Der Mensch und seine Grammatik

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Simon Kasper

Der Mensch und seine Grammatik

Eine historische Korpusstudie in anthropologischer Absicht

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

Inhalt

Fußnoten

1.1 Ein Alltagsphänomen

www.departments.bucknell.edu/linguistics/synhead.html [28.05.19].

1.3 Mehrdeutigkeit und Ausdeutbarkeit

In Kapitel 4 werden alle ausführlich wiederkehren und die Effizienz wird sich noch dazugesellen.

1.4 Verstehen

www.die-bibel.de/service/pressebereich/detailansicht/news/detail/News/komplette-bibel-jetzt-in-563-sprachen-uebersetzt/ [28.05.19].

Vgl. Weber (1997: 7–8). Man solle merken, so Weber, „dass es im Neuen Testament auch schwierige Sätze und Ausdrücke gibt und nicht alles aufgeht.“ (Weber 1997: 8; meine Übersetzung). Mit Genauigkeit meint er also den Verzicht darauf, die schwierigen Stellen der Vorlage in der Übersetzung verschwinden zu lassen.

1.5 Deutungsautomatismen, Deutungsroutinen und Deutungsarbeit

Es stimmt natürlich, dass Sätze (Subjekt) Sie (Objekt) nicht lesen können, aber das ist ein Argument, das sich auf mehr beruft als die grammatische Form der Äußerung. Im Übrigen sind Situationen vorstellbar, in denen die Aussage, dass Sätze (Subjekt) Personen (Objekt) lesen – im Sinne von ‚deuten‘ oder ‚auslegen‘ –, eine kommunikativ erfolgreiche Äußerung darstellt; so beispielsweise, wenn wir feststellen, dass Äußerungen, etwa in Dostojewskis Romanen, Wahrheiten über uns kundtun, über die wir uns selbst noch gar nicht im Klaren gewesen sind und angesichts deren wir uns entlarvt fühlen. Solche Sätze lesen uns ebenso, wie wir sie lesen – ein Fall von Metonymie, in dem die Sätze für ihren Verfasser stehen.

Der Hinweis auf die Mehrdeutigkeit der Äußerung weiter oben hat Ihnen keinen (unmittelbaren) erkennbaren Vorteil gebracht, denn Sie hatten den Satz ohnehin so interpretiert, wie ich ihn verstanden wissen wollte. Mittelbar kann eine erhöhte Sensibilität für Mehrdeutigkeit natürlich praktische Vorteile bringen, zum Beispiel um Kommunikation, die gescheitert ist, zu verstehen und die Ursachen künftig zu vermeiden.

Den Ausdruck „Deutungsarbeit“ habe ich von Sigmund Freud übernommen (vgl. Freud [1917] 2009).

Vgl. Bornkessel-Schlesewsky & Schlesewsky (2009b).

In Kapitel 4 werden Automatismen, Routinen und Arbeit ausführlicher diskutiert.

1.6 Die „W“-Fragen des vorliegenden Buches

Die Belebtheitshierarchie wird in Kapitel 3 ausführlich Thema werden.

Zur Übersetzungsfreiheit siehe die Abschnitte 1.7 und 2.5.

Während im Standarddeutschen als adverbale Kasus Nominativ, Dativ und Akkusativ unterschieden werden (mit Resten eines Genitivs), sind im Hochalemannischen der Nominativ und der Akkusativ ununterscheidbar geworden und im Nordniederdeutschen der Dativ und der Akkusativ (s. Anhang).

Vgl. Jackendoff (2009: 33).

1.7 Das Korpus und die verwendeten Bibelübersetzungen

Evangelische Kirche Deutschland.

Diese sind in der Regel den entsprechenden Editionen selbst zu entnehmen.

Die Handschrift ist digitalisiert einsehbar unter <https://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/csg/0056> [29.05.19].

Vgl. Masser (1997b: 126).

Vgl. Masser (1994: 9–35).

Beheim, xviii.

Die Handschrift wird in der Universitätsbibliothek Leipzig als Ms. 34 verwahrt und ist als Digitalisat über <www.manuscripta-mediaevalia.de/> [29.05.19] einsehbar.

Bechstein, xix.

Bechstein, xxxi.

Vgl. Maurer (1929) und Walther (1889–1892: Sp. 498–506).

Zu den editorischen Entscheidungen, die die Textgestalt betreffen, vgl. Bechstein (1867: xx–xxiv).

Vgl. Liuzza (1994, 2000).

Vgl. Reimann (1883).

Vgl. etwa Harris (1901), Trilsbach (1905) und die Arbeiten von Kemble & Hardwick (1858), Skeat (1878), Bright (1904), Bosworth (1907) und Cichosz, Gaszewski & Pęzik (2016).

Zu dieser Handschrift siehe auch Da Rold et al. (2013) unter <https://www.le.ac.uk/english/em1060to1220/mss/EM.CCCC.140.htm> [29.05.19].

Vgl. Liuzza (1994: xxxi).

Einen Eindruck der Handschrift CCCC 140 kann man sich hier verschaffen: <https://parker.stanford.edu/parker/catalog/ks656dq8163> [29.05.19].

Vgl. Harris (1901). Liuzza (2000) sieht das ganze Werk in der irisch-bretonischen Tradition.

Liuzza (1998: 14).

Vgl. Liuzza (1998).

Vgl. Forshall & Madden (1850: ix).

Vgl. Levy (2017: 27).

Zum historischen Kontext vgl. Deanesly (1920), Catto (2017).

Eine Ausnahme ist Nicholas Hereford, der namentlich als Übersetzer genannt wird. Vgl. Hudson (2017b: 149).

Skeat (1879: vi). Zu der Beziehung zwischen der früheren und späteren Version vgl. auch Dove (2007) und Hudson (2017b).

