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Evelyn Herm und Theo Volland (Hg.)

Vier Töchter und ein arabischer Prinz

… und weitere faszinierende Abenteuer

mit Gott aus aller Welt

Evelyn Herm und Theo Volland (Hg.)

Vier Töchter

und ein arabischer Prinz

… und weitere faszinierende Abenteuer

mit Gott aus aller Welt

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Bestell-Nr. 394.804

ISBN 978-3-7751-7011-6 (E-Book)

ISBN 978-3-7751-4804-7 (lieferbare Buchausgabe)

Fischer, Knoblauch & Co. Medienproduktionsgesellschaft mbH, 80801 München

SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH & Co. KG · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-haenssler.de

E-Mail: info@scm-haenssler.de

Umschlaggestaltung: Jens Vogelsang, Aachen

Titelbild: Fotosearch

Satz: Bittner Dokumedia, Hoisdorf

Druck und Bindung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

Printed in Germany

Wo abweichend davon andere Übersetzungen verwendet wurden, sind sie jeweils mit den entsprechenden Abkürzungen gekennzeichnet:

L = Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Hfa = Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002 by International Bible Society®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Der Christ hat nichts anzubieten

aus einem Vorrat, über den er verfügt

Er hat nichts gesammelt.

Er ist nur Gast am Tisch des Herrn,

und als Botschafter des Evangeliums

lädt er die anderen dazu ein.

Afrikanisches Sprichwort

Inhalt

Vorwort

Die verlorenen Schafe

Ein Kätzchen und das Evangelium

Verrückt vor Glück

Auf der Suche nach Gott

Mitten im Bandenkrieg

Gott hört deinen Notruf

Klinisch bereits tot

Chibembe aus Caluquembe

Die große Wende

Nacht der »Mutter aller Götter«

Bipashas letzter Test

Die Götter sind ertrunken

Ein Hindu-Priester findet Frieden

Es gibt die dunklen Mächte

Verbrannte Zauberbücher

Der Böse Blick

»Oh Herr! Was jetzt?«

Vom Hirtenjungen zum Medizinstudenten

Eine Handvoll Reis

Im Land der Mäen

Er kam in der Nacht

»Ja, Herr, hilf mir!«

Keine Angst vor Fremden

Ahmet öffnet die Tür

Jagd auf die Elektrogeister

Was tun mit einem »Fünf-Brote-und- zwei-Fische«-Sender?

Anatas Flucht

Wege durch die Wüste

Vier Töchter, ein arabischer Prinz und ein außergewöhnlicher Pastor

Wer bin ich?

Die Familie – mein Missionsfeld

Ganz normal – besonders gesegnet

Eine Blume in der Wüste

Wenn das Herz krank wird

Das fliegende Haus

Mit Jesus leben

Ich schenk dir einen Esel

Aus den Flammen gerettet

Die Sache mit der Maschinenpistole

Ehekrise im Indianerdorf

Vertrauen wagen

»Wir werden Kindermissionare!«

Beerdigung auf dreitausend Metern Höhe

Wenn Gott redet

Gott reihte Wunder an Wunder

Wenn Gott Krankheit zulässt

Katias Geschichte

Missionarskind sein dagegen sehr …?

Einbrecher und Schokolade

Wenn ein Junge stirbt

Unfall im Weihnachtsrummel

Weihnachten: Geburtsstunde der Weltmission

Maria und Josef standen vor der Tür

Der traurigste Tag

Balokole: Ein Name, ein Lebensstil

»Deren Gebete funktionieren …«

Das Straßenkind und sein Geheimcode

Mitten in Schmerzen mitten im Himmel

Vorwort

Er kam in der Nacht – so heißt eine sehr eindrückliche Geschichte in diesem Buch. Ein Sammelband, in dem Missionare der Deutschen Missionsgemeinschaft (DMG) ihre persönlichen Erfahrungen mit Gott schildern. Es sind spannende Tatsachenberichte, Geschichten, die das Leben geschrieben hat, große und kleine Abenteuer mit dem lebendigen Gott. Menschen erzählen von Gottes konkreter Führung, seiner Hilfe in ausweglosen Situationen, seinem praktischen Versorgen, wunderbaren Zufällen, eigenartigen Begegnungen …

