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Vorwort

Ich bin die Stürmische Frau

Antje Scholz

Alles beginnt und endet mit Dankbarkeit

Letizia Schmidt

„Folge deinem Herzen und gehe mutig deinen Weg!“

Brigitta Tauch

Lebenshorizonte – Die Meilensteine in meinem Leben

Carmen Sohny

Mit dem Aussteigen kam das Einsteigen in mein Leben

Andrea Fischer

„Geld ist dreckig und gehört nicht an den Küchentisch!“

Verena Fiebler

Wagemut und Intuition sind meine Wegweiser

Doris Stein-Dobrinski

Aufgeben ist keine Option

Susanne Speitel

Abenteuerlust als Wegweiser des Glücks

Diana Wehmayer

Alles ist möglich

Sandra Wolff

Lerne das Leben zu lieben, denn am Ende ist das alles, was bleibt

Christiane Kron

I did it my way

Violetta Krok

Was ich sähe, muss ich auch ernten. Und… Ich sähe mit Gedanken, Worten und Taten

Siglinde Hahn

Musik war und ist die Konstante meines Lebens

Iris Platte

Ich mach´s einfach – Jetzt!

Yvonne Simon

„Verhandlungsgeschick ist eine viel wichtigere Eigenschaft, als Sturheit!“

Verna Voges

Dem Mutigen gehört die Welt

Martina Fellinger

Meine Sucht nach Aufmerksamkeit brannte mich aus

Beate Harnisch

Im Nachhinein ist es immer klarer

Uta Nimsgarn

Wie ich als halbtagspildernde Unternehmerin meine Freiheit fand

Jana Wieduwilt

Eine Fehlentscheidung kostete mich mein Leben und meine Familie

Anja Ring

Never give up!

Sylvia Schulz

Storytelling – Die Superpower basierend auf Lebenserfahrung

Karola Nagel

Leben, lieben und die Sache mit der Leidenschaft

Claudia-Scheffler Perone

„Ich hab´ es einfach gemacht.“

Romina Sabel

Dankeschön

Vorwort

Was ein positives Mindset wirklich bedeutet –
und nein, es ist nicht die Ignoranz der Realität.

Im heutigen Zeitalter, wo jeder nur nach dem Höchsten strebt und Erfolg plötzlich eine ganz andere Bedeutung jenseits von materiellen Dingen bekommt, wird es für uns immer wichtiger, sich an Menschen zu orientieren, die uns schon ein paar Schritte voraus sind. Nicht um zu sie kopieren, sondern um uns mentale Stärke anzueignen, die uns dabei hilft, auf dem Weg zum Erfolg und zur Selbstverwirklichung zu bestehen.

Seit über zehn Jahren widme ich mich schon nun dem Storytelling und habe in unzähligen Interviews mit tollen Menschen vieles erfahren dürfen, und was es bedeutet, aus Extremsituationen und Schadensbegrenzung das beste herauszuholen. Es scheint, als wären dies genau die Momente, wenn wir das erste Mal unsere Lebenssituation hinterfragen und intensiver auf das schauen, was uns wirklich im Leben wichtig ist.

Als ich mich Anfang 2018 mit meiner Geschäftspartnerin Christin zusammengesetzt habe, um ein Konzept für unser Magazin Pure & Positive auszuarbeiten, war uns gleich klar, dass wir etwas kreieren wollten, was mehr Positivität in die Welt bringen sollte. Für jemanden wie mich, der aus dem Journalismus kommt und den letzten Job als Redakteurin hingeschmissen hat, weil es irgendwann nur noch um die Produktion von Negativschlagzeilen ging, und einer Wirtschaftsrechtlerin, die sich ebenfalls sehr für Nachhaltigkeit und das Positive im Leben begeistern konnte, war es glasklar, dass die Ausrichtung unseres neuen Projektes zu einer besseren Welt beitragen würde. Doch entgegen unserer Erwartung mussten wir selbst hier noch einiges an Aufklärungsarbeit leisten.

Das Skurrile an der ganzen Sache war, dass wir bei der Verkündung unseres tollen Konzepts, also das wir ein Magazin auf den Markt bringen würden, welches den Fokus ausschließlich auf positive Nachrichten legen würde, trotzdem negative Rückmeldungen bekamen. Das Argument: Wir würden die Augen vor der Realität verschließen und all die negativen Dinge, die in der Welt passieren würden, ausblenden. Positive Nachrichten würden nicht genug hergeben, um mit einem Magazin wirklich erfolgreich zu werden. Wir waren sprachlos. Konnte es wirklich wahr sein, dass man selbst für solche Ambitionen noch eine negative Attitüde abgreifen würde?

Diese Momente hatten mich zum Nachdenken gebracht.

Wenn ich beobachte, was in dem Genre der persönlichen Weiterentwicklung derzeit so passiert, und dass jeder heute eine positive Grundeinstellung predigt und Motivationsquotes auf den Social Media Kanälen wie wild geteilt werden, verwundert es mich umso mehr, wie vielen es doch noch so schwerfällt, diese Prinzipien im Leben zu implementieren.

Doch gehen wir dem ganzen mal auf den Grund.

Warum ist es so wichtig eine positive Lebenseinstellung zu haben?

Ein positives Mindset ist die Basis für ein erfülltes Leben. Wer glücklich ist und sich mit positiven Dingen umgibt, verleiht seinem Leben eine besondere Lebensqualität.

Ein positives Mindset zu haben, ist …

… das Bewusstsein darüber, dass positive und negative Dinge existieren, wir uns aber für den Fokus auf das Positive entscheiden.

Eine positive Einstellung zu haben, heißt nicht, dass wir unsere Augen vor all den negativen Dingen verschließen, sondern dass wir ihnen einfach keinen Zugang zu unseren Emotionen geben. Man kann einfühlsam sein und Empathie zeigen, indem man in Lösungen denkt und sich nicht überwiegend damit beschäftigt, warum das Problem nun so sehr ein Problem darstellt. Wir kontrollieren unsere Gedanken. Und auch wenn es manchmal schwerfällt, nach einem Niederschlag positiv zu bleiben, ist es möglich zu lernen, wie wir damit umgehen. Am Ende des Tages verhilft diese Entscheidung zu weniger Stress und auch zu einem besseren Selbstbild.

… ein lebenslanges Commitment, sich für eine positive Lebenseinstellung zu entscheiden.

