Deuticke E-Book

 

 

Klaus Werner-Lobo / Hans Weiss

 

Schwarzbuch Markenfirmen

 

Die Welt im Griff der Konzerne

 

 

Deuticke

 

Alle Links, die im Buch unter Weitere Infos und in den Anmerkungen zitiert sind, finden sich auch auf der Homepage: http://markenfirmen.com/links/firmenname, also zum Beispiel: http://markenfirmen.com/links/adidas

Die Informationen dort werden ergänzt und aktualisiert.

 

 

ISBN 978-3-552-06273-3

Alle Rechte vorbehalten

© Deuticke im Paul Zsolnay Verlag Wien 2014

Umschlag: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

Satz: Eva Kaltenbrunner-Dorfinger, Wien

 

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele andere Informationen

finden Sie unter www.hanser-literaturverlage.de

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Datenkonvertierung E-Book:

Kreutzfeldt digital, Hamburg

Inhalt

Vorwort

 

Die Welt der Konzerne

Für ihre Profite beuten Weltkonzerne, Banken und bekannte Markenfirmen Menschen aus, zerstören die Umwelt und bringen unsere Demokratie in Gefahr.

 

Was tun? Was tun!

Sind wir der neoliberalen Globalisierung und der Gier der Konzerne hilflos ausgeliefert? Nein: Jeder und jede kann etwas beitragen, um unsere Welt besser und solidarischer zu gestalten. Konsumverzicht reicht dafür nicht: Wir müssen aktiv werden – am besten gemeinsam und lustvoll.

 

Globale Konzerngesetzgebung

Ein schleichender Umbau des Völkerrechts ermöglicht es den Konzernen, ganze Länder zu verklagen, und setzt sich damit über demokratische Gesetzgebungen hinweg. Die Folge: Milliardenentschädigungen fließen von den SteuerzahlerInnen direkt in die Konzernkassen.

 

Steuern zahlen – nein danke!

Die Kleinen schröpfen wir, und die Großen küssen wir. Das ist der heimliche Wahlspruch der Politik – in allen Ländern, weltweit. Man sieht das vor allem an den Steuerleistungen multinationaler Konzerne: wenig, weniger oder gar nichts. In Mitteleuropa und vor allem in Deutschland und Österreich: fast nichts.

 

Lug und Trug bei Lebensmitteln

Die einen sterben an Hunger und die anderen an Überfluss. Beides spielt sich auf ein und derselben Erde, aber in verschiedenen Welten ab. Und für beides sind Nahrungsmittel- und Handelskonzerne mitverantwortlich.

 

Skrupellose Medikamentenversuche

Indien bietet Pharmakonzernen ideale Bedingungen für Medikamentenversuche: bettelarme Menschen ohne Krankenversicherung, eine korrumpierte Medizin, profitorientierte Forschungsorganisationen, desinteressierte Ethikkommissionen, minimale Entschädigungszahlungen bei Todesfällen und hohe staatliche Förderungen. Eine Undercover-Recherche bei indischen Krebsärzten.

 

Moderne Sklaverei

Mode, Sportartikel, Spielzeug, Elektronik und vieles mehr werden heute zum Großteil in so genannten Billiglohnländern produziert – zu menschenunwürdigen Bedingungen und zu Preisen, von denen ArbeiterInnen kaum leben können. Die Folge hemmungslosen Kaufrauschs und schwindelerregender Konzernprofite ist das Elend derer, die unsere Konsumgüter herstellen.

 

Zerstörerische Energien

Die großen Energie- und Erdölkonzerne sind die Hauptverantwortlichen für einige der schlimmsten Katastrophen unserer Zeit. Sie diktieren die Politik zahlreicher Länder und blockieren dringend notwendige Entwicklungsschritte hin zu einer nachhaltigen und gerechten Zukunft.