Der Text des Prologs befindet sich in Forshall & Madden (1850, I, 1–60). Vgl. dazu auch Ghosh (2017).

Vgl. Skeat (1898), Samuels (1989), Peikola (2003), Sopolova (2017). Zur Standardisierung im Englischen vgl. auch Nielsen (2005).

Vgl. Hudson & Sopolova (2017).

Einen Eindruck dieser Handschrift kann man hier bekommen: <https://www.bl.uk/catalogues/illuminatedmanuscripts/record.asp?MSID=7480&CollID=16&NStart=10308> [29.05.19].

Für die editorischen Prinzipien vgl. Forshall & Madden (1850, I, i–lxiv). Für Kritik vgl. Fristedt (1953), für Kritik und Würdigung Hudson (2017a).

In Bezug auf England schreibt Deanesly (1920: 206): „Thus, till the period of Wycliffe’s own influence, and even later, lay people of the upper classes who used translations of the scriptures, or books of devotion, would naturally have had them in French.“

Bentzinger/Kettmann (1983), zit. in Besch (2000: 1718).

Vgl. Besch (2000).

Vgl. Besch (2014: 129).

Besch (2014: 64) geht jedoch davon aus, dass Niederdeutschsprecherinnen noch lange auf Übersetzungen ins Niederdeutsche angewiesen waren. Sein Ausgleichsbestreben richtete sich nämlich vornehmlich auf die Graphie.

Vgl. Sonderegger (1998).

Vgl. Besch (2014: 11), Wolf (2017).

Vgl. Besch (2014), Eroms (2017).

Besch (2000: 1717).

Ein Exemplar ist hier einsehbar: <http://digital.wlb-stuttgart.de/sammlungen/sammlungsliste/werksansicht/?no_cache=1&tx_dlf%5Bid%5D=4036&tx_dlf%5Bpage%5D=1> [16.2.18].

Weber (1997: 7). ‚Alle Zürcher können sie [die Bibel] ja auf Hochdeutsch lesen, zum Beispiel in der neuen Zürcher Übersetzung. Aber vielleicht ist die Bibel vielen gerade deswegen fremd geblieben. Das Hochdeutsche ist eben eine Fremdsprache für uns. … Wenn es stimmt, dass die Bücher des Neuen Testaments für das Herz geschrieben sind, dann muss es auch eine zürichdeutsche Übersetzung geben.‘ (meine Übersetzung).

Siehe Abschnitt 2.5.

2.1.2 Öffentlichkeit und sprachliche Konventionen

Tomasello (2008) nennt das „Infrastruktur“.

Das kann und soll durchaus im Sinne von Rudi Kellers Theorie der unsichtbaren Hand verstanden werden. Vgl. Keller (2003).

Das Zauberwort ist hier kumulativ. Die Gestalt einer Sprache ist die Folge von absichtlichen Sprechhandlungen vieler Personen, aber selbst nicht beabsichtigt. Das geht deswegen, weil absichtliche Handlungen auch stets unbeabsichtigte Nebenfolgen zeitigen. Und die Sprachstruktur kumuliert aus unbeabsichtigten Nebenfolgen von absichtlichen Sprechhandlungen, wobei diese Nebenfolgen sozusagen in die gleiche Richtung verlaufen (vgl. Schmidts & Herrgens 2011 Begriff der Synchronisierung). Dies wiederum tun sie, weil sie für die Sprachbenutzerinnen bestimmte Leistungen erbringen, deren sie aber gar nicht gewahr sind, während sie sprechen. Hierbei lässt sich die Sprache anderen menschlichen Institutionen vergleichen. Vgl. Menger (1883: 178–183), von Hayek (1956/1957) sowie die philosophischen Aufsätze in von Hayek (1967, insbesondere „The results of human action but not of human design“).

Vgl. dazu die Unterscheidung bei Ryle ([1949] 1990).

2.1.3 Die Zwänge der Öffentlichkeit: Treue und Sparsamkeit

Den Begriff der Fülle habe ich Husserl (1954) entnommen. Er verwendet ihn, um die lebensweltliche, und das heißt von naturwissenschaftlichen und mathematischen Abstraktionen und Idealisierungen undurchsetzte Wahrnehmung von etwas zu charakterisieren:

„Konkret […] sind uns, zunächst in der empirischen sinnlichen Anschauung, die wirklichen und möglichen empirischen Gestalten bloß als ‚Formen‘ einer ‚Materie‘, einer sinnlichen Fülle gegeben; also mit dem, was sich in den sogenannten ‚spezifischen‘ Sinnesqualitäten, Farbe, Ton, Geruch und dergleichen, und in eigenen Gradualitäten darstellt.“ (Husserl 1954: 27) Und er präzisiert:

„Wir sprechen hier und überall, getreu die wirkliche Erfahrung zur Aussprache bringend, von Qualitäten, von Eigenschaften der wirklich in diesen Eigenschaften wahrgenommenen Körper. Und wenn wir sie als Füllen von Gestalten bezeichnen, so nehmen wir auch diese Gestalten als ‚Qualitäten‘ der Körper selbst, und auch als sinnliche, nur daß sie […] nicht die Bezogenheit auf ihnen allein zugehörige Sinnesorgane haben […].“ (Husserl 1954: 28, Fußnote)

Den Terminus „Eigenstruktur“ und viele dazugehörige ideelle Anregungen habe ich Schwemmer (1997a) zu verdanken.

2.1.4 Die Zwänge der Öffentlichkeit: symbolische Auslagerungen

„Wie man entspannt muttert“ (http://mamablog-mamamia.com/2016/11/17/wie-man-entspannt-muttert/) [9.6.17]. „Wenn es im Freundeskreis muttert, wird der eigene Kinderwunsch überdacht.“, Berliner Morgenpost, 26.9.2010 (www.morgenpost.de/familie/article104677757/Wenn-es-im-Freundeskreis-muttert-wird-der-eigene-Kinderwunsch-ueberdacht.html) [9.6.17]. „Kate und Hunziker schwanger. Es muttert bei der Prominenz“, Kölner Stadt-Anzeiger, 8.9.14 (www.ksta.de/panorama/-es-muttert-bei-der-prominenz-851574) [9.6.17].

