EINLEITUNG

 

Warum dieses Buch?

 

Es ist gut, dass du dieses Buch zur Hand genommen hast. Wer sich für das Leben interessiert, für das Werden und Wachsen, für die vielen Abenteuer und Herausforderungen, der sollte auch die ”andere” Seite kennen lernen. Es gibt ja eben nicht nur Spaß und Gesundheit. Es gibt auch Traurigkeit und Krankheit. Und es gibt den Tod.

 

Du begegnest ihm jeden Tag, wenn du genau hinsiehst: Die schönen Blumen im Garten welken, wenn der Herbst kommt. Die grünen Bäume verlieren ihre Blätter. Am Weg entdeckst du einen Vogel, der sich nicht mehr bewegt. Eine Fliege sitzt am Fensterbrett, doch sie fliegt nicht davon, und als du sie anbläst, weht sie einfach zu Boden. Der Hamster liegt eines Morgens starr in seinem Käfig.

Was ist geschehen?

 

Alles was auf dieser Erde lebt, wird auch auf dieser Erde sterben. Nichts bleibt für immer und ewig lebendig. Die Blumen und die Bäume nicht, die Fliegen, Vögel und Hamster nicht. Und auch nicht die Menschen.

Davon will dir dieses Buch erzählen.

 

 

ERINNERUNGEN BLEIBEN

 

Dein Platz in meinem Herzen

 

Die Erinnerungen an den Verstorbenen sind ein Teil deiner inneren Schatzkiste. Es ist so gut, dass du dich an ihn erinnern und mit ihm in Gedanken reden kannst, wann immer du willst. Und so liebevoll, wie du an ihn denkst, wird er auch an dich denken, wo immer er auch ist.

Es gibt eine Reihe von schönen Ritualen, die dir helfen, diese Liebe auch einem Verstorbenen gegenüber auszudrücken.

 

Abschiedsgeschenke

 

In allen alten Kulturen gab man den Verstorbenen Geschenke mit auf ihre „Reise“ in die andere Welt. In alten Grabstätten findet man bis heute allerlei praktische und schmückende Beigaben. Wenn du magst, kannst du deine Eltern fragen, ob du für den Toten etwas Besonderes basteln oder malen darfst. Vielleicht möchtest du ihm auch von deinen Sachen ein Geschenk machen. Dieses Abschiedsgeschenk kannst du dann zum Sarg geben.

 

Ein besonderer Brief

 

Wenn du dem Verstorbenen etwas ganz Wichtiges sagen möchtest und es sonst niemand wissen soll, kannst du mit ein wenig Hilfe folgendes probieren: Schreibe ihm einen kurzen oder langen Brief. Ob der Brief nun aus einem einzigen Wort oder aus Millionen von Worten besteht, ist egal. Hauptsache, du drückst genau das aus, was du sagen möchtest. Jetzt hol dir Hilfe durch einen Erwachsenen und suche eine Metallschüssel oder einen Topf, der nicht brennen kann, und gehe mit der Schüssel und dem Brief ins Freie. Dann verbrennst du den Brief, den niemand ausser dir sehen oder öffnen darf, in der Schüssel oder dem Topf.

Jetzt kommt das Wichtigste: Wenn das Papier ganz und gar zu Asche verbrannt und die Asche wieder kalt geworden ist, zerreibe die Asche zwischen den Handflächen und streue sie in den Wind.

 

 

Ein Platz für Erinnerungen

 

Wenn du magst, richte daheim (in deinem Zimmer oder anderswo) einen besonderen Platz ein, an dem sich die Erinnerungen sammeln können. Erwachsene stellen dazu oft ein Foto des Verstorbenen auf und eine Kerze daneben. Das muss aber so nicht sein und vielleicht magst du auch nicht immer das Foto betrachten, weil es eben in der ersten Zeit traurig macht. Aber es kann auch ein gemeinsames Spielzeug sein oder eine gerne zusammen gehörte CD, eine gemeinsame Bastelarbeit oder ein Geschenk des Verstorbenen an dich. Wenn du magst kannst du immer dann, wenn du an den Toten denkst, eine Blume daneben aufstellen oder eine bestimmte Musik hören.

In späteren Jahren sind auch besondere Tage (Geburtstag des Verstorbenen) eine gute Gelegenheit, sich an ihn zu erinnern. In einigen Familien wird an solchen Tagen und auch an besonderen religiösen Feiertagen ein Platz am gemeinsamen Tisch für den Verstorbenen mitgedeckt und eine Kerze entzündet.

 

 

Gut und schlecht

 

Erinnerungen sind das, was uns mit dem Toten alle Zeit unseres eigenen Lebens verbinden wird. Gute Erinnerungen, aber auch weniger gute Erinnerungen. Warum nicht? Hast du dich immer geärgert, wenn der Verstorbene dies oder jenes gemacht hat? Oder hat er sich über dich aufgeregt, wenn du irgendetwas gemacht hast? Gut, denn auch das ist eine Erinnerung und sie ist es wert, nicht vergessen zu werden. Gerade die schlechten Erinnerungen kannst du eines Tages gemeinsam mit deinen Eltern oder einer anderen Person, der du vertraust, besprechen. So kann sich das Gefühl, einmal ungerecht oder gemein behandelt worden zu sein, bald auflösen.

 

Mitbringsel

 

Ein Friedhof ist kein gruseliger Ort, sondern ein Garten der Erinnerungen. Menschen gehen auf den Friedhof und besuchen den Ort, an dem der tote Körper damals begraben wurde, um sich an den Verstorbenen zu erinnern und gelegentlich mit ihm zu reden. Natürlich meist in Gedanken und nicht laut, obwohl man das auf Friedhöfen auch beobachten kann.

Die Erinnerung an den Verstorbenen ist auf dem Friedhof besonders lebendig und gegenwärtig, so dass Leute es manchmal sogar wie folgt ausdrücken: „Heute besuchen wir Michael auf dem Friedhof.“ Wohl wissend, dass dort natürlich nur die tote Hülle, der Kokon des Schmetterlings, liegt und nicht die Seele des Toten ist. Lass dich einfach nicht irritieren: Auch für Erwachsene ist es oft schwierig, die richtigen Worte zu finden!

Und schließlich ist das Grab eben der Ort der intensivsten Erinnerung, daher kann man es auch als „Besuch“ betrachten.

 

Auf jeden Fall ist es eine hübsche Idee, für einen solchen Besuch auf dem Friedhof ein Geschenk mitzubringen. Ein paar schöne Blumen oder etwas Selbstgebasteltes, etwas Lustiges oder etwas Mitgebrachtes vom letzten Ausflug, du kannst ein Lied vorspielen oder ein Gedicht vortragen, … eben alles, von dem du meinst, der Tote hätte auch zu seinen Lebzeiten eine Freude daran gehabt. Und solange das niemand anderen auf dem Friedhof stört, ist es auch in Ordnung.