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Über dieses Buch:

Schon lange ist der Starreporter und Frauenheld David von seiner geheimnisvollen, eleganten Verlegerin fasziniert – wie gern würde er sie nach allen Regeln der Kunst verführen! Doch als Lady Carrington ihn tatsächlich auf ihr abgelegenes Schloss einlädt, kommt alles anders, als er denkt: David taucht ein in eine atemberaubende Welt der Erotik und Leidenschaft. In diesem tabulosen Schlaraffenland genießt David das zügellose Leben und nimmt alles, was sich ihm anbietet – selbst die Tochter seiner Verlegerin. Inmitten all der aufreizenden Sinnlichkeit merkt er nicht, dass Lady Carrington nur mit ihm spielt – und die lustvolle Lady noch etwas ganz Besonderes mit ihm vorhat …

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eBook-Neuausgabe März 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2012 Edition Combes, Küps

Copyright © der eBook-Neuausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

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Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Pawel Sierakowski

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-865-7

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Im realen Leben dürfen Erotik, Sinnlichkeit und sexuelle Handlungen jeder Art ausschließlich zwischen gleichberechtigten Partnern im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden. In diesem eBook werden erotische Phantasien geschildert, die vielleicht nicht jeder Leserin und jedem Leser gefallen und in einigen Fällen weder den allgemeinen Moralvorstellungen noch den Gesetzen der Realität folgen. Es handelt sich dabei um rein fiktive Geschichten; sämtliche Figuren und Begebenheiten sind frei erfunden. Der Inhalt dieses eBooks ist für Minderjährige nicht geeignet und das Lesen nur gestattet, wenn Sie mindestens 18 Jahre alt sind.

Adrian Leigh

Lady Carringtons Geheimnis

Erotischer Roman

venusbooks

David Barclay träumte offensichtlich nicht. Das nicht enden wollende Klingeln des Telefons, das wie eine schrill kreischende Kreissäge in seinen Schlaf schnitt, war sehr real. Er hatte die größte Mühe, seine Augen zu öffnen, um auf den Wecker zu schauen.

8:24 Uhr!

Nach Davids persönlichen und seinem Bekanntenkreis geläufigen Maßstäben gehörte diese Uhrzeit in die Kategorie »Mitten in der Nacht«. Aber wer auch immer so viel Mangel an Anstand hatte, ihn um diese Zeit anzurufen, war sehr beharrlich. Im Halbschlaf tastete er nach dem Telefon, fiel dabei fast aus dem Bett, fluchte und bekam den Hörer schließlich zu fassen.

»Ich hoffe, Sie haben einen verdammt guten Grund, mich zu dieser nachtschlafenden Zeit zu stören«, knurrte er ebenso wütend wie verkatert.

»Das habe ich allerdings, David«, antwortete die Stimme am anderen Ende der Leitung mit einer Ruhe, die man sich unwillkürlich aneignet, wenn man öfter mit David Barclay zu tun hatte.

»Jeff?«

Ein Anruf seines Chefredakteurs Jefferson Meredith zu dieser frühen Stunde konnte zwei verschiedene Gründe haben. Erstens: Jeff wollte ihn wegen eines ganz besonders gelungenen Klatsch- und Tratsch-Artikels loben, der die Auflage der Zeitung wieder einmal in astronomische Höhen katapultiert hatte. Zweitens: Jeff wollte ihn vorwarnen, weil er wieder einmal irgendwem mit einem solchen Artikel auf die Füße getreten war.

»Wir haben da ein kleines Problem, David«, sagte der alte Chefredakteur mit einer solch betonten Beherrschtheit, dass eindeutig »Zweitens« die Ursache seines Anrufes war. »Es wäre vielleicht angebracht, wenn du gleich mal in der Redaktion vorbeikommen könntest.«

Das klang nicht nach einem kleinen Problem, sondern eher nach mächtig viel Ärger, der in einem Hochdruckkessel am Kochen war und sehr viel Dampf absonderte. David Barclay hatte trotz seines beinahe noch jugendlich zu nennenden Alters genügend journalistische Erfahrung und Spürsinn, um zu merken, wenn irgendwo etwas im Argen war, brodelte oder wenn irgendwer Dreck am Stecken hatte und sich die Weste sauberhalten wollte. Das war schließlich der Stoff, aus dem er Geld machte – sehr viel Geld!