Vgl. auch engl. to mother, unter anderem als ‚To be or become the mother of, give birth to‘ und ‚To bring up, take care of, or protect as a mother; to look after in a (sometimes excessively) kindly and protective way‘ (Oxford English Dictionary, Eintrag mother (www.oed.com/) [31.05.19]. Zu Yuma vgl. Halpern (1942).

Vgl. Dixon (2010, 26).

2.2.2 Vom Öffentlichen zum Privaten: ein erster geschummelter Versuch

Der Instruktionsbegriff überschneidet sich hier mit demjenigen Weinrichs (1976), unterscheidet sich aber von diesem deutlich darin, wie das Instruierte konkret aufgefasst wird. Vgl. zu meiner Herleitung einer Instruktionsgrammatik Kasper (2014, 2015b).

Links von und rechts von stellen hier natürlich insofern komfortable Idealisierungen dar, als die Ausdrücke den Eindruck erwecken, Texte seien in einer beliebig langen Zeile von links nach rechts geschrieben oder gedruckt, ohne Zeilenumbrüche, Absätze, Seiten und so weiter. So, wie geschriebener oder gedruckter Text tatsächlich gestaltet ist, kann sich ein Äußerungselement auch an einem Punkt im dreidimensionalen Raum befinden, zum Beispiel auf der Hälfte der quer verlaufenden Zeile, auf der Hälfte der längs verlaufenden Seite und in Hälfte des Buches hinsichtlich seiner räumlichen Tiefe. Dann kann sich vorgängiger Text nicht nur links und nachgängiger Text nicht nur rechts von diesem Element befinden, sondern auf den Längs-, Quer- und Hochachsen des Textträgers in bestimmten, aber in aller Regel nicht beliebigen Positionen zu ihm verortet sein.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Strukturen ober- und unterhalb der sprachlichen Instruktion keine syntaktische Struktur darstellen. Sie stellen entzeitlichte praktische und Vorstellungsbeziehungen, also nicht sprachliche Beziehungen, dar, die Interpretinnen auf Basis von Ausdrücken und Ausdrucksteilen vornehmen (s. auch Abschnitt 2.4.2 zu solchen Offline-Abhängigkeiten.) Daraus folgt auch, dass die routinemäßige oder automatische Wahl einer Lesart nicht die Entscheidung für eine von mehreren syntaktischen Strukturen ist. Vgl. zum größeren Kontext solcher Fragen Ágel (2009).

2.2.4 Vom Öffentlichen zum gemeinsamen Privaten mit sprachlichen Eigenstrukturen

Heidegger (1967: 53).

Und wer dann doch annimmt, dass die Wortarten lebenswelttreu sind, wird die Eigenstrukturiertheit nur woandershin verlagern, beispielsweise in das Denken oder in andere Beschreibungsebenen der Grammatik.

Die historische Verbindung zwischen dem Substantiv Jünger und dem Adjektiv jünger, die über die Assoziation von jungem Alter und Schülersein verläuft, dürfte heute nicht mehr transparent sein.

Wenn man der in der Jünger als Demonstrativartikel versteht, kann mit dem Satzglied auch auf einen für die Interpretin unbestimmten Gegenstand hingewiesen werden, der noch gar nicht oder lange nicht Thema des Diskurses gewesen ist, wie in Da war dann noch dieser Jünger. Wie hieß er noch? Die Bedingungen dieses (anamnestischen) Gebrauchs sind aber hier nicht erfüllt. Beispielsweise sollte dabei der betreffende Gegenstand seine Erstnennung oder eine erneute Nennung nach ausgedehnter Nichtnennung erfahren. Das ist im hiesigen Kotext deutlich nicht der Fall (siehe [5] oben).

Im Mittelfeld darf vor einem unbetonten Personal- oder Reflexivpronomen nur das Subjekt als volle Substantivgruppe stehen.

Am detailliertesten ist dies vermutlich in den Theorien des generativistischen Mainstreams expliziert (vgl. Fanselow & Felix 1993, Grewendorf 2002). Ob man allerdings alle Hintergrundannahmen mittragen möchte, die deren Explikationen zugrunde liegen, ist eine andere Frage. In Kasper (2015b) habe ich diese Frage für das instruktionsgrammatische Forschungsprogramm verneint. Die vorliegende Arbeit ist diesem Forschungsprogramm verpflichtet.

Vgl. Mossé 1952: 122.

2.2.6 Die Zeitlichkeit des Interpretierens und wechselseitige Vorhersagbarkeit

Vgl. Bornkessel-Schlesewsky & Schlesewsky (2009b).

2.3.1 Grenzen der Sprachkonventionen: eigenstrukturell vermittelte Mehrdeutigkeiten

Vgl. Kuno (1965).

Mit Dank an Jeffrey Pheiff.

Für das Folgende vgl. das Oxford English Dictionary.

Für die letztgenannten Verwendungen von like liefern die einschlägigen Kriterien für Wortarten keine eindeutigen Ergebnisse. Kandidaten sind Konjunktion, Präposition (für (e.)) und die Resterampe Partikel. Das Oxford English Dictionary bietet auch Adverb an.

Handelte es sich bei der Äußerung in (8) um eine gesprochene Äußerung, wäre zu überlegen – oder zu testen –, ob eine Interpretin die Unterscheidung auf Basis prosodischer Merkmale zuverlässig vornehmen könnte. Ich bezweifle das. Ohne Kontrast- oder enge Fokusakzente mag ein Akzent auf flies die Kompositumlesart (b.) ausschließen, aber weder die Deklarativ- (a.) noch die Imperativlesarten ((c.) bis (g.)). Mit Kontrastfokus auf Time oder flies scheint jede Lesart möglich zu sein.

