Abb. Vorseite: Wanderstab und Beutel von Hotei, M. Knipphals

M. Sotai Knipphals

Teemit
Platon

Niederschrift eines
merk-würdigen Treffens
am Saum des Meeres

Statt folgender Worte

ließe sich alles reduzieren auf:

All You need is Love

oder

Möchten Sie noch etwas Tee?

Japan Tee?!

Ja?

Dann hinein ins Nichts des kleinen Raumes

mit dem Duft von J.S. Bach

und dem Klang der Tatami.

Lauschen Sie dem Gespräch ehrenwerter

Meister aus Vergangenheit und Gegenwart.

Wie jene 15 Felsen im Ryoan-ji.

In einer unscheinbaren Hütte

am Saum des Meers

unter alten Kiefern.

Mit Dank gewidmet

T. K. Nagaya roshi, Soshin M. Kuramoto

und Soho P. Schendl,

die schon von uns gegangen sind,

aber dennoch weiterleben.

Abb.: Pflaumenblüte mit Mond, Morikage Kusumi, 1620-69

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1    Tee mit Platon?

2    Kaiseki Speise

3    Koicha

4    Kochzutaten

5    Usucha

6    Tee im digitalen Zeitalter

7    Stab Koan

8    Die fünf Pfeiler des Teeweges

9    Höhlen-Gleichnis von Platon

10    Blumen

11    Ein Tropfen im Ozean?

12    Unsere Entwicklungs-Stufen

13    Felsen im Ozean (der Leere)

14    Der Teeraum

15    Weg-Echo

Zum Geleit:

„Komm - trink Tee!“

Von Gerhard Staufenbiel
Gründer und Lehrer der Teeweg-Schule Myoshin-an

Der chinesische Zenmeister Zhàozhōu, (jap. Joshu) fragte einst die Besucher seines Tempels: „Warst du schon einmal hier?“ War die Antwort: ‚Nein‘, dann sprach Jōshū: „Trink Tee – Geh.“

Bejahte der Besucher die Frage, so erwiderte Jōshū ebenfalls: „Trink Tee – Geh!“ Der Tempelverwalter war verwirrt, da Joshu allen dieselbe Antwort gab. Auf seine Frage, warum er es macht, bekam er die Antwort: „Trink Tee – Geh!“

Das Teetrinken nimmt bis heute in China, Korea und Japan eine wichtige Rolle ein. In China wurde meine Reisegruppe von einem Zenmeister mit Tee empfangen. Er saß in einem Raum, der bis zur Decke mit Büchern vollgestopft war. Zwischen all den Büchern fanden wir gerade Platz zum Hocken auf dem Boden. Wir sprachen über den japanischen Zenmeister Dōgen, über die Teezeremonie und über unsere Eindrücke auf der Reise. Er hatte speziell für uns kostbaren japanischen Matcha besorgt und einen frischen Chasen (Teebesen).

Über alle kulturellen Grenzen hinweg feierten wir den Frieden zwischen Japan, China und Korea bei einer Schale Tee.

Wir haben auf der Reise erlebt, wie buddhistische Mönche, Universitätsstudenten und einfache Bauern ihren Tee bereiteten. Dabei suchten sie nach neuen - oder vielleicht doch uralten – meditativen Choreografien, denn die Tradition ist dort längst - spätestens seit der Kulturrevolution – verloren gegangen. Beeindruckend war die tiefe Konzentration, mit der sie den Tee bereiteten.

Das ist es: Mitten in der Hektik des Alltags innehalten, mit höchster Achtsamkeit Tee zubereiten und gemeinsam trinken. Vielleicht meinte das Jōshū: „Lass uns zusammensitzen, die Hektik des Alltags fallen lassen und Tee trinken! Einfach nur Tee trinken.“

Tee klärt den Geist, macht wach und gelassen, und fördert die Meditation, vor allem in der Form des Teeweges mit dem grünen Pulvertee aus Japan. Der japanische Meister Myoe, der die erste Teeplantage in Togano bei Kyoto (um 1210) angelegt hatte, fasste zehn positive Wirkungen des Tee zusammen. Tee schenkt einen wachen Geist und einen gesunden Körper. Er vertreibt Dämonen und böse Geister, vielleicht den bösen Dämon der rastlosen Hektik.

