Cassandra Clare/Sarah Rees Brennan
Maureen Johnson/Robin Wasserman

LEGENDEN DER
SCHATTENJÄGER-AKADEMIE

Aus dem Amerikanischen von
Franca Fritz und Heinrich Koop

Image

Cassandra Clare
wurde in Teheran geboren und verbrachte die ersten zehn Jahre ihres Lebens in Frankreich, England und der Schweiz. Ihre Reihen Chroniken der Unterwelt sowie Chroniken der Schattenjäger wurden auf Anhieb zu internationalen erfolgen, ihre Bücher stehen weltweit auf den Bestsellerlisten. Cassandra Clare lebt mit ihrem Mann, ihren Katzen und einer Unmenge an Büchern in einem alten viktorianischen Haus in Massachusetts.

Sarah Rees Brennan
wuchs in Irland direkt am Meer auf, wo sie in der Schule unterm Tisch lieber Bücher las, als dem Unterricht zu folgen. Nach Aufenthalten in New York und England kehrte sie zum Schreiben nach Irland zurück, das sie für eine gute Basis für weitere Abenteuer hält.

Maureen Johnson
wurde 1973 während eines Schneesturms geboren. Sie hat an der Columbia University Dramaturgie und kreatives Schreiben studiert. Seitdem arbeitet sie in New York als freie Autorin und schreibt überaus erfolgreich Romane für Jugendliche.

Robin Wasserman
hat sich schon früh für jede Art von Geschichte(n) begeistert. Nach dem Studium der Wissenschaftsgeschichte in Harvard und Los Angeles arbeitete sie zunächst als Kinderbuchlektorin. Schließlich widmete sie sich selbst dem Schreiben und sucht wie ihre Figuren in Das Buch aus Blut und Schatten nach Antworten in der Vergangenheit. Robin Wasserman lebt und schreibt in Brooklyn, New York.

Weitere Titel von Cassandra Clare im Arena Verlag:
Chroniken der Unterwelt:
City of Bones
City of Ashes
City of Glass
City of Fallen Angels
City of Lost Souls
City of Heavenly Fire

Alle Titel sind auch als Hörbuch erhältlich.

Chroniken der Schattenjäger:
Clockwork Angel – Graphic Novel
Clockwork Angel
Clockwork Prince
Clockwork Princess

Cassandra Clare/Joshua Lewis:
Der Schattenjäger-Codex

Cassandra Clare/Sarah Rees Brennan/Maureen Johnson
Die Chroniken des Magnus Bane

Die Originalausgabe erschien 2016 unter dem Einzeltitel
»Tales from the Shadowhunter Academy« bei
Margaret K. McElderry Books, einem Imprint der Simon&Schuster
Children’s Publishing Division, New York.
Copyright © 2015 by Cassandra Claire, LLC

Image

1. Auflage 2016
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2015 Arena Verlag GmbH, Würzburg
Alle Rechte vorbehalten
Aus dem Amerikanischen von Franca Fritz und Heinrich Koop
Covergestaltung: Frauke Schneider
Innenillustrationen: © 2016 by Cassandra Jean
ISBN 978-3-401-80531-3

Besuche uns unter:
www.arena-verlag.de
www.twitter.com/arenaverlag
www.facebook.com/arenaverlagfans
www.chroniken-der-unterwelt.de

INHALT

Cassandra Clare/Sarah Rees Brennan

1 WILLKOMMEN IN DER SCHATTENJÄGER-AKADEMIE

Cassandra Clare/Robin Wasserman

2 DER VERSCHOLLENE HERONDALE

Cassandra Clare/Maureen Johnson

3 DER TEUFEL VON WHITECHAPEL

Cassandra Clare/Sarah Rees Brennan

4 NICHTS ALS SCHATTEN

Cassandra Clare/ Robin Wasserman

5 DAS BÖSE, DAS WIR LIEBEN

Cassandra Clare/ Robin Wasserman

6 KÖNIGE, FÜRSTEN, SO BLEICH

Cassandra Clare/ Sarah Rees Brennan

7 BITTERE WAHRHEIT

Cassandra Clare/ Maureen Johnson

8 DIE FEUERPROBE

Cassandra Clare/ Sarah Rees Brennan

9 ZU ENDLOSER NACHT GEBOREN

Cassandra Clare/ Robin Wasserman

10 DIE WIEDERKEHR DER ENGEL

Cassandra Clare/Sarah Rees Brennan

WILLKOMMEN IN DER SCHATTENJÄGER-AKADEMIE (1)

Image

 

 

Das Problem war, dass Simon nicht wusste, was er packen sollte ... was so ein knallharter Typ packen würde.