Insofern ähnelt like hier tatsächlich Konjunktionen. Vgl. (c.) Time flies like (you time) an arrow mit Pilate saw Jesus or (Pilate saw) the disciple sowie (d.) Time flies like an arrow (times flies) mit Pilate saw Jesus or the disciple (saw Jesus).

Es gibt hier kein eigenstrukturelles Signal, dass eine Passivlesart zuverlässig ausschließen würde, außer man möchte die Abwesenheit eines Passivauxiliars als Signal verstehen.

2.3.2 Grenzphänomene: die bewegliche Grenze der Eigenstruktur

Vgl. Kuno & Kaburaki (1977), Culicover (2009, Kap. 10). In generativistischen Ansätzen wird das über zugrundeliegende und abgeleitete syntaktische Strukturen geregelt.

Das ist eine Vereinfachung. Ausführlicher sind die Bedingungen in der Bindungstheorie der Rektions- und Bindungstheorie formuliert; vgl. Fanselow & Felix (1993). Für das Neuhochdeutsche vgl. auch Zifonun (2001), (2003) und (2005).

Siehe Abschnitt 2.3.3 zum Einfluss des Standarddeutschen und -englischen.

Die 1984er Luther-Bibel weist auf Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei []. Weber übersetzt ins Zürichdeutsche Da hät de Herr Mitläid mit säbem Chnächt ghaa, hät en gaa laa [] und bei Jessen lautet der Vers Dat güng den Herrn dörch un dörch, un he harr Erbarmen mit sin Knecht.

Siehe auch Abschnitt 2.3.1, wo Mehrdeutigkeiten des Pronomenbezugs abgegrenzt und von der Untersuchung ausgeschlossen wurden.

Das kann durchaus auch an der Übersetzungstreue der Übersetzer liegen. Es illustriert aber dennoch eine allgemeine Beobachtung.

Vgl. Wülfing (1894: 342) fürs Altenglische (am Beispiel Alfreds des Großen), Mitchell (1985, I: Kapitel III E, III G und V) ebenfalls fürs Altenglische, Mustanoja (1960: 144–145) fürs Mittelenglische, Paul (2007: 470) zum Mittelhochdeutschen, Ebert et al. (1993: 431–432) zum Frühneuhochdeutschen.

Zu dem gesamten Problemkomplex vgl. allgemein Huang (1984, 1995), Kehler (1996), Cole (2009, 2010), Sigurđsson (2011), zum Althochdeutschen vgl. Held (1903), Eggenberger (1961), Hinterhölzl, Petrova & Solf (2005), zum Mittelhochdeutschen Paul (2007), zum Frühneuhochdeutschen Ebert et al. (1993: 345–346, 431–432), speziell zu Luther Wunderlich (1887) und Franke (1922), zum Altenglischen Wülfing (1894: 342), Pogatscher (1901) und Mitchell (1985), zum Mittelenglischen Ohlander (1981), zum Englischen sprachstufenübergreifend vgl. Ohlander (1943–1944), Visser (1963), Allen (1995), zum Deutschen allgemein vgl. Behaghel (1928a), Hennig (2011, 2013, darin inbesondere der Artikel von Kindt), Volodina & Weiß (2016), zu experimentellen Erhebungen zum modernen Deutschen vgl. Bonitz (2013), Trutkowksi (2016) und Hartmann, Kornietzko & Salzmann (2016), zum modernen Deutschen vgl. Reich (2009), für Vergleiche der relvanten Faktoren vgl. beispielsweise zum Brasilianischen Portugiesisch Rodrigues (2002) und zum Isländischen Rögnvaldsson (1990).

Vgl. Held (1903), Behaghel (1928a), Eggenberger (1961), Hinterhölzl, Petrova & Solf (2005), Axel (2009). Ähnliches wird vielfach auch für das Altenglische angenommen. Vgl. Pogatscher (1901), Hulk & van Kemenade (1995), van Gelderen (2000), Walkden (2013).

2.3.3 Der Einfluss der Schrift auf die sprachliche Eigenstruktur

Zu den Parametern der Syntaktifizierung und Integration in Abgrenzung zum Gegenbegriff der Aggregation oder Fragmentierung, vgl. Chafe (1982), Koch & Oesterreicher (1985), Raible (1992), Ágel (2003, 2007, 2015).

Vgl. Erfurt (1996), Ágel (2000: 1854–1855).

Das „muss“ natürlich nur insofern so sein, als der Produzent grundsätzlich kooperativ eingestellt ist und sich an die Konversationsmaximen hält.

Ong ([1982] 2002: 101–102).

Vgl. Erfurt (1996).

Zur Umstrukturierung der Kognition durch Literalisierung vgl. Goody (1977), Ong ([1982] 2002), Köller (1988: 154–172), Scheerer (1993). Für eine Stimme, die den Gegensatz von Mündlichkeit und Schriftlichkeit, den die letztgenannten Autoren aufmachen, für überschätzt hält, vgl. Finnegan (1988). Zu den Kritikern gehört auch der Herausgeber der altenglischen Gospels; vgl. Liuzza (2012).

Zum Deutschen vgl. Knoop (1994), von Polenz (1999: 51–52), Maas (2003). Zum Englischen vgl. Stone (1969), Giere (1994). Zur Schweiz vgl. Messerli (2002).

Raible (1994: 14).

Vgl. Lowth (1762) fürs Englische und Schottelius (1663) fürs Deutsche, um nur die einflussreichsten zu nennen.

Vgl. Sonderegger (1998: 240–241).

Vgl. Fisher (1996).

Vgl. allgemein Mattheier (2000a) und Mattheier (2000b). Zum Schweizerdeutschen vgl. Lötscher (1983), zum Niederdeutschen Gabrielsson (1983).

