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Impressum:

© by Verlag Kern GmbH

© Inhaltliche Rechte bei der Autorin

1. Auflage 2015

Autorin: Dr. Charlotte Michel-Biegel

Umschlag/​Satz: Brigitte Winkler, www.winkler-layout.de

Titelmotive: Kind - © patrick | fotolia

Hintergrund Flammen - © selensergen | fotolia

Lektorat: Manfred Enderle

Sprache: deutsch, broschiert

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

ISBN: 9783957161-130

ISBN E-Book: 9783957161-574

www.verlag-kern.de

Dr. Charlotte Michel-Biegel

DIE LUFT BRENNT

Kinder im Trennungskrieg

Inhalt

Cover

Impressum

Titel

01. Einleitung

02. Wie privat ist Familie?

03. Die Hintergründe von Vereinbarungen im Sorgerecht

04. Veränderungen

05. Alles Feinde

06. Szenarien

07. Umgang

08. Vermintes Gelände

09. Woher kommt der Hass?

10. Unter anderen Vorzeichen

11. Der Wille des Kindes

12. Braucht ein Kind Vater und Mutter?

13. Sehnsucht

14. Berlin – Sopot – San Fernando

15. Der Fall Nora

16. Ein Sohn braucht seinen Vater

17. Selinas Vater

18. Papa, Mama hat gesagt

19. Sanfte Gewalten

20. Silke geht, Lissy bleibt – standhalten oder flüchten?

21. Vom Vater zum Störfaktor

22. Willkommen, kleiner Jan

23. Macht oder Befreiung

24. Was lernt das Kind?

25. Lösungen

Nützliche Kontakte

01. Einleitung

Jährlich sind ca. 150.000 Kinder in Deutschland von Scheidung betroffen, etwa die Hälfte davon verliert den Kontakt zu einem Elternteil. Bei etwa 10.000 Kindern können die Eltern sich nicht über Umgang, Aufenthalt und Erziehungsfragen einigen. Dann werden Anträge bei Gericht gestellt, welche oft jahrelange Streitigkeiten nach sich ziehen.

Lassen Sie sich beim Lesen nicht von „… …“ irritieren. Das heißt, dass Ihnen offen bleibt, was Sie vom Verhalten des einen oder anderen denken, und wie ein solcher „Fall“ weitergehen könnte. Andererseits sind tatsächlich auch viele Fälle noch nicht beendet, nicht für das Gericht, nicht für die Beteiligten, nicht für die Kinder und werden auch nach dem Tod der zerstrittenen, verbissen kämpfenden Eltern für die dann erwachsenen Kinder und schlimmstenfalls auch für deren Kinder nicht beendet sein.

Wenn der geneigte Leser bei der Beschreibung der Familienverhältnisse oder der Ereignisse zwischendurch nicht mehr durchblickt, ist das keine böse Absicht, aber auch kein Zufall. In der Tat passieren die Dinge so, und die Beteiligten, bzw. erwachsenen Akteure – Mütter, Väter und Großeltern – blicken oft auch nicht mehr durch. Wie mag es den Kindern gehen?

Auf nähere Analyse des elterlichen „Fehlverhaltens“ und der kindlichen Störungen wurde verzichtet. Die hier beschriebenen Fälle sind so verfahren, dass nur noch eine fachliche Intervention aus der emotionalen Katastrophe der Kinder und der Eltern helfen kann. D. h., die Familien brauchen dringend langfristige Beratung und den Willen zu guten Wegen.

Man wird auf bestimmte Begriffe nur allzu oft stoßen: oft … manchmal … gegebenenfalls … unter Umständen … möglicherweise … Das liegt nicht daran, dass ich nicht Klartext reden will, sondern daran, dass die Fälle – auch bei ähnlichen Verhaltensweisen – doch sehr unterschiedlich sind und viele Faktoren mit berücksichtigt werden müssen, die eine Rolle spielen, z. B. wie sind die Eltern aufgewachsen, von welchen Erlebnissen sind sie beeinflusst, wie groß ist ihre Herkunftsfamilie, welchen Kontakt haben sie mit ihrer Familie, welche Werte haben sie, welche Zukunftsvisionen haben sie, wie sind die Kinder, wie erleben sie ihre Eltern, sind sie kontaktfreudig, sind sie eher auf Vater oder Mutter fixiert … So unterschiedlich wie die Menschen selbst, sind auch die Prozesse, die sie bei einer Trennung durchlaufen. Keinesfalls möchte ich diese Fälle wie Mathematik präsentieren: Das steckt man rein und das kommt raus – auch wenn Ursache und Wirkung in vielen Fällen deutlich werden.