Da berichten nicht Superheilige von fantastischen Erfahrungen. Es sind vielmehr Erlebnisse im Alltag von Menschen, die Gott vertrauen wollen. Menschen, die Zweifel haben. Menschen, die Niederlagen erleben, die unter ihren persönlichen Begrenzungen leiden. Menschen wie du und ich.

Er kam in der Nacht – das erinnert an den jüdischen Theologen Nikodemus, von dem wir im Johannesevangelium (Kapitel 3) lesen. Er kam eines Nachts zu Jesus, um ihm Glaubensfragen zu stellen. Tagsüber hätte er sich nicht getraut. Ihn quälten Fragen: Wie kann ich noch einmal ganz von vorne anfangen? Wie kann ein Mensch von Grund auf neu werden? Wie können wir dem lebendigen, unsichtbaren Gott begegnen, wenn wir keine Antenne für ihn haben? Wie werde ich zum Kind Gottes?

Fragen, die Menschen auch heute bewegen. Jesus lud Nikodemus ein zu dieser spannenden Entdeckungsreise, die sein ganzes Denken sprengen sollte. Jesus stieß ihm eine Tür zur Freiheit auf. Nikodemus sollte Gottes Welt und Möglichkeiten erkennen und langsam auch Gottes wunderbares Wesen begreifen.

Er kam in der Nacht – da will der lebendige Gott uns begegnen. Er ist auf der Suche nach uns Menschen und möchte die Verbindung mit uns wiederherstellen. Er ist der Gleiche, damals, als Nikodemus Jesus aufsuchte, und heute. Darum erzählt dieses Buch nicht nur spannende Geschichten – es will uns vielmehr einladen zur persönlichen Begegnung mit dem lebendigen Gott. Er hat sich nicht von der Welt abgewandt. Er schweigt nicht, sondern redet und handelt auch heute. Er liebt jeden Menschen weltweit von Herzen und möchte uns mit sich, dem allmächtigen Schöpfer, versöhnen. Das ist sein tiefster Wunsch, sein ganzes Ziel: Frieden zu schaffen zwischen Mensch und Gott.

Er ist Herr und König – auch in meinem Herzen? Gott handelt in dieser Welt und kommt zum Ziel – auch in meinem Leben? Dazu will uns dieses Buch einladen. Es möchte Ihnen Mut machen, Gott beim Wort zu nehmen und ihm Vertrauen zu schenken.

Ihr Dr. Detlef Blöcher

Direktor der Deutschen Missionsgemeinschaft

Die verlorenen Schafe

Andreas und Angela Wendel

(Zentralasien)

Es ist Nacht. Im Mondschein irren zwei Menschen über Felder und Hügel: ein junger Mann und sein zwölfjähriger Bruder. Dunkel erheben sich über ihnen die Bergrücken des Tienschan-Gebirges. Sie liegen nahe der chinesischen Grenze. Schon seit Stunden suchen sie verzweifelt den wertvollen Besitz ihrer Eltern: eine Herde mit 280 Schafen.

Nurlan, der jüngere Bruder, hat sie am Tag zuvor zwei Stunden alleine gelassen und bei seiner Rückkehr nicht mehr angetroffen. Er fürchtet seine strenge Mutter. Schon beim Verlust eines einzigen Schafes würde sie ihn hart bestrafen. Doch nun fehlt die ganze Herde! Und das in einer Gegend, in der Wölfe umherstreifen.

