Inhalt

1

Die Ursprünge der Familienaufstellungen

2

Krankheitsaufstellungen und Morphogenetisch Feldere

Morphogenetische Felder im Alltag

3

Das Krankheitsfeld

4

Krankheitsaufstellung

5

Salutogenese – Ein neues Gesundheitskonzept

6

Das Heilungsfeld

7

Eine neue Dimension der Heilung

 

Katarina Michel

 

Krankheits

Aufstellungen

 

Wie Familienaufstellungen

Krankheiten und ihre Ursachen

sichtbar machen

 

 

 

Aquamarin Verlag

 

 

1. Auflage 2020

© Aquamarin Verlag GmbH

Voglherd 1 • D-85567 Grafing

 

Umschlaggestaltung: Annette Wagner

ISBN 978-3-96861-024-5

 

 

 

 

 

 

 

 

Einleitung

 

 

 

Wir leben in einer Zeit des Umbruchs: Werte, Bindungen, Traditionen, Familienstrukturen und gesellschaftliche Überlieferungen durchlaufen teilweise radikale Veränderungen. Vieles davon wird als positiv empfunden, weil es aus der eigenen freien Entscheidung heraus gestaltet wird – wobei angesichts der Manipulationen der sogenannten „Social Media“ der Freiheitsbegriff durchaus kritisch hinterfragt werden kann.

 

Manche Veränderungen dagegen lösen Verunsicherung, Furcht oder auch Aggression aus. Vieles, was über Jahrhunderte als sicher galt, löst sich binnen Monaten auf: Staaten, Gemeinschaften, Verbände und – Familien! Diese Umbrüche werden zumeist als negativ empfunden, weil sie verlustreich und oft schmerzhaft sind. Vor allem verunsichern sie, weil der Einzelne wieder auf sich selbst zurückgeworfen wird und die alten Fragen „Wer bin ich?“ und „Wohin gehe ich?“ gänzlich neu und ohne Vorlage beantworten muss.

 

Es ist eine seltsame Revolution der Werte, die sich immer schneller vollzieht. Vor einem oder zwei Jahrhunderten stand die existenzielle Frage „Wie kann ich überleben?“ im Mittelpunkt allen Strebens. Mit größerer materieller Sicherheit kehrte größere innere Zufriedenheit ein. Heute erleben wir teilweise genau die umgekehrte Situation: Je ausgeprägter der materielle Überfluss, desto heftiger die innere Sinnkrise. Es gilt der alte Kalauer: Geld allein macht nicht glücklich, obwohl sich das Unglück leichter ertragen lässt!

 

Es gab im Jahr 2019 eine große, weltweit angelegte Studie zum GLÜCK. Dabei stellte sich heraus, dass ein Einkommen, das in etwa dem europäischen Mittelstand entsprach, als ideal für einen zu beschreibenden Glückszustand galt, wenn das soziale Umfeld stimmte und die Befragten nicht unter schweren Krankheiten litten. Interessanterweise geht diese Ausrichtung mit den Zielen weiter Kreise der heute 18- bis 30-jährigen einher, für die materielle Werte auf der persönlichen Skala relativ weit unten stehen. Für den größten Teil der ins Berufsleben eintretenden jungen Menschen zählen vor allem Gesundheit und ein harmonisches Beziehungsleben zu den erstrebenswertesten Gütern.

 

Kein Werbeträger würde heute noch mit „schneller, besser, teurer“ werben. Die Zeit von „mein Haus, mein Boot, mein Bankkonto“ gehört längst der Vergangenheit an. Stattdessen zeigt sich eine starke und offensichtlich nachhaltige Tendenz zu einem „Weg nach innen“. Yoga und Meditation sind dabei klassische Stichworte, aber auch die Sehnsucht nach geordneten Familienverhältnissen, wobei „geordnet“ in diesem Zusammenhang als „Rückkehr in eine kosmische Ordnung“ verstanden wird. Es scheint den Glauben an eine ORDNUNG zu geben, die aus einer höheren Gesetzmäßigkeit heraus besteht. Diese Ordnung gilt es wieder anzustreben – innerlich wie äußerlich.

 

Bert Hellinger hat in seinen „Familienaufstellungen“ immer wieder auf diese natürliche Ordnung hingewiesen, die es zu beachten gilt und die nicht durch ein „zu dem oder der habe ich den Kontakt abgebrochen“ überwunden werden kann. Ordnung kann nicht verdrängt, sie kann nur wiederhergestellt werden.