Kaffee dagegen putscht auf und macht nervös. Wenn wir beobachten, wie Menschen mitten im hektischen Alltag hastig ihren Kaffee zu sich nehmen, möglichst noch als ‚Coffee to go‘ aus Plastikbechern auf der Hetze zum nächsten Termin, ohne überhaupt zu bemerken, dass sie Kaffee trinken, versteht man, welche Stille und Ruhe dagegen vom Teetrinken ausgeht. In China gibt es das Sprichwort: Wenn du es eilig hast, mach einen Umweg! Zenmeister Jōshū würde heute vielleicht sagen: Komm, trink erst einmal Tee!

Im heutigen Japan dagegen, wo die Teebereitung als rituelle Kunst gepflegt wird, hört man immer wieder: „Tee ist Tee und Zen ist Zen!“ Zen ist für die Japaner weitgehend zu einer exotische Weise geworden, mit gekreuzten Beinen auf dem Boden zu hocken, während ein Aufseher mit dem Schlagstock durch die Meditationshalle schreitet.

Tee gilt dort heute als ein Kunstweg mit strikten Regeln, die genauestens befolgt werden müssen. Er ist im Laufe der Geschichte zum Zeitvertreib älterer Damen geworden, die prächtige Kimono tragen, kostbare Teegeräte zur Schau stellen und schwatzend den Tee zubereiten. Die Teezeremonie hat in Japan heute nahezu den gleichen Stellenwert wie das Schuhplatteln in bayrischen Traditionsvereinen.

Aber im Ursprung ist die Teebereitung reiner Zen. Zen kann nicht nur in der Form des Za-Zen (Sitz-Zen) geübt werden. Achtsame Handeln im Alltag kann Zen sein. Als junger Mönch fragte Jōshū seinen Meister Nanzen nach dem wahren Weg. Nanzen antwortete: „Es ist der alltägliche Geist!“ Als alter Meister wurde Jōshū seinerseits nach dem Wesen der Buddhanatur gefragt. Er antwortete mit der Gegenfrage: „Hast du deine Reisschale schon gewaschen?“

Zen ist nichts Spekulatives oder Kompliziertes. Es ist der gewöhnliche Alltag in voller Achtsamkeit und Bewusstheit. Der Teemeister Rikyu wurde einmal gefragt, was denn das Geheimnis des Teeweges sei. Er antwortete: „Wasser holen, Brennholz sammeln, Wasser erhitzen, Tee schlagen und trinken. Das ist alles“. Der Schüler „Das kann ich schon alles!“ Rikyu: „Dann möchte ich dein Schüler werden!“

Was so einfach klingt, ist schwer zu verwirklichen. Bewegungen und Atmung werden eins. Wir beginnen, den Tee zu tanzen, sagt man. Schöpfen wir das Wasser mit der Bambuskelle, so werden Hand und Schöpfkelle Eins. Ich hatte einmal eine Teeschülerin, die an einem Gehirntumor erkrankte. Völlig selbstvergessen saß sie im Teeraum, schöpfte immer wieder Wasser und goss es langsam und achtsam in die Teeschale. Verzückt lauschte sie dem Geräusch, das wie ein klarer Wasserfall im Gebirge klang: „Das ist so schön!“ Der Klang des Wassers in der Teeschale berührte sie im tiefsten Innern.

Das kalte Wasser klingt in der Teeschale wie das frische Wasser eines Bergbaches, das auf Felsen trifft. Warmes Wasser klingt weich und mild. Tauchen wir die Schöpfkelle in das heiße Wasser des Teekessels, bemerken wir, wie die Hitze die Schöpfkelle zurückdrängt. Wir spüren am Gewicht des Wassers in der Kelle, ob wir warmes oder kaltes Wasser geschöpft haben. Durch das achtsame Schöpfen überspringen die Sinne ihre Begrenzung: Wir hören die Temperatur des Wassers und spüren sie am Gewicht. Darin liegt nichts Übernatürliches oder Magisches. Beim Schöpfen von Wasser werden wir eins mit der Natur. Zenmeister

Dōgen schrieb einst: „Den Buddhaweg erlernen heißt, sich selbst erlernen. Sich selbst erlernen heißt, sich selbst vergessen.“

Dies meinte Jōshū mit der Frage: „Warst du schon einmal hier?“ Gewiß nicht, ob wir früher einmal an diesem Ort waren. HIER und JETZT. Wenn wir noch nie im Hier und Jetzt angekommen sind, dann, so seinen Empfehlung: Trink Tee.