Sein älterer Bruder ist Christ. Im Gefängnis hat er das Evangelium gehört und Jesus als seinen Herrn angenommen. Nach stundenlanger erfolgloser Suche sieht er nur noch eine Möglichkeit. Er bleibt stehen und ruft seinem Bruder zu: »Wir müssen beten.«

Nurlan ist verblüfft. »Beten?« Ja, er hat das auch schon mal versucht. Als sein Bruder im Gefängnis war, stand er vor einer Statue Stalins, bekreuzigte sich und bat: »Stalin, bitte hilf, dass mein Bruder wieder freikommt.«

Jetzt hört er, wie sein Bruder sich im Gebet an Jesus wendet. Als er zu Ende gebetet hat, fasst auch Nurlan sich ein Herz. Seine Nachlässigkeit beim Hüten der Schafe klagt ihn an, aber auch andere Schuld steht ihm deutlich vor Augen. Er bittet Jesus um Vergebung. Und dass sie die Schafherde wiederfinden. Als sie sich von den Knien erheben, fühlt Nurlan einen tiefen Frieden in seinem Herzen.

Plötzlich steigt ein bekannter Geruch in seine Nase. Schafe!

Etwa 150 Meter weiter bietet sich ihnen ein unvergessliches Bild. In einem Seitental liegt ihre ganze Herde friedlich beieinander. Aber – ist es wirklich ihre Herde? Sind alle Schafe noch da?

»Bei Vollmond kannst du die Herde auch nachts zählen, da laufen sie nicht auseinander«, sagt sein Bruder wichtig. Vorsichtig beginnt Nurlan zu zählen. 280 Schafe! Sein Herz jubelt. Jesus hat ihre Gebete erhört.

Einige Zeit ist seither vergangen. Heute macht sich Nurlan wieder Gedanken um eine Herde, nicht um die Schafe von damals, sondern um Menschen, die Jesus, dem guten Hirten, gehören. Zusammen mit weiteren jungen Kirgisen studiert er an einer Bibelschule. Seine Lehrer sind Christen aus Nurlans Volk. Was sie noch in Russisch gelernt haben, geben sie heute in ihrer Muttersprache an Nurlan und die anderen Studenten weiter. Und wieder jubelt sein Herz. Noch viele Schafe will er suchen und sie dem guten Hirten zuführen.

Der Menschensohn ist gekommen, um Verlorene zu suchen und zu retten.

Lukas 19,10

Reiter in Zentralasien

Ein Kätzchen und das Evangelium

Christoph und Tiina Schilling

(Nordafrika)

Wir leben in einer Millionenstadt, in der es unzählige Katzen gibt. Überall sieht man sie: in Müllcontainern, bei Kindern am Straßenrand. Kürzlich kam ein kleines Kätzchen an unsere Tür. Es war schmutzig und hungrig. Wir fütterten es und versuchten, es zu waschen. Die Kinder wollten es gerne behalten. Ich fragte einen Tierarzt aus der Gemeinde, ob man das Kätzchen impfen müsse. »Unbedingt«, sagte er.

Als der Arzt die Katze sah, zog er die Augenbrauen zusammen: »Soll ich die wirklich impfen? Eine Straßenkatze? Es gibt so viele schöne Tiere mit weichem Fell. Ich kann euch eine besorgen.«

»Nein, unsere Kinder wollen diese Katze«, lehnte ich ab. Also untersuchte er das Tier. Nochmals verfinsterte sich sein Blick. »Die riecht ja fürchterlich! Diese Katze ist nicht gesund.« Er schaute ihr ins Maul und zeigte mir eine Entzündung. Dann fand er Flöhe im Fell. Wieder fragte er ungläubig: »Wollen Sie wirklich, dass ich sie impfe? Muss es gerade die sein?« Erneut bestätigte ich: »Ja, genau diese.« Da sagte er mit einem staunenden Lächeln: »Das nenne ich Gnade.«

Viele Menschen hätten dieser kleinen Katze keine Chance gegeben. Aber wir gaben ihr eine und gewannen sie sehr lieb. Diese Katze wird mich immer an Gottes Barmherzigkeit erinnern.