Gepäck für einen Campingausflug – easy. Für eine Übernachtung bei Erik nach einem Wochenendgig – alles klar. Für ein paar Tage am Strand, mit seiner Mom und Rebecca – kein Problem. Simon konnte Sonnencreme, Shorts, passende Band-T-Shirts und saubere Unterwäsche in kürzester Zeit in eine Reisetasche werfen. Für ein normales Leben war er bestens gerüstet.

Aber er hatte einfach keine Ahnung, was er für den Aufenthalt in einem Elitecamp einpacken sollte, in dem dämonenbekämpfende Halbengel namens Schattenjäger versuchen würden, aus ihm ein Mitglied ihrer Kriegerrasse zu machen.

In Büchern und Filmen wurden die Helden entweder in den Klamotten, die sie am Leib hatten, in ein magisches Land transportiert, oder der Teil, wo der Held seine Sachen packte, wurde einfach übergangen. Jetzt hatte Simon das Gefühl, dass die Medien ihm diese entscheidende Information vorenthalten hatten. Sollte er ein paar Küchenmesser in die Tasche packen? Oder den Toaster mitnehmen und zu einer Waffe aufmotzen?

Simon tat weder das eine noch das andere. Er ging lieber auf Nummer sicher: saubere Unterwäsche und T-Shirts mit schrägen Sprüchen. Die Schattenjäger standen doch auf T-Shirts mit schrägen Sprüchen, oder nicht? So was mochte schließlich jeder.

»Ich bin mir nicht sicher, was man in der Militärakademie von T-Shirts mit anzüglichen Sprüchen hält«, wandte seine Mutter ein.

Simon wirbelte herum – zu schnell, denn sein Herz machte einen schmerzhaften Satz. Seine Mom stand mit verschränkten Armen in der Tür. Ihr dauerbesorgtes Gesicht zeigte zusätzliche Sorgenfalten, aber sie betrachtete ihn mit einem eher liebevollen Blick. So, wie sie es immer getan hatte.

Nur mit dem Unterschied, dass Simon sich in einem völlig anderen Strang von Erinnerungen, zu dem er kaum Zugang hatte, in einen Vampir verwandelt hatte. Und dass seine Mutter ihn damals aus dem Haus geworfen hatte. Das war einer der Gründe, weshalb Simon jetzt für die Schattenjäger-Akademie packte und seiner Mutter etwas darüber vorgelogen hatte, unbedingt auf diese Militärakademie zu wollen. Magnus Bane, ein Hexenmeister mit Katzenaugen – Simon kannte wahrhaftig einen echten Hexenmeister mit echten Katzenaugen! –, hatte für ihn ein paar Unterlagen gefälscht, um Simons Mutter davon zu überzeugen, dass ihr Sohn ein Stipendium für diese erfundene Militärakademie erhalten hatte.

Simon hatte sich diese ganze Sache mit der Akademie ausgedacht, weil ihn der Anblick seiner Mutter jeden Tag aufs Neue daran erinnerte, auf welche Weise sie ihn damals angesehen hatte, als sie sich vor ihm gefürchtet hatte. Ihn gehasst hatte. Als sie ihn verstoßen hatte.