»Was ist los, Jeff?«

»Das sollten wir nicht am Telefon besprechen.«

Schlagartig war David hellwach. Wenn Jefferson Meredith so redete, dann brannte es. Er kannte das bereits. Es passierte immer wieder, dass seine Artikel hohe Wellen schlugen und gewaltige Empörung auslösten, denn nur gar zu gerne verstand sich David als journalistischer Anwalt des kleinen Mannes und trat hohen Tieren auf die Füße und die Krawatten. Beinahe wöchentlich hatte die Rechtsabteilung der renommierten Tageszeitung »The London Day« damit zu tun, seinetwegen Schadensbegrenzung zu betreiben und bestimmte Leute mit viel Geld milde zu stimmen und zum Schweigen zu bringen. Böse Zungen behaupteten sogar, die ganze Abteilung existiere nur wegen David, dem Enfant terrible des Blattes.

»Ich komme vorbei«, sagte David und legte auf. Wahrscheinlich malte Jeff nur wieder den Teufel an die Wand und regte sich über eine unbedeutende Kleinigkeit auf. Fühlte sich etwa wieder mal ein korrupter Politiker ertappt, der laut gegen Pornographie und nackte Titten im Fernsehen und auf den Titelseiten von Zeitschriften wetterte, aber den David beim Sex mit zwei Nutten erwischt hatte? Oder war ein sauberer Geschäftsmann empört darüber, dass David seine illegalen Machenschaften aufgedeckt hatte? Möglichkeiten gab es viele.

»Was ist denn los?« Neben ihm tauchte ein lockiger blonder Haarschopf unter der Bettdecke hervor, und ein Paar wunderschöner blauer Augen strahlte ihn an. Dazu lächelte ein Mund, der so verführerisch war, dass alle Weltpolitik und jedes legale oder illegale Geschäft bis später Zeit hatte.

»Nichts, Süße.«

»Hast du einen wichtigen Termin?«

»Nein!« David lachte und schüttelte den Kopf. »Ich bin David Barclay, und alle richten ihre Termine gefälligst nach mir, nicht umgekehrt!«

»So gefällt mir das«, schnurrte die blonde Sirene. »Ich heiße übrigens Cindy.«

David grinste. Was erhoffte sich die Göre davon, dass sie ihm ihren Namen verriet, ohne dass er danach gefragt hatte? Dachte sie, er würde ihr einen Heiratsantrag machen, wenn er wusste, wie sie heißt? Es war doch immer wieder das Gleiche. Diese Weiber glaubten alle, sie wären die einzigen auf der Welt. Für David waren sie nette Gesellschaft gegen die Langeweile und kostenlose fickwillige Flittchen. Sie machten alle die Beine für ihn breit, wenn er nur mit dem Finger schnippte. Das war immerhin billiger, als sich professionelle Liebesdienerinnen zu mieten. Warum sollte er Geld für etwas bezahlen, das ihm im Überfluss immer wieder kostenlos angeboten wurde?

»Wie schön für dich, Cindy. Kannst du mit deinem Mund noch etwas anderes als so nett zu lächeln?«

Ihr Lächeln wurde noch größer und strahlender. Eigentlich war sie ein süßes Mädchen, dachte David. Die kecken Sommersprossen um ihre Nase herum ließen sie richtig niedlich aussehen. Aber das war so gut wie egal. Er konnte jeden Tag zehn Mädchen ihrer Sorte haben. Und wenn er eine mit Sommersprossen wollte, dann bekam er eine.

»Und ob ich das kann«, flüsterte Cindy und zwinkerte ihm zu. Ihr Kopf verschwand unter der Bettdecke, und ihre Lächellippen fanden ihr Zielgebiet. Ohne Umschweife nahm sie Davids Schwanz in den Mund und fing an, ihn hingebungsvoll zu lutschen. David lehnte sich im Bett zurück und schloss entspannt und genüsslich die Augen. Ja, diese Kleine – wie hieß sie doch gleich nochmal? – war wirklich gut. Sie konnte lutschen und blasen, dass er die Englein singen hörte. Das war genau der richtige Auftakt für einen Tag, der so hart wie sein Schwanz zu werden versprach und an dem David schon zu einer solch unchristlichen Zeit geweckt worden war.