Leben wir nicht alle von Gottes Gnade? Auch an unserem Leben klebt so viel Schmutz, Egoismus, Lieblosigkeit – Sünde. Und dennoch liebt Jesus uns und will uns zu seinem Eigentum machen. Gibt es etwas Größeres als Gottes Gnade?

»Auch wenn Berge weichen und Hügel beben, soll meine Gnade nicht von dir gehen; und der Bund meines Friedens soll niemals wanken«, spricht der Herr, der Erbarmen mit dir hat.

Jesaja 54,10

Verrückt vor Glück

Alexander und Olga Stavniychuk

(Russland)

Was fasziniert einen Menschen am Ozean? Die Unendlichkeit, seine Größe, die gewaltigen Stürme. Als Kind verspürte ich eine tiefe Sehnsucht nach der geheimnisvollen Welt hinter dem Horizont. Ich träumte von der frischen Brise, dem Brausen der Wogen, unerforschten Inseln und – der Entdeckung eines besseren Lebens.

Je größer ich wurde, desto klarer sah ich, wie absurd solche Träume sind. Ich lebte in der Sowjetunion, wo von Weltoffenheit keine Rede sein konnte. Meine Sehnsucht wuchs. Ich war besessen davon, den Durchbruch in die Außenwelt zu schaffen, denn wir waren abgeschottet von der nichtmarxistischen Welt. Im Beruf des Seemanns fand ich meinen Weg. Also ging ich mit 22 Jahren zur See.

Ich war verrückt vor Glück. Auf langen Seefahrten lernte ich Länder und Kulturen kennen. Doch der Preis war hoch: Das harte Leben und die Sklavenarbeit auf dem russischen Frachter zerstörten mich moralisch und seelisch. Meine Sehnsucht nach Freiheit wurde für mich und meine Familie zum Albtraum. Unser Leben brach zusammen.

Als ich am Boden zerstört war, ging mir ein Gedanke durch den Kopf: Mensch, du hast doch in deiner Kindheit von Jesus gehört. Ob er dich von deiner Last befreien kann? Ich betete und sprach mit Jesus wie mit einem Freund, der mich unendlich liebt und versteht, bei dem ich all meine Sünden abladen kann. Als ich am nächsten Morgen erwachte, erlebte ich tiefen Frieden. In den nächsten Tagen zog eine unendliche Freude bei mir ein. Noch einmal war ich fast verrückt vor Glück.

Seit dieser Nacht sind elf Jahre vergangen. Erst zehn Jahre später hat sich auch meine Frau Olga für Jesus entschieden. Dazwischen lagen Zeiten voller Zweifel, Ängste, Niederlagen, Verluste und Kampf. Und doch: Trotz aller Turbulenzen ging unser Weg mit Jesus aufwärts. Ich verließ meine exotische Welt.

Gott ermöglichte uns einen Neuanfang mit dem Theologie-Studium in Deutschland. Unsere Wunden in der Ehe waren tief, aber Gott hat sie durch seine Zuwendung und gegenseitige Vergebung geheilt. Gott hat meine Sehnsucht nach einem erfüllten, befreiten und ereignisreichen Leben behutsam und liebevoll mit neuem Inhalt gefüllt: Mission. Als ich noch voll jugendlicher Hoffnungen in die Ferne schaute, konnte ich nicht ahnen, dass unser Familienschiff irgendwann einmal im Reich Gottes anlegen würde.

Indem ich die Vergangenheit vergesse und auf das schaue, was vor mir liegt, versuche ich, das Rennen bis zum Ende durchzuhalten und den Preis zu gewinnen, für den Gott uns durch Christus Jesus bestimmt hat.

Philipper 3,13.14

Auf der Suche nach Gott

Emöke Haupt

(Spanien)

»Gibt es Gott wirklich?«, fragte ich als sechsjähriges Mädchen meine Eltern. »Das wissen wir nicht. Wir kennen keinen Gott«, antworteten sie. Damit war für mich klar: Es gibt keinen Gott. Ich bin in Ungarn aufgewachsen, ohne jeden Bezug zu Gott oder Kirche. Ein guter Job, Karriere und Geld – solche Dinge wählte ich als Lebensziele. Während meines Betriebswirtschaftsstudiums jedoch wurde mir meine innere Leere bewusst. Ich suchte nach dem Sinn des Lebens und stürzte mich in okkulte Praktiken.