Du hast richtig gelesen, ein lebenslanges Commitment! Positiv zu sein ist kein Schalter, den man bei Bedarf einfach umlegt, sondern eine Charaktereigenschaft, die sich durch das ganze Leben zieht. Es erfordert viel Bewusstseinsarbeit und man wird sich auch immer wieder dabei ertappen, dass der kleine Teufel auf der Schulter mal die Überhand nimmt. Das Hirn ist wie ein Muskel, der täglich trainiert werden möchte. Versuche das positive auch in den negativen Dingen zu sehen und sei Dankbar für jeden Schritt, den du als kleinen Erfolg verzeichnen kannst.

… eine Entscheidung, den Moment zu genießen.

Wann hattest du das letzte Mal ein Erlebnis, welches dich im ersten Moment auf Wolke 7 hat schweben lassen und nur wenige Augenblicke später, hast du dir Sorgen darum gemacht, was an Konsequenzen auf dich zukommen könnte? Nehmen wir als Beispiel den Moment, als du deinen Job kündigen wolltest, weil du voller Euphorie an dein neues Leben als Vollzeitreisende gedacht hast. Nur wenige Momente später rüttelt es dich aber aus dem Dornröschenschlaf und dir fallen unzählige Gründe ein, warum dieser Entscheid totaler Schwachsinn wäre. „Wie soll ich dann bitte meinen Lebensunterhalt verdienen?“, „Wie soll ich das nur finanzieren?“, „Dann müsste ich ja meine Freunde und meine Familie zurücklassen!“, „Ich habe Kinder und das kommt alleine deswegen schon nicht infrage“. Oder wie wäre es mit der tollen Businessidee, die dich zum Strahlen bringt, bevor du dir bewusst wirst „Ich habe ja gar keine unternehmerische Erfahrung“, „Ich habe ein finanzielles Desaster und kann mir eine solche Schnapsidee nicht erlauben“ oder „Es gibt schon so viele mit dieser Businessidee, da würde ich ja niemals mithalten können!“.

Jeder, der heute ein Business führt oder seinen Job für einen verrückten Lifestyle aufgegeben hat, stand irgendwann vor genau diesen Fragen. Diejenigen, die diesen Schritt gewagt haben, haben aber in das Experiment LEBEN investiert und sind ihrer Intuition gefolgt. 95 % der negativen Gedanken und Befürchtungen, die wir uns selbst einreden, werden so nie passieren! Entscheide dich also dafür, den Moment zu genießen und finde selbst heraus, wie weit dich ein positives Mindset bringen kann.

Die „Wie hast du das gemacht?“-Buchreihe 2017 in die Welt zu rufen, war einer der schönsten Projekte, die ich in meiner beruflichen Laufbahn verwirklichen konnte – und auch die dankbarste. Hier ging es mir bewusst nicht um die polierten Versionen, sondern ich wollte das wahre Leben sehen, die Hürden und die Glücksmomente; rau und ungefiltert – all das, was uns als Menschen ausmacht. Und die Leser haben es mit vollem Herzen und viel Dankbarkeit angenommen. Ich wollte aufzeigen, dass das Glück des Lebens, ein Entscheid für das Positive ist.

Für den dritten Band habe ich mich nun wieder mit 25 tollen Frauen zusammengesetzt, die dir, liebe Leserin, nun einen unverblümten Eindruck in das geben, was sie zu den Menschen gemacht hat, die sie heute sind. Die Geschichten gehen tief, es wird emotional – und das genau ist das schöne daran.

Diese Geschichten sollen dir nun nicht nur als Inspiration dienen, sondern auch als Anker, der dir zeigt, dass du nicht allein bist, was immer dich in deinem Leben bisher geprägt hat.

Ein positives Mindset zu haben, ist nicht immer einfach, aber definitiv machbar. Wenn du dir dessen bewusst wirst, welche Benefits du dir damit aneignen kannst, wirst du sehen, dass es das Risiko allemal wert ist, aus seinem alten Trott auszusteigen.

In tiefer Verbundenheit,

Doris Gross

Initiatorin von „Wie hast du das gemacht?“

Gründerin von Fempress Media

Ich bin die Stürmische Frau

von Antje Scholz

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“Deine Tochter ist aber ganz schön renitent”, sagte der alte Mann, der unangenehm aus dem Mund roch, schwitzte und schon den ganzen Abend lautstark seine Meinung von sich gab. Meine Mutter nickt, kichert etwas unsicher und verdreht die Augen. “Oh ja, das ist sie.” Sie, das bin ich. Ich bin damals um die sechs Jahre alt und verstehe nur Bahnhof. Doch was heißt renitent und warum werde ich das Gefühl nicht los, dass das nichts Angenehmes ist?

Was das Wort heißt (sich dem Willen, dem Wunsch, der Weisung eines anderen hartnäckig widersetzend – laut Google) erfahre ich erst später, als ich es selbst recherchiert habe. Ich war geschockt, wütend auch ein wenig traurig. Ich wollte doch nicht anders sein. Ich wollte nicht laut, auffallend und unliebsam sein. Ich wollte geliebt werden, folgsam sein, gute Noten bekommen, toll aussehen. Ich wollte so sein, wie Susanne (Name geändert), die Klassenschönheit.

Meine Mutter versuchte ihr Bestes, um mich gegen die Unannehmlichkeiten in der Schule zu schützen. Sie gab mir gute Ratschläge mit auf den Weg und ich versuchte mich daranzuhalten: “Sei artig. Räume auf. Lerne fein. Sitz still, halte dich zurück und vor allem: umgib dich mit den richtigen Leuten.” Die richtigen Leute, das waren Menschen wie Susanne. Ich hingegen, hing mit den Rebellen und vermeintlichen bösen Menschen rum. In Betragen eine Drei, das war die Ausbeute der ersten Klassen. Warum sich meine Eltern aufregten, habe ich nicht verstanden.

Mein Vater war zu dieser Zeit ausgezogen und ein Jahr später ließen sich meine Eltern scheiden. Ich wuchs mit drei tollen Frauen an meiner Seite auf: meiner Mutter, meiner Oma mütterlicherseits und meiner Tante Müller. Das war eigentlich die Zahnarztschwester meiner Mutter, doch für mich war sie wie eine zweite Mutter. Alle drei sorgten sich, dass aus der kleinen Antje etwas wird; dass sie höflich ist, artig und nicht schwierig.

