieser typische Babyduft, der ihn umgibt. Vom ersten Moment an, in dem wir die Tochter oder den Sohn sehen, ist eines klar: Wir wollen alles, wirklich alles tun, um dieses wundervolle Menschlein zu beschützen. Dafür sorgen, dass es gesund ins Leben startet – und gesund auch durch die nächsten Jahre, die nächsten Jahrzehnte kommt. Kurz: Solange wir selbst am Leben sind, bis zu unserem letzten Atemzug, bleiben wir – Eltern. Ihnen möchte ich helfen, sich diesen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen – ihrem Kind also den bestmöglichen Start ins Leben zu bescheren.

Wie dies gelingen kann, wie vielfältig die Chancen sind, Kindern gerade in den ersten 1000 Tagen auf der Welt die Grundlage für ein gutes Leben zu schaffen, und wie groß die Wirkmacht von Eltern dabei ist – genau das wird dieses Buch aufzeigen. Denn die Wissenschaft weiß heute bereits sehr genau – und belegt es beinahe stündlich mit immer neuen Studien: Wenn Eltern all die Möglichkeiten nutzen, ihr Kind auf »gesund« zu prägen, lebt dieses sehr wahrscheinlich nicht nur länger. Sondern es geht dann fitter durchs Leben, ohne lästige, einschränkende Beschwerden – etwa durch Diabetes oder Rheuma. Diese Erkenntnisse im Hinblick darauf, wie die ersten 1000 Tage unsere Zukunft beeinflussen, haben selbst mich als Ernährungsmediziner verblüfft – obwohl ich seit Jahrzehnten davon überzeugt bin, dass Lebensstil und dabei insbesondere die Ernährung darüber mitentscheiden, welche Qualität das Leben hat, das wir führen.

Dieses Wissen möchte ich unbedingt mit Eltern teilen. Denn als zweifacher Vater kenne ich den Drang, das innere Bedürfnis, gerade am Anfang alles richtig machen zu wollen. Ich weiß, wie ahnungslos Eltern oft vor Fragen stehen, auf die es vermeintlich keine Antwort gibt – etwa die, wie ich Kinder dazu bekomme, etwas Grünes, Rotes oder Gelbes zu essen – anstelle von Nudeln pur. Und ich habe selbst erlebt, wie man als Eltern danach giert, zu erfahren, wie es »richtig geht«. Genau das wird dieses Buch erklären.

Damit richtet es sich neben den Eltern natürlich auch an Großmütter und -väter, Patentanten und -onkel und auch an Freunde der Eltern. An alle eben, die im Leben eines Babys und Kleinkindes eine Rolle spielen und dafür Sorge tragen wollen, dass dieses so putzige, zugleich so von den »Großen« abhängige Wesen alles bekommt, was es braucht, damit es langfristig gesund durchs Leben gehen kann.

Die dritte Gruppe, für die ich dieses Buch geschrieben habe, umfasst Menschen, die dem Strampler seit Jahrzehnten entwachsen sind: Erwachsene, die regelmäßig an Diäten scheitern – und sich einfach nicht erklären können, warum sie immer wieder in die Jo-Jo-Falle tappen. Oder die an Krankheiten wie Diabetes oder Rheuma leiden und es trotz besseren Wissens nicht schaffen, Ernährungsmuster zu verändern, die solchen Krankheiten oft zugrunde liegen. Also beispielsweise nicht vom Käse und Schweinebraten lassen können, obwohl beides rheumatische Entzündungen befeuert und damit die Symptome verschlimmert. Denn all das lässt sich eben nicht einfach mit mangelnder Disziplin erklären – sondern mit den Auswirkungen frühkindlicher Prägung. Menschen sind nicht einfach »willensschwach« oder »schuld«, wenn sie erst zu-, dann ab- und danach wieder zunehmen. Oder einfach nicht gesünder durchs Leben gehen können. Viele – auch Ernährungsberater! – wissen schlicht nicht, worauf sie als Kind programmiert wurden, und gehen eine Ernährungsumstellung deshalb falsch an.