Durch Transzendentale Meditation empfand ich zunächst Glück und Frieden, aber das hielt nicht lange vor. Hoffnungslosigkeit und Depressionen ergriffen mich. Irgendwann hatte ich nur noch den Wunsch zu sterben. Ich war auf dem direkten Weg in den Selbstmord, wurde immer kraftloser, bekam Fieber und Schmerzen. Einen Arzt aufsuchen? Wozu denn, ich wollte doch sterben.

Einige Tage später wälzte ich mich mit unerträglichen Schmerzen im Bett herum. Da schrie ich zu Gott: »Wenn es dich gibt, dann nimm mir diese Qualen!« Im nächsten Augenblick waren die Schmerzen weg – ich staunte nicht schlecht! Sollte es doch etwas mit Gott auf sich haben?

Weihnachten stand vor der Tür. Vielleicht hatte ja Weihnachten etwas mit dem zu tun, wonach ich suchte. »Das ist mein letzter Versuch«, dachte ich. »Wenn dabei nichts herauskommt, mache ich Schluss.« Mit diesen Gedanken fuhr ich über die Feiertage zu meiner Familie. Wie jedes Jahr gab es ein hervorragendes Essen und viele Geschenke. Aber mehr nicht. Ich verlor jede Hoffnung. Mit dem Vorwand, mich auf eine Prüfung vorzubereiten, fuhr ich zurück ins Studentenwohnheim. Ich wusste nicht weiter.

Mein Vater hatte mir zu Weihnachten ein schön gebundenes Buch geschenkt. Es war schon spät, als ich zu lesen anfing. Das Buch erzählte von einem Menschen, der durchs Leben wandert auf der Suche nach dem Sinn, ohne ihn irgendwo zu finden. Ich war von Seite zu Seite mehr gefesselt. Diesem Mann ging es ja wie mir. Am Ende begegnet ihm Jesus Christus. Da wusste ich: Das war es, was ich suchte. Nach Jesus hatte ich mein ganzes Leben lang gesucht.

Und dann stand er vor mir. Ich spürte seine Gegenwart in meiner Studentenbude, seine unendliche Liebe. Er nahm mich und mein Leben an. Nie gekannte Freude und Frieden erfüllten mein Herz. Als ich in dieser Nacht das Radio einschaltete, erzählte jemand, wie er Jesus kennengelernt hatte. Ein Wunder! Damals, vor der Wende, gab es in Ungarn so gut wie keine christlichen Radiosendungen.

Mir wurde klar: Was ich erlebt hatte, war kein Traum. Jesus war Realität. In den nächsten Tagen suchte ich Anschluss an eine Gemeinde, erhielt eine Bibel und las und las …

Wenn ihr mich sucht, werdet ihr mich finden; ja, wenn ihr ernsthaft, mit ganzem Herzen nach mir verlangt, werde ich mich von euch finden lassen.

Jeremia 29,13.14

Mitten im Bandenkrieg

Gerhard Nehls

(früher Südafrika)

Ostern steht vor der Tür. Die »Fast Guns« (»Schnelle Gewehre«), eine der vielen gewalttätigen Gangs in den Townships (von Farbigen bewohnte Siedlungen) von Johannesburg, haben mich eingeladen. Sie wollen, dass ich mit ihnen einen Karfreitagsgottesdienst feiere. Eigentlich absurd. Gangster und Gott – wie passt das zusammen? Doch es ist eine Gelegenheit, den jungen Bandenmitgliedern Jesus näherzubringen. Welcher Tag im Jahr wäre dazu wohl geeigneter?! Wir treffen uns in Jimmys Haus. Genau genommen im Haus seiner Eltern, eher gediegene Leute. Jimmy passt nicht so recht ins Milieu.