 

Ein Weg, um innere und äußere Unordnung zu beseitigen, ist das systemische Verfahren. Es hilft dem Einzelnen, aus einer inneren Perspektive heraus die äußere Unordnung zu erkennen und aufzulösen. In dem Augenblick, in dem negative äußere Strukturen oder Verhältnisse durchschaut werden, lassen sich Schritte einschlagen, um sie zu überwinden.

 

Das Wunderbare am vorherrschenden Zeitgeist ist, dass die Macht alter Überlieferungen heute leichter zu brechen ist. Wer vor fünfzig Jahren aus einer Kirche austreten wollte, hatte einen Prozess voller Widerstände vor sich. Eine Frau, die sich vor fünfzig Jahren scheiden lassen wollte, musste noch ein wahres Spießrutenlaufen durchleben. Wer heute ein Familienerbe ausschlägt und nicht den seit 300 Jahren im Familienbesitz befindlichen Betrieb übernehmen will, der wird Wege finden, um sich aus den Zwängen der „Familientradition“ zu befreien. Freiheit ist heute ein hohes Gut und in den westlichen Gesellschaften mit Mut und Intelligenz durchsetzbar – gegen alle möglicherweise vorhandenen Widerstände.

 

Trotzdem lässt sich natürlich nicht leugnen, dass die alten Machtfelder von Kirchen, Verbänden und Familienstrukturen noch nicht völlig aufgelöst sind: Das Imperium schlägt zurück! Oder versucht es zumindest. In diesen Fällen können die äußeren Widerstände zu inneren Konflikten führen – und damit zu Krankheiten. Das Individuum kann sich von äußeren Zwängen und Beeinflussungen befreien – wenn es sich seiner selbst bewusst ist! Um frei und bewusst zu leben, gilt es, zu agieren und nicht zu reagieren. Niemand ist Opfer seiner Umstände – es sei denn, der oder die Betroffene lässt es zu!

 

Die nachfolgenden Ausführungen und Hinweise sollen ausschließlich dazu dienen, Einflüsse zu erkennen, verdeckte Strukturen und ihre Wirkungsweisen zu entschlüsseln und die innere ORDNUNG wiederherzustellen. Jene ORDNUNG, die allein wahre Freiheit und nachhaltige Gesundheit ermöglicht. Krankheitsaufstellungen im Umfeld von Familienaufstellungen haben sich dafür als ein probates Mittel erwiesen.

 

Wenn man die Entwicklung im westlichen Gesundheitswesen sorgfältig studiert, dann stellt man fest, dass sich ständig neue Krankheitsbilder zeigen, auf welche die moderne Schulmedizin nicht erfolgreich zu reagieren vermag. Woran mag das liegen? Jahrzehntelang wurde der Mensch als Maschine betrachtet und entsprechend therapiert. Für eine gewisse Zeit und in einem gewissen Rahmen war diese materiell-biologisch-pharmazeutische Vorgehensweise erfolgreich; heute ist sie es in einem erheblichen Ausmaß nicht mehr. Die Schulmedizin steht vor der globalen Herausforderung, eine seelisch-geistige Dimension nicht nur anzuerkennen, sondern auch in den therapeutischen Prozess einzubinden. Noch stehen die alteingesessenen Universitätsprofessoren und Klinikdirektoren diesem Veränderungsprozess im Wege; aber sein Siegeszug ist nicht aufhaltbar. Junge, aufgeschlossene Mediziner kommen mit einem neuen Welt- und Menschenbild an ihre Arbeitsplätze und werden ihr Berufsbild schon bald tiefgreifend verändern. Wo sich der medizinische Betrieb dem Neuen Denken verweigert, wird er durch Nichtteilnahme der Patienten überwunden.

 

Auch der Weg über die Krankheitsaufstellungen ist ein Schritt hin zu einer neuen, einer Energiemedizin. Es ist erfreulich, dass schon klassische Medizinbuch-Verlage Lehrbücher mit diesem Begriff im Titel auf den Markt bringen. Der Mensch wird nicht länger von Mechanikern behandelt, die eine neue Öleinspritzung vornehmen oder ein Ersatzteil auswechseln, sondern von sensiblen, empathischen Heilkünstlern, die ein Verständnis für seine energetisch-seelischen Prozesse haben.

 

Erfreulicherweise sind es, wie ich in meiner Praxis erleben kann, vor allem Frauen, die sich diesen Veränderungen stellen und sie aktiv begleiten möchten: „Der Mutigen gehört die Welt!“ Alte Probleme lassen sich nicht auf alten Wegen lösen. Es geht darum, sich mit neuen, unkonventionellen Verfahren von altem Seelenballast zu befreien, um dann frei, ungebunden, achtsam und wach seinen „pfadlosen Weg“ zu betreten!