»Ich denke, ich hab meine T-Shirts schon richtig ausgewählt«, erwiderte Simon nun. »Ich bin ein ziemlich umsichtiger Typ. Keine zu schicken Sachen fürs Militär. Einfach nur solide Klassenkasperklamotten. Vertrau mir.«

»Natürlich vertraue ich dir. Sonst würde ich dich gar nicht gehen lassen«, sagte seine Mom. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und reagierte überrascht und gekränkt, als Simon zurückzuckte. Aber sie ging nicht weiter darauf ein, nicht an seinem letzten Tag. Stattdessen schlang sie die Arme um ihn. »Ich liebe dich. Vergiss das nicht.«

Simon wusste, dass er unfair war: Seine Mutter hatte ihn damals rausgeworfen, weil sie ihn nicht mehr für ihren Sohn, sondern für ein gottloses Monster mit Simons Gesicht gehalten hatte. Dennoch fand er, dass sie ihn hätte erkennen und trotz allem lieben müssen. Er konnte einfach nicht vergessen, was sie getan hatte.

Auch wenn sie es vergessen hatte. Auch wenn das Ganze für sie und fast alle anderen auf der Welt überhaupt nicht passiert war.

Und deshalb musste er fort.

Simon versuchte, sich in ihrer Umarmung zu entspannen. »Ich hab ziemlich viel um die Ohren«, sagte er und legte eine Hand auf ihren Arm. »Aber ich werde versuchen, mich daran zu erinnern.«

Seine Mutter löste sich von ihm. »Das ist die Hauptsache. Bist du dir sicher, dass es kein Problem ist, wenn deine Freunde dich mitnehmen?«

Sie meinte Simons Schattenjägerfreunde (die er als seine Kumpel von der Militärakademie ausgab und die ihn angeblich dazu überredet hatten, sich ebenfalls dort anzumelden). Simons Schattenjägerfreunde waren der andere Grund, warum er aus New York wegwollte.

»Ja, ich bin mir sicher«, sagte Simon. »Tschüss, Mom. Ich hab dich lieb.«

Und das meinte er auch so. Er hatte nie aufgehört, seine Mutter zu lieben, ob nun in diesem Leben oder in irgendeinem anderen.

Ich liebe dich bedingungslos, hatte seine Mutter ein oder zwei Mal gesagt, als er noch kleiner gewesen war. Denn so lieben Eltern ihre Kinder nun mal. Ich liebe dich, ganz gleich, was auch geschieht.

Viele Leute sagten so etwas gern dahin, ohne über potenzielle Albtraumszenarien oder schreckliche Umstände nachzudenken oder darüber, dass die Welt untergehen und die Liebe einfach schwinden konnte. Niemand von ihnen käme im Traum auf die Idee, dass ihre Liebe einmal auf die Probe gestellt werden und versagen könnte.

Rebecca hatte ihm eine Karte geschickt: VIEL GLÜCK, SOLDATENJUNGE! Simon erinnerte sich daran, wie seine Schwester ihn trotz seiner Verbannung aus dem gemeinsamen Zuhause, dessen Tür für ihn in jeder erdenklichen Hinsicht verriegelt gewesen war, in den Arm genommen und ihm beruhigend ins Ohr geflüstert hatte. Sie hatte ihn weiterhin geliebt, selbst damals. Das durfte man nicht vergessen. Das war immerhin etwas, aber es reichte nicht aus.

Hier konnte er einfach nicht bleiben – gefangen zwischen zwei Welten und zwei Erinnerungssträngen. Er musste weg. Er musste fort und ein Held werden, so einer, wie er schon einmal gewesen war. Dann würde sich all das zusammenfügen, eine Bedeutung bekommen. Und dann würde es bestimmt nicht mehr so wehtun.

Simon hielt einen Moment inne, dann schwang er seine Tasche über die Schulter und machte sich auf den Weg. Er hatte die Karte seiner Schwester eingesteckt und verließ sein Zuhause für ein seltsames neues Leben. Dabei trug er ihre Liebe mit sich, so wie er es schon einmal getan hatte.

Simon traf sich mit seinen Freunden, obwohl keiner ihn zur Akademie begleiten würde. Er hatte mit ihnen vereinbart, dass er zum Institut kommen und sich vor seiner Abreise noch kurz verabschieden würde.

Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der er ohne fremde Hilfe den Zauberglanz durchdringen konnte. Diesmal hatte Magnus ihm dabei helfen müssen. Simon blickte zu dem eigenartigen, imposanten Institutsgebäude auf und erinnerte sich mit einem unbehaglichen Gefühl daran, dass er früher an diesem Ort vorbeigegangen war und nur ein verfallenes Bauwerk gesehen hatte. Doch das war in einem anderen Leben gewesen. Er erinnerte sich vage an eine Stelle in der Bibel, wo von Kindern die Rede war, die die Welt wie durch einen getrübten Spiegel sahen. Aber erwachsen werden bedeutete, dass man alles klar sehen konnte. Und jetzt konnte er das Institut ziemlich deutlich erkennen: ein beeindruckendes Gebäude, das hoch über ihm aufragte. Die Art von Bauwerk, bei dessen Anblick Menschen sich wie Ameisen vorkommen.

Simon stieß das mit kunstvollen Ornamenten verzierte Tor auf, betrat den schmalen Pfad zum Institut und durchquerte den Innenhof. Die Mauer, die das Institut umgab, umschloss einen Garten, in dem kaum etwas richtig wuchs – was wahrscheinlich an der Nähe zu einer viel befahrenen New Yorker Straße lag. Simons Blick fiel auf breite, gepflasterte Wege, Steinbänke und sogar die Statue eines Engels – der Simon nervöse Zuckungen bereitete, da er ein großer Fan der TV-Serie Doctor Who war. Der Engel weinte zwar nicht, aber er wirkte für Simons Geschmack viel zu deprimiert.

Auf einer der Steinbänke in der Mitte des Gartens saßen Magnus Bane und Alec Lightwood – ein Schattenjäger, der groß, dunkelhaarig, ziemlich stark und schweigsam war, zumindest in Simons Gegenwart. Dagegen war Magnus redselig, besaß besagte Katzenaugen und magische Kräfte. Heute trug er ein eng anliegendes T-Shirt mit Zebrastreifenmuster und pinkfarbenen Akzenten. Magnus und Alec waren schon eine ganze Weile zusammen und Simon schätzte, dass Magnus genug für sie beide reden konnte.

Hinter Magnus und Alec standen Isabelle und Clary an der Gartenmauer. Isabelle lehnte gegen die Steine und blickte über die Mauer in die Ferne. Sie sah aus, als würde sie gerade für ein unfassbar glamouröses Fotoshooting posieren. Aber so sah sie eigentlich immer aus; das war ihre große Begabung. Dagegen starrte Clary unbeirrt zu ihr hoch und redete auf sie ein. Simon hatte den Eindruck, dass Clary letztendlich ihren Willen durchsetzen und Isabelle dazu bringen würde, ihr zuzuhören. Das war ihre große Begabung.

Der Anblick der beiden versetzte Simon einen Stich in die Brust; irgendetwas an Isabelle und Clary löste in ihm einen dumpfen, beständigen Schmerz aus.

Also hielt er lieber nach seinem Freund Jace Ausschau, der allein im wuchernden Gras kniete und eine kurze Klinge an einem Stein schärfte. Simon nahm an, dass Jace seine Gründe dafür hatte. Aber möglicherweise wusste er auch einfach, wie verdammt cool er dabei aussah. Jedenfalls hätten er und Isabelle jederzeit für ein gemeinsames Shooting für die neueste Ausgabe von Knallharte Typen posieren können.

Alle waren gekommen. Nur für ihn.

Simon hätte sich geehrt und geliebt fühlen müssen. Aber er verspürte bloß ein merkwürdiges Unbehagen: Nur wenige Erinnerungsfetzen verrieten ihm, dass er diese Leute kannte, aber eine ganze Fülle von Erinnerungen schrien ihm zu, dass es sich um bewaffnete, allzu ernsthafte Fremde handelte. Die Sorte von Fremden, denen man in der U-Bahn besser aus dem Weg ging.

Die Erwachsenen des Instituts – Isabelles und Alecs Eltern – und andere Ratsmitglieder hatten Simon vorgeschlagen, sich für die Akademie anzumelden, wenn er ein Schattenjäger werden wolle. Diese Institution hatte zum ersten Mal nach vielen Jahrzehnten wieder ihre Pforten für Aszendierende geöffnet, um die Reihen der Nephilim auffüllen zu können, die durch den jüngsten Krieg stark dezimiert waren.