Es erscheinen nur neun der »Fast Guns« und Jerry, der zu den »Outlaws« (»Gesetzlosen«) gehört, einer befreundeten Gang. Wir sitzen im Kreis. Nach dem Gebet lesen wir zusammen die Passionsgeschichte und wie Jesus gekreuzigt worden ist. Wie oft haben sie das wohl schon gehört? Man sieht hier überall Kreuze und Kruzifixe; an oder in Kirchen und an hübschen Kettchen um den Hals. Doch es ist ein großer Schritt vom Hören und Sehen zum Verstehen und zum persönlichen Zugehen auf Jesus.

Unsere Gruppe wirkt alles andere als seriös. Als ich vorlese, wie Petrus einem Diener des Hohenpriesters das Ohr abgehauen hat, geht ein Schmunzeln durch die Runde. Alle Augen sind auf Patrys gerichtet, der kurz zuvor im Streit jemandem ein Ohr halb abgeschnitten hat. Als der Text von Barabbas erzählt, einem Räuber (englisch: »Outlaw«), kommt erneut Leben in die Zuhörerschar. Jerry ist ja auch einer. »He, Jerry, du wirst in der Bibel erwähnt!« Er grinst verlegen. Wir lesen weiter bis zum blutigen Ende des Gottessohnes Jesus Christus am Kreuz. Ich frage sie: »Was hat das alles mit uns heute zu tun?« Dann erkläre ich es ihnen, ein weiteres Mal …

Als wir uns verabschieden, spreche ich Patrys auf der Veranda an: »Du hast doch das Evangelium nun wirklich verstanden. Was hält dich eigentlich noch davon ab, klare Sache mit Jesus zu machen?« Mit traurigem, ausweichendem Lächeln erklärt er: »Sehen Sie, meine Freundin wohnt in Newclare, im Gebiet der ›Vultures‹ « (das ist die »Aasgeier-Bande«). »Wenn ich Christ werde und sie besuchen will und die ›Vultures‹ greifen mich an, dann bin ich ein toter Mann, weil ich mich nicht mehr verteidigen darf.« Das klingt plausibel, wenn es auch zu kurz gedacht ist. Ich erkläre Patrys: »Du rechnest nicht mit Gott und seiner Hilfe. Wenn du Gott vertraust, ist er immer bei dir. Abgesehen davon heißt Christsein doch nicht, dass man sich nicht verteidigen darf …« Ich merke, dass er noch nicht will, und lasse ihn ziehen.

Zwei Wochen später höre ich, dass Patrys »Kill-On« einen der ›Vultures‹ erstochen hat. Jochum, ein Freund von Patrys, war daran beteiligt. Nun haben sie sich irgendwo in einem Versteck verkrochen. Ich ahne, wo die beiden sind, und finde sie auch. Sie haben Angst vor den Konsequenzen ihrer Tat. Die Polizei sucht sie. Dieses Mal habe ich ein ernsteres Wort für die jungen Männer:

»Auch jetzt steht euch der Weg zu Jesus noch offen. Selbst für diese Bluttat kann es Vergebung geben. Aber ihr habt auch gegen das Gesetz des Landes verstoßen und müsst die Verantwortung für euer Handeln übernehmen. Wenn ihr ein neues Leben beginnen wollt, beginnt das damit, dass ihr euch der Polizei stellt.« Nach längerem Hin und Her sind sie dazu bereit. Ich begleite sie zur Newlands-Polizeistation.

Dass sie sich freiwillig stellen, wird ihnen Pluspunkte in der Gerichtsverhandlung bringen. Trotzdem landen sie für Jahre im Knast. Ich bleibe noch bei Patrys und Jochum, bis alle Formalitäten erledigt sind und sie in die Zellen abgeführt werden. Zum Abschied schenke ich Patrys ein Neues Testament. Später erzählt er mir, dass er es so interessant findet, dass er auch Jochum daraus vorliest. Er tut das, indem er die Texte auf Zehenspitzen stehend durchs Guckloch in der Tür in den Flur hineinspricht, während Jochum in der Nebenzelle an seinem Guckloch horcht.