 

Leid leitet! Es ist kein unerforschbarer göttlicher Ratschluss, der uns, vielleicht auch noch unverdient, etwas aufbürdet. Krankheiten sind eine Herausforderung, die uns helfen soll, einen entscheidenden Schritt hin zu UNS SELBST zu machen. Seien Sie mutig! Seien Sie: SIE SELBST!

 

 

 

1

 

Die Ursprünge der

Familienaufstellungen

 

 

Das „Familienaufstellen“, als radikaler Neuansatz in der Psychologie, ist vor allem mit zwei Namen verbunden: Virginia Satir (1916-1988) und Bert Hellinger (geb. 16.12.1925).

 

Satir war insofern eine Pionierin, als sie die Prägungen von Familienbindungen auf den Einzelnen detailliert untersuchte und deutlich machte, wie weitreichend Familienbande für den weiteren Lebensweg des Einzelnen sind. Hellinger entwickelte ihre Forschungsergebnisse weiter und setzte im Verlaufe etlicher Jahrzehnte Erfahrung mit dem „Familienstellen“ immer häufiger auch spirituelle Impulse. So verknüpfte er etwa in der Frage nach dem tieferen Ursprung von Krankheiten den Ordnungsgedanken mit der Heilung. Dies ist der Grundansatz für den in unseren Heilungsbüchern vertretenen Gedanken: „Heilung ist die Wiederherstellung der kosmischen Ordnung.“ Wer einen solchen metaphysischen Impuls in das Heilungsgeschehen einbringt, darf sich nicht wundern, wenn ihm seitens der Schulmedizin und ihrer Verbündeten abgrundtiefe Ablehnung entgegengeschleudert wird. Hellinger war mit diesem Ansatz seiner Zeit weit voraus und darf deshalb, selbst wenn er das von sich selbst so vielleicht nicht behaupten würde, als einer der Väter der modernen Energiemedizin bezeichnet werden.

 

Es kann nicht verwundern, dass viele wertvolle Impulse im Umfeld des Familienstellens aus den USA gekommen sind, die, vor allem in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts, mit viel größerer Freiheit neue psychologische Verfahren austesteten. Das, was man damals noch „New Age“ nannte, konnte sich auf eine Reihe hochkarätiger Vordenker stützen. Vielleicht bedurfte es auch der Ungebundenheit der kalifornischen Westküste, um frei vom Druck der Universitäten und einflussreichen Medizin- und Pharmakonzerne neue Ansätze im Bereich der menschlichen Seele auszuprobieren. Da zahlreiche dieser Pioniere einer neuen, spirituellen Psychologie auch von östlichen meditativen Wegen beeinflusst waren, kam erstmals ein wahrhaft „ganzheitlicher“ Ansatz in die Deutung innerseelischer Phänomene. Forscher wie Capra, Dossey, Chopra, Ferguson oder Church leisteten Bahnbrechendes, um Heilung und Spiritualität zu verknüpfen. Larry Dosseys Buch „Heilende Worte“, in dem er erstmals die Wirkung von Gebeten im Heilungsprozess untersuchte, stand monatelang auf der Bestsellerliste der „New York Times“ und war, ähnlich wie Capras „Tao der Physik“, ein Meilenstein für alle späteren Bestrebungen, die letztlich in die „Energiemedizin“ einmündeten.

 

Diese revolutionären gesellschaftlichen Veränderungen darf man nicht aus dem Blick verlieren, wenn man mit den Augen von heute auf „Systemische Verfahren“ schaut. Was anfänglich die Verbundenheit des Einzelnen mit einem überschaubaren Familiensystem zum Ausdruck bringen sollte, wird heute als die große „Einheit des Lebens“ verstanden. Der holistische Ansatz, wie ihn etwa David Bohm in die Physik und Rupert Sheldrake in die Biologie eingebracht haben, spiegelt letztlich nur die Erfahrung der „Unio Mystica“ der alten Mystiker oder das „Du bist die Welt“ von Krishnamurti wider. Der Einzelne ist nicht getrennt vom Ganzen!

 

 

 

Hellingers „Familienstellen“ ist vielleicht deshalb weltweit so populär geworden, weil es zwei Aspekte unmittelbar vereint: Die spontane persönliche Betroffenheit und die unmittelbar nachprüfbare Wirksamkeit des Verfahrens. Wer einmal erlebt hat, welches unerwartete Identifikationsmoment einerseits denjenigen erwartet, der stellvertretend aufgestellt wird, und andererseits als Aufstellender erfahren durfte, wie nahezu unmittelbar ein jahrzehntelang andauernder Familienkonflikt durch eine öffentlich ausgesprochene Bitte um Verzeihung gelöst wird, der weiß um die Zeit und Raum übergreifenden Auswirkungen dieser Familienaufstellungen.