Letztendlich sind die Fälle und mögliche Hilfsangebote so unterschiedlich wie ein Gebissabdruck. Und wer dritte Zähne hat, weiß, wovon die Rede ist!

Keinesfalls sollen hier „böse“ Eltern vorgeführt, diskriminiert oder angegriffen werden.

Natürlich sind mir aus meiner Praxis und im Freundeskreis auch viele Fälle bekannt, in welchen die Eltern nach einigen Kurven doch noch gute Wege eingeschlagen haben. Die Anstrengungen hierfür sind oft ungeheuer hoch. Die Eltern hatten Höhen und Tiefen ihrer Gefühle zu bewältigen und mussten sich oft überwinden. Das verdient Achtung – und nicht nur die – auch die sichere Dankbarkeit der betroffenen Kinder.

Ich danke allen betroffenen Freunden, Vereinskollegen, Müttern und Vätern, die mir so vertrauensvoll Informationen gegeben haben. Ich widme dieses Buch deshalb allen, die sich auf gute Wege begeben wollen, oder sie schon gehen, insbesondere Conny, Karin H., Karin S., Bärbel, Herrn H., Herrn M. und Jens.

Ich begebe mich nicht in die Diskussion der verschiedenen Interessenverbände.

Sie haben alle ihre eigenen, nachvollziehbaren und gerechtfertigten Interessen. Oft diskutieren sie gegeneinander um die Wichtigkeit der Mutter-Kind-Beziehung, der Vater-Kind-Beziehung, des PAS-Syndroms (Entfremdung von einem Elternteil). Während die einen dieses Syndrom ständig bemühen, streiten die anderen ab, dass es dieses überhaupt gibt. Ebenso ist es mit Themen wie Beeinflussung, Manipulation, Notwendigkeit der Eltern-Kind-Kontakte, Umgang, Sinnhaftigkeit und Machbarkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge, etc. Jeder Verband hat seine eigenen Fachleute, Psychologen und untermauert seine Aussagen mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Studien.

Machen Sie sich ein persönliches Bild anhand einiger Beispiele aus der Praxis und denken Sie selbst weiter …!

02. Wie privat ist Familie?

In einer Demokratie folgt die Gesetzgebung in der Regel der öffentlichen Meinung. So wurden im Laufe der Jahre auch viele Gesetze im Familienrecht den gesellschaftlichen Gegebenheiten und Anforderungen angepasst. Das heißt nicht, dass dadurch alle betroffenen Menschen automatisch mit dem gemeinsamen Sorgerecht oder dem Recht auf Umgang und anderen Erneuerungen im Familienrecht zurechtkommen. Obwohl die neue Rechtsauffassung und Gesetze schon einige Jahre gelten, hört man von vielen noch immer Aussagen wie „der sieht sein Kind nie wieder“, „wenn der nicht zahlt …“ „ich lasse dir das Sorgerecht entziehen“ „ich bestimme, wo das Kind lebt …“. Auch wenn der „Fall“ vor dem Familiengericht landet und entschieden wird, haben beide Eltern weiterhin ein hohes Maß an Verantwortung, Rechten und Pflichten. Und das Kind hat eigene Rechte, nämlich auf Mutter und Vater.