Ein paar Wochen später wird Jerry, der »Outlaw«, von den »Panga-men« (Machetenleuten) schlimm niedergestochen. Eine Narbe verläuft quer über sein Gesicht. Sie erinnert ihn täglich an ein Leben, das er inzwischen hinter sich gelassen hat. Als wir uns wieder einmal treffen, strahlt er und bittet mich um eine Konkordanz (Wörterbuch zur Bibel), um Gottes Wort besser verstehen zu lernen. Ich frage ihn, wie es zu seiner Sinnesänderung gekommen ist. Lächelnd sagt er, ganz ohne Pathos: »Das ist doch klar! Jesus liebt mich – und nun liebe ich auch ihn.« Kürzer oder besser kann man es wohl kaum ausdrücken.

Bei Hausbesuchen im Western-Township fallen mir die leeren Straßen auf. Als ich aus einem Haus komme, ruft jemand: »Twackie wurde geschlachtet!« Twackie war der Anführer der »Spaldings«. Sofort mache ich mich auf den Weg zu seinem Haus ein paar Straßen weiter. Dort stehe ich etwa hundert Gangstern gegenüber, auch Gangs von Newclare und Kliptown sind vor Ort. Man droht mir: »Wir wollen Ihren Frieden nicht, hauen Sie ab!« Ich frage nach Twackie. Plötzlich höre ich ein Zischen an meinem linken Ohr und spüre eine Panga (Machete) auf meine Schulter knallen.

Das wird ernst, meine Gedanken rasen. Weglaufen ist nicht drin. Ich muss mein Gesicht wahren, sonst verliere ich das Vertrauen dieser Leute. Morgen brauchen sie mich vielleicht wieder. »Gut, ihr müsst wissen, was ihr tut«, höre ich mich sagen. »Ich kann euch nicht davon abhalten. Aber tut nichts, was ihr schon morgen bereuen werdet.« Damit drehe ich mich um, gehe langsam zum Auto, steige bewusst gelassen ein und fahre. Die Hände am Lenkrad zittern. Ich betaste meine Schulter. Kein Blut! Gott sei Dank. Ich habe ein Wintersakko mit starken Schulterpolstern an – es gab nur eine Prellung.

Später höre ich, dass Twackie im Krankenhaus einen Freund besucht hat und dort von »Fast Guns« angegriffen worden ist. Wehren konnte er sich nicht, darum hat er sich unters Bett des Freundes geflüchtet. Seine Widersacher haben ihn hervorgezogen und mit Pangas auf ihn eingestochen. Sein Schädel war zweimal gespalten. Wieder ein Toter, der bei einem unserer christlichen Camps und im »Jesus-Place« dabei war. Der wievielte wohl …? Das Dutzend ist längst überschritten, vielleicht sind es schon zwanzig. Auch wenn manche menschlich gesehen widerliche Kerle waren … Was hätte Gott aus ihnen machen können!

Oumi war es, der mich mit der Panga auf die Schulter geschlagen hat. Am Sonnabend früh klopfe ich bei ihm an. Seine Mutter öffnet und lässt mich herein. »Oumi schläft noch«, sagt sie entschuldigend und begleitet mich zu ihm. Irgendwie ist er ein komischer Kauz, hat dunkle Haut und kurzes, krauses Haar. Als er mich sieht, ist er sofort hellwach und wirkt befangen. Wahrscheinlich überlegt er, ob ich Bescheid weiß.