Wer die folgenden Seiten liest, wird also verstehen, warum er als Erwachsener isst, wie er isst. Und damit endlich den Schlüssel in der Hand haben, der ihm das Geheimnis aufschließt, warum einige von uns sich scheinbar mühelos mit einem Stück Schokolade zufriedengeben können, während andere regelmäßig die 100-Gramm-Tafel vernaschen, um den Süßjieper zu befriedigen.

Das Beste daran: Wer im ersten Schritt versteht, nach welchen Mechanismen Prägung funktioniert, welchen Einfluss Evolution und Eltern haben, erkennt, warum so viele von uns so gern das Falsche und von allem zu viel essen. Im zweiten Schritt gilt es dann, unserer ganz persönlichen Prägung nicht nur auf die Spur zu kommen, sondern sie auch zu verändern. Sich also auf »gesund« umzuprogrammieren – und das in jedem Alter.

Denn wäre es anders, wäre nach den ersten 1000 Tagen unsere Zukunft festgelegt, wären wir in Gänze auf »gesund« oder »krank« geprägt – die meisten von uns würden längst tot umgefallen sein oder mindestens malade im Bett liegen. Schließlich wussten unsere Eltern noch nichts von den Chancen, die dieses Zeitfenster bereithält – und konnten sie also auch nicht für uns ergreifen. Stattdessen sind sie in die Prägungsfalle getappt: Sie haben den meisten von uns, die heute erwachsen sind, Süßes als Belohnung gegeben, Essen als Mittel zum Trost genutzt. Und damit den Grundstein für Verhaltenssüchte gelegt, unter denen heute so viele leiden und die den Griff ins Süßigkeitenfach so verführerisch machen wie den Griff ins Gemüsefach beschwerlich. Die Folgen, die mit falscher Prägung einhergehen, lassen sich heute an den Zahlen jener leicht ablesen, die etwa unter Übergewicht, Schlaganfall oder Diabetes leiden.

Wer diese Zusammenhänge einmal verstanden hat, wird verständnisvoller auf sich und sein Ernährungsverhalten schauen. Und wissen, wie er die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, als Übergewichtiger Kilos zu verlieren – und das endlich, endlich dauerhaft. Um sich so aus eigener Kraft ein paar mehr gesunde Lebensjahre zu schenken und eine Lebensqualität, die sich Menschen mit Problemen von Adipositas bis Herzinfarkt häufig kaum mehr vorstellen können, geschweige denn erhoffen.

Und schließlich gibt es noch eine letzte Gruppe, die ich mit diesem Buch erreichen möchte: Verantwortliche in Politik und Verwaltung, in Krankenkassen und Schulen, in Vereinen und Organisationen. Sie alle sollten darüber Bescheid wissen, wie »frühkindliche Ernährungsprägung« unsere Gesundheit auf Jahrzehnte hin beeinflusst. Denn: Die richtige Prägung von Kindern und die Umstellung beziehungsweise »Umprogrammierung« von Erwachsenen zu ermöglichen und zu fördern, ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Wenn nicht jeder Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln hat, wenn nicht Konzerne verpflichtet werden, nahrhaftere Lebensmittel zu produzieren und die Zahl energiereicher, prozessierter, langfristig krank machender Produkte zu reduzieren – dann wird all das Wissen von Ernährungsmedizinern nichts nützen. Genau das aber, Chancengerechtigkeit und die Möglichkeit, sich mit all seinen Talenten und Fähigkeiten frei zu entfalten und ein so gutes Leben wie irgend möglich zu führen, sollte doch das höchste Ziel unserer Gesellschaft sein.