Das Umdenken ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Klar sein muss, dass, wenn ich ein Kind bekomme oder zeuge, ich immer unumkehrbar eine Verantwortung habe. Es sei denn, mir wurde aus irgendwelchen Gründen das Sorgerecht entzogen und das Kind lebt nicht bei mir, oder es wurde adoptiert und ich habe keinerlei Kontakt mehr. Aber auch in diesen Fällen passiert es oft genug, dass Kinder ihre Eltern noch in hohem Alter suchen oder umgekehrt. Offensichtlich weiß inzwischen jedes Kind, woher die Kinder kommen. Umso erstaunlicher, dass genauso offensichtlich manche Eltern sich ihrer Verantwortung nicht bewusst sind. Auch der Verantwortung dem „Partner“, d. h. dem anderen Teil des Erbgut-Spenders gegenüber. Die genetischen Studien und der Stand der Wissenschaft lassen Lügen früherer Zeiten nicht mehr zu. In kürzester Zeit kann mittels Test bestimmt werden, wer der leibliche Vater eines Kindes ist. Ebenso bekannt ist, wie Erbanlagen mein Leben beeinflussen, oder auch, dass Erfahrungen früher Kindheit durchaus Auswirkungen im weiteren Leben haben können. Gründe genug, nach einer Trennung/​Scheidung nicht seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Jedenfalls nicht immer.

Hiermit müssen getrennte Eltern fertig werden:

Das Kind hat (biologisch) Vater und Mutter.

In den meisten Fällen haben beide Eltern das Sorgerecht.

In der Regel leben die Kinder nach einer Trennung bei der Mutter.

Die Kinder haben ein Recht auf beide Eltern.

Beide Eltern haben das Recht und die Pflicht, sich um ihre Kinder zu kümmern.

Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit dem Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt.

Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit den Großeltern.

Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, hat eine Mitwirkungspflicht bzgl. Umgang mit dem anderen.

Wird die Mitwirkungspflicht verletzt, kann eine verminderte Erziehungsfähigkeit festgestellt und das Aufenthaltsbestimmungsrecht geändert werden.

Die Kinder werden dauernd beeinflusst. Die Frage ist, ob sie bewusst negativ beeinflusst oder manipuliert werden.

03. Die Hintergründe von Vereinbarungen im Sorgerecht

Warum gibt es Ärger?

Die „Fälle“, bzw. Voraussetzungen, bei welchen die Vereinbarungen getroffen werden müssen, sind völlig unterschiedlich und müssen deshalb individuell betrachtet und geregelt werden.

Einige Beispiele:

Die Eltern haben sich auseinandergelebt und lassen sich einvernehmlich scheiden.

Der Vater zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus, hat eine neue Partnerin.

Mutter oder Vater wollen sich trennen, weil man sich ständig streitet.

Die Mutter geht, hält es nicht mehr aus.

Die Partner haben sich „auseinandergelebt“, einer merkt es nicht und ist von der Trennung überrascht.

Man hat sich seit Jahren über alles gestritten.

Und hat völlig unterschiedliche Vorstellungen von Familienleben.

Es herrschen unterschiedliche Wertvorstellungen.

Die Familie lebt unter neuen Voraussetzungen und hält das nicht aus (Krankheit, Arbeitslosigkeit).

Es ist zu „häuslicher Gewalt“ gekommen.

Entsprechend dieser „Grundvoraussetzungen“ entstehen dann neue Situationen, basierend auf Verletzungen, Beleidigungen, Traurigkeit, oder auch von Vernunft gesteuerten Gesprächen.

Hier spielen dann Stärken oder Schwächen eine Rolle, die ich im Laufe meines Lebens erlernt habe, d. h. Frustrationstoleranz, Kommunikationsfähigkeit, Durchhaltevermögen … Kinder von Eltern, die aus Familien kommen, in denen die Mitglieder untereinander zerstritten sind, über Anwälte miteinander kommunizieren, oder auch sich mit Dritten gern streiten, haben es oft wesentlich schwerer, friedliche Wege zu suchen.

04. Veränderungen

In der Regel ändert sich bei Trennung der Eltern Vieles im Leben des Kindes. Wenn ein Elternteil „einfach nur auszieht“, ist das vielleicht noch der geringste Kollateralschaden für das Kind. Oft sind es aber neben dem (Teil-)Verlust eines Elternteils noch andere bedeutende Veränderungen, die ein Kind verarbeiten muss. Das sind zum Beispiel:

  1. Umzug oder Auszug aus der ehemaligen Familienwohnung
  2. Zurechtfinden in einer neuen Wohngegend oder einem anderen Ort
  3. Neue Nachbarn, Bekannte, Freunde
  4. Neuer Kindergarten oder Schule, Lehrer
  5. Andere Vereine
  6. Neu-Ausrichtung der Beziehungen zu Großeltern, Verwandten