Cindy gab sich alle Mühe, und vermutlich spielte sie in ihrer Freizeit sogar ein Blasinstrument. Das Konzert, das sie auf Davids Schwanz flötete, war jedenfalls virtuos.

»Schluck es«, grunzte er, als er merkte, dass er kam. Sein Saft spritzte mit großem Druck in ihren Mund, und David grinste zufrieden. Es war immer wieder schön, wie gierig die Frauen waren, seinen Samen zu schlucken. Auch wenn sie es nicht mochten und vielleicht vorher noch nie getan hatten: Bei ihm schluckten sie alle ohne Widerworte, als würde es sie zu etwas Besonderem machen – als würden sie dadurch zu einem Teil der glamourösen Welt werden, in der sich David Barclay täglich und vor allem nächtlich bewegte.

***

»Nein, er ist immer noch nicht da!« Jefferson Meredith versuchte, souverän und ruhig zu klingen. Es misslang ihm mit bemerkenswerter Gründlichkeit. »Vermutlich ist er irgendwo aufgehalten worden. Sie wissen ja, der Verkehr in London kann sehr …«

»Verschonen Sie mich mit Ihren fadenscheinigen Entschuldigungen, Jefferson!« Die Stimme der Frau am anderen Ende der Leitung war so kalt und hart wie der Eisberg, der einst die Titanic zum Sinken gebracht hatte. Jedes einzelne Wort klang wie ein Peitschenhieb. »Ich verabscheue es zutiefst, wenn man mich mit solchen plumpen Ausreden langweilt.«

»Gewiss«, beeilte sich der alte Chefredakteur zu versichern. Er wischte sich den Angstschweiß von der Stirn, der bei den glücklicherweise seltenen Telefonaten mit Lady Veronica Carrington regelmäßig bei ihm auftrat. »Ich bin sicher, Mister Barclay wird jeden Moment hier sein.«

»Dieses Märchen haben Sie mir bereits vor einer Stunde aufgetischt. Meine Geduld ist ebenso begrenzt und wertvoll wie meine Zeit.«

»Gewiss, Lady Carrington, ich werde …«

»Aber sicher werden Sie, mein lieber Jefferson. Ich bin davon überzeugt, dass Sie die Angelegenheit mit diesem David Barclay zu meiner vollsten Zufriedenheit abwickeln werden.«

Während der kleinen Pause, die sie mit einem untrüglichen Gespür für Dramatik einlegte, konnte Jeff beinahe ihr zynisches, sadistisches Grinsen durch das Telefon hindurch hören.

»Einem Mann Ihres Alters würde es bedauerlicherweise sehr schwer fallen, einen neuen Posten als Chefredakteur zu finden. Erfahrung wird ja heutzutage leider überhaupt nicht mehr gewürdigt!«

Bevor Jeff sich von diesem verbalen Tiefschlag erholen und eine unterwürfige Antwort geben konnte, verriet ein metallisches Klicken, dass Lady Veronica Carrington den Hörer aufgelegt hatte. Sie verstand es hervorragend, den Angestellten ihres Medienimperiums deutlich klarzumachen, an welchem Ende der Nahrungskette sie standen – und welche Position sie selbst dabei einnahm.

***

Wenn David Barclay die Räume der »London Day«, der berühmtesten, ältesten und auflagenstärksten Tageszeitung Englands betrat, hefteten sich die Blicke aller Frauen wie von einem Magneten angezogen auf ihn. Manche sahen in ihm einen arroganten Fatzke und hassten ihn abgrundtief, anderen ging er mit seinen sexuellen Anspielungen schlichtweg auf die Nerven, aber dennoch hätten sie – wie die Mehrzahl der Frauen – alles darum gegeben, nur ein einziges Mal mit Londons berühmtestem Starreporter und Playboy ins Bett gehen zu können.

David genoss seine Auftritte. Für einen Jungen, der im übelsten Waisenhaus der Stadt aufgewachsen war und dem man eher eine Karriere auf der schiefen Bahn und einen frühen Tod vorhergesagt hätte, hatte er es weit gebracht. Das Wort »Erfolg« stand ihm förmlich auf die Stirn geschrieben, die Frauen lagen ihm zu Füßen, er hatte Geld wie Heu und war sich absolut sicher, dass die »London Day« keinen einzigen Tag ohne ihn überleben könnte und dass die gesamte Welt sich nur um ihn drehte.