Die Zeiten nach der Schule waren sorgsam aufgeteilt. Die langen Dienste meiner Mama verbrachte ich jeweils bei Oma oder Tante Müller. So weit, so gut eigentlich. Doch irgendwie fehlte offensichtlich etwas in unserem Leben, denn auf einmal kam ein Mann in das Leben meiner Mutter und mir, der alles andere in den Schatten stellte: grob, wesentlich älter und ein absolutes Arschloch. Er war schon in der Kennenlernphase nicht besonders gut darin, seine menschenverachtenden Seiten zu kaschieren. Dennoch zogen meine Mutter und ich zu ihm. Da war ich neun. Ich hatte das Gefühl, dass meine Welt zusammenbricht. Meine Schule, meine Freunde, mein Vater, Tante Müller – alle blieben in meiner Heimatstadt und ich zog in ein sächsisches Dorf zu einem Mann, den alle nicht mochten.

Damit das richtig zu verstehen ist: bis dahin war mein Leben in Ordnung. Ich hatte zwar mit Susanne zu kämpfen, doch generell war ich ein glückliches Kind, welches total gern mit seiner Mama Samstagabend Schwarzwaldklinik schaute. Ich fühlte mich behütet und mutig genug mein Leben zu meistern. Das änderte sich, als wir zu Werner zogen. Er war unberechenbar, bösartig, frauenverachtend und voller Kontrollwut. Die Jahre bis zu meinem 17. Lebensjahr erlebte ich als eine Zeit voller Misstrauen, Hektik, Kälte, Feindseligkeiten und den immer wiederkehrenden Sätzen: “Aus dir wird nie was. Du bist zu faul, zu dick, zu blöd.”

In der Schule war es ähnlich. Ich war die Außenseiterin. Anfangs, weil ich hochdeutsch sprach, dann, weil ich vom Dorf kam. Ich war die Neue, die die komisch und anders war. Mir wurde das Kleid hochgerissen und Kaugummi auf den Stuhl gelegt. Und ich rannte heulend davon. Zu Hause gab es gut gemeinte Ratschläge seitens meiner Mutter und Provokationen seitens Werner. Und immer wieder Streit, indem ich die Partei ergreifen sollte. Ich fing an mich umzuschauen, verbrachte Zeit bei Freunden und war dankbar, wenn ich gut aufgenommen wurde. Ich hatte etliche Freunde und merkte schnell, dass mir Jungs mehr liegen, als Mädchen. Je älter ich wurde, je mehr mein Körper sich auch veränderte, desto interessanter wurde ich für die Jungs. Ich selbst fand mich langweilig, dumm und total unspannend. Ich hatte weder einen Sinn für eine eigene Moderichtung, noch war ich super in der Schule. Ich rauchte, als alle anderen längst rauchten. Ich kritzelte meine Hefte mit Sprüchen voll, die ich irgendwo gelesen hatte. Nullkommanichts eigenes Ich. Meine Strategie des Kopierens und Nachmachens war geboren. Ich wollte ja nicht renitent sein. Aber wer ich war, wusste ich nicht. Also nachmachen. Weder gut noch schlecht. Einfach nachmachen.

Ich schaffte mein Abitur mit einem sehr mäßigen Durchschnitt. Meine Mutter hatte sich endlich von Werner getrennt. Wir wohnten zu zweit in einer sehr schönen Wohnung und endlich wieder in der Stadt. Eigentlich hätte es wunderbar sein können, doch wir hassten uns. Wir zickten uns ständig an. Ich schrie, meine Mutter schwieg. Ich hatte das Gefühl verrückt zu werden. Wir waren so weit auseinander gedriftet in den Jahren ihrer Ehe mit Werner und ich wollte sie nicht mehr in meinem Leben haben. Ich wollte mein eigenes Leben haben.

Damals erkannte ich nicht, was ich heute längst weiß: Es ist wichtig, dass sich jeder um seine Themen kümmert und nicht das Elend und das Leben eines Anderen trägt. Ich lebte die Ängste meiner Mutter mit, ihre Bedürfnisse, ihre Sehnsüchte und dafür hasste ich sie. Dass ich mich schuldig dafür fühlte, dass ich mein Leben leben, mich akzeptieren und respektieren wollte und sie gleichzeitig so sehr liebte und ihre Not sah.

Nach der Schule wollte ich chillen. Meine Mutter wollte das nicht. Ich hatte keine Ahnung, was ich wollte. Reisen vielleicht. Machen ja andere auch. Ein Jahr ins Ausland. Ach, irgendwie chillen halt, mich einfach mal treiben lassen, mich mal spüren, mich finden.

Was heute Digitale Nomaden sind, wurde damals nicht gern gesehen. Also eine Ausbildung. Studium wollte ich auf gar keinen Fall. Meine Mutter kam mit einem Vorschlag: Touristikassistentin. “Damit kannst du doch was anfangen. Das liegt dir doch”. Alle nickten im Gleichklang, mich eingeschlossen. Vor mir lagen zwei Jahre Schule, nochmal. Obwohl ich die so doof fand. Doch irgendwie hatten alle einen Plan, nur ich nicht. Mama hat entschieden und ich fand es gut, dass sie entschieden hat. Gleichzeitig war ich gelangweilt, unzufrieden und fand mich selbst zum Kotzen blöd. Nach der Ausbildung musste ich mich bewerben. Ein Jobangebot in einem Hotel als Vertriebsassistentin. Alle nickten unisono, mich eingeschlossen – ja, das wäre doch etwas für mich. Weil ich so gut mit Menschen könnte, weil ich die Ausbildung dazu habe, weil ich doch so gern in einem Hotel arbeiten möchte. Weil…. Alle wussten einen guten Grund, nur ich nicht. Ich hatte keinen Plan, checkte wieder nicht, dass ich nur mal auf MICH hören müsste. Eigenreflexion – Fehlanzeige. Eigene Wünsche, Visionen, Perspektiven, nur gähnende Leere.

Der Job und alle Jobs nach ihm waren super, nur nicht für mich. Ich fühlte mich wie eine Fremde in einer Welt, in der alle die Regeln kannten und auch nur allzu gern befolgten. Ich spürte, dass etwas in mir rebellierte. Doch, holla die Waldfee, RENITENZ steht einer Frau nicht. Man könnte auch sagen: sei doch nicht so hysterisch. Jetzt ist Schluss mit Spielen, jetzt wird gearbeitet. Im Gleichschritt, Marsch.

Wenn ich also im Job keine wahre Freude finden würde, dann also im Privatleben. Saucool, denn mit dem Umzug zurück von Sachsen nach Potsdam eröffnete sich mir eine ganz andere Welt der Freiheit: Marihuana, Gras, Kiffen. Was für ein geiles Zeug. Ich war mittlerweile Anfang 20, hatte außer Alkohol und Piercings nichts Böses angestellt und kam mir nun sowas von frei und supercool vor. Kiffen und frei sein, endlich hatte alles einen Sinn. Oh, wie ich Potsdam und meine Freiheit liebte. Hinzu kam, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl von Freiheit, von eigener Stärke und Unabhängigkeit hatte. Ich konnte atmen. Ich konnte meine Tür hinter mir schließen und niemand hatte etwas von mir erwartet. Ich erlebte eine zweite Pubertät, ging feiern, kiffte, trank, tanzte und hatte Sex. Mit coolen Menschen. Zu Hause, in Freiberg, waren alle so vernünftig. Alle hatten einen Plan, mein Plan war das Leben.