Faktoren, welche in der Entwicklung des Kindes wichtig, bzw. prägend sind:

Die Gewichtung dieser sogenannten Sozialisationsfaktoren ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Oft wird dies erst im Erwachsenenalter deutlich. Der eine hat vergessen, wie seine Wohnung früher aussah, der andere ist sein ganzes Leben bestrebt, anders als seine Eltern zu wohnen. Einige ergreifen den Beruf der Eltern, andere müssen das Gegenteil tun. Kinder getrennter Eltern mögen zum Teil bestrebt sein, dass ihren Kindern das niemals geschieht (und kriegen deswegen keine), andere gehen durch diese Erfahrung locker damit um … Weil wir nicht wissen, welchen Einfluss diese einzelnen Faktoren und Verluste oder Veränderung letztendlich auf das Leben unserer Kinder hat, müssen wir vorsichtig damit umgehen.

Bei einer Trennung der Eltern ändern sich oft in kurzer Zeit mehrere dieser sogenannten Faktoren für die Kinder. Und dies sind nur die formellen Veränderungen. Von Gefühlen ist noch nicht die Rede. Hinzu kommen bei gerichtlichen Verfahren ganz neue „Bekanntschaften“ – Gericht, Verfahrensbeistand, Gutachter, Berater, Jugendamt, Therapeuten …

Ist es notwendig, dass in dieser Situation die Kinder auch noch mit den Konflikten und Gefühlen der Eltern belastet werden?

Es handelt sich um verschiedene Sozialisationsfaktoren. Getrennte Eltern können dafür sorgen, dass die Trennung nur einer der vielen Faktoren bleibt, und nicht der bestimmende Faktor, der alle anderen Faktoren in den Schatten stellt. Die Trennung der Eltern sollte für ein Kind nicht das Wichtigste beim Aufstehen und nicht das Wichtigste beim Schlafengehen sein.

Natürlich ändern sich auch ohne Trennung der Eltern im Laufe der Jahre oft mehrere Faktoren im Umfeld der Kinder: Die Familie zieht um, das Kind kommt in eine andere Schule, der Opa stirbt, ein Elternteil wird arbeitslos, die Mutter wird krank, durch Erbschaft hat man mehr Geld zur Verfügung, durch Arbeitslosigkeit weniger, Verwandte ziehen ins Ausland … Alles ganz normal, manchmal auch hart. Aber es gehört zur normalen Entwicklung, und es ist ohne bleibenden Schaden zu überwinden. Wenn nicht die Luft brennt.

05. Alles Feinde

Bei einer Trennung oder Scheidung stehen fast alle Beteiligten in einem riesigen Scherbenhaufen. Viele schaffen es, nach und nach die Scherben abzutragen, sodass der Haufen niedriger wird, man wieder nach allen Seiten sehen kann und sich sogar nach vorne bewegen kann. Bei anderen wird der Scherbenhaufen immer größer, vermischt sich mit „Dreck“, man kann nicht mehr darüber hinaussehen und produziert immer mehr Dreck und Scherben. Zu Menschen, die nicht mit im Dreck stehen, verliert man den Kontakt. Andere, die noch bleiben, produzieren mit. Fatal für die Kinder.

Von Fachleuten werden bei Auseinandersetzungen die verschiedenen Phasen oft in „Eskalationsstufen“ eingeteilt. Man kann sich auch eine Skala vorstellen von weiß bis schwarz. Wenn Paare aus dem weißen Bereich heraustreten, d. h. aus ihrer Beziehung, tun sich vor ihnen mehrere Wege auf. Diese gehen von gelb-orange-rot-dunkelrot bis schwarz. Im gelben Bereich werden die Enttäuschungen, Beleidigungen und andere Überbleibsel verarbeitet, das neue Leben geregelt, rechtliche Angelegenheiten geklärt, etc. Im gelben-orangen Bereich verlassen viele diesen Weg, und nehmen ihre neuen Herausforderungen wahr, Erinnerungen und Schmerzen verblassen. Manche bleiben aber auf diesem Weg, der Hass kommt mit, und der Weg wird immer dunkler. Ich sehe immer weniger, steigere mich immer mehr hinein, finde keine Abzweigungen mehr. Dunkelrot sind die psychotischen Verhaltensweisen, Vorkommnisse im schwarzen Bereich stehen dann in der Zeitung. Wenn Eltern das Wohl ihrer Kinder im Blick haben, müssen sie in helleren Phasen diesen Weg verlassen. Wenn andere Beteilige, wie Oma, Opa, Tanten, Onkel … erkennen, dass Mutter oder Vater diesen Weg weitergehen, sollten sie diese daran hindern und nicht mitgehen. Natürlich ist ein Verlassen dieses Weges jederzeit möglich, aber je dunkler, desto mehr Anstrengung kostet die Abzweigung.