Clary hatte dieser Gedanke überhaupt nicht gefallen. Isabelle hatte kein einziges Wort darüber verloren, aber Simon wusste, dass auch sie nichts davon hielt. Und Jace hatte eingewandt, dass er bestens dazu in der Lage wäre, Simon in New York zu trainieren. Er hatte sogar angeboten, Simons gesamtes Ausbildungsprogramm zu übernehmen und diesen auf den gleichen Trainingsstand zu bringen wie Clary. Diesen Vorschlag fand Simon irgendwie rührend – Jace und er mussten sich deutlich näher stehen, als er sich erinnern konnte. Aber die traurige Wahrheit war nun mal, dass er nicht in New York bleiben wollte.

Er wollte nicht in ihrer Nähe bleiben. Denn er hatte das Gefühl, dass er den konstanten Ausdruck der Enttäuschung auf ihren Gesichtern – vor allem bei Isabelle und Clary – nicht noch länger ertragen konnte. Jedes Mal, wenn sie sich trafen, erinnerten sie sich an bestimmte Begebenheiten, wussten genau, wer er gewesen war, und erwarteten das Gleiche auch von ihm. Und jedes Mal hatte er keinen blassen Schimmer. Er fühlte sich an einen Menschen erinnert, der eifrig an einer Stelle buddelte, wo er zuvor irgendeinen kostbaren Schatz vergraben hatte. Er grub und grub und grub immer verzweifelter, bis er schließlich erkannte, dass das Verbuddelte – was auch immer das sein mochte – verschwunden war. Dennoch grub dieser Mensch weiter, weil die Vorstellung, den Schatz verloren zu haben, einfach zu schrecklich war und weil ja möglicherweise ...

Möglicherweise ...

Er, Simon, war dieser verschollene Schatz. Er war dieses »Möglicherweise«. Und er hasste diesen Gedanken. Das war das Geheimnis, das er vor ihnen verbergen wollte – das Geheimnis, von dem er fürchtete, dass er es irgendwann doch verraten würde.

Diesen letzten Abschied musste er noch hinter sich bringen und dann konnte er verschwinden, bis es ihm besser ging, bis er wieder der Person ähnelte, die die anderen in ihm sehen wollten. Dann wären sie nicht länger von ihm enttäuscht und er wäre ihnen nicht mehr so fremd. Er würde wieder dazugehören.

Simon wollte nicht gleich die Aufmerksamkeit der ganzen Gruppe auf sich ziehen und schlich sich deshalb an Jace heran. »Hi«, sagte er.

»Hey«, erwiderte Jace gedankenverloren, als wäre er nicht extra in den Institutsgarten gekommen, um Simon zu verabschieden. Er sah zu ihm hoch, warf ihm aus seinen goldenen Augen einen beiläufigen Blick zu und schaute dann wieder weg. »Du bist’s.«

Übercool. Das war genau Jace’ Ding. Simon nahm an, dass er das einst verstanden und sogar gemocht hatte.

»Äh, vermutlich krieg ich so schnell nicht wieder die Gelegenheit, das zu fragen«, setzte er an. »Aber du und ich ... Wir stehen uns echt nahe, oder?«

Jace musterte ihn einen Moment lang mit völlig ausdrucksloser Miene, richtete sich dann lässig auf und verkündete: »Definitiv. Wir zwei sind so.« Er kreuzte zwei Finger. »Genau genommen sind wir sogar so.« Er versuchte, seine Finger ein weiteres Mal zu kreuzen. »Am Anfang gab’s zwischen uns gewisse Spannungen, woran du dich später bestimmt erinnern wirst. Aber das hat sich alles geklärt, als du mir gestanden hast, dass du mit extremen Neidgefühlen zu kämpfen hattest, wegen meines – und das waren deine exakten Worte – ›fantastischen Aussehens und unwiderstehlichen Charmes‹.«

»Das habe ich gesagt?«, meinte Simon.