Was gibt es Schöneres, als an einem kalten Winterabend dem Teekessel im Teeraum zu lauschen, der wie der Wind in den Kiefern singt. Die Dufthölzer im Feuer verbreiten ihren Duft und der Tee erfrischt den Geist. Wir werden immer stiller. Wenn wir dann wieder zurückkehren in den Alltag, scheint es, als wäre die Hast und Hektik verschwunden. Die gelassene Stille des Teeraumes wirkt im Alltag nach. Vielleicht meinte Jōshū diese Rückkehr in den Alltag: „Trink (erst) Tee – und dann geh!“ Geh zurück in den Alltag und bring deine Stille hinaus in die Welt, auf dass sie sich wandele. Wenn wir so zu uns selbst gefunden haben, verwirklichen wir unsere Buddhanatur.

Zenmeister Dōgen meint, dass alle Wesen vom Ursprung her die Buddhanatur haben. Wenn das so ist, warum soll man dann noch üben?

Wir verwirklichen durch Üben unsere Buddhanatur. Jeder Mensch hat die Fähigkeit, zur Quelle zu gehen und Wasser zu schöpfen. Aber er muß es TUN! So geht es auf dem Teeweg nicht darum, eine Fertigkeit zu erlernen, um sie fortan für immer zu besitzen. Wir müssen immer wieder und wieder Tee üben und zur Stille finden. Dann ist Tee-Machen Zen.

Unsere Not dies zu verstehen, ist zugleich aber eine große Chance. Auch im Westen. Und Staunen ist der Anfang des Verstehens. (Japaner fragen leider heute nicht mehr nach der Philosophie des Teeweges oder des Zen. Sie begnügen sich mit o.g. Folklore Ritual.) Westler hingegen fragen und wollen den Teeweg als Zenweg gehen.

Hoffentlich kann dieses Buch eine Brücke schlagen zwischen Ost und West. Hier wird gefragt und gedacht. Und das Fragen entstammt einer langjährigen Praxis. Vielleicht kehrt dann der Teeweg eines Tages verwandelt wieder nach Japan zurück, als ‚Zen-Tee` wie einst seit Juko bis in die Neuzeit.

Man könnte meinen, dass unsere Epoche viel zu gehetzt ist, um sich die Zeit zu nehmen, die Stille des Teeweges zu suchen. Mitten im Alltag. Schaut man auf den Wegmeister Rikyu, so war dieser kein weltabgeschiedener Eremit fern der alltäglichen Welt. Wenn der Shogun abwesend war, übertrug er ihm das Kommando über die Festung Osaka, die damals ein sehr strategischer Punkt in Japan war.

Wie gut wäre es, wenn wir Menschen in wichtigen Positionen hätten, die die Stille und den Frieden suchen, den der Teeweg schenken kann.

Trinken wir gemeinsam eine Schale Tee!

Dann lasst uns in den Alltag zurückkehren!

Abb.: Auf zu neuen Ufern - Sesshu Schule, ca. 1580

1  Tee mit Platon?

Nun, es mag ungewöhnlich sein, mit einem Griechen Tee statt Uzo zu trinken. Doch auf diesem Erdenrund hat mancher gewiß schon Sonderbareres erlebt. Wie eine jüngst zu beobachtende Massen-Hysterie wegen einer Infektion, die auch diesmal bis auf sehr wenige von allen gut überstanden wurde, wie all die Jahrzehnte zuvor. Doch der Kopf wollte es diesmal dramatisch, trotz klarer Daten für den Kopf von klugen Köpfen. Panik statt Besonnenheit und Schulbildung? In aufgeklärten Zeiten? Wahrlich sonderbar und höchst erstaunlich. Nur wenige hinterfragten das alles tatsächlich.

Dagegen ist es mittlerweile vollkommen normal, in einem Teeraum japanischer Art ein paar Meister zu treffen und beim Gespräch über das Leben zu belauschen. Selbst wenn Platon und Heisenberg mit Galileo zugegen sind und auch Maria Montessori.