 

Firmenporträts

 

Anmerkungen

Anmerkungen Firmenporträts

Lektüreliste

Vorwort

Als im Jahr 2001 die erste Ausgabe des »Schwarzbuch Markenfirmen« erschien, konnten wir nicht ahnen, wie groß das Interesse an unseren Recherchen sein würde: Fast 200.000 verkaufte Exemplare im deutschen Sprachraum und insgesamt fünfzehn Übersetzungen (neben Bulgarisch, Chinesisch, Griechisch, Holländisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Schwedisch, Türkisch und Ungarisch wurde das Buch zweimal auf Spanisch übersetzt – in Lateinamerika und Spanien, wo es jeweils monatelang auf den Bestsellerlisten war) zeugen davon, dass immer mehr Menschen die Macht der Marken und Multis nicht einfach so hinnehmen, sondern sich über die Hintergründe globaler Ausbeutung und Profitgier auf Kosten von Mensch, Umwelt und Demokratie informieren möchten. Viele gehen noch weiter und haben unsere Recherchen zum Anlass genommen, ihr Leben zumindest in Teilbereichen zu ändern: bewusster zu konsumieren und aktiv an der gerechten Gestaltung unserer Gesellschaft und am Schutz der Lebensgrundlagen unseres Planeten mitzuwirken.

Das »Schwarzbuch Markenfirmen«, damals von Medien als »Bibel der Globalisierungskritik« bezeichnet, gehört mittlerweile auch in vielen Schulen zum fixen Lehrplan, was uns besonders freut: Denn wenn wir eine ganze Generation der mit Milliardenaufwand betriebenen Gehirnwäsche aus Konsumrausch und Markenwahn der Konzerne und ihrer Lobbys überlassen, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die »Geiz ist geil«-Ideologie, brutales Konkurrenzdenken und Profitgier anstelle von Solidarität, Respekt und Mitgefühl gesellschaftsfähig werden.

In der Welt der Konzerne gelten diese Werte nämlich nichts. Um ihre Milliardengewinne zu steigern, profitieren fast alle großen und bekannten Marken von schlimmsten Formen der Ausbeutung bis hin zu Kinderarbeit und Sklaverei, von Waffenhandel, Tierquälerei und Umweltzerstörung. Sie gefährden Lebensräume und ganze Volkswirtschaften – und die Zukunft unseres Planeten. Gleichzeitig investieren sie Milliarden in Werbung, Imagepflege und Kampagnen, die ihre »soziale Unternehmensverantwortung« unter Beweis stellen sollen. Die deutsche Wochenzeitschrift Spiegel schrieb damals: »Das Buch attackiert die Konzerne an ihrer empfindlichsten Stelle: ihrem Ruf.« Die Firmen wussten, dass unsere Vorwürfe stimmen – schließlich hat uns kein einziges Unternehmen verklagt. Bis heute nicht.

Heute, fast fünfzehn Jahre nach Erscheinen der Erstausgabe, wird es Zeit für eine vollständig neu geschriebene Fassung des »Schwarzbuch Markenfirmen«. Vieles hat sich seit damals geändert – und vieles, allzu vieles, ist leider gleich geblieben: Während wir zu Beginn des Jahrtausends wegen unserer Kritik von vielen Medien noch scheel angesehen wurden, ist spätestens seit der Finanzkrise 2009 die Kritik am globalisierten Raubtierkapitalismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wenn wir zunächst selbst noch an die »Marktmacht der KonsumentInnen«1 geglaubt haben, so müssen wir heute feststellen, dass es nicht ausreicht, »fair« und ökologisch einzukaufen, sondern dass es für eine Änderung der Verhältnisse politisches Engagement, demokratische Teilhabe und letztlich auch Widerstand gegen die Macht der Multis und ihre politischen Erfüllungsgehilfen in den Regierungen braucht.

Aber ist es nicht so, dass einige Markenfirmen aus den Vorwürfen gelernt haben und nun weniger skrupellos agieren? Ist nicht soziale Unternehmensverantwortung, die vielzitierte »Corporate Social Responsibility«, in aller Munde?