Jace klopfte ihm auf die Schulter. »Und ob, Kumpel. Ich erinnere mich noch ganz genau.«

»Okay, von mir aus. Aber was ich dich fragen wollte ... Alec ist in meiner Nähe immer total schweigsam«, sagte Simon. »Ist er nur schüchtern oder hab ich ihn dumm angemacht, kann mich aber nicht mehr daran erinnern? Ich möchte ungern von hier verschwinden, ohne wenigstens zu versuchen, das Ganze wieder hinzubiegen.«

Erneut musterte Jace ihn mit dieser ausdruckslosen Miene. »Gut, dass du fragst«, sagte er schließlich. »Da steckt noch mehr dahinter. Die Mädchen wollten nicht, dass ich es dir erzähle, aber die Wahrheit ist ...«

»Jace, hör auf, Simon so in Beschlag zu nehmen«, fiel ihm Clary ins Wort.

Aus ihrer Stimme sprach Entschlossenheit, wie immer, und Jace wandte sich um und ihr zu – so, wie er sich nur ihr zuwandte und niemand anderem. Clary schlenderte auf sie zu, und als ihr Rotschopf näher kam, verspürte Simon erneut einen Stich im Herz. Sie wirkte so klein.

Während einer ihrer unglückseligen Trainingsstunden, bei der Simon sich das Handgelenk verstaucht hatte und als Zuschauer auf die Bank verbannt worden war, hatte er zugesehen, wie Jace Clary gegen eine Wand geschleudert hatte. Und sie hatte sich nur abgestoßen und sofort wieder auf ihn gestürzt.

Trotzdem hatte Simon den Eindruck, als bräuchte sie Schutz – was besonders ätzend war, weil er zwar das deutliche Gefühl hatte, ihm aber die entsprechenden Erinnerungen dazu fehlten. Simon glaubte, den Verstand zu verlieren: Er trug so viele Gefühle für diese vollkommen Fremden in sich, ohne seine Empfindungen durch gemeinsame Erfahrungen oder Erlebnisse untermauern zu können. Und gleichzeitig wusste er, dass er nicht genügend Gefühle zeigte. Er wusste, dass er diesen Leuten nicht das gab, was sie von ihm erwarteten.

Clary brauchte seinen Schutz offensichtlich nicht, aber tief in Simons Inneren steckte noch der Geist eines Jungen, der immer derjenige hatte sein wollen, der sie beschützte. Und er tat Clary nur weh, wenn er weiter in New York blieb, unfähig, dieser Junge zu sein.

Gelegentlich stürzten seine Erinnerungen in einer überwältigenden und beängstigenden Flut von Bildern auf ihn ein, doch meistens boten sich ihm nur kleine Bruchstücke, Puzzleteile, bei denen Simon nur mit Mühe einen Zusammenhang herstellen konnte. Einer dieser Erinnerungsfetzen zeigte ihn und Clary auf dem Weg zur Schule, ihre kleine Hand in seiner Hand, die kaum größer gewesen war. Dennoch hatte er sich damals groß gefühlt, groß und stolz und für sie verantwortlich. Er war fest entschlossen gewesen, sie nicht im Stich zu lassen.

»Hi, Simon«, sagte sie nun. In ihren Augen schimmerten Tränen und Simon wusste, dass er daran schuld war.

Er nahm Clarys kleine Hand, die sowohl vom Umgang mit Waffen als auch mit ihren Zeichenutensilien von Schwielen übersät war. Und obwohl er es besser wusste, wünschte er, er könnte wieder daran glauben, dass es seine Aufgabe war, sie zu beschützen.

»Hi, Clary«, erwiderte er. »Pass gut auf dich auf. Ich weiß, dass du es kannst.« Er schwieg einen Moment und fuhr dann fort: »Und pass auch auf Jace auf, dieses arme hilflose Blondchen.«

Jace machte eine obszöne Geste, die Simon ausnahmsweise bekannt vorkam – wodurch er wusste, dass das ihr gemeinsames Ding war. Allerdings ließ Jace seine Hand hastig sinken, als Catarina Loss um die Ecke des Institutsgebäudes bog.