Aus alldem ergibt sich im Umkehrschluss, was dieses Buch genau nicht will: Druck machen. Schuldgefühle auslösen oder gar verstärken, die Schwangere, Eltern und Übergewichtige oder Kranke so häufig plagen. Vor einigen Jahren las ich einen Artikel im Fachmagazin »Nature«, der einige Studien zitierte zur Frage, wie der Lebensstil werdender Mütter die Gesundheit des Nachwuchses mitbestimmt – und die Überschrift trug: »Gebt die Schuld nicht den Schwangeren«. Genau darum geht es. Leben ist keine Frage von Schuld, sondern immer auch zum guten Teil schlicht Lotto. Der eine hat mehr Glück, wenn die Gene für reine Haut, dicke Haare und die Begabung für Mathematik verteilt werden. Wieder ein anderer gewinnt vielleicht sogar den Jackpot, wird Model wie Claudia Schiffer oder Weltveränderer wie Bill Gates. Deshalb können wir Selbstvorwürfe oder Schuldgefühle getrost fahren lassen. Worum es mir geht, sind Möglichkeiten, diesem Zufallsprinzip, diesem Prinzip Lotto durch persönlichen Einfluss entgegenzutreten! Wenn wir über die Chancen Bescheid wissen, die in unserer Prägung verborgen liegen, haben wir alle die Gelegenheit, die Wahrscheinlichkeit auf den Jackpot zu erhöhen. Denn ja, die Gene sind gegeben – welche aber angeknipst werden, darüber können wir zum großen Teil mitentscheiden, wie die folgenden Kapitel zeigen werden.

Kurz – es geht mir um Aufklärung. Ein Beispiel: Hätte uns niemand darüber aufgeklärt, dass Autofahren mit Sicherheitsgurt die Wahrscheinlichkeit, einen Unfall zu überleben, erhöht – wir hätten noch heute keine Anschnallpflicht. In dieser Weise möchte ich mit dem vorliegenden Buch so vielen Menschen wie möglich verdeutlichen, wie viel es bringen kann, sich und die Kinder in Sachen Ernährung und Lebensstil anzuschnallen. Um gesünder durch eine Welt des Überflusses zu kommen, auf die wir evolutionsbiologisch nicht vorbereitet sind.

Ich bin mir sicher: Wer dieses Buch gelesen hat, wird verständnisvoller auf sich blicken – und in der Lage sein, souveräner mit Anschuldigungen von außen umzugehen, von Menschen, die weniger wissen und Gesundheit allein zur Frage der Disziplin machen, indem sie Erkenntnisse zur frühkindlichen Prägung ausblenden. Und: Sie werden den Automatismen und konsumistischen Reflexen widerstehen, die unsere Überflussgesellschaft prägen – und uns zur Geisel eines allgegenwärtigen, vermeintlich alternativlosen Wachstums machen.

Ich hoffe, Sie haben Lust bekommen, mir in die faszinierende Welt der menschlichen Prägung zu folgen – und werden anschließend, wenn Sie das Buch weglegen, den Wunsch verspüren, einige spannende Erkenntnisse in Ihren Alltag einzubringen. Um Ihren Kindern den besten Start ins Leben zu garantieren – oder Ihr eigenes Leben ins richtig Gute zu drehen, ob Sie nun 30 Jahre alt sind, 40 oder 50.

Und jetzt: los!

WIE PRÄGUNG MÖGLICH WIRD

Wer verstehen will, wie Evolution und Eltern jeden Menschen in der Frühphase seines Lebens überhaupt prägen können, muss zunächst begreifen, warum das Zeitfenster der ersten 1000 Tage so bedeutsam ist. Muss erkennen, wie Hunger, Sättigung und Geschmack funktionieren, wie sich Geschmacksvorlieben ausbilden – und welche Rolle dabei das sich entwickelnde Gehirn und Glückshormone spielen. Denn nur, wer all das weiß, kann die Klaviatur der hirnchemischen Prozesse spielen, auf der jede Form von Prägung beruht. Und kann mit diesem Wissen den Nachwuchs auf eine gesunde Ernährungsweise programmieren – oder aber versuchen, eigene Fehlprägungen zu überwinden …