Im Großen und Ganzen kann man sagen: Die Konzerne haben ihre Strategien schlicht und einfach an die neuen Markterfordernisse angepasst – und dazu gehört unter anderem auch ein gestiegenes Bewusstsein für globale Zusammenhänge. Auf manche Vorwürfe trifft man heute seltener – allen voran auf Kinderarbeit im unmittelbaren Produktionsumfeld bekannter Unternehmen. Die rangiert nämlich in der »Beliebtheitsskala« von Konsumentinnen und Konsumenten ganz unten, und negative Schlagzeilen bringen schlechtes Image. Deshalb haben die meisten Multis heute mehr Kontrollen und Vorschriften für Lieferanten eingeführt – ohne diesen aber mehr zu bezahlen. Denn die Profite sollen ja gleich bleiben. Daher müssen lokale Produktionsstätten eben andere Möglichkeiten finden, um Multis billig beliefern zu können – womit sich die Formen der Ausbeutung lediglich verlagert haben. Manchmal einfach nur von einem Land ins andere, wo es noch keine so strengen Kontrollen gibt. Die Deregulierung der Weltwirtschaft, die Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen sowie die Errichtung von Freihandelszonen ohne demokratische Kontrolle werden weiterhin ungebremst vorangetrieben.

Zur Beruhigung kritischer Konsumentinnen und Konsumenten führen einige Konzerne heute sogar eigene Gütesiegel, die angeblich fairen Handel belegen sollen. Wie wir in diesem Buch zeigen, lassen aber auch da soziale und ökologische Standards oft zu wünschen übrig. Und auch wenn einzelne Regionen heute ökonomisch besser dastehen als vor einigen Jahren, sind die Reichen dieser Welt um ein Vielfaches reicher geworden, während Armut, Hunger und Elend immer unerträglichere Ausmaße annehmen. Besonders stark betroffen sind Frauen: Oft ernähren sie die Familie fast allein, erhalten aber meist viel weniger Lohn als Männer. Siebzig Prozent der Armen auf der Welt sind weiblich. Alle Frauen gemeinsam beziehen nur ein Zehntel aller Einkommen und besitzen nur ein Hundertstel aller Vermögen.

Und noch etwas ist uns bei den Recherchen aufgefallen: Die Ausbeutung von Menschen durch Konzerne ist näher gerückt. Sie bahnt sich – nachdem sie sich in den letzten Jahrzehnten vorwiegend nach Asien, Afrika und Lateinamerika verlagert hat – wieder ihren Weg zurück in die Industrieländer. In den letzten Jahren wurden auch in Europa oder den USA immer mehr Fälle schwerwiegender Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen bekannt.

Die rasant steigende weltweite Vernetzung von Menschen hat auch eine Beschleunigung globaler Informationsflüsse zur Folge, die dafür sorgt, dass wir heute wesentlich schneller von globalisierter Ausbeutung in Bangladesch, Sibirien oder El Salvador erfahren. Dennoch gibt es viele Missstände, die nur durch aufwändige Recherchen an die Öffentlichkeit gebracht werden. So musste sich Hans Weiss monatelang als korrupter Berater von Pharmakonzernen ausgeben, um nachweisen zu können, wie indische Brustkrebs-Patientinnen von der Medizin als »menschliche Versuchskaninchen« missbraucht werden sollten.

Was wir mit diesem Buch aber auch zeigen wollen: dass der Machtmissbrauch und die Machenschaften der Konzerne keine Einzelfälle sind, sondern System haben. Die neoliberale Globalisierung ist kein Naturgesetz, sondern wurde von Konzernlobbys und Regierungen in Gesetze gegossen, um die Profitinteressen Einzelner zu bedienen – zum Schaden aller. Deutlich wird das vor allem auch an der Tatsache, dass die von uns porträtierten Konzerne in manchen europäischen Ländern – etwa in Deutschland und Österreich – fast keine Gewinnsteuern bezahlen, obwohl sie auch hier hochprofitabel sind (siehe dazu Kapitel »Steuern zahlen – nein danke!«).