»Jeff, was gibt’s?« Lässig und salopp ließ er sich in den Sessel im Büro des Chefredakteurs fallen, als wäre er dort zuhause. Es hätte nur noch gefehlt, dass er die Füße auf den Tisch gelegt hätte. »Was hat dich denn so aus der Fassung gebracht? Haben wir zwei Leser weniger, denen mein Leitartikel nicht gefallen hat?«

Jefferson Meredith versuchte ruhig zu bleiben. Es war im Grunde ein nahezu unmögliches Unterfangen, David die Nachricht beibringen zu wollen. Wie stellte sich Veronica Carrington das eigentlich vor?

»Nein, David, wenn es nur das wäre.«

»Also, was liegt an, alter Knabe? Raus damit. Wäre schön, wenn du dich damit ein bisschen beeilen könntest. Ich habe heute nämlich noch das ein oder andere vor.«

Jeff atmete tief durch.

»Ja, zum Beispiel deine Koffer zu packen!«

»Wieso das? Habe ich eine Reise gewonnen? Sehnt sich irgendeine Luxusmöse auf den Malediven nach meiner Anwesenheit?« Er lachte schallend über seinen eigenen Witz und fasste sich dabei machohaft in den Schritt, doch dann gefror dieses Lachen auf seinem Gesicht. Der gute alte Jeff meinte es offensichtlich ernst.

»Lady Carrington persönlich!«

Es war einer der seltenen Momente, in denen David so verblüfft war, dass er kein Wort hervorbrachte. Es dauerte fast eine Minute, bis er seine Sprache wiederfand.

»Das ist nicht dein Ernst, Jeff, oder? Die alte Carrington will, dass ich zu ihr komme? Kann sie sich von ihren ganzen Millionen keine guten Stecher mehr leisten oder warum braucht sie einen Mann wie mich?«

»Sie hat eine besondere Aufgabe für dich!« Jefferson wischte sich zum unzähligsten Mal den Schweiß von der Stirn und stellte dabei fest, dass seine Hände zitterten.

»Was denn? Soll ich für das Käseblättchen in ihrem Nest schreiben und vom Jahrestreffen der Hühnerzüchter berichten?« David lachte gerne über seine eigenen Scherze. Er fand, dass er einen großartigen Sinn für Humor hatte. Eine Ansicht, die allerdings nicht jeder Mensch in seinem Umfeld teilte. Jeff ließ sich nicht einmal zu einem angedeuteten Schmunzeln hinreißen. »Oder braucht sie einen richtigen Kerl, der sie mal wieder richtig rannimmt?«

David fand seine Fassung wieder und grinste breit. Lady Veronica Carrington persönlich wollte ihn engagieren? Na, es war ja überall bekannt, dass die feine Dame nichts anbrennen ließ und sich gerne mal den einen oder anderen Schwanz genehmigte.

»Sie will, dass du ihre Biographie schreibst, David!«

David konnte spüren, wie seine Kinnlade herunterklappte.

»Das ist nicht dein Ernst, oder?«

»Doch, David!« Jefferson Meredith nickte bedächtig und atmete durch. »Sie will unbedingt dich und sonst niemanden. Offenbar haben sich deine enormen Fähigkeiten als Schreiber bis in den hohen Norden herumgesprochen. Die Dame ist jedenfalls ganz wild darauf, dich dort zu haben.«

»So so!« David lachte und simulierte dabei Fickbewegungen, die dem alten Chefredakteur die Röte ins Gesicht trieben. »Und du bist sicher, da ist ihr nichts anderes zu Ohren gekommen? Die alte Stute ist doch sicher lange nicht mehr ordentlich geritten worden.«

Jeff wischte sich erneut den Schweiß von der Stirn. »In Castletown befindet sich das Schloss der Familie Carrington. Himmel, David, reiß dich zusammen und denk nicht immer nur an Sex!«

David seufzte langgezogen.