EVOLUTION – DER PRÄGUNG ERSTER TEIL

Süßjieper, Heißhunger, die Chipstüte, die sich wie von selbst leert: Bei alldem hat die Evolution ihre Finger mit im Spiel. Sie hat uns über Jahrmillionen hinweg Gene und Mechanismen eingeprägt, die mitbestimmen, welches Essen wir lieben und welches eher nicht – und warum wir mitunter einfach nicht aufhören können zu essen, obwohl wir längst satt sein müssten. Das folgende Kapitel wird erklären, wie unsere Ernährung sich über die Zeit verändert hat und die Grundlage dafür bildete, dass wir wurden, was wir sind. Zudem soll es aufzeigen, woran wir unser evolutionäres Erbe im Alltag bemerken können – und warum es neben der Evolution in Zeitlupe eine Evolution im Zeitraffer gibt, die unser Essverhalten und unsere Gesundheit noch stärker bestimmt.

VOR DER GEBURT – DER PRÄGUNG ZWEITER TEIL

Was essen die Eltern? Sind sie übergewichtig oder nicht? Entspannt oder ängstlich? All das prägt sich im Moment der Zeugung und während der Schwangerschaft in die Gene des Nachwuchses ein – und entscheidet mit darüber, wie gesund er durchs Leben geht. Wie diese Programmierung funktioniert und warum sie die rasant wachsende Zahl der Übergewichtigen und Diabeteskranken erklärt, zeigt das folgende Kapitel.

WIE IDEALE PRÄGUNG GELINGT

Die Theorie der Prägung ist klar – aber was bedeutet das für die Praxis? Was genau sollten Eltern tun, die alles richtig machen möchten? Dies wird das folgende Kapitel aufzeigen. Und keine Sorge: Um den Nachwuchs ideal zu programmieren, müssen Sie nicht jede einzelne Empfehlung umsetzen. An einigen Stellschrauben zu drehen genügt bereits, um den Kindern den Weg in ein langes und vor allem lange gesundes Leben zu ebnen. Das Beste: Bekommen Eltern dies hin, tun sie sich damit nebenbei auch selbst etwas Gutes!

PRÄGUNGSFALLE: UNGESUNDES FÜR ALLE

Seit Jahrzehnten wird es immer schwieriger, Kinder gesund zu prägen. Die Ursachen dafür sind vielfältig – und vom Einzelnen schwer zu steuern. Das Gute: Wer um sie weiß, kann verhindern, selbst als Elternteil in die Prägungsfalle zu tappen. Außerdem erlaubt uns dieses Wissen, Verständnis für uns selbst zu entwickeln – und zu verstehen, wie es gelingen kann, die eigenen ungesunden Ernährungsmuster zu überwinden.

ABNEHMEN 1 – EIGENE PRÄGUNG VERSTEHEN

Wer abnehmen will, endet regelmäßig und zuverlässig in der Jo-Jo-Falle. Klar! Denn keine Diät der Welt beachtet Mechanismen und Ernährungsmuster, die Menschen infolge individueller Vorlieben und Prägungen entwickelt haben. Nur wer diese kennt, kann sie auch überwinden – und langfristig Gewicht verlieren. Der erste Schritt zum Wunschgewicht: Spurensuche in Sachen Prägung. Auf geht’s …

ABNEHMEN 2 – EIGENE PRÄGUNG ÜBERWINDEN

Die vorangegangenen Kapitel haben gezeigt, wie sich ungesunde Ernährungsmuster bilden – und welche die meisten von uns aufgrund ihrer Prägung aufweisen. Um diese erlernten Gewohnheiten zu verändern, genügen einige wenige Umstellungen im Alltag. Das Gute vorweg: Eine solche Neuformatierung in Richtung »gesund« geht leichter, als wir gemeinhin annehmen …