Die Auswahl der Konzerne, die wir am Ende dieses Buches porträtiert haben, bedeutet keineswegs, dass die in unserer Liste nicht genannten Unternehmen fairere oder respektvollere Handelsbeziehungen pflegen. Die fünfzig »Bösen«, die wir beschreiben, stellen beispielhaft einen Mix aus marktdominanten Firmen unterschiedlicher Konsumbereiche dar. Gemeinsam repräsentieren sie einen Umsatz von rund 2,9 Billionen Euro – das ist um einiges mehr als das gesamte Bruttoinlandsprodukt von Deutschland.

Einzelne hier porträtierte Marken zu meiden, löst noch keine Probleme. Nur gemeinsame, organisierte Aktionen und gesetzliche Regeln können die Multis zu Veränderungen zwingen. In vielen Fällen – etwa bei lebenswichtigen Medikamenten oder elektronischen Geräten – haben wir nicht einmal die Wahl von fair gehandelten Alternativen. Auch wir Autoren konsumieren mehr oder weniger regelmäßig Produkte oder Dienstleistungen vieler der von uns porträtierten Unternehmen. Natürlich haben wir für unsere Recherchen auch Computer, Mobiltelefone und Google benutzt und betreiben auf facebook.com/markenfirmen eine eigene Seite, auf der wir regelmäßig über aktuelle Entwicklungen informieren. Denn es geht nicht primär ums »gute Gewissen« (das bekanntlich ein allzu sanftes Ruhekissen ist), sondern darum, durch Information und gesellschaftliches Engagement zu einer Änderung gesetzlicher Rahmenbedingungen zum Schutz von Umwelt, Demokratie und Menschenrechten beizutragen. In einem eigenen Kapitel beschreibt Klaus Werner-Lobo, was jeder und jede Einzelne von uns konkret tun kann, um skrupellosen Konzernen zu Leibe zu rücken und gemeinsam mit anderen politische Veränderungen herbeizuführen.

Obwohl wir oft danach gefragt werden, wäre es unmöglich oder zumindest unseriös, ein »Weißbuch Markenfirmen« zu verfassen: Multinationale Konzerne profitieren von globaler Ungleichheit – das ist die Grundlage ihrer Existenz. Das Gegenmodell dazu heißt: kleinere, regional und ökologisch wirtschaftende Unternehmen, deren Geschäftsgrundlage nicht maximale Profite, sondern auch gute Beziehungen zu Beschäftigten, Umwelt, Nachbarschaft sowie Kundinnen und Kunden sind. Auf politischer Ebene hat das Gegenmodell zur Dominanz von Kapital und Konzernen einen altbekannten Namen: Demokratie. Für die gilt es zu kämpfen, denn: Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.

Zu guter Letzt bedanken wir uns bei Bernhard Drumel, Christian Felber, Corinna Milborn und Thomas Seifert für ihre Buchbeiträge und ihr kritisches Feedback. Klaus Werner-Lobo bedankt sich bei Luisa Lobo und Nico Werner-Lobo sowie bei seinen Eltern für ihre Geduld und ihre Liebe.

 

Klaus Werner-Lobo und Hans Weiss

Wien, Juni 2014

Die Welt der Konzerne

Für ihre Profite beuten Weltkonzerne, Banken und bekannte Markenfirmen Menschen aus, zerstören die Umwelt und bringen unsere Demokratie in Gefahr. Klaus Werner-Lobo

 

Wer heute durch eine beliebige Einkaufsstraße in einer fast beliebigen westlichen Stadt oder in so gut wie allen Metropolen der Welt spaziert, könnte leicht vergessen, wo er oder sie sich gerade befindet: Fast überall leuchten einem – mit immer geringer werdenden regionalen Unterschieden – ähnliche Markenlogos entgegen, und sogar die Häuserfronten mit ihren großflächigen Schaufenstern scheinen sich einander immer mehr anzupassen. Nicht umsonst werden die großen Einkaufszentralen und Shoppingcenter »Konsumtempel« genannt: Der Akt des Einkaufens scheint zur sinnstiftenden Religion geworden zu sein, die Schnäppchenjagd verkehrt etwas, das früher einmal als Todsünde galt, in etwas Positives: »Geiz ist geil« will uns der ehemalige Werbespruch eines Handelskonzerns weismachen.