Ich bekam meine ersten Visitenkarten und alle waren stolz. Ich fand es nur komisch und wurde krank. Nichts Dramatisches und Dauerhaftes doch immer wieder rebellierte mein Körper. Kopfschmerzen waren an der Tagesordnung, Bauchschmerzen und höllische Perioden. Ich drückte das weg. Mein Job fraß mich gefühlt auf und die Wochenenden… ich hatte doch so viel aufzuholen.

Es trat ein Mann in mein Leben. Gerade hatte ich eine Beziehung hinter mir und fühlte mich sehr einsam in Potsdam. Ich kannte niemanden und war auf mich zurückgeworfen. Rausfinden, was mir guttut, innere Stärke haben oder gar ausgeglichen mein Leben leben? Fehlanzeige. Der Job war verheizend, die Beziehung zu meiner Mutter nach wie vor angespannt und ich hatte Liebeskummer. Was lag da näher, als sich geborgen fühlen zu wollen? Ich lernte Andreas kennen. Er wurde der Vater meiner ersten Tochter. Mein Partyleben, was mir bis dahin so heilig war, wurde mir auf einmal völlig egal. Ich war Mutter. Ich liebte ein Kind. Ich hatte eine Tochter. Und, so turbulent auch die ersten Jahre als Mutter waren, lernte ich doch, was es heißt, auf mich zu hören. Ich lernte mich kennen. Ich lernte, was es heißt, Entscheidungen als Mutter für das Kind zu treffen. Ich lernte, was es heißt, seine eigenen Bedürfnisse trotzdem wahrzunehmen. Ich lernte, was es heißt zu lieben und geliebt zu werden. Durch meine Tochter.

Meine Tochter Mina brachte mir bei, was es heißt, mutig zu sein. Ich spürte eine Wut, die ich bis dahin nicht kannte. Erst dachte ich, dass es Mina und der Situation geschuldet ist, schließlich sind die ersten Jahre mit Kind kein Zuckerschlecken. Doch das war mehr. Löwenmut kennt man, für mich war die Löwinnenwut geboren und das war auch gut so, denn Andreas und ich trennten uns, als Mina drei Jahre alt war. Das war ein immenser Schritt. Ich hatte soviel Angst. Ich fühlte mich so unwohl. Auf einmal stand ich da und war allein. Allein mit einem Kind. Und, was noch viel schlimmer war: ich war alleinerziehend. In meinem Kopf war das ein scheußlicher Makel. Für mich stand fest: Jetzt denken alle, dass sie mich bemitleiden müssen, dass alle mich genauestens beäugen, ob ich auch alles richtig mache und so weiter. Wer will schon eine Mutter mit Kind daten? Ich hatte große Angst vor der Einsamkeit und hinzukam die ständige Sorge um Geld. Andreas und ich hatten immer Geldprobleme. Ich begann jetzt, mich davon zu erholen. Langsam, Schritt für Schritt. Ich hob jede Woche 50 Euro ab, davon legte ich 10 Euro beiseite. Das war mein Sparplan. Es funktionierte und ich genoss die Zeit mit Mina. Weniger genoss ich die Zeit mit mir allein. Das war mir unheimlich, denn dann kamen die Dämonen.

Die kennenzulernen traute ich mich nicht. Sie hießen: fehlende Anerkennung, Angst vor unwiderruflichen Fehlern, Angst als Mutter zu versagen, Einsamkeit und Liebe. Ich war dem Klischee der großen Hollywoodliebe hinterhergerannt. Vor der wahren Liebe, mit all ihrer aufregenden, launischen, emotionalen, fordernden und heilsamen Seiten, hatte ich Angst. Ich kannte sie nicht. Bis jetzt lief ich sehr planlos und sehr lieblos durch mein Leben. Lieblos in erster Linie mir selbst gegenüber.

Mit Martin fand ich fünf Monate später einen Mann, der für mich die größte Herausforderung und Inspiration gleichzeitig war und noch immer ist. Als wir uns kennenlernten, wollte ich nie wieder irgendwelche Kompromisse in einer Beziehung eingehen. Die Trennung von meinem Ex Andreas war sowohl emotional, als auch kräftemäßig ein ganz schöner Brocken. Ich musste mich weitestgehend allein um Mina kümmern, arbeiten und meinen Wert als Frau neu definieren. Als Martin in mein Leben trat, fand er eine junge, starke Frau mit Kind vor. Eine Familie, in die er sich verliebte. Ich wiederum suchte eigentlich niemanden, sondern war froh, wieder einigermaßen Boden unter den Füßen zu fühlen. So war unsere Anfangszeit durch krachende Turbulenzen gefüllt. Im Nachhinein betrachtet, war das wie eine Initiation für uns beide. Waren wir beide bereit und stark genug, um den jeweils anderen zu (er-)tragen. Fast 13 Jahre später sind wir uns so nah wie nur möglich und zu einer anderen Zeit wieder enorm weit voneinander entfernt. Schon bei unserer Hochzeit stand immer wieder Trennung im Raum. Hochzeit, Kinder, Familie… ich verband all diese Themen nicht mit guten Dingen, eher mit Schmerz und verlassen werden.

Ich suchte und suchte nach wie vor nach der Anerkennung seitens meines Vaters und aller Männer nach ihm. In mir rebellierte und rebelliert nach wie vor das kleine Kind, welches sich damals so vom Leben enttäuscht sah. Wie oft bin ich sprunghaft mit mir und meinem Leben umgegangen? Wie oft habe ich Martin und mich vor ernsthafte Situationen gestellt? Ich sehe mittlerweile diese Beziehung als meinen größten Trigger und meine größte Brücke. Die Brücke zu mir.

Vor circa vier Jahren, meine zweite Tochter Nora war damals ungefähr sechs Jahre alt, kam es zu meinem beruflichen und fast persönlichen Shut Down. Ich arbeitete 40 Stunden die Woche, hatte zwei Kinder und eine Nanny. In dem Job ging es um männliche Qualitäten: durchhalten, durchbeißen und kämpfen. Ich hielt durch, ich biss mich durch und ich kämpfte – in erster Linie gegen mich. Heute weiß ich, dass das damalige Umfeld mir einen wunderbaren Spiegel geliefert hat. Wer bin ich? Was will ich eigentlich tun? Wozu bin ich hier, auf dieser Welt?