Gedanklich, versteht sich, denn niemand hat deren DNA im Labor benutzt, um Klone herzustellen. Was zudem äußerst hirnrissig wäre und nur kranke Primaten aus Lebensüberdruß hervorwürgen würden. Denn alles auf diesem Globus ist vollkommen und in ausreichendem Maß vorhanden. Nichts muß künstlich produziert werden. Wasser muß nicht noch nasser werden, die Wolken über Kiel nicht noch grauer und Fische müssen nicht noch schneller wachsen. Nur mehr Verstand wäre global ein deutliches Plus. Doch der muß natürlich wachsen, künstlich kann man den nicht züchten. Ob die Schulpflicht hierbei überhaupt hilft, stürzt Pädagogen derzeit in große Zweifel. Was jedoch die Chance in sich birgt, endlich jenseits kopfgemäßer Daten über das Leben wie bisher, jungen Menschen nun zukünftig reale, zeitlose Zugänge hinein ins tatsächliche Leben zu vermitteln.

Lädt man nun zu einer Teerunde der besonderen Art ein, wählt man gewiß Personen, die Interessantes beizusteuern vermögen. Es gäbe für den Autor andernfalls auch nicht viel, worüber er berichten könnte. Wetthüpfen pubertierender Erdlinge mit einem Fußball? Kennt jeder. Massenaufläufe grölender Horden? Haben wir ständig. H2O schreiben können und dafür eine Durchblickernadel - hat auch jeder. Über die geschlechtliche Vermehrung von Sand gibt es bereits viel Literatur. Und die neuen Socken von Prinz Willi dienen nur als rezeptfreies Schlafmittel. Bliebe noch das Wetter? Oder die Politik? …? Auch diese Sommerloch-Themen sind allesamt längst erschöpft.

Daher begegnet uns hier zunächst also Platon, der für seine klaren Worte und klugen Betrachtungen weithin bekannt ist. Selbst außerhalb der griechischen Inselwelt mit ihren edlen Gyrosbuden, schicken Animations Hütten, unter selbst-verständlich ägäisblauem Himmel. Ohne Wolken, versteht sich. Und stets mit einem Syrtaki unter der Sohle und dem obligaten Balos für Touristen, zum Mitmachen.

Des weiteren wurde ein Herr Dogen* (Lebensdaten der Gäste siehe Anhang) von der Zen-Schule der Soto-Linie eingeladen. Dank viel gutem Grüntee aus dem Land des Lächelns ist dieser betagte Meister immer noch recht rüstig und in aller Munde. Seine zahlreichen Texte wirken zeitlos auch im Land von Bach, Goethe, Kant und Einstein; selbst in Nobelkutschen von Tesla, wie er einmal augenzwinkernd meinte, als man über die auslaufenden Steinzeittechnik von Verbrennungsmotoren sprach und Freie Energie.

Mit ihm kommt - in selbiger Hightech-Sänfte - auch sein Freund Ikkyu von der Lin-Chi (jap. Rinzai) Linie. Meister Ikkyu, eigentlich mag er diese Anrede nicht, war ohnehin zufällig in der Region, wobei er wie sein Kollege Nagaya hierzu bestimmt sagen würde, dass ein Zufall dasjenige ist, was einem zufällt, weil es an der Zeit ist, dass es einem zu-fällt, wie mir sein Schüler P. Zürn einmal verriet.

In solch illustrer Runde darf natürlich Teemeister Juko nicht fehlen, und dessen hochbegabter Kollege Sen Soami (Großvater von Teemeister Sen Rikyu). Der eine verursachte durch Studien bei Dogen und Ikkyu das Vorhandensein des Teewegs und diese Zeilen, der andere motivierte durch seine künstlerischen Fähigkeiten so manchen Zengarten in Heian, das seit langem schon Kyoto heißt. (Und er motivierte den Autor, in Europa und Kanada ähnliches zu bauen. Anm. der Red.)