»Es ist also wirklich ernst? Ich soll in diese Einöde irgendwo da oben im hohen Norden gehen? Weg von London?«

»Es ist der Wunsch von Lady Carrington.«

»Und wenn Lady Carrington pfeift, dann haben alle zu springen?«

»So ist es, David!«

»Und wenn ich mich weigere?«

In diesem Moment konnte sich Jeff ein bitteres Schmunzeln nicht verkneifen. »Ach David, du musst noch sehr viel lernen!«

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»Ich wusste doch, dass ich mich auf Sie verlassen kann! Alles andere hätte mich auch sehr enttäuscht, und Sie wollen mich doch nicht enttäuschen, nicht wahr, Jefferson?!«

»Keineswegs, Lady Carrington!«

Veronica Carrington lächelte überlegen. Sie genoss ihre Macht, und es gefiel ihr, wie Jefferson Meredith und all die anderen vor ihr zu Kreuze krochen. Sie hatte nicht vergessen, dass es in ihrem Leben einmal ganz anders gewesen war, und sie würde es auch niemals vergessen.

»Also rechne ich in den nächsten Stunden mit dem Auftauchen von David Barclay!«

»Sicherlich, Lady Carrington!«

»Und Sie haben ihm selbstverständlich erklärt, weshalb ich ihn hier haben will?«

Jeff schluckte. Seine Kehle fühlte sich rauh und trocken an. David Barclay war nicht unbedingt die Sorte Mensch, die er als guten Freund bezeichnet hätte. Aber dennoch lag ihm etwas an dem begabten jungen Journalisten, aus dem noch viel werden konnte, wenn man ihn nur richtig führte. Jefferson fühlte sich unwohl dabei, ihn der Lady wie einem Raubtier ausliefern zu müssen. Aber man widersetzte sich Veronica Carrington nicht, wenn man noch eine Zukunft haben wollte.

»Ich habe ihm gesagt, Sie seien von seinen journalistischen Fähigkeiten so begeistert, dass er unbedingt Ihre Biographie schreiben soll!«

Veronica Carrington lachte schallend.

»Köstlich, Jefferson, wirklich köstlich. Ich bin beeindruckt. Lernen Sie als Mann von Moral und Anstand auf Ihre alten Tage noch die hohe Kunst der Lüge und der Korruption?«

»Wenn Sie es sagen, Lady Carrington!«

Wieder lachte die unheimliche, kalte Frau. Ihr Lachen ging Jeff durch und durch.

»Und David hat diese Geschichte tatsächlich geglaubt? Dann kann es mit seiner vielgepriesenen Intelligenz nicht allzu weit her sein!«

»Gewiss, Lady Carrington!«

Für Veronica Carrington war das Gefühl, von einem Moment auf den anderen über Schicksale entscheiden zu können, wundervoll erregend. Wenn ihr danach war, dann würde Jefferson Meredith trotz jahrzehntelanger, verdienstvoller Tätigkeit für ihren Verlag morgen beim Sozialamt in der Schlange anstehen oder – wenn sie es gut mit ihm meinte – in ihrem Schloss den Tee servieren und die Fußböden mit einer Zahnbürste schrubben. Wenn sie mit dem Finger schnippte, dann würde er vor ihr auf dem Boden kriechen und um Gnade winseln.

»Ich werde auf Sie zurückkommen, wenn ich Sie wieder brauche, Jefferson.«

»Gewiss, Lady Carrington!«

Klick!

Das Gespräch war beendet.

Veronica Carrington grinste. Sie hatte hübsche Pläne mit David Barclay im Sinn. Ihre Phantasie lief auf Hochtouren, wenn sie sich vorstellte, dass dieser arrogante Schnösel bald in Reichweite ihrer starken Hand sein würde. Ein nettes kleines Spiel hatte sie sich da ausgedacht.

»Etwas mehr Begeisterung bei der Arbeit, wenn ich bitten darf!« fuhr sie den schönen jungen Mann zu ihren Füßen an, der ihre Stiefel putzte und blitzblank wienerte. Ein kleiner, aufmunternder Klaps mit der Reitgerte genügte, um ihm zu verdeutlichen, dass Veronica auch andere Saiten aufziehen konnte, wenn sie unzufrieden war.