ZUSAMMEN ISST MAN WENIGER ALLEIN – APPELL AN UNS ALLE

Gestatten Sie mir zum Abschluss einen kurzen Exkurs. Dieses Büchlein, so hoffe ich, wird viele Eltern in die Lage versetzen, ihr Kind gesund zu prägen – und viele Erwachsene, ungesunde Ernährungsmuster zu überwinden. Indes: Die Anstrengungen des Einzelnen allein genügen langfristig nicht, damit sich jeder von uns artgerecht ernähren kann, um auf diese Weise länger – und vor allem länger gesund – zu leben! Was wir brauchen, ist eine Gesellschaft, die wieder mehr nach dem Prinzip Affenhorde funktioniert: eine Gesellschaft, in der der Einzelne nicht allein ist – sondern sich auf den Schutz durch andere verlassen kann.

Dafür braucht es eine Regierung, die das Wohl aller im Blick hat und weiß: Artgerechte Ernährung bildet die Basis für ein gesundes Leben. Und die dann entsprechend für ihre Bürger sorgt: mit Aufklärungs- und Unterstützungsprogrammen – und mit Gesetzen, die Nahrungsmittelkonzerne an die Kandare nehmen, wenn deren Produkte die Gesundheit vieler gefährden.

Ich ahne: Viele werden mich jetzt für einen verirrten Idealisten halten. Aber ich glaube daran, dass die Politik eine solche Herausforderung bewältigen kann. Denn ich bin überzeugt – und diese Ansicht teile ich mit den allermeisten meiner Kollegen: Schon einige Maßnahmen würden genügen, um vieles zum Guten zu verändern. Und weil ich natürlich hoffe, dass auch ein paar Entscheidungsträger mein Buch lesen – schließlich weisen ja gerade Politiker oft besonders viele ungesunde Ernährungsmuster auf, die sie überwinden sollten –, hier also ein Katalog an Forderungen, der auf Ideen vieler fachmedizinischer Gesellschaften, Verbände und Institutionen beruht. Und natürlich auf meiner Erfahrung als Ernährungsmediziner – und Vater! Eines ist klar: Die Regierung, die diese Forderungen umsetzt, hat einen Eintrag im Geschichtsbuch sicher. Als Regierung, die Tausende Menschen vor einem frühzeitigen Tod infolge falscher Ernährung bewahren konnte …

FORDERUNGEN AN DIE POLITIK

  1. Das Bundesministerium für Ernährung muss vom Landwirtschaftsministerium entkoppelt werden. Früher, als es noch darum ging, die Ernährung der Bevölkerung überhaupt zu sichern, machte diese Verknüpfung Sinn. Heute aber, in Zeiten, in denen ein Überangebot an Nahrung besteht, das uns mehrheitlich krank macht, gehört dieses Ministerium unbedingt in das Gesundheitsressort. Damit ließe sich zudem eventuell der große Einfluss der Lobbyisten verringern, die im Auftrag der Lebensmittelkonzerne aktuell beispielsweise zu verhindern versuchen, dass eine verbindliche Lebensmittelampel eingeführt wird.

  2. Die Regierung muss die Mehrwertsteuer auf ungesunde Nahrungsmittel, etwa Fertigprodukte und solche mit einem hohen Zuckeranteil, erhöhen. Und umgekehrt Gesundes, etwa Wasser, Gemüse, Nüsse, Pilze, Milchprodukte, Eier und wertvolle Öle, von der Steuer befreien.

  3. Die erlaubte Menge an Zuckerzusätzen muss für einige Nahrungsmittel gesetzlich begrenzt werden – beispielsweise Limonaden, Saucen, Ketchup und Fertigprodukte. Überschreiten Hersteller die vorgegebenen Werte, sollten die Steuern für diese Produkte noch höher sein.

  4. Das Präventionsgesetz, das die Gesundheitsförderung stärken soll, muss aktualisiert werden: Es klammert die ersten 1000 Tage aus – und damit jenen Zeitraum, der im Hinblick auf die Vorbeugung von Krankheiten am bedeutsamsten ist.