Ich verbot mir diese Fragen. Sie waren zu esoterisch. Ich wollte mir diese Fragen nicht stellen. Man hätte mich für schwach halten können. Ich wollte auch da die Anerkennung für etwas, was ich eigentlich gar nicht bin.

Die Zeit wurde zu meiner persönlichen Hölle. Wir stritten uns nur noch, Martin und ich und wir als Familie. Alle gingen mir auf den Geist. Ich wollte nur noch meine Ruhe. Ich war immer wieder krank, heulte, kämpfte und… begann zu fühlen.

Hinfühlen, was genau stimmt hier nicht für mich.

Hinfühlen, ob etwas ein Nein verlangt.

Hinfühlen, was sich hinter der Angst, Wut und Trauer verbirgt.

Ich fühlte mich unheimlich verletzlich. Vor allem, weil niemand in meinem Umfeld ähnlich unterwegs war oder mich gar verstand. Alle schienen nur darauf zu warten, dass ich wieder meinem Job nachgehe und wieder ganz die Alte werde. Ich aber fühlte mich beschissen. Mein Körper machte mir ganz oft einen Strich durch die Rechnung. An allen Ecken schien gleichzeitig jemand zu zerren und zu ziehen.

Ich fühlte mich wund und angeschlagen.

Ich fühlte mich allein und unsagbar traurig.

Und ich ließ es zu. Drückte es nicht länger weg. Akzeptierte, dass es mich aus der Bahn warf. Akzeptierte, dass ich launisch war, traurig, wütend und allein.

Meine Löwenwut, jetzt lernte ich sie nicht nur kennen. Ich lernte sie zu lieben, sie einzusetzen und zu nutzen. Ich suchte mir Menschen, die mir guttaten. Ich belegte Coaching Programme, in deren Verlauf ich mich durch die Gruppe und die regelmäßigen Übungen immer stärker fühlte. Ich habe mich mit mir und meinem Umfeld auseinandergesetzt und ich habe mir selbst zugehört. Ich habe erkannt, dass die meisten meiner Gedanken Schrott sind. Selbstsabotage und Opferhaltung, darin war ich ganz groß. Ich hatte eine riesengroße Wut in mir und akzeptiere sie jetzt mehr und mehr.

Was steckt in mir drin? Warum bin ich hier? Was ist meine Aufgabe? Es hat eine Weile gedauert. Denn angesichts dieser Aufgabe habe ich ganz schön Muffensausen bekommen. Ich, die immer gegen dieses Label “renitent” ankämpfte, sollte gerade deshalb Menschen helfen können? Ich sollte ihnen vorleben können, dass es sich lohnt den eigenen Weg zu suchen und zu gehen? Ich sollte es nicht nur mir selbst erlauben, sondern auch anderen Mut machen können? Schöner Scheiß, dachte ich, und ging auf die Suche nach meiner Berufung. Ich bin hier um zu heilen und zu verbinden. Ich stehe ein für Wahrheit, Eigenverantwortung und gelebte Wut. Ich, als Antje, wirke, damit andere Menschen aufhören, sich zu verstecken und mutig ihr Leben genießen.

Ich lebe das weibliche Prinzip, damit Männer wieder in ihre männliche Kraft kommen. Das Misstrauen, das Getrenntsein und die Lieblosigkeit überwinden, darin sehe ich meine Berufung. All die Mauern, die ich mir aufgebaut habe, all die Abhängigkeiten und Bedürfnisse, die ich erzeugt habe, darf ich erkennen und sie heilen. Die Leere, die ich lange Zeit gespürt habe, fülle ich mit Liebe. In erster Linie zu mir, zu meinem Körper, meinem Wesen, meinem Schmerz und meinem kleinen inneren Kind. Ich gehe den Weg des Vertrauens, der Offenheit und weiblichen Stärke.

Ich bin immer noch wütend und traurig. Doch hinter der Wut ist die Trauer. Ich trauere um das kleine Mädchen, was irgendwie nirgendwo willkommen schien. Ich sehe aber auch, dass die Erwachsenen in meinem Kleine-Mädchen-Umfeld nicht anders konnten. Ich sehe ihren Schmerz. Ich kann ihn verstehen und da sein lassen. Damit kann Heilung entstehen.

Meine Wut hat mir zwei Dinge gezeigt:

1. Es ist wichtig, zu vergeben. Dinge, die andere Menschen nicht ändern konnten, auch bei denen zu belassen. Es bringt mich überhaupt nicht weiter, in den Geschichten zu verbleiben, dass andere Menschen mir etwas nicht gegeben, oder zu viel gegeben, haben. Allein ich kann entscheiden, was ich aus meinem Leben mache.

2. Es ist wichtig, alle Verbote, die ich für wahr halte, sorgsam zu hinterfragen und gegebenenfalls aufzulösen. Das können kleinen Scheußlichkeiten sein, wie “du darfst nicht popeln” über versteckte Kleinhaltungsversuche, wie “sei nicht so renitent = schwierig = unangepasst” bis hin zu ausgewachsenen Frechheiten aka “du darfst erst glücklich, zufrieden, gelassen, … sein, wenn du dünner, dicker, reicher, schöner,… bist”. All das sind Verbote und es ist enorm wichtig, dass ich das erkenne und dann für mich eine neue Entscheidung treffe.

Wie ich das gemacht habe?

Ich habe zugelassen, dass ich am Ende war.

Ich habe mir Hilfe gesucht.

Ich habe den Willen gehabt, dass sich etwas ändern muss.

Ich habe aufgehört, schlecht über andere zu reden und zu denken. Jeder hat seinen Weg.

Ich habe mich um mich und meinen Körper gekümmert.

Ich habe mich mit Menschen umgeben, die bewusst sind.

Ich habe Menschen aus meinem Leben verabschiedet, die mir nicht guttun.

Und ich gehe konsequent meine Themen an.

Heute beschäftige ich mich mit erfolgreichen Männern, die sich in einer Krisensituation befinden. Ich unterstütze und begleite sie dabei, aus dieser Krise herauszukommen und gut mit ihren Emotionen umzugehen. Damit stärken sie nicht nur sich, sondern auch ihr gesamtes Umfeld. Ich darf meine geballte weibliche Stärke einsetzen und Männer dabei unterstützen ihren Löwenmut und ihre Löwenwut zu finden und zu nutzen. Außerdem ziehe ich, zusammen mit meinem Mann, zwei wunderbare Mädchen groß, die jeden Tag ihr Leben mutig angehen, viele Fragen haben, manchmal straucheln und doch immer wieder aufstehen.