Ob später noch unerwartete Gäste kommen, sei dahin gestellt. Ausreichend Teeblätter wurden jedenfalls vor Stunden sorgsam zwischen alten Granitplatten zu Pulver gemahlen. Und Wasser aus eigenem Brunnen steht ebenfalls reichlich zur Verfügung. Gemeilerte und gereinigte Kohle desgleichen. Was sich auch über frische Süßigkeiten aus Bohnengelee (Yokan) direkt aus Kyoto sagen läßt. Und für alle Fälle steht sogar ein Schirm bereit.

Auch der `taubedeckte alte Pfad` (Roji) ist mit seinem Moos nahezu blattfrei, die überdachte Wartebank gesäubert, das Becken aus nordischem Basalt hat eine frische Schöpfkelle aus Bambus und der Duft von Ozenko (Räucherstäbchen) motiviert Mücken weiterzufliegen. Sollte jetzt noch etwas fehlen, wäre es ohnehin verzichtbar.

Eine hingehauchte Tuschspur von Meister Sesshu hängt in der Bildnische, (ähnlich der von Tanyu) und eine Vase von Morioka san aus Shigaraki läßt die Blumen wie auf dem Felde ruhen. Eine überdies hilfreiche Idee von Meister Rikyu, die schon manchem seither dienlich war.

Als Autor denke ich gerade, dass jetzt die Gäste kommen könnten - da ruft in den Morgennebel hinein auch schon Meister Kanno: Ohayo gozaimasu! (Guten Morgen).

Hai, irashaimasen, herzlich willkommen, erfolgt die Antwort. Er war zwar nicht erwartet, Paris oder Kumada liegen schließlich nicht gerade nebenan, doch immer gern gesehen, beflügelt er selbst Alte Zenhasen mit seiner eigenwilligen Art. Von der Meister Tokuzen, vormals in Arashiyama, jetzt in Bergisch Gladbach, zu berichten weiß.

Wenig später sind alle eingetroffen und in den Raum hineingeruscht. Die üblichen Gast-Türen dieser Räume aus Zeder, sind mit nur 70 x 70 cm anders nicht zu passieren. Mit der Stille im Herzen, inmitten der lauten Welt mit ihrem sinnentleerten Aktionismus, weitet sich hierbei der kleine Tatamiraum. Physikalisch unmöglich, sagt das gebildete Neuzeitler-ICH, doch erlebbar, bescheinigt der Hara (Energie-Zentrum des Menschen unterhalb des Bauchnabels).

Sesshus Werk in zeitlosem Gestus begrüßt die eine Blume, die auf Buddhas erstes Koan* verweist. Beides läßt alle schmunzeln und sich dem Gesang des Kessel aus anderen Zeiten zuwenden. Sein Säuseln erinnert entfernt an den Klang von knorrigen Kiefern im Gebirge, durch deren silbergraues Geäst die Winde wehen und Krähen rufen.

Das Raunen von Kiefern im Gebirge, eine akustische Fortführung des Gartens? Klang als Qualitätsmerkmal? Falls der Roji überhaupt ein Garten im herkömmlichen Sinne ist, denkt Platon im Rückblick. Nette Blümchen fehlen, eine sichtbare Formgebung ebenfalls, Skulpturen, wie damals in meiner Zeit üblich, glänzen durch Abwesenheit und selbst einen verzierten Marmorbrunnen sucht man hier vergebens. Und auch das Wasser tröpfelt eher leise aus einer Bambusleitung, statt üppig zu plätschern.

Dennoch - so muß ich eingestehen - berührt einen diese Moos-Pflanzen-Trittsteinpfad-Stimmung. Da hier auf alles Ablenkende verzichtet wurde, fördert dies offenbar ein Zur-Ruhe-Kommen.Eine kluge Maßnahme denkt er. Benötigt man tatsächlich nur so

*(Koan sind absurd anmutende, aber lösbare Zenrätsel)

wenig? Nachdenklich schüttelt er den Kopf und geht zu seinem Sitzplatz im viereinhalb Mattenraum (2,7o x 2,7o m).

(Anm.: Japanische Räume sind mit 6 cm dicken Strohmatten ausgelegt, die wiederum mit einer feinen gewebten Grasschicht versehen sind. Ihr Maß, von Webstühlen abgeleitet, beträgt jeweils 90 x 180 cm. Überall, nur in Tokyo sind sie kleiner.)