Doch was steckt hinter diesen Hochglanzfassaden? Wie »geil« ist dieser Geiz für jene, die die dort verkauften Produkte herstellen oder die Rohstoffe dafür liefern? Wer profitiert davon, und wer bezahlt für diese Profite? Und was bedeutet die Konzentration und Globalisierung von Markenmacht und Handelsströmen für uns selbst, für unsere regionalen Wirtschaftskreisläufe, unsere Arbeitsplätze und Sozialsysteme?

Fast alle Markenprodukte, mit denen wir im Alltag zu tun haben, werden von multinationalen Konzernen vermarktet. Hergestellt werden sie aber häufig von lokalen Unternehmen, die zwar rechtlich von den Multis unabhängig sind, aber meist in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihnen stehen, da diese sowohl die Qualitätsstandards als auch die Abnahmemengen und Preise diktieren. Bei den lokalen Lieferanten handelt es sich oft um kleinere Landwirtschaften (zum Besipiel in der Kakaoernte für Nestlé und Co.) oder Hinterhoffabriken, in denen etwa Kleidungsstücke für westliche Modekonzerne genäht werden. Oder auch um Riesenunternehmen wie die taiwanesische Firma Foxconn mit ihren über 1,2 Millionen MitarbeiterInnen, die in China Elektronikteile unter anderem für Apple, Dell, Hewlett-Packard, Microsoft, Nintendo und Sony produzieren.

Zum Teil sind Marken- und Konzernnamen identisch – etwa bei Adidas, McDonald’s oder Shell. Bei weiteren – wie beim iPhone von Apple – wissen die meisten, zu welcher Firma das Produkt gehört. Bei anderen Produkten wiederum stehen die Konzernnamen eher im Hintergrund, und man muss schon genauer hinsehen, um zum Beispiel zu wissen, dass etwa die Markenrechte an Lacoste-Parfüms, die Firma Gillette oder die Babymarke Pampers zu Procter & Gamble gehören, wie diese aus den USA stammende Grafik zeigt (in Europa gibt es teilweise andere Markenbezeichnungen, die wir in den Firmenporträts am Ende dieses Buches möglichst vollständig aufgelistet haben).

 

 

Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass etwa die britische Kosmetikkette Body Shop, die damit wirbt, bei ihren Kosmetika auf Tierversuche zu verzichten, zum französischen L’Oréal-Konzern gehört, an dem der Schweizer Lebensmittelriese Nestlé maßgeblich beteiligt ist, der seit Jahrzehnten für unterschiedlichste Menschenrechtsverletzungen und von Tierschutzorganisationen auch für grausame Tierversuche kritisiert wurde?1

Die weltweiten Konzernzusammenschlüsse und gegenseitigen Beteiligungen werden immer unübersichtlicher. Ende 2011 sorgte eine Studie der angesehenen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich für Aufsehen, die die Konzernverflechtungen untereinander untersuchte: Ein Netzwerk von nur 147 Konzernen übe eine rund vierzigprozentige Kontrolle über 43.000 international tätige Unternehmen aus, so die Autoren. Mithilfe dieser Netzwerke würden nur 1,7 Prozent der multinationalen Firmen achtzig Prozent der Umsätze weltweit kontrollieren.2

Weniger umstritten sind die Zahlen der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD). Nach ihren Angaben lag die Zahl der transnationalen Unternehmen Ende der 1960er Jahre bei etwa 10.000. Seit Mitte der achtziger Jahre stieg sie immer schneller an, bis sie mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008 erstmals ins Stocken geriet. Gab es im Jahr 1990 noch 35.000 transnationale Unternehmen, stieg die Zahl im Jahr 2000 bereits auf 63.000 und erreichte 2008 ihren bisherigen Höchststand mit 82.000 transnationalen Firmen mit mehr als 800.000 Tochterunternehmen.3

Damit dominieren die Multis die weltweiten Handelsströme. Laut dem »Global Investment Report 2013« der UNCTAD wird die globale Wertschöpfungskette aus dem Handel mit Gütern und Dienstleistungen zu achtzig Prozent von transnationalen Unternehmen bestimmt.4 Und obwohl es infolge der Finanzkrise 2009 zu vereinzelten Einbrüchen kam, stiegen auch die Umsätze und Gewinne der meisten multinationalen Unternehmen an.