Antje Scholz im Kurzportrait:

Antje lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Töchtern und ihrem Hund am Rande von Berlin in der wundervollen Stadt Potsdam. Lange Zeit war es ihr nicht möglich, die Geschenke, die das Leben ihr bereitstellte, zu erkennen. Zu groß war die Wunde aus Verlustangst, Wut und Zweifel. Andere Leute sahen immer viel mehr in ihr, als sie sich selbst zutraute. Heute weiß sie, wie sie ihren Weg zu gehen hat und beschreitet ihn mutig. Antje hat verschiedenste Ausbildungen durchlaufen und wirkt heute als Männerbegleiterin vor allem durch einfühlsames Zuhören, Zeit, innere Stärke und schamanischen Heilwissen. Zu ihren Kernthemen gehören Verbundenheit und Selbstermächtigung. Sie sieht sich heute am Beginn einer ganz, ganz großen Reise und hat noch viel vor.

https://antjescholz.com/

https://www.linkedin.com/in/antje-scholz-838ab378/

 

„Damals erkannte ich nicht, was ich heute längst weiß:

Es ist wichtig, dass sich jeder um seine Themen kümmert und nicht das Elend und das Leben eines Anderen trägt.“

- Antje Scholz

#WIEHASTDUDASGEMACHT

Alles beginnt und endet mit Dankbarkeit

von Letizia Schmidt

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Ich bin schon seit jungen Jahren ein absoluter Nerd, wenn es um Spiritualität, positive Energien und persönliche Weiterentwicklung geht. Lange Zeit habe ich so Dinge manifestiert, noch bevor ich überhaupt wusste, was ich dort konkret tue. Über die Jahre habe ich damit so viele Dinge in mein Leben gelassen, die ich mir im ersten Gedankengang so niemals hätte erträumen können.

Die Power des Visualisierens habe ich von meiner Mutter gelernt. Sie war immer sehr darum bemüht, mir mitzugeben, dass ich alles haben und sein kann, was ich möchte, wenn ich meinen Kopf und meine Energien richtig ausrichte. Beigebracht hatte sie mir das, indem wir schon früher, als ich noch klein war, unsere Quality-Time damit verbracht haben, über Dinge meine Träume und Wünsche zu sprechen.

Ich erinnere mich noch daran: Ihre erste Frage war immer: „Was findest du im Moment besonders toll?“ Meistens überlegte ich ein oder zwei Minuten, aber ich konnte immer etwas finden. Es gab Tage, an denen ich das Mittagessen besonders lecker fand, oder meinen neuen Pulli, den ich geschenkt bekommen hatte. An anderen Tagen hatte ich mich darüber gefreut, dass ich eine Zwei in einer Schularbeit nachhause gebracht hatte oder dass ich bei meiner besten Freundin übernachten durfte.

Meiner Mutter ging es darum, dass sie schon früh meinen Muskel für Dankbarkeit und Wertschätzung trainieren wollte. Indem ich Dinge aufzählte, die mich glücklich machten, fokussierte sich auch meine Sicht auf die Dinge, die nicht selbstverständlich waren, wie zum Beispiel ein warmes Essen auf dem Mittagstisch zu haben, tolle Kleidung oder auch die neueste CD meiner Lieblingsband. Meine Mutter war zwar ein Realist, aber ein spiritueller Realist. Sie war auch davon überzeugt, dass Menschen, die positive Dingen taten oder eine positive Energie ausstrahlten, positives auch mehrfach zurückbekamen und leichter durchs Leben gehen konnten. Und ihr war es immer wichtig, dass ich positiv durchs Leben ging.

Wenn ich mir etwas gewünscht hatte, beispielsweise ein Puppenhaus oder ein Fahrrad, waren meine Eltern nie diejenigen, die mir diese Dinge einfach gekauft hatten. Sie zeigten mir stattdessen Möglichkeiten, wie ich mich Schritt für Schritt an sie herantasten konnte. Da gab es beispielsweise eine E-Gitarre, die ich mir mit 11 Jahren gewünscht hatte. Nun hätten meine Eltern sie einfach kaufen können, jedoch wollten sie meine Manifestierungsfähigkeiten auch in der Praxis auf die Probe stellen.

Ich erinnere mich noch daran, wie sich meine Mutter eines Abends mit mir hinsetzte und mir erklärte, wie ich diesen Traum mit dem Manifestieren erfüllen konnte. Sie sagte mir, dass ich zukünftig jeden Tag ein Traumtagebuch schreiben sollte. Jeden Tag sollte ich aufschreiben, was ich sehen, denken und fühlen würde, wenn ich an diese Gitarre dachte.

Zugegeben, zuerst hörte sich das sehr verwirrend für mich an, aber ich folgte ihrem Rat und fing an mein Traumtagebuch zu schreiben. Jeden Abend vor dem Schlafengehen bat sie mich folgende Fragen zu beantworten:

Was fand ich heute besonders toll?

Was wünsche ich mir, dass mein Tag morgen toll wird?

Welchen Traum möchte ich mir erfüllen?

Wie sieht die Gitarre meiner Träume aus?

Welche Lieder spiele ich?

Wer steht oder sitzt vor mir, während ich auf dieser Gitarre spiele?

Wie stelle ich mir meinen Tag vor, wenn ich mir meinen Traum erfüllt habe?

Sie motivierte mich dazu mir eine Vision bis ins kleinste Detail auszumalen. Im ersten Monat danach passierte nichts, ich hielt mich aber weiterhin an meine Aufgabe. Wenn ich meine Mutter danach fragte, ob ich irgendwas falsche mache, sagte sie mir nur, dass ich weitermachen sollte. Alles komme zum richtigen Zeitpunkt.

Ich war mittlerweile in der sechsten Klasse und das Schuljahr sollte in ein paar Tagen losgehen. Ich freute mich sehr darauf. Ich mochte meine Klassenkameraden und auch meine Klassenlehrerin. Was ich am ersten Schultag dann hörte, freute mich noch mehr: In diesem Schuljahr konnten alle Schüler eine Art Förderkurs belegen, die im Rahmen des Nachmittagsunterrichts einmal in der Woche stattfinden würden. Man konnte zwischen Kunstunterricht (Malen), Hauswirtschaft (Kochen), Sport (Mannschaftssport) oder Musik (Instrument lernen) wählen. Ich entschied mich natürlich für den Musikunterricht, da ich dort hoffentlich das Gitarrespielen lernen konnte. Ich hatte zwar schon einige Griffe drauf, aber wenn ich mein Ziel irgendwann erreichen und in einer eigenen Band spielen wollte, musste ich da definitiv fitter werden.