Ich lade ihn zum »Jesus-Place« ein. Seine Mutter bringt uns eine Tasse Tee. Bevor ich gehe, frage ich ihn: »Oumi, willst du dich nicht bei mir entschuldigen?« Er merkt, worauf ich hinauswill, weiß aber nicht, wie er sich verhalten soll. Er setzt sich auf und überhäuft mich förmlich mit Entschuldigungen. Sein »Ausrutscher« ist ihm peinlich. Ich komme ihm entgegen und lenke das Gespräch auf Vergebung, wie Jesus sie uns anbietet. Dann erwähne ich, dass dies die Bereitschaft voraussetzt, von falschen Wegen umzukehren. Ich vergebe ihm. Wir umarmen uns. Dann lasse ich ihn wieder allein.

Im Dezember zeigen wir den Film »The Enemy« (»Der Feind«) im »Jesus-Place«. Billy ist dabei. Seit ihn die »Spaldings« verletzt haben, ist er stiller. Nach dem Film bringe ich ihn nach Hause. Billy fummelt in seiner Hosentasche herum und holt sein Okapi-Messer heraus. Er schaut es feierlich an und legt es mir in die Hand: »Das brauche ich nicht mehr, ab jetzt will ich mit Jesus leben.« Seine Worte sind schlicht, aber ernst. Es hat lange gedauert, bis er zu diesem Entschluss gekommen ist. Ich glaube ihm. Wir beten miteinander, dann geht er heim. Sein neues Leben hat begonnen.

Am Weihnachtstag bekommen wir unverhofft Besuch. Amber steht vor der Tür. Mit Tränen in den Augen erzählt sie, dass Billy erstochen worden ist. Von Vivie, Twackies jüngerem Bruder, einem »Spalding«. Wir sind fassungslos. Aber wir wissen, dass Billy sein erbärmliches Leben in Western mit der Herrlichkeit bei Gott vertauscht hat. Gott sei Dank!

Noch viele von Billys Freunden haben im Lauf der Zeit Jesus angenommen.

Da antwortete Jesus: »Ich versichere dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.«

Lukas 23,43

Jugendkreis im Township (südliches Afrika)

Gott hört deinen Notruf

Theo Volland

(DMG-Redakteur)

Als Siebenjährige machte unsere Tochter Jule eine besondere Erfahrung. Damals erlebte sie zum ersten Mal bewusst, wie Gott Gebete erhört. Auf dem Spielplatz stand Jule alleine oben auf einem Podest, unter ihr der Sandkasten. Das kleine Mädchen überlegte: »Springe ich jetzt oder springe ich nicht?« Jule traute sich nicht. Da überlegte sie: »Vielleicht hilft es, wenn ich mal dafür bete?« Sie setzte sich hin, faltete die Hände und sagte: »Bitte, Herr Jesus, mach, dass ich mich zu springen traue. Amen!« Daraufhin öffnete sie die Augen, stand auf – und sprang! Kurz darauf rannte mir Jule freudestrahlend in die Arme und rief, dass alle es hörten: »Papi, Papi, Jesus hat mein Gebet erhört!«

Gott will wirklich helfen

Gottes Größe wird gerade in solchen scheinbaren Nebensächlichkeiten deutlich. Gott, dem Schöpfer des Weltalls, ist es nicht zu viel, sich um die kleinen Wünsche eines siebenjährigen Mädchens zu kümmern! Wie viel mehr können wir ihm unsere grundlegenden Bedürfnisse anvertrauen: Familie, Gesundheit, Beruf, Gemeinde, Mission und die Zukunft unseres ganzen Landes!

Gott will helfen! Er möchte auf unser Bitten antworten, das macht Psalm 50,15 deutlich. Gott ist wirklich da für uns, jederzeit zum Gespräch bereit. Darum nennen manche Psalm 50,15 auch bildhaft die »Telefonnummer Gottes« – eine, die es sich zu merken lohnt. Auch im hypermodernen Deutschland bietet kein Handy-Service weit und breit eine kostenlose Standleitung, noch dazu eine, bei der einem wirklich geholfen wird! Das gibt es nur bei Psalm 50,15. Wie großartig und einzigartig ist seine Zusage. Da kann es schon verwundern, wie selten wir uns bei Gott melden.