Catarina war genau wie Magnus ein Hexenwesen und mit ihm befreundet, doch statt Katzenaugen besaß sie eine durch und durch blaue Haut. Irgendwie hatte Simon den Eindruck, dass sie ihn nicht besonders mochte. Vielleicht konnten Hexenwesen ja nur andere Hexenwesen leiden. Obwohl ... Magnus schien Alec sehr zu mögen.

»Hallo«, sagte Catarina. »Bereit zum Aufbruch?«

Seit Wochen hatte Simon es kaum erwarten können, endlich aufzubrechen, doch jetzt, da der Moment gekommen war, spürte er, wie Panik ihm die Kehle zuschnürte. »Gleich«, sagte er. »Nur eine Sekunde.«

Er nickte Alec und Magnus zu, die ihrerseits nickten. Simon meinte, erst klären zu müssen, was zwischen Alec und ihm stand, bevor er viel mehr sagen konnte. »Macht’s gut und danke für alles.«

»Glaub mir, es war mir ein Vergnügen, dich wenigstens teilweise von diesem faschistischen Fluch befreien zu können«, erwiderte Magnus und hob die Hand. Er trug etliche Ringe, die in der Frühlingssonne glitzerten. Simon vermutete, dass der Hexenmeister seine Gegner nicht nur mit seinen magischen Fähigkeiten, sondern wahrscheinlich auch mit seinem Glitter blenden konnte.

Alec nickte einfach nur.

Simon beugte sich herab und umarmte Clary, auch wenn das den Schmerz in seiner Brust nur noch verstärkte. Die Art und Weise, wie sie sich anfühlte und roch, war fremd und vertraut zugleich und sandte widersprüchliche Botschaften durch sein Gehirn und seinen Körper. Er versuchte, sie nicht zu sehr zu drücken, obwohl sie ihn ziemlich fest an sich presste. Genau genommen zerquetschte sie ihm fast die Rippen – aber es machte ihm nichts aus.

Nachdem Clary ihn freigegeben hatte, drehte er sich um und umarmte Jace. Clary beobachtete sie, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen.

»Uff«, sagte Jace. Er klang extrem überrumpelt und klopfte Simon schnell auf den Rücken.

Simon vermutete, dass sie sich eher mit einem Fist Bump oder so verabschiedeten. Er hatte echt keine Ahnung, wie Kriegerkumpels miteinander umgingen, sein bester Freund Eric umarmte einfach alles und jeden. Simon beschloss, dass die Umarmung Jace guttun würde, und fuhr ihm zusätzlich kurz durch die Haare, bevor er einen Schritt zurücktrat.

Dann nahm Simon all seinen Mut zusammen, drehte sich um und ging auf Isabelle zu.

Isabelle war die Letzte, von der er sich verabschieden musste. Und der Abschied von ihr würde am schwierigsten werden. Sie war nicht wie Clary, die unverhohlen weinte, und auch nicht wie die anderen, die sicherlich bedauerten, dass er ging, aber im Grunde unberührt wirkten. Isabelle schien äußerlich gleichgültiger als irgendeiner der anderen – so gleichgültig, dass Simon wusste, dass das nur vorgetäuscht sein konnte.

»Ich werde wiederkommen«, sagte Simon.

»Daran hab ich keinen Zweifel«, erwiderte Isabelle und starrte an seinem Kopf vorbei in die Ferne. »Du scheinst ja immer wieder aufzutauchen.«

»Und wenn ich wieder da bin, werde ich umwerfend sein.« Simon machte dieses Versprechen, obwohl er sich nicht sicher war, ob er es auch halten konnte. Aber er hatte einfach das Gefühl, etwas Derartiges sagen zu müssen. Denn er wusste, dass Isabelle genau das wollte – dass er genau so zu ihr zurückkehren würde, wie er früher gewesen war.