Zum Glück verlassen die meisten Eltern den Weg in helleren Phasen. Von den anderen, die dies nicht schaffen, soll hier die Rede sein. Es handelt sich hier um Fälle, in welcher Kinder und Eltern nach einer Scheidung oder Trennung hohen psychischen Belastungen ausgesetzt sind, welche sich also auf dem roten Weg befinden.

Wenn ich im roten Bereich bin, gibt es irgendwann nur noch „Feinde“ um mich herum. Die Verantwortung auf Feindbilder zu projizieren, bietet meistens eine Befriedigung und eine Beruhigung, allerdings nur kurzfristig. Langfristig gerate ich damit in eine Isolation, und die Kinder mit.

  1. Und was macht das Jugendamt? Was muss noch passieren, bis da jemand reagiert?
  2. Gucken die alle zu, bis etwas passiert?
  3. Das Amt reagiert nicht auf meine Beschwerden.
  4. Der Lehrer redet mit meinem Mann über das Kind, ich hatte es untersagt.
  5. Meine Schwiegereltern waren schon immer gegen mich.
  6. Meine Eltern geben mir die Schuld am Scheitern meine Ehe.
  7. Mein Freund hört mir nicht mehr zu.
  8. Meine Schwester sagt, er sei doch gar nicht so schlimm.
  9. Dauernd muss ich hören, er sei ja schließlich der Vater – na und?

Alle Gespräche werden im aufgekratzten Zustand geführt. Diese Bemerkungen sind oft Haltungen, und entsprechend verlaufen dann auch die Gespräche mit Menschen, welche eigentlich Verständnis für die Situation und die Betroffenen haben. Aber auf einer solchen Grundlage muss jedes Gespräch unbefriedigend enden. Den Fachleuten und geneigten Unterstützern wird gar nicht erst die Chance zu einer Zusammenarbeit gegeben. Als Verfahrensbeistand, welcher vom Gericht für die Kinder bestimmt ist, und dem die Aufgabe übertragen ist, im Sinne des Kindes Stellung zu nehmen oder als Umgangspfleger, welcher gem. Bestallung des Amtsgerichts den Umgang regeln oder begleiten soll, müssen entsprechende Gespräche geführt werden. Ein grundsätzlicher guter Wille zur Zusammenarbeit bietet die Chance, alle möglichen Gegebenheiten und Gefühle zu berücksichtigen.

Abgesehen von der Körperhaltung und dem Ton fallen ständig Anmerkungen wie:

„Sie müssten doch neutral sein“ – Oft können Betroffene gar nicht wahrnehmen, dass man neutral ist.

„Ich kenne den besser als Sie“ – Natürlich, das wäre ja noch schöner, dass Außenstehende den Ehemann/​die Ehefrau besser kennen als Sie selbst. Es kann auch nicht der Anspruch eines Beraters sein, den Partner besser zu kennen und es ist auch für die Beratung gar nicht notwendig.

„Er macht das sowieso wieder“ – wie soll ein Berater hierauf reagieren?

„Was soll man da noch machen?“ Das wollen wir ja zusammen herausfinden.

„Dürfen Sie das überhaupt?“ – Zum Beispiel im Kindergarten nachfragen? Manchmal muss man das, um sich ein Bild machen zu können. Z. B. zeigt das Kind Auffälligkeiten, wenn es beim anderen Elternteil war, o. a.

„Haben Sie denn auch mal gefragt?“ Das muss man den Profis einfach zugestehen, dass sie diejenigen befragen, deren Aussagen relevant sind, und es nutzt Ihnen gar nichts, wenn Sie Ihnen über den Inhalt berichten würden.