Er war ein wirklich gut aussehender und prächtig gebauter junger Bursche, dessen unterwürfiger Anblick noch ganz andere Gedanken in Veronica Carrington weckte. Vielleicht würde sie heute noch ein wenig mit ihm spielen, um sich die Zeit zu verkürzen, während sie auf David Barclay wartete. Der Gedanke, den hochgerühmten Starreporter bald wie eine Marionette in der Hand zu haben, erregte sie auf das Äußerste und flutete ihre kribbelnde Möse.

***

Jefferson hatte gesagt, David müsse noch viel lernen, und was David als erstes lernte, war die Tatsache, dass sein Porsche Cabriolet als Fahrzeug immer ungeeigneter wurde, je weiter er nach Norden fuhr. Der Wagen bot seinem wenigen Gepäck kaum Platz, und seit mehr als einer Stunde hatte er das Verdeck nicht mehr öffnen können. Der von einem eisigen Wind gepeitschte Regen wirkte sich nur mäßig positiv auf Davids ohnehin schlechte Laune aus.

Castletown! Wer um alles in der Welt fuhr dort freiwillig hin? Bis zu diesem Gespräch in Jeffs Büro hatte David noch nicht einmal gewusst, dass dieses Nest überhaupt existierte. Schon der Name klang nach Kuhställen, Gesangsvereinen und fünfhundert Jahren Inzest. Sicherlich waren dort alle Bewohner miteinander verwandt und vögelten die Schafe. Was in drei Teufels Namen sollte er dort machen? Er war der angesehenste und berühmteste Society-Reporter von London und sollte die Biographie einer eingebildeten alten Zicke schreiben, die sich in die feine Gesellschaft hochgebumst, ihren Gatten ins Grab gebracht und alleine beerbt hatte und sich nun mit seinem Geld ein schönes Leben machte. Damit war die Biographie im Grunde schon fertig, wenn man mal davon absah, dass die feine Dame einen so gigantischen Verschleiß an Männerschwänzen hatte, dass sogar Katharina die Große dagegen wie eine Klosterschülerin wirkte!

Schon lange hatte er die Autobahn verlassen und war zunächst über Landstraßen gefahren, die mit jeder zurückgelegten Meile diese Bezeichnung immer weniger verdienten. Inzwischen rumpelte der teure Sportwagen über Feldwege, die noch aus der Keltenzeit zu stammen schienen. Bei jedem Schlagloch protestierten die Stoßdämpfer gequält. Mehrmals musste David anhalten, um eine Schaf- oder Kuhherde passieren zu lassen.

»Castletown 3 Meilen« – Dieses Hinweisschild war der mit großem Abstand aufregendste Anblick, der sich ihm in den vergangenen zwei Stunden geboten hatte. Trotzdem ahnte er, dass diese Gegend nicht seine Welt war und es auch niemals werden sollte.

Die drei Meilen zogen sich endlos hin. Zeitweise konnte David nur in Schrittgeschwindigkeit fahren. Glücklicherweise, denn anderenfalls hätte er sicherlich die hübsche junge Frau am Rand des Weges übersehen. Im sprichwörtlich letzten Moment brachte er den Wagen wenige Zentimeter vor ihr zum Stehen. David ließ die Scheibe an der Beifahrerseite herunter.

»Was machen Sie hier in dieser gottverlassenen Gegend, Miss? Soll ich sie mitnehmen?«

Unter der Kapuze der gelben Öljacke blickte ihm ein wunderschönes, fröhliches Gesicht entgegen, das von nassen blonden Locken umrahmt wurde.

»Sie fahren sicher nach Castletown, oder, Sir?«

»Ja, woher …?«

»Dann können Sie mich mitnehmen!«

Sie öffnete die Wagentür und ließ sich mit einer eleganten und geschmeidigen Bewegung auf den Beifahrersitz gleiten. Ihr Lächeln war ebenso atemberaubend wie ihre Aufmachung unpassend war. Mit dem geübten verstohlenen Blick des eingefleischten Frauenhelden musterte David seine Beifahrerin und saugte alle Einzelheiten binnen Sekunden in sich auf.