Im ersten Musikunterricht passierte es dann. Meine Mitschüler und ich konnten uns aus einem Sammelsurium an Musikinstrumenten aussuchen, welches Instrument wir lernen wollten. Und dort stand sie: meine E-Gitarre! Sie sah exakt so aus, wie ich sie in meinem Traumtagebuch beschrieben hatte! Und ich konnte direkt auf ihr spielen lernen! Nun gehörte sie zwar nicht mir, aber wenn ich im Nachhinein daran denke, ging es mir ja auch nicht darum, sie zu besitzen, sondern auf ihr zu spielen. Das Universum hatte sich somit wieder von der besten Seite gezeigt.

Als ich nach der Schule meiner Mutter von der E-Gitarre erzählte, war sogar sie kurz baff. Aber nicht über den Umstand, dass ich dort eine E-Gitarre gefunden hatte, die ich quasi auf Zeit mein Eigen nennen konnte, sondern dass sie genauso aussah, wie ich sie vorher beschrieben hatte.

Ich bin immer wieder davon überrascht, was wir Menschen mit unserem Unterbewusstsein steuern können. Speziell Kinder inspirieren mich immer wieder dazu, unbedarft und unvoreingenommen Situationen und Entscheidungen anzugehen. Als Erwachsene machen wir uns viel zu viele Gedanken um die Konsequenzen oder wie der Weg dorthin aussehen würde. Naivität halte ich für einen der elementaren Schlüssel, die uns ein sorgenfreies Leben bescheren können.

Diese und ähnliche Situationen aus meiner Kindheit wiederholen sich auch heute noch. Natürlich gibt es auch immer wieder Momente, wo ich mich frage, was ist in meiner Energie falsch gebündelt worden ist, damit mir nun dieses oder jenes passiert. Auf der anderen Seite aber, sehe ich diese Momente als eine praktische Erfahrung, um auf das Leben reagieren zu können, wenn nicht immer alles nach Plan läuft.

Mittlerweile bin ich 34, gelernte Bauingenieurin und habe hart für meinen Abschluss gearbeitet. Wirklich gemocht habe ich das Studium nicht, habe mich aber dem Willen meines Vaters ergeben und etwas Handfestes gelernt.

Mein Vater wurde ebenfalls von seinem Vater und seinem Onkel dazu gedrillt, Ingenieur zu werden. Ich glaube, hätte er damals die Wahl gehabt, hätte er wohl auch eher den künstlerischen Weg eingeschlagen und versucht als Gitarrist seinen Weg zu gehen. Es war ihm aber zu keiner Zeit gestattet, seinen Fokus auch professionell auf diese Brotkunst zu legen.

Von ihm habe ich auch die Liebe zu diesem Instrument geerbt. Ich erinnere mich gerne daran, wie ich mich als Kind immer zu ihm gesetzt hatte, wenn er mal wieder eine seiner Jam-Sessions gehalten hatte. Ich war ein stets aufgedrehtes Kind, aber wenn er spielte, war ich in der Lage für eine längere Zeit stillzusitzen.

Nachdem ich mein Studium in der Tasche hatte, wollte ich, wie viele andere in meinem Studiengang auch, erstmals raus. Jedoch nicht Richtung Australien, Bali oder Asien, wo viele meiner Freunde hingingen, sondern ich hatte gleich vor mein ganzes Leben umzukrempeln. Ich wusste schon was ich wollte: Ich wollte nach Los Angeles. Das war aber auch alles, was ich an konkreter Planung vorzuweisen hatte. Was ich genau dort machen wollte, wusste ich auch noch nicht so ganz.

Ich entschied mich also erstmals für einen 3-wöchigen Urlaub hinzufliegen und mich hoffentlich von dem American Dream inspirieren und in eine Richtung lenken zu lassen. Ich hoffte, dass diese Berufung, von der jeder sprach, einfach irgendwann auch bei mir aufpoppen würde und ich sofort wüsste, was ich genau mit meiner Zukunft anfangen sollte. Damit ich nicht alleine losziehen musste, schnappte ich mir meine Cousine, welche selbst auch noch nie amerikanischen Boden betreten hatte und offen für ein neues Abenteuer war.

Bevor wir losflogen setze ich mir ein Ziel: Wenn ich wieder zurück nach Deutschland kam, wollte ich einen konkreten Anhaltspunkt haben, um meinen Plan weiterzuverfolgen. Das konnte ein Kontakt sein, eine Businessidee, ein Visum, ein Jobangebot – oder vielleicht die große Liebe … Wer weiß, in der Traumstadt ist ja bekanntlich alles möglich.

Da ich keinen konkreten Plan in der Tasche hatte, setzte ich all mein Vertrauen in das Universum und betete dafür, dass sich irgendwas schon auftun würde. Mein Job war es, meine Intention zu festigen und das Gefühl einzufangen, mit welchem ich meinen California Lifestyle verband, alles andere überließ ich der höheren Gewalt.

Ich kaufte mir ein neues Journal und fing an zu schreiben. Ich schrieb ich alles nieder, wofür ich derzeit dankbar war. Neben meinem Masterabschluss und dem Rückhalt meiner Familie, war ich natürlich extrem Dankbar für die große Freiheit, die mir gegönnt war, um die Welt sehen zu können. Danach schrieb ich nieder, was ich konkret wollte. Da ich nun keinen genauen Plan hatte, wie ich in den Staaten hätte bleiben können, beschrieb ich zunächst das Gefühl, dass mir Los Angeles geben sollte. Ich wollte natürlich ein Visum und alles, aber das Visum selbst, war ja nicht das, was mich glücklich machen würde. Ich wollte auch eine schöne Wohnung, aber was mich wirklich glücklich machen würde, wäre das Gefühl ein Zuhause zu haben; eine Homebase, ein Rückzugsort und ein Platz, der mich auffangen würde. Wenn ich an mein California Feeling dachte, roch ich die Meeresluft, spürte barfuß den Sand unter meinen Füßen und die Wärme der Sonne auf meiner Haut. Ich fühlte die Anspannung meiner Oberschenkel, wenn ich mir vorstellte, in den Canyons wandern zu gehen und ich spürte die Unbeschwertheit, wenn ich mit Freunden in lauen Nächten im Garten bei einem Lagerfeuer saß. All diese Dinge waren noch imaginär, aber sie fühlten sich real an, wenn ich meinen Gedanken freien Lauf ließ. Und um das ging es.