 

Hellinger war 1952 Priester geworden und dürfte nicht zuletzt vom Gedanken der vergebenden Liebe in seiner Entscheidung zu diesem Schritt inspiriert worden sein. Das Liebesband zwischen Eltern und Kinder – die meisten Menschen sind sowohl Eltern als auch Kinder – bietet die Grundlage, um über ein liebevolles Vergeben alte Konflikte zu lösen und dadurch innere Ordnung (sprich Heilung!) wiederherzustellen.

 

Familienaufstellungen haben unendlich Wertvolles geleistet, um so verhängnisvolle Bande wie die zwischen Täter und Opfer, Gewalt und Scham, Liebe und Hass oder Verleugnung und Anerkennung oft nach Jahrzehnten endlich aufzulösen. Jede dieser schmerzhaften und unheilvollen Beziehungen war ja stets eine zwischen Menschen – zwischen Mitgliedern einer Familie! Eine unerlöste, weil nicht erlöste Missbrauchserfahrung kann beide Beteiligten über viele Jahre in ihrem geistigen Fortschritt behindern und zudem chronische Krankheiten auslösen. Nur wenn man diesen Hintergrund versteht, kann man auch den Ansatz des „Krankheitsaufstellens“ erfassen.

 

Heute lässt sich der Ansatz von Satir oder Hellinger in ein Menschenbild eingliedern, das den Einzelnen sowohl in seiner Verflochtenheit als auch in seiner seelisch-geistigen Freiheit sieht. Schicksalhafte Verbindungen stellen Herausforderungen dar, um durch ihre Überwindung zu einer neuen, nachhaltigen Freiheit zu gelangen. Und nur der freie Mensch wird in der Lage sein, wieder jenen Pfad zu betreten, der ihn zur Verwirklichung seines großen Lebensplanes führen wird.

 

 

 

2

 

Krankheitsaufstellungen

und Morphogenetische

Felder

 

 

Als der englische Biologe Rupert Sheldrake im Jahr 1981 sein Buch „Das schöpferische Universum. Die Theorie des morphogenetischen Feldes“ veröffentlichte, lösten seine Hypothesen einen wahrhaften Sturm in der wissenschaftlichen Welt aus. Das führende britische Wissenschaftsmagazin „Nature“ verstieg sich sogar dahingehend, Sheldrakes Buch als „den besten Kandidaten seit vielen Jahren für eine Bücherverbrennung“ zu verunglimpfen. Man mag sich den Zorn vorstellen, der, angesichts der Geschichte des 20. Jahrhunderts, zu solch einem unsäglichen Satz geführt hat. Sheldrake versetzt, wenn er Recht behalten sollte, der materialistischen Biologie den Todesstoß. Wenn eine nicht-materielle Ursache biologische Prozesse steuert, dann muss die gesamte Naturwissenschaft radikal umdenken. Deshalb anerkannten andere wissenschaftliche Zeitschriften, wie etwa der angesehene „New Scientist“, Sheldrakes kühne Behauptungen durchaus an: „Sicherlich liegt hiermit eine der wichtigsten wissenschaftlichen Untersuchungen über die Natur der biologischen und physikalischen Wirklichkeit vor.“ Seit nunmehr fast vierzig Jahren wird die Theorie der „Morphogenetischen Felder“ kontrovers diskutiert – und die Wahrscheinlichkeit hat von Jahr zu Jahr zugenommen, dass Sheldrake in die richtige Richtung zielt.

 

Jede Pflanze, jede Blume und möglicherweise sämtliche Lebensformen verfügen über ein morphogenetisches Feld, das entscheidend für ihren Aufbau und ihre Entwicklung ist. Dieser Einfluss erweist sich als weitaus bedeutender als die genetischen Faktoren der DNS. Es geht um das sogenannte „Gedächtnis der Natur“, das die treibende Kraft bei der Entstehung einer Lebensform ist. Dabei spricht Sheldrake nicht von einer simplen Erinnerung, sondern es handelt sich um eine essenzielle, grundlegende Prägung durch Information. Morphische Felder prägen nicht nur Pflanzen, sondern auch Atome, Moleküle, Zellen, Gewebe, Organe, Organismen, soziale Gemeinschaften und das gesamte Ökosystem.