Eine so bildhübsche Frau hätte er in dieser Einöde niemals erwartet. Also gab es hier doch mehr als Schafe. Sie war wohl kaum älter als er, höchstens ein oder zwei Jahre. Ihr Gesicht war das eines Engels mit feinen, gleichmäßigen Zügen und einer Haut, die so seidig und weich aussah, dass David sie am liebsten sofort berührt hätte. Es war ein Gesicht wie von einem Maler auf Leinwand gebannt, und nicht einmal die leiseste Spur eines kleinen Pickels oder auch nur einer Unreinheit war zu sehen. Ein paar lockige Strähnen ihres Blondschopfes hingen ihr nass ins Gesicht, und darunter strahlte ein Paar der schönsten blauen Augen hervor, die David je gesehen hatte. Unter der kecken, mädchenhaften Stupsnase blühten sinnlich volle, rot geschminkte Lippen, die jeden normalen Mann zu dem Gedanken verleiten mussten, seinen Schwanz dazwischen zu schieben. David stufte die junge Frau anhand seiner persönlichen geistigen Checkliste eindeutig als »fickbares Material« ein.

»Was machen Sie denn bei diesem Wetter hier draußen?«, fragte er und beobachtete, wie einzelne Regentropfen aus ihren Haaren über ihre Wangen kullerten.

»Ich habe auf den Bus gewartet«, erklärte sie fröhlich und mit diesem unauslöschlichen Lächeln. »Aber der hätte schon vor mehr als einer halben Stunde kommen müssen. Fällt wahrscheinlich wegen dem Regen aus. Das Wasser weicht die Straße auf, wissen Sie?!«

»Hier auf diesem Trampelpfad fährt ein Bus?«

»Aber natürlich!« Sie setzte den schönsten beleidigten Schmollmund auf, den David je gesehen hatte. »Halten Sie uns für unzivilisiert, weil wir weit weg von den großen Städten sind?«

»Nein, keineswegs.«

Wieder funkelten ihre Augen, als würde darin ein ganzes Feuerwerk abgefackelt werden. »Hey, Moment mal, Sie sind doch sicher der Reporter aus London, habe ich recht?«

David fühlte sich durchaus ein wenig geschmeichelt. »Ja, das bin ich. Woher wissen Sie das?«

Sie lachte. »Na ja, wer sonst fährt in einem feuerroten Porsche hier herum? Und dass Sie nicht von hier sind, das sieht man doch sofort. Es hat sich außerdem herumgesprochen, dass Sie kommen und für unsere Lady Carrington arbeiten.« Sie hielt ihm ihre schöne Hand mit den grazilen, langen Fingern hin. »Deborah Cunningham. Sie können mich auch Debbie oder Debs nennen.«

Einen Augenblick lang lag David eher auf der Zunge, die junge Frau in Abkürzung ihres Nachnamens »Cunny« (Anmerkung: englischer Slangausdruck, bedeutet »Fötzchen«) zu nennen, doch statt dessen nahm er – ganz der Gentleman – ihre Hand und schüttelte sie sachte.

»David Barclay«, stellte er sich vor, hob die Nase und zeigte das für ihn typische arrogante Lächeln des Mannes von Welt. »Sicher kennen Sie meinen Namen und haben schon mal einen Artikel von mir gelesen, nicht wahr?«

Eigentlich hatte er erwartet, dass Debbie wie alle anderen Frauen in solchen Momenten schmachtend seufzen würde »Wie? Sie sind der David Barclay?«, doch er täuschte sich gewaltig.

»Nein, nie gehört«, antwortete Deborah Cunningham knapp mit einem Schulterzucken und richtete den Blick nach vorn. »Fahren wir?«

David gab vorsichtig Gas, dennoch schlingerte der Wagen auf dem aufgeweichten, durchnässten Untergrund. Fast wäre es tatsächlich schneller gegangen, wenn sie beide zu Fuß gegangen wären.

Immer wieder blickte David verstohlen zur Seite, um sich Debbie anzuschauen. Eine ausgesprochen schöne Frau, die auf den Laufsteg oder in die Ballsäle der Schönen und Reichen gehörte, aber doch nicht in eine provinzielle Einöde wie Castletown.

Sie öffnete ihre Regenjacke und bot David einen verblüffenden, atemberaubenden Anblick. Unter dem unförmigen Kleidungsstück trug sie ein sehr elegantes und knapp geschnittenes Kostüm, wie es sonst nur Businessfrauen und Managerinnen trugen. Ihre langen, perfekt geformten Beine mündeten in glänzenden italienischen High Heels, die sicherlich sehr viel mehr kosteten, als man mit Milchwirtschaft und Schafzucht in einem Monat verdienen konnte.