Isabelle zuckte die Achseln. »Bild dir bloß nicht ein, dass ich auf dich warten werde, Simon Lewis.«

Genau wie bei ihrer vorgetäuschten Gleichgültigkeit klangen ihre Worte nach einem Versprechen und meinten das glatte Gegenteil. Simon betrachtete sie einen langen Augenblick. Sie war so überwältigend schön und umwerfend, dass er überhaupt nicht damit klarkam. Schon bei all seinen neuen Erinnerungen hatte er ziemliche Mühe, sie zu glauben, aber die Vorstellung, dass Isabelle Lightwood seine feste Freundin gewesen war, schien noch unfassbarer als der Umstand, dass Vampire tatsächlich existierten und Simon einer von ihnen gewesen war. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie sich Isabelle in ihn verliebt hatte, und deshalb war es ihm auch völlig schleierhaft, wie er diese Gefühle bei ihr wieder wecken sollte. Genauso gut hätte man ihn auffordern können zu fliegen. In den Monaten, in denen Isabelle und Magnus ihn besucht und die wenigen Teile seiner Erinnerungen zurückgeholt hatten, zu denen der Hexenmeister Zugang hatte, hatte Simon Isabelle einmal in einen Club eingeladen und sich zweimal mit ihr zum Kaffee verabredet. Aber Isabelle hatte ihn jedes Mal erwartungsvoll beobachtet, als würde sie auf ein Wunder warten, von dem Simon wusste, dass er es nicht vollbringen konnte. Das bedeutete wiederum, dass er in ihrer Gegenwart keinen Ton herausbrachte, vollkommen sicher, dass er garantiert etwas Falsches sagen und alles kaputtmachen würde.

»Okay«, stieß er nun hervor. »Du wirst mir jedenfalls fehlen.«

Ruckartig schnellte Isabelles Hand nach vorn und packte ihn am Arm. Dabei schaute sie ihm immer noch nicht ins Gesicht. »Wenn du mich brauchst, werde ich sofort kommen«, sagte sie und gab seinen Arm so abrupt frei, wie sie ihn umklammert hatte.

»Okay«, sagte Simon erneut und ging dann hinüber zu Catarina Loss, die gerade das Portal nach Idris erschuf, ins Heimatland der Schattenjäger. Dieser Abschied war so schmerzhaft und merkwürdig und willkommen, dass Simon gar nicht richtig mitbekam, wie unmittelbar vor seinen Augen echte Magie stattfand.

Schließlich winkte er diesen Leuten, die er kaum kannte und irgendwie trotzdem liebte, noch einmal zu und hoffte insgeheim, dass sie ihm die Erleichterung über seinen Aufbruch nicht ansahen.

Simon besaß einige wenige Erinnerungsfetzen an Idris – Türme und ein Gefängnis und ernste Gesichter und Blut in den Straßen. Aber diese Fitzelchen stammten alle aus Alicante, der Hauptstadt.

Dieses Mal fand er sich jedoch außerhalb der Stadt wieder. Sie waren in einer üppigen Landschaft erschienen, die auf der einen Seite von einem Tal begrenzt wurde und auf der anderen Seite in Weiden und Felder überging. Meilenweit sah man nichts als Grün in allen Schattierungen: auf der einen Seite die jadegrünen Flächen endloser Wiesen, die sich bis zum blendenden Schein der Gläsernen Stadt am Horizont erstreckten, deren Kristalltürme in der Sonne glitzerten. Auf der anderen Seite das leuchtende Smaragdgrün eines Waldes – dunkelgrüne, in Schatten gehüllte Bäume, deren Kronen vom Wind zerzaust wurden wie grünliche Federn.

Catarina schaute sich kurz um und machte dann einen Schritt vorwärts, sodass sie direkt am Rand des steil abfallenden Tals stand. Simon trat neben sie – und mit diesem einen Schritt lichteten sich die Schatten des Waldes, als würde ein Schleier fortgezogen.

Er konnte plötzlich mehrere Areale ausmachen, die er als Trainingsplätze identifizierte, ebene Flächen, von Zäunen umgeben und mit Markierungen versehen: Sprintstrecken und Bereiche für Weitwurf, die so tief in den Boden gegraben waren, dass Simon sie sogar von seinem Standort aus erkannte. Aus der Mitte des Waldgebiets ragte ein großes graues Gemäuer mit Türmen und Zinnen auf wie ein Juwel, für das der Rest des Geländes nur als Hintergrund diente. Simon fielen plötzlich architektonische Begriffe wie »Strebepfeiler« ein, mit denen sich erklären ließ, wie