  5. Die NAKO Gesundheitsstudie – eine über Steuermittel finanzierte Langzeituntersuchung – nimmt nur Menschen ab 20 Jahren in den Blick.58 Was vorher passiert – das Entscheidende! –, wird nicht untersucht. Dieses Studiendesign ist fahrlässig: Denn wir müssen so viel wie möglich über die Gesundheit, die Ernährung sowie den Zusammenhang von beidem bei Kindern und Jugendlichen erfahren, um sie besser schützen zu können.

  6. Die Regierung muss Hersteller von Säuglingsnahrung und Beikost gesetzlich verpflichten, diese so zu produzieren, dass die Zusammenstellung den aktuellen Stand der Wissenschaft widerspiegelt – und so beispielsweise keine Zuckerzusätze enthält.

  7. Ernährungsmedizin muss verbindlicher Teil der ärztlichen Ausbildung werden – und zwar für alle Fachrichtungen. Der positive Einfluss angepasster Ernährung ist bei so vielen Krankheiten nachgewiesen, dass es einer unterlassenen Hilfeleistung gleicht, wenn etwa Dermatologen Neurodermitis-Patienten Cortison verschreiben, ohne dass Betroffene zuvor eine Ernährungstherapie erhalten haben. Dies lässt sich durch eine bessere Ausbildung ändern.

  8. Frauenärzte müssen Frauen mit Kinderwunsch unbedingt über den epigenetischen Einfluss aufklären, den die Ernährung beider Elternteile auf den noch nicht einmal gezeugten Nachwuchs hat.

  9. Es muss Kurse geben für werdende Eltern, ähnlich denen zur Geburtsvorbereitung, die über die Bedeutung artgerechter Ernährung während der Schwangerschaft informieren. Und darüber, wie frühkindliche Prägung abläuft. Die drei Kernbotschaften dabei: wenig Zucker, wenig gesättigte Fettsäuren, dafür viel Bewegung. Studien zeigen: Wissen Eltern das, sinkt die Zahl der Kinder mit mehr als vier Kilo Geburtsgewicht um 20 Prozent.59

  10. Diese Kurse müssen auch nach der Geburt weitergehen: Damit hätten Eltern Anlaufstellen, um praktische Fragen zu klären, die im Alltag auftreten – und könnten so die nicht immer einfache frühkindliche Prägephase besser gestalten.

  11. Die Programme zur Stillförderung müssen deutlich ausgebaut werden. Jeder sollte wissen, welche positiven Auswirkungen Stillen für das gesamte Leben eines Menschen hat. Können Frauen nicht stillen, müssen sie die Möglichkeit einer speziellen Beratung erhalten – damit sie erfahren, auf welche Art sie ihr Kind dennoch gut prägen können.

  12. Kinder müssen in den Kitas und Schulen ein artgerechtes Mittagessen bekommen. Und zwar kostenlos für alle! Denn: Ist eine solche Leistung nur für sozial benachteiligte Kinder gratis, stigmatisiert sie das als »bedürftig«. Hinzu kommt: Eine gute Ernährung beeinflusst die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kinder – ein artgerechtes Mittagessen sichert so ein Stück Chancengerechtigkeit in der Entwicklung.

  13. Mehr Kochkurse statt Programmierkurse im Unterricht! In einigen Ländern, wie etwa Australien, gibt es bereits »Food Studies« als eigenes Fach, was sich positiv auf die Ernährung von Kindern auswirkt. Regelmäßiges Kochen in der Schule würde nicht nur eine entscheidende Kernkompetenz im Hinblick auf langfristige Gesundheit lehren. Sondern Kindern zugleich die Gelegenheit bieten, Lebensmittel zu testen, die sie zu Hause möglicherweise nicht bekommen. Und damit ihr Nahrungsspektrum auf ein gesundes Maß zu erweitern.