Vgl. Koch & Oesterreicher (1985: 26). Nicht zufällig wird der rapide Wandel der historischen Ortsdialekte seit dem Aufkommen der Massenmedien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verzeichnet. Dabei werden als Maß aber überwiegend phonologische und morphologische Aspekte der Eigenstruktur herangezogen, weniger kombinatorische oder Reihenfolgeaspekte. Vgl. Lameli (2004), Schmidt & Herrgen (2011).

Erben (1954: 165).

Vgl. Christen (1998), Christen et al. (2010), Werlen (2004), Sonderegger (2003), Haas (2006) zur Schweiz. Hier besteht eine Situation, in der das Schweizerdeutsche und das Standarddeutsche nebeneinander existieren, aber mit jeweils recht streng geschiedenen Gebrauchsdomänen. Vgl. dagegen Stellmacher (2000), Schröder (2004), Elmentaler (2008), Adler et al. (2016) zum Niederdeutschen. Zur Zeit, da Jessen die Bibel ins Niederdeutsche übersetzte, befand sich das Niederdeutsche im Vergleich zum Standarddeutschen bereits im Rückzug aus der zweisprachigen Situation (vgl. auch Gabrielsson 1983, Bellmann 1983, Möhn 1983b). Wo im Schweizerdeutschen die Domänen von Schweizerdeutsch und Standarddeutsch klar geschieden sind, wurde im niederdeutschen Raum insbesondere im 20. Jahrhundert das Standarddeutsche zunehmend in Domänen eingesetzt, in denen zuvor Niederdeutsch gesprochen wurde. Der augen- und ohrenfälligste Unterschied zwischen Schweizer- und Niederdeutsch besteht zwischen der Anzahl derer, die dialektale Kompetenz besitzen. Während in der deutschsprachigen Schweiz praktisch jedes Kind Schweizerdeutsch als erste Sprache erwirbt, ist das für das Niederdeutsche schon lange nicht mehr der Fall. Kinder erwerben hier eine standardnahe Sprechweise. Strukturell sind die niederdeutschen Dialekte durch eine Entwicklung hin zum Standarddeutschen gekennzeichnet, während die schweizerdeutschen Dialekte im Vergleich dazu hochgradig stabil sind.

Schweizerdeutsch wurde in der frühen Neuzeit durchaus verbreitet geschrieben (vgl. Lötscher 1983: 47–69) und auch in Norddeutschland hat es zu mittelniederdeutscher Zeit überregionale Schreibkonventionen gegeben (vgl. Foerste 1978: Sp. 1763–1167, Gabrielsson 1983, Sodmann 2000). Insofern kann es kaum überraschen, dass die überregionale, standardisierende Wirkung der Sprache der lutherischen Bibelübersetzung im Alemannischen vielfach nicht positiv beurteilt wurde, drängte sie doch die eigenen Schreibkonventionen ins gesellschaftliche Abseits. Auch die Zürcher Übersetzung der Bibel, sprachlich in vielen Aspekten schweizerdeutsch, wurde mit jeder Überarbeitung stärker durch Luthers Deutsch geprägt (vgl. Sonderegger 1998, passim). In den sozialen Medien wird Schweizerdeutsch heute auch wie selbstverständlich geschrieben. Ähnliches ist für das Niederdeutsche nicht festzustellen (vgl. Michelau 2017 für Schleswig-Holstein). Zum Verhältnis von Schriftsprache und Dialekt vgl. auch Behaghel (1928b: 182–220).

Bei Entlehnungen wird oftmals davon ausgegangen, dass gerade syntaktische Regelungen leichter von einer Sprache oder Varietät in eine andere übernommen werden können (vgl. früh Meillet 1921: 84). So konstatieren beispielsweise Elmentaler & Borchert (2012: 127–128) für das Niederdeutsche, dass „einige Merkmale, die in der Literatur als ‚kennzeichnend niederdeutsch‘ beschrieben werden, tatsächlich heute nicht mehr […] oder nur noch in Spuren […] belegt [sind].“ Was man stattdessen findet, ist eine Annäherung oder Angleichung eines ehemals genuin niederdeutschen Satzbaus an die hochsprachliche Regelung (vgl. Schönfeld 1974: 125–126, zit. in Elmentaler & Borchert 2012: 109). Ich möchte aber nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass nicht alle syntaktischen Merkmale gleich sind. Es scheint syntaktische Merkmale zu geben, die Teile eines überstrukturierten Ganzen sind und die nicht leicht in die überstrukturierte Eigenstruktur einer anderen Sprache einzufügen sind. Dazu gehören beispielsweise die Regelungen über die Positionierung des finiten Verbs in Sätzen oder die Abfolgeregelungen für Elemente in Satzgliedern. Andere syntaktische Merkmale können dagegen sehr leicht übernommen werden, wenn zwischen den überstrukturierten eigenstrukturellen Regelungen der Geber- und Nehmersprache bereits Ähnlichkeiten bestehen. Dazu gehören beispielsweise die tun-Periphrase, der Ersatz des Präteritums, die Spaltung von Präpositionaladverbien und die doppelte Negation.

Ich habe lediglich eine intuitionsbasierte Aussage zu den imaginären syntaktischen Funktionen in koordinierten Sätzen im Hochalemannischen gefunden. Danach verhält es sich dort tatsächlich so wie in der neuhochdeutschen Standardsprache: Der Teilsatz mit der Nullstelle muss streng parallel zum ersten Konjunkt gebaut sein und interpretiert werden. Objekte können nur fehlen, wenn sie im ersten Konjunkt besonders hervorgehoben am linken Satzrand stehen (vgl. Salzmann 2012) oder wenn das Subjekt auch fehlt. Bezüglich der anderen Frage zur beweglichen Grenze der Eigenstruktur – woher der Vorstellungsinhalt zu einer Nullstelle zu holen sei – bin ich lediglich in der berndeutschen Grammatik fündig geworden. Dieser ebenfalls hochalemannische Dialekt verhält sich genauso wie die älteren Sprachstufen des Deutschen, weist also Strukturen wie diejenigen in den Beispielen (11) und (12) auf (vgl. Hodler 1969: 329–334). In Hodlers monumentaler Grammatik fehlen aber jegliche Hinweise auf die Ersparung des Objekts unter den hier betrachteten Bedingungen. Zum Niederdeutschen ist diesbezüglich nichts zu finden.

Vgl. Masser (1997a), Ernst & Elspaß (2011), Sonderegger (2000) für das Althochdeutsche, Grosse (2000), Paul (2007, z.B. 363–364, 451) für das Mittelhochdeutsche, Ebert et al. (1993, z.B. 345–346, 431–432), Betten (2000) für das Frühneuhochdeutsche, Diller (1988) für das Altenglische am Beispiel des Beowulf.

Der neuhochdeutsche Satz tritt tatsächlich in dieser Form nirgendwo auf.

2.3.4 Zu den morphologischen Eigenstrukturen in den Sprach(stuf)en

Siehe dazu die verwendeten grammatischen und syntaktischen Darstellungen in Abschnitt 5.2. des Literaturverzeichnisses.

2.4.2 Synchronische und diachronische, globale und lokale, Offline- und Online-Betrachtungsweisen

Keenan (1978: 120–121).

Hawkins (1986: 40).

Kiparsky (1997: 487).

Siewierska (1998: 525–526).

Dixon (2010–2012, I: 125–126; Kursivierung im Original).

Polo (2002: 124).

Harris & Campbell (1995: 24–25).

Sapir (1921: 177–178).

Jespersen (1922: 361). Auf dieser Linie lässt sich auch das konstruktionsgrammatische Szenario von Barđđal (2009) verorten.

Meillet (1922: 187; Deutsch von mir).

Allen (2006: 201).

Speyer (2010: 44–49).

Eine moderne Exponentin dieser Position ist S. Fischer (2010), obwohl sie sich auf Meillet ([1912] 1921) als Vorläufer beruft. Meillet hat aber die Position, die Fischer (2010: 171) ihm zuschreibt, gar nicht explizit vertreten.

Martinet (1963: 99).

Im französischen (wenn auch umgearbeiteten) Original verwendet Martinet ([1960] 1980: 110–111) französischsprachige Beispiele:

« Un monème qui n’implique pas ses rapports avec le contexte et qui ne s’adjoint pas de monèmes de rapport devra indiquer ses relations avec le reste de l’énoncé par la place qu’il y occupe; Paul sera marqué comme l’objet des sévices par sa position après bat dans Pierre bat Paul, comme l’auteur des sévices par sa position avant bat dans Paul bat Pierre. »

Die Übersetzer haben das französische Sprachbeispiel einfach durch ein deutsches ersetzt. Im Französischen gilt aber der Umkehrschluss nicht, der fürs Deutsche gilt, weil die Reihenfolgebeschränkung unabhängig von den morphologischen Ausprägungen in einzelnen Äußerungen gilt. Im Deutschen gilt sie gerade nicht unabhängig von den morphologischen Ausprägungen. Gemäß dem Originaltext kann Martinet einfach als ein weiterer Exponent der globalen Perspektive Keenans und Co. angesehen werden.

MacWhinney, Bates & Kliegl (1984: 134).

MacWhinney, Bates & Kliegl (1984: 129).

MacWhinney, Bates & Kliegl (1984: 130).

MacWhinney, Bates & Kliegl (1984: 131).

Bornkessel-Schlesewsky & Schlesewsky (2009c: 28). Vgl. dazu auch die Eigenschaften transitiver Sätze in Hopper & Thompson (1980).

2.4.3 Zurückhaltung bezüglich der instruktiven Mittel

Für weitere Vorteile von Paralleltextanalysen vgl. Wälchli (2007).

2.4.4 Die zu untersuchenden Sprach(stuf)en

Fries (1940: 199). Vgl. beispielsweise auch Smith (1893), Mitchell (1985, I: 4–6) & Traugott (1992).

Fries (1940: 199–200).

Fries (1940: 202).

McFadden (2002: 108).

Emonds & Faarlund (2014) gehen so weit zu argumentieren, das Englische sei dabei von einer westgermanischen zu einer nordgermanischen Sprache geworden.

Horobin & Smith (2002: 91).

Vgl. Allen (1997).

Vgl. MacFadden (2002: 113). Der relevante Zeitraum ist M3 (1350–1420).

Vgl. McFadden (2002: 113).

Axel (2007: 4).

Behaghel (1911: 324).

Speyer (2015: 101). Vgl. auch Speyer (2011, 2013, 2016).

Weber (1948: 279).

Lindow et al. (1998: 254).

Berg (2013: 273).

Berg (2013: 273).

Berg (2013: 275). Appel (2007: 292, 297) scheint in Bezug auf das Niederdeutsche noch weiter zu gehen und anzunehmen, dass die lokale Kompensation, die im (deutschen) Martinet (1963) vertreten wurde, das Niederdeutsche kennzeichnet: Wenn er nur eine realisierte Satzgliedreihenfolge findet, interpretiert er das als Vermeidung einer syntaktischen Mehrdeutigkeit, wo bereits eine morphologische Mehrdeutigkeit besteht. Das gilt sowohl für Satzgliedbeziehungen zwischen Subjekten und Objekten als auch zwischen Objekten.

Insofern wäre auch zu hinterfragen, ob Polos (2002) Position zur Doppelobjektkonstruktion haltbar ist. Sie geht davon aus, dass die Abfolge DO > IO im Englischen noch möglich war, als die Dativ-Akkusativ-Unterscheidung in der Substantivgruppe schon verschwunden war. Für diese Möglichkeit macht sie die entsprechende Unterscheidung am Pronomen der 3. Person verantwortlich, die noch länger aufrechterhalten wurde.

“On this view, pronominal morphology is regarded as the trigger for an abstract inherent dative Case which, in turn, allowed for the syntactic phenomena recorded outside the strict boundaries of pronominal syntax (outlasting DO – IO surface orders involving nominal objects). Furthermore […], the additional expectation borne out under the present line of reasoning is that, when the dative-accusative distinction disappeared from the pronoun paradigm, language learners were led to build up a new grammar with no abstract inherent Case; at this point children resorted to new syntactic constructions (fixed IO – DO order or obligatory use of the to-marker where the object order is reversed) in place of the older ones which gradually went out of use.” (Polo 2002: 125)

Erst wenn die Kasusdistinktion dann auch am Pronomen der 3. Person im Singular und im Plural verloren ginge, führte das, so die Vorhersage, zum Ansteigen der DO-PO-Abfolgen und zum Verschwinden der DO-IO-Abfolgen, und zwar, weil kein abstrakter Kasus mehr aus dem Pronomenparadigma erschlossen werden konnte. Wenn das stimmte, und Polos Zahlen sind mit dieser Annahme vereinbar, sollten wir dann nicht auch für das Nordniederdeutsche erwarten, dass die DO-IO-Reihenfolge längst verschwunden sein sollte?

2.4.5 Wo morphologische Differenzen bleiben: morphologisches Minimum

Rabanus (2007: 256).

Rabanus (2007: 258).

Rabanus (2007: 265).

2.5 Eigenstrukturen und Übersetzungstechniken

So heißt es zumindest im wichtigsten Text der mittelalterlichen Übersetzungstheorie, vgl. Saint Jérôme (1953), Brief LVII.

Kirchert (1984).

Vgl. neben Kirchert (1984) auch Maurer (1929).

Sonderegger (1998: 264).

Vgl. Gardt (1992), zit. in Sonderegger (1998: 260).

Vgl. Kirchert (1984: 62).

Sievers (1892: XVIII).

Sievers (1892: LXX).

Dittmer & Dittmer (1998: 18). Vgl. auch den Überblick über Forschungsmeinungen zum „Tatian“ in Lippert (1974), Dittmer & Dittmer (1998: 16–20, 260–262) sowie Masser (1997), Fleischer (2006), Petrova & Solf (2009).

Vgl. beispielsweise Ruhfus (1897), Dittmer & Dittmer (1998), Hinterhölzl, Petrova & Solf (2005), Solf (2008), Petrova & Solf (2009). Zu Nachteilen dieses Verfahrens vgl. Cichosz, Gaszewski & Pęzik (2016: 19–22).

Vgl. Liuzza (2000: 50, 99).

Bechstein (1867: xxx) in Bezug auf das „Evangelienbuch“, Forshall & Madden (1850: xx) in Bezug auf die frühere Wycliffe-Bibel.

Cichosz, Gaszewski & Pęzik (2016) haben sehr ausführlich die Abhängigkeit der Elementreihenfolge unter anderem in den „Wessex Gospels“ und dem althochdeutschen „Tatian“ von der „Biblia Sacra Vulgata“ (2007) untersucht. Textgrundlage waren 10 Kapitel aus dem altenglischen Lukasevangelium und die ersten 74 Kapitel des althochdeutschen „Tatian“ (nach Sievers’ Edition). Dabei ging es primär um die absolute (Erst-, Zweit-, präfinaler und finaler Stellung) und relative (S-V, V-S, V-O, O-V) Position des Verbs in Haupt- und Nebensätzen. Grammatische Mehrdeutigkeiten und (Miss-)Verständlichkeit wurden nicht untersucht. Die einzelnen Ergebnisse können hier nicht referiert werden. Folgendes kann aber zusammenfassend konstatiert werden (Cichosz, Gaszewski & Pęzik 2016: 390–392, 395–398): In deklarativen Hauptsätzen, die keine Konjunktsätze sind, weisen beide 72 % Prozent Verbzweitsätze auf. In konjunkten deklarativen Hauptsätzen betragen diese Anteile noch 53 % („Wessex Gospels“) beziehungsweise 57 % („Tatian“). In untergeordneten Nebensätzen steht das Verb in 92 % („Wessex Gospels“) beziehungsweise 88 % („Tatian“) in präfinaler oder finaler Stellung. Im „Tatian“ erscheint die Abfolge V-O in über 90 % beziehungsweise 92 % der nicht konjunkten deklarativen Hauptsätze mit pronominalem beziehungsweise nominalem Objekt. In untergeordneten Nebensätzen betragen die Anteile der Abfolge O-V 84 % bei pronominalen und 27 % bei nominalen Objekten. Die entsprechenden vier Zahlen in den „Wessex Gospels“ sind 60 %, 67 %, 86 % und 66 %.

Hier zeigt sich, dass außer bei untergeordneten Nebensätzen mit pronominalem Objekt die absoluten und relativen Positionen der Elemente in zum Teil weit über der Hälfte der Belege diejenigen der Zielsprachen sind und dass sich Althochdeutsch und Altenglisch diesbezüglich recht ähnlich sind. Die meisten der dennoch zahlreichen Abweichungen sind auf lateinischen Einfluss zurückzuführen.

Der Studie von Cichosz, Gaszewski & Pęzik (2016) kann man diesbezüglich den Vorwurf machen, dass für alle untersuchten Texte dieselbe lateinische Vorlage angenommen wurde, nämlich eine frei im World Wide Web verfügbare und dadurch komputationell verarbeitbare Version der Vulgata. Da diese faktisch nicht die Vorlage der Texte war, bildet dies einen gewichtigen methodologischen Nachteil der Studie.

Vgl. Fleischer, Hinterhölzl & Solf (2008: 213).

Vgl. Braune & Reiffenstein (2004: 6).

Trilsbach (1905: 173).

Siehe Abschnitt 2.2 und speziell Unterabschnitt 2.2.5.

Vgl. das in Abschnitt 2.2.4 zum Mittelenglischen Gesagte.

Unwahrscheinlich ist es übrigens nicht, dass dieser Wortlaut den Übersetzern der Wycliffe-Bibel bekannt war. Der Wortlaut des lateinischen Verses im althochdeutschen „Tatian“ entspricht dem der Vulgata (Biblia Sacra Vulgata 2007). Die Wortreihenfolge entspricht darüber hinaus auch der des Novum Testamentum Graece (2012) und anderen altgriechischen Editionen. Der Vers konnte nur über das Johannesevangelium in die mittelenglische Bibel gelangen und obwohl der späteren Wycliffe-Bibel wahrscheinlich mehrere Vorlagen zugrundegelegt wurden, ist es eher wahrscheinlich, dass die vorgenannten dabei waren.

Wie die Daten in Cichosz, Gaszewski & Pęzik (2016) illustrieren, weisen sie diese Strukturen auch auf.

2.7 Der instruktive Wert der Prosodie beim Lesen-für-sich

Siehe Abschnitte 2.2.1, 2.2.2 und 2.3.3.

Vgl. Peters (2014: 53–74) für einen kurzen Überblick.

Von Fodor (2002: o. S.) stammt die „Implicit Prosody Hypothesis“, die ich unten aufführe. Noch früher finden sich ganz ähnliche Überlegungen in Rayner & Pollatsek (1989: 214) und Bader (1996, Kap. 7).

“Implicit Prosody Hypothesis (IPH): In silent reading, a default prosodic contour is projected onto the stimulus, and it may influence syntactic ambiguity resolution. Other things being equal, the parser favors the syntactic analysis associated with the most natural (default) prosodic contour for the construction.”

Die Hypothese hat seitdem Anlass zu zahlreichen empirischen Studien gegeben, die zumindest eine – eine prosodische Kontur wird auf den Stimulus „projiziert“ – dieser eigentlich mehreren Hypothesen erhärten. Neurophysiologisch messbare Entsprechungen stiller Prosodie konnten Stolterfoht et al. (2007) nachweisen.

Ich möchte hier noch betonen, dass die Auflösung (resolution) einer syntaktischen Mehrdeutigkeit etwas völlig anderes ist, als die richtige beziehungsweise vom Schreiber intendierte Lesart zu identifizieren. Eine Mehrdeutigkeit aufzulösen heißt, eine Äußerung auf (irgend)eine Weise interpretiert zu haben, wenn irgendjemand zeigen kann – und dies muss nicht die Interpretin selbst sein – dass die Äußerung syntaktisch mehrdeutig (gewesen) ist.

Ein Nebenaspekt ist, dass es meines Wissens noch weitgehend unbeantwortet ist, was die Annahme einer stillen Prosodie für die Definition von Prosodie bedeutet. Für den systemischen, funktionalen Aspekt von Prosodie ist stille Prosodie unproblematisch, aber wie ist sie auf der stofflichen, substanziellen, materiellen Seite abgrenzbar, wenn es keine akustischen, auditiven und ohne Weiteres als artikulatorisch zu bezeichnenden Korrelate gibt?

Vgl. Balogh (1927), Hendrickson (1929), Crosby (1936), Nelson (1976–1977) und vor allem Saenger (1982). Augustinus’ Bekenntnisse enthalten die klassische Stelle, die illustriert, wie unüblich und befremdlich stilles Lesen im (hier: frühen) Mittelalter gewesen sein muss. Hatte Ambrosius, von dem hier die Rede ist, etwas zu verheimlichen?

„Die Augenblicke, in denen er allein war, nahm er entweder die notwendige Nahrung zu sich oder erholte sich durch Lesung. Wenn er aber las, dann glitten seine Augen über die Seiten, sein Herz suchte nach dem Verständnis, Stimme und Zunge aber ruhten. Oft wenn wir zugegen waren – jeder durfte bei ihm eintreten, keiner wurde angemeldet –, sahen wir ihn schweigend lesen und nie anders. Wenn wir nun längere Zeit so schweigend dagesessen – denn wer hätte es gewagt, ihm in solcher Stunde der Sammlung lästig zu fallen? –, gingen wir wieder weg; vielleicht wollte er für die kurze Zeitspanne, welche er sich für seine geistige Erholung abgewinnen konnte, müde von der Unruhe fremder Angelegenheiten, sich nicht zu anderem abrufen lassen, vielleicht verhüten, daß er einem eifrigen und genauen Zuhörer weniger klare Stellen dieser Schrift gar erklären oder über schwierigere Fragen entscheiden mußte; hätte er nämlich auch noch seine Ruhepausen dafür opfern wollen, dann wäre er überhaupt nicht zum Lesen gekommen. Aber auch die Rücksicht auf Erhaltung seiner Stimme, die ihm gar leicht heiser wurde, konnte für ihn ein mehr als gerechter Grund sein, stille zu lesen. Jedoch, in welcher Absicht er immer dies tun mochte, sicher war seine Absicht gut.“ (Augustinus, Bekenntnisse, 108–109)

Wenn Mönche im mittelalterlichen Skriptorium also lasen, war es trotz des benediktinischen Stillegebots gar nicht still. Wie selbstverständlich das laute Lesen dabei war, kann man daran ermessen, dass Lesegeräusche nicht gegen dieses Stillegebot verstießen (vgl. Saenger 1982: 383).

wiewas

Die KATZE jagt die ZiegeDie Katze jagt die ZiegewieDie KATZEDie KATZEund NICHT der Hundjagt die Ziegewie etwas vorgestellt werden sollKohärenz stiftet

wie