»Wie lange, sagten Sie, haben Sie schon dort gewartet, Debbie?«

»Mehr als eine halbe Stunde«, antwortete sie.

David legte die Stirn in Falten. Sonderbar. Wenn sie tatsächlich so lange in Matsch und Gras und Regen gewartet hätte, dann müssten doch ihre Schuhe verschmutzt sein. Sie waren jedoch blitzblank und lediglich ein wenig nass. Wie um alles in der Welt …?

»Vorsicht!«, schrie Debbie neben ihm, und David trat reflexartig auf die Bremse. Der Porsche rutschte ein wenig und kam dann knapp vor einer schwarzweiß gefleckten Kuh, die seelenruhig auf dem Weg stand, zum Halten.

»Verdammt«, zischte David und schlug auf das Lenkrad. Die Kuh blickte ihn gleichmütig an und reagierte auch nicht auf sein Hupen. Debbie fuhr die Seitenscheibe herunter, streckte den Kopf hinaus und rief:

»Stella, geh beiseite! Ab nach Hause mit dir!«

Das Tier muhte, setzte sich in Bewegung und machte den Weg frei.

»Sie kennen diese Kuh?«, fragte David staunend und verwundert.

»Jeder kennt jeden in Castletown«, antwortete Debbie. »Stella geht gerne mal eigene Wege.«

David grinste in sich hinein. Das konnte ja noch heiter werden in diesem Nest. Aber wenn es dort noch mehr so umwerfende Frauen wie Debbie gab, dann würde er sicherlich eine Menge Spaß haben. Vielleicht hatte er sich ja getäuscht und Castletown war ein Ort, an dem von früh bis spät eine einzige große Party gefeiert wurde. Orgien inklusive!

***

Die Realität holte ihn sehr schnell ein. Für Touristen war Castletown ganz bestimmt ein wundervolles Fleckchen Erde: Eine verträumte kleine Stadt, in der die Zeit stehengeblieben war und wo das ländliche Leben alles beherrschte. Wie geschaffen zum Erholen und dafür, jedes Jahr wiederzukommen. David hingegen hasste den Ort vom ersten Moment an. Hier war die Zeit tatsächlich stehen geblieben, und es sah nicht so aus, als würde sie sich jemals wieder vorwärts bewegen. Wenn er sich umschaute, dann war Debbie die große, rühmliche Ausnahme von der ansonsten eher traurigen, hausbackenen und bäuerlichen Regel. Miniröcke und High Heels waren absolute Mangelware, und keine der Frauen, die er auf den ersten Blick sah, verursachte seinem Schwanz Härte.

Es war der reinste Spießrutenlauf. Die Einwohner betrachteten den Neuankömmling im Porsche mit einer unverhohlenen Mischung aus Misstrauen und Ablehnung. Hätten sie nicht Debbie als eine der ihren erkannt, hätten sie ihn vermutlich mit Steinen beworfen und mit Mistgabeln aus dem Dorf gejagt.

»Machen Sie sich nichts daraus, Mister Barclay«, erklärte die hübsche Blondine lächelnd. »So einen Wagen wie ihren bekommen die Leute hier nie zu sehen. Und die Gäste von Lady Carrington fahren eher graue und schwarze Rolls Royce und Bentleys. Dagegen sind Sie ein bunter Paradiesvogel.«

David stöhnte innerlich. Ein Paradiesvogel zu sein, daran war er gewöhnt, und er liebte diese Rolle. Aber wenn etwas so Banales wie ein roter Porsche hier tagelang das Stadtgespräch sein würde, konnte in diesem Nest ja nichts los sein. Vermutlich würde er vor Langeweile eingehen.

»Ich brauche zuerst einmal einen richtig starken Kaffee!«

»Dann müssen Sie da vorne rechts abbiegen«, dirigierte Debbie ihn, und David folgte ihren Anweisungen. Wer immer diese verwinkelten Straßen und Gassen geplant und gebaut hatte, musste im Vollrausch gewesen sein. Wahrscheinlich würde er sich hier niemals zurechtfinden.

»Sehen Sie!« Debbie deutete geradeaus. »Da oben auf dem Berg, das ist Schloss Carrington.«