  14. Die Krankenkassen müssen deutlich mehr Kurse anbieten, die artgerechte Ernährung vermitteln – und diese ähnlich stark bezuschussen wie beispielsweise Pilates-Trainings.

  15. Für Adipositaskranke sollten spezielle Programme wie das interdisziplinäre Jahresprogramm DocWeight von allen Kassen voll erstattet werden. Sie informieren über die Folgen falscher Prägung und die Auswirkungen des Übergewichts auf körperliche Prozesse – sowie über Möglichkeiten, ungesunde Ernährungsmuster zu überwinden. Um Betroffene damit in die Lage zu versetzen, effektiv ihre Ernährung umstellen zu können.

  16. Deutschland braucht flächendeckend Schwerpunktpraxen zur Ernährungsmedizin, in denen Teams aus Ernährungsmedizinern, Ernährungstherapeuten und Psychologen ernährungsbedingte Erkrankungen behandeln. Derzeit gibt es nur rund 100. Der Grund: Die aufwendige Leistung des Ernährungsarztes wird nicht vergütet. Private Kassen zahlen meist nicht einmal die Ernährungstherapie.

  17. Der Streit um die Lebensmittelampel muss sofort beendet werden. Der Verbraucher hat das Recht auf Information: (Gesättigte) Fette, Zucker, Kohlenhydrate oder Salz müssen leicht erkennbar sein – auch auf Bäckereiwaren.

  18. Deutschland braucht eine Restaurantinitiative: Minigemüseportionen und unpassende Kindergerichte verlangen ein Update. Erste First-Class-Häuser wie das Falkenstein in Frankfurt am Main und das Atlantik in Hamburg haben den Anfang gemacht und ihre Menüs von meinem Ernährungsteam checken lassen.

  19. Vorbildlich die AOK GemüseAckerdemie: Sie fördert den Kontakt von Schülern mit Gemüse vom Anbau in der Schule bis zur Vermarktung. Dies muss flächendeckend Schulfach werden. So kann Gemüse mit allen Sinnen »begriffen« werden. Außerdem waren die Schüler durch die körperliche Arbeit ausgeglichener.

ABNEHMEN 3 – NEUPRÄGUNG BEIBEHALTEN

Ist die Umprogrammierung geschafft, gilt es, die gesunden Ernährungsmuster langfristig im Alltag zu verankern. Das nächste Kapitel erklärt, wie dies gelingen kann – und wie Sie Widerstände überwinden, die zuverlässig auftauchen werden …

DER START INS LEBEN – WARUM ER SO BEDEUTSAM IST

Die ersten 1000 Tage unserer Menschwerdung, also die Zeit zwischen der Zeugung und dem zweiten Geburtstag, ähneln einem Spurt, den wir über viele Monate hinweg durchhalten: Aus einer einzelnen Eizelle entwickeln wir uns zum Kind, das herumlaufen und hüpfen kann, seine Eltern imitiert und mehrere Dutzend Wörter kennt. Nie wieder, da sind sich alle Wissenschaftler einig, geschieht so viel so schnell in unserem Leben.

Das macht die ersten 1000 Tage zu einem einzigartigen Zeitfenster. Einem, das voller Chancen steckt – aber auch Risiken. Denn die Bedingungen, unter denen ein Kind heranwächst, bestimmen kurzfristig und langfristig seine Entwicklung und Gesundheit. Die Stimme der Eltern. Die Nährstoffe, die es zunächst über die Nabelschnur und später am Esstisch erhält. Die Art, wie Mutter und Vater mit ihm kommunizieren, es knuddeln, es trösten. Die Frage, ob Eltern rauchen oder nicht – und inwieweit sie als Vorbild taugen. Jedes, wirklich jedes Detail aus der Umwelt eines Kindes beeinflusst, wie gut sich körperliche Prozesse ausbilden können – von der Entwicklung des Gehirns über die Verdauung und den Stoffwechsel bis hin zum Immunsystem.