„Dann muss er halt vors Gericht!“ Soll man damit wirklich so leichtfertig umgehen? Nicht nur der verhasste Partner muss ja vors Gericht, sondern möglicherweise auch Sie und Ihr Kind. Kosten – Zeit – Ärger und weitere Belastungen. Will man das wirklich?

Jedes Wort, jeder Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise, jede noch so freundliche Bemerkung wird feindselig interpretiert. Jeder, der „nicht auf meiner Seite“ steht und auch nur annähernd vermitteln will, also sich in die Mitte stellt, sitzt feindlich gegenüber.

Im Internet ist unter vielen Beiträgen tatsächlich von „staatlich anerkannten Familienmördern“ und von „Kinderklaubehörde“ die Rede.

Ein kritischer Umgang mit Behörden oder anderen ist ja kein Fehler. Auch gibt es sicher einige Mitwirkende, die schlampig, unprofessionell, mit zu viel oder zu wenig Gefühl oder Einblick arbeiten, die keine Erfahrung haben oder sehr jung sind … Aber alle Profis, die in Ihrem „Fall“ mitwirken, um eine Lösung zu finden, als Feinde zu sehen, treibt Sie eher noch mehr in die Krise.

Aus einem Schreiben einer Mutter, die den Umgang ihrer Kinder mit dem Ex-Mann verweigert:

„Sehr geehrter Herr Richter … der Umgangspfleger hört meinen Kindern und mir gar nicht zu … er schreibt Notizen, wenn ich mit ihm rede … Sie brauchen diese Notizen auch nicht zu lesen, deshalb habe ich diese unnötigen Notizen von ihm zerrissen … er hat die Lehrerin und den Pfarrer auf mich gehetzt …“

Eine andere Mutter versucht über ihren Rechtsanwalt, die Umgangspflegerin aus dem Feld zu kicken. An das Familiengericht: „Sie sollten wissen, dass die Umgangspflegerin eine gute Freundin der Mutter des Antragsstellers ist“ … oder „Frau T. scheint mir mehr die Beistandsgehilfin für den Vater zu sein“ … oder „Frau S. hat offensichtlich Gefallen an meinem Ex-Mann gefunden, Sie sollten lieber prüfen, ob sie sich privat treffen …“ oder „Das Gericht sollte prüfen, ob Frau S. psychisch und geistig in der Lage ist, ihren Beruf auszuüben …“

Gern werden auch Verfahrensbeteiligte von einem der Partner instrumentalisiert. Eine Mitarbeiterin des Jugendamts im Gespräch mit Frau P., die ihren Mann ständig unter anderem als „Arschloch“ beschimpft: „Ja, Frau P., und wenn Ihr Mann tatsächlich ein „Arschloch“ ist, dann ist es aber doch notwendig …“ In einem Schreiben an das Familiengericht schreibt Frau P.: … „Frau S. vom Jugendamt ist auch der Meinung, dass mein Mann ein Arschloch ist …“

Traurig nur, wenn sich auch Rechtsanwälte an diesen Beschimpfungen beteiligen, und sich mit auf einem weiteren Kriegsschauplatz wälzen. Alles wird dadurch nur verzögert. Eine Umgangspflegschaft dauert in der Regel ein halbes Jahr und danach haben die Eltern die Verantwortung wieder selbst.

06. Szenarien

Gern werden auch von den Parteien – Vater, Mutter, Oma, Opa … „Szenarien“ aufgebaut – Prognosen, Prophezeiungen, Warnungen … Nicht nur, dass sich die Propheten damit hochschaukeln und es allen anderen mitteilen. Irgendwann glauben sie tatsächlich selbst daran und arbeiten möglicherweise bewusst oder unbewusst auf die Erfüllung ihrer Prophezeiungen hin.

Es gibt ja auch in der Lernforschung genügend Methoden, sich durch ständiges Wiederholen von „Tatsachen“ Dinge einzuprägen. Leider prägen sie sich nicht nur den Propheten, die ja oft den Kindern sehr nah sind ein, sondern auch den Kindern selbst.

Aus dem Kerl wird nix.