Bis zu meiner Abreise wiederholte ich diese Routine jeden Abend vor dem Schlafengehen. Ich nahm sie bewusst auf den Abend, da ich diese Gefühle in mein Unterbewusstsein somit transportieren konnte und manchmal sogar davon träumte.

Schließlich ging es los, meine Cousine und ich waren startklar und bereit für unser Abenteuer. Wir hatten uns in LA ein AirBnB und einen Mietwagen gemietet. Ich war mir so sicher, dass sich das große Geheimnis, um meinen weiteren Weg an der Westcoast lüften würde.

Die drei Wochen vergingen wie im Flug. Wir unternahmen viel und sahen auch einiges, aber es fügten sich einfach nicht die Puzzleteile. Ich fand einfach keinen Anhaltspunkt, an den ich anknüpfen konnte und der meinem Ziel entsprach. Ich versuchte, so viele Kontakte wie möglich zu knüpfen. Wir gingen auf Networking Events und ich schrieb auch blindlings interessante Leute und Unternehmer an, die ich auf Social Media fand. Für die meisten war das wohl total spooky, aber mir war das in dem Moment egal. Ich war mir sicher, wenn ich in LA etwas erreichen wollte, musste ich über meine Komfortzone hinausgehen.

Ich landete zurück in Deutschland mit eingeknicktem Kopf und null Ideen. Ich wusste einfach nicht, was schiefgelaufen war, aber auch nicht, was ich hätte anders machen können. Diese Reise beschäftigte mich noch einige Wochen. Ich musste aber auch irgendwann mal wissen, was ich nun weiterhin machen wollte. Das Studium hatte ich ja mittlerweile abgeschlossen, also musste etwas Neues her.

Ich entschied mich erstmals in einem regulären Job zu gehen und nahm den nächsten Job an, der sich anbot. Ich fing im Marketing in einem StartUp an, welches die Mission hatte, den Kaffeekonsum nachhaltiger zu machen. Es war kein glorreicher Job was die Bezahlung betraf, aber ich fand das Gebiet unglaublich interessant, liebte Kaffee ohnehin und da ich mich sowieso schon immer auch für das Thema Nachhaltigkeit begeistern konnte, war ich mit an Bord. Ich war mit meinem Master zwar definitiv überqualifiziert, aber in meinen gelernten Beruf wieder zurückzugehen, kam für mich nicht infrage. Ich hatte das Studium ja auch nur wegen meines Vaters gemacht.

Die Monate vergingen, mein Leben ging weiter und LA war schon gar nicht mehr präsent. Bis mein Chef uns die Aufgabe gab, Marketingmaterialien zu erstellen, für die CoffeeCon, einem Coffee-Festival … In Los Angeles! Als ich Los Angeles hörte, gingen meine Alarmglocken gleich an. Wer sich mit dem Manifestieren schon einmal vertraut gemacht hat, der weiß, dass man immer und überall damit rechnen muss, dass das Universum die kreativsten Wege einschlägt. Sollte das nun meiner sein?

Im Meeting, als alle Details bekanntgegeben wurden, wurde mehr und mehr klar, dass sich unsere Geschäftsführung nicht nur für das Festival interessierte, sondern auch darauf, vor Ort Investoren zu finden, um die Fühler in Sachen Expandierung in die USA vorzubereiten. Ein Team von drei Leuten sollte neben der Geschäftsführung mit nach Los Angeles gehen. Jemand aus dem Marketing für die Pressearbeit, jemand aus dem Vertrieb für Sales und ein Produktspezialist, der sich mit unserem Portfolio und dessen Gegebenheiten perfekt auskannte. Auch wenn ich nicht genau wusste, was dort auf mich zukommen würde, ich musste sichergehen, dass ich eine von den dreien war, die im Flugzeug saßen.

Die nächsten drei Wochen konzentrierte ich mich wie wild auf die Produktion von Katalogen, Flyern, Pressemappen und der Ausstattung für den Stand auf dem Festival. Ich hatte alle Hände voll zu tun und musste letztendlich auch sichergehen, dass all das auch in die USA mitgenommen wurde. Ich fühlte mich gebraucht und ich liebte es, diese Verantwortung zu tragen. Aus meiner ursprünglichen Notlösung wurde sogar mein Masterplan. Das Universum spielt manchmal schon verrückt.

Das Festival verlief super und unsere Kunden waren zufrieden. Unser Portfolio kam gut an und auch die lokale StartUp Szene wurde auf uns aufmerksam. Was die Investoren betraf, hatten wir ebenfalls Glück und konnten uns ein Funding sichern, welches uns den Start in den USA mit allen Legalitäten und Visumsgeschichten ermöglichen sollte. Für mich zahlte sich das alles ebenfalls aus, denn ich war als eine derjenigen auserkoren, die die Niederlassung in LA aufbauen durfte. Ich hatte bei meinem Job überzeugt und meinem Chef gezeigt, wozu ich in der Lage war.

Das alles ist nun zwei Jahre her und ich lebe nach wie vor in Los Angeles. Meine Vision hat sich in Teilen erfüllt und viele Dinge sind aber auch anders gekommen, als ich sie mir ausgemalt hatte. Ich kann aber sagen, ich habe mein Glück gefunden.

Ich möchte auch an dieser Stelle den Kreis schließen mit etwas, das mir meine Mutter schon in jungen Jahren mitgegeben hat und mich immer wieder vorangebracht hat – Dankbarkeit. Ich bin so dankbar dafür, dass mit all diese Chancen gegeben wurden und in erster Linie, dass mir meine Mutter dieses sehr starke Tool auf meinen Weg gelehrt hatte. Es gibt nichts powervolleres, als mit sich und seinem Umfeld im Reinen zu sein. Nichts für selbstverständlich und auch nichts persönlich zu nehmen. Alles, was wir erleben, hat seine eigene Timeline und manchmal müssen wir lernen, auf diese zu warten, anstatt alles gleich sofort haben zu wollen.

Letizia Schmidt im Kurzportrait:

Letizia Schmidt ist heute Marketing Director und lebt mit ihrem Partner und ihrer Tochter in Los Angeles. Schon in jungen Jahren hat sie die Kraft der Spiritualität für sich gelernt und gibt heute ihrer Tochter das weiter, was sie von ihrer Mutter gelernt hat. Privat setzt sie sich für Nachhaltigkeit ein und unterstützt von Herzen einige Initiativen, die sich für saubere Weltmeere einsetzen.

 

„Es gibt nichts powervolleres, als mit sich und seinem Umfeld im Reinen zu sein.“

- Letizia Schmidt

#WIEHASTDUDASGEMACHT