Der richtigen Ernährung kommt dabei die Schlüsselrolle zu: Schließlich bilden Essen und Schlafen jene Fixpunkte, um die sich in den ersten 1000 Tagen eines Menschenlebens das meiste dreht. Neugeborene schlafen bis zu 18 Stunden täglich, nach einem halben Jahr auf der Welt immer noch elf – die beiden typischen, mitunter eineinhalb Stunden langen Nickerchen nicht mitgerechnet. Und in der Wachzeit dazwischen? Da geht es zunächst vor allem darum, den Energiebedarf zu decken. Selbst dann, wenn das Kind zu laufen beginnt und langsam, aber sicher mehr Spaß am Spielen als am Essen hat. Auch dann bleibt die Rolle der Nahrung doch noch immer zentral.

Deshalb soll es auf den folgenden Seiten auch nicht in erster Linie darum gehen darzustellen, wie sich der Körper in den ersten 1000 Tagen entwickelt, wie sich etwa das Herz-Kreislauf-System ausbildet oder die Verdauung. Wichtiger scheint mir zu erklären, wie sich grundsätzliche Prozesse entwickeln, die für unsere Ernährung und damit für den bestimmenden Faktor unserer Prägung zentral sind – wie sich also Geschmackssinn und der Hunger-Sättigungs-Regelkreis entfalten und welche Rolle das Gehirn dabei spielt. Denn all das zusammen bildet die Grundlage, um zu begreifen, wie genau Prägung funktionieren kann. Wie es sein kann, dass die Evolution uns bestimmte Geschmacksvorlieben aufdrückt – und die Eltern darüber mitbestimmen, was Kinder sich später als Erwachsene auf den Teller packen und welche Funktion Essen für sie hat.

Ein Grund, warum Eltern eine solche Macht haben: In den ersten 1000 Tagen auf der Welt sind Menschen so formbar wie nie wieder in ihrem Leben. Sicher, die Gene geben so einiges vor – etwa, welche Augenfarbe wir haben. Aber schon über unsere Körpergröße entscheiden nicht sie allein. Wie bei einem Stück Knete, das sich kraftvoll oder eher schwach in die Länge ziehen lässt, bestimmen Umweltfaktoren mit, inwieweit wir unsere theoretisch mögliche Größe auch ausbilden. Und wieder ist die entscheidende Variable dafür die Ernährung in den ersten Monaten.

Im Hinblick auf unser Gehirn haben Neurowissenschaftler für diese Formbarkeit einen eigenen Begriff geprägt: den der sogenannten Plastizität. Damit bezeichnen sie etwa die Eigenschaft von Nervenzellen, ihren Aufbau und ihre spezielle Vernetzung untereinander flexibel an das anpassen zu können, was ein Mensch braucht – um etwa Sprachen zu lernen sowie Bewegungsabläufe und Verhalten abzuspeichern. Diese grandiosen Vernetzungen und die Regenerationskraft von Nervenzellen sind bei Heranwachsenden besonders ausgeprägt. Das zeigt sich etwa bei jungen Schlaganfallpatienten, bei denen beispielsweise Lähmungen häufig fast völlig verschwinden. Auch im späteren Leben, bis zu unserem Tod, sind diese Prozesse noch aktiv – anders als Forscher lange vermutet hatten. Damit versetzen uns neurologische Netzwerke in die Lage, so gut wie möglich mit speziellen Gegebenheiten zurechtzukommen. Doch so stark wie in den ersten 1000 Tagen ist die Plastizität unseres Gehirns nie wieder.

Die folgenden Seiten werden zeigen, wie sich all das entwickelt und miteinander zusammenhängt: Hunger und Sättigung, Appetit und Geschmacksvorlieben. Jene Mechanismen also, die stets im Mittelpunkt stehen, wenn es um die frühkindliche Prägung geht und die Frage, ob ein Kind auf »gesund« programmiert wird – oder ungesunde Ernährungsmuster vermittelt bekommt.