Alles, nur nicht Honolulu!

 

Gay-Romance

Kurgeschichte

(Bereits in der „Waikiki Beach Storys“-Anthologie erschienen.)

von

Nele Betra

Nach gefühlten hundert Stunden im Flugzeug sind wir endlich da. Wer hätte gedacht, dass wir überhaupt ankommen.

Na gut, zugegeben, fliegen in der ersten Klasse bringt einen nicht unbedingt um. Aber kennt ihr Murphys Gesetz? Ganz genau. „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen“ – oder so ähnlich.

Erst verpassten wir um ein Haar den Flieger von Washington nach Los Angeles, weil der Taxifahrer meinte, er könnte ja die kürzeste Route nehmen, anstatt über I-495, wo wir garantiert nur fünfundzwanzig Minuten gebraucht hätten.

In LA verspätete sich der Anschlussflug nach Honolulu um drei Stunden, die wir zähneknirschend in der VIP-Longe verbrachten.

Endlich an Bord, sagte uns die Stewardess, dass leider die Bordküche defekt war. Alles nicht so tragisch. Aber als Krönung platzierte man uns vor einem sehr lebendigen kleinen Kerlchen, dessen Mutter sich mit Kopfhörern aus der Realität klinkte und die Augen schloss, was für den Strolch einem Freibrief gleichkam.

Diese Reise war von vornherein zum Scheitern verurteilt, da ich wusste, worauf es im Grunde hinauslief. Mein Partner hatte mir vor einer Woche sein aktuellstes Hirngespinst eröffnet. Ein Hotelier bot ihm eine Stelle im Management eines seiner Häuser auf Hawaii an. Er sollte dort die Aufgabe übernehmen, eben jenes Hotel im Waikiki Beach Resort gewinnbringend umzustrukturieren.

Eric ist ein leidenschaftlicher Analytiker. Berichte ihm von irgendeinem Problem und er fängt unmittelbar an, Lösungswege zu erarbeiten und die Möglichkeiten der Umsetzung zu prüfen. Hört sich nicht spannend an, aber im realen Leben war er alles andere als fantasielos oder langweilig.

Ich lernte ihn vor drei Jahren durch eine meiner besten Freundinnen kennen. Sie brachte ihn zu einem der regelmäßig stattfindenden Freitagstreffen in unserem Lieblingspub mit. Er erschien auf der Bildfläche und es grub sich mir Amors Pfeil mitten ins Herz.

Er war auch der Auslöser dafür, dass ich mich damals outete, obwohl ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, dass er ebenfalls schwul war.

Meine Freunde schickten ihn zu mir in den Pub, wo ich mich ihnen gegenüber offenbarte, um mir in dieser Phase meines Lebens beizustehen. Seit dem Tag waren wir unzertrennlich.

Aus beruflichen Gründen zogen wir kurze Zeit später nach Washington. Eine Entscheidung, die wir zu Erics Gunsten fällten. Innerhalb der letzten zwei Jahre päppelte er ein Hotel aus den roten Zahlen. Er war so erfolgreich in seinem Job, dass sich Besitzer von insolvenzgefährdeten Häusern um ihn rissen.

Ob ich angefressen war? Ja, das war ich. Endlich hatte ich mein Leben so gut wie möglich eingerichtet und konnte einige Nachbarn Freunde nennen, als er auch schon wieder ankam und mich an den Arsch der Welt verschleppen wollte.

Wirklich alles super. Ich beschwere mich auch nicht. Aber ich bin es leid, mir immer wie das fünfte Rad am Wagen vorzukommen. Nur weil ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe, heißt das noch lange nicht, dass er meinen Hintern überall hinschleifen kann.