 

Das Bruttoinlandsprodukt (Abkürzung: BIP) ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung eines Landes. In Zahlen drückt es den Wert jener Waren und Dienstleistungen aus, welche die Bevölkerung eines Landes innerhalb eines Jahres verbraucht.

Der Umsatz oder Erlös eines Unternehmens umfasst die gesamte Geldsumme, die eine Firma innerhalb eines bestimmten Zeitraumes durch den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen erwirbt. Der Umsatz ist nicht zu verwechseln mit dem Gewinn, der nach Abzug der Ausgaben übrig bleibt.

 

Die Wirtschaftskraft dieser Multis – und damit auch ihre politische Macht – übertrifft teilweise diejenige auch wirtschaftlich starker Länder, wie die folgende Tabelle zeigt, in der wir das Bruttoinlandsprodukt der reichsten Länder mit dem Umsatz der führenden Konzerne verglichen haben.5

 

 

 

Land/Konzern

BIP/Umsatz (in Mrd. US$)

1

USA

16 245

2

China

8227

3

Japan

5960

4

Deutschland

3428

5

Frankreich

2613

6

Großbritannien

2472

7

Brasilien

2253

8

Russische Föderation

2015

9

Italien

2015

10

Indien

1842

11

Kanada

1821

12

Australien

1532

13

Spanien

1323

14

Mexiko

1178

15

Korea, Rep.

1130

16

Indonesien

878

17

Türkei

789

18

Niederlande

771

19

Saudi-Arabien

711

20

Schweiz

631

21

Schweden

524

22

Iran

514

23

Norwegen

500

24

Polen

490

25

Belgien

483

26

Royal Dutch Shell

482

27

Argentinien

476

28

Wal-Mart Stores

469

29

ExxonMobil

450

30

Sinopec Group

428

31

China National Petroleum

409

32

Österreich

395

33

BP

388

34

Südafrika

384

35

Venezuela

381

36

Kolumbien

370

37

Thailand

366

38

Vereinigte Arabische Emirate

349

39

Dänemark

315

40

Malaysia

305

41

State Grid

298

42

Singapur

275

43

Chile

270

44

Toyota Motor

266

45

Hongkong, China

263

46

Ägypten

263

47

Nigeria

263

48

Israel

258

49

Philippinen

250

50

Griechenland

249

51

Volkswagen

248

52

Finnland

248

53

Total

234

54

Chevron

234

55

Pakistan

225

56

Glencore Xstrata

214

57

Portugal

212

58

Irland

211

59

Irak

210

60

Algerien

206

61

Peru

204

62

Kasachstan

204

63

Tschechische Republik

196

64

Rumänien

193

65

Japan Post Holdings

191

66

Samsung Electronics

179

67

Ukraine

176

68

Katar

171

69

E.ON

170

70

Phillips 66

170

71

ENI

168

72

Neuseeland

167

73

Berkshire Hathaway

163

74

Kuwait

161

75

Apple

157

76

Vietnam

156

77

AXA

155

78

Gazprom

154

79

General Motors

152

80

Daimler

147

81

General Electric

147

82

Petrobras

144

83

EXOR Group

142

84

Valero Energy

138

85

Ford Motor

134

86

Industrial & Commercial Bank of China

134

87

Hon Pai Precision Industry

132

88

Allianz

131

89

Nippon Telegraph & Telephone

129

90

ING Group

128

91

AT&T

127

92

Fannie Mae

127

93

Pemex

125

94

GDF Suez

125

95

Ungarn

125

96

PDVSA

125

97

Statoil

124

98

CVS Caremark

123

99

BNP Paribas

123

100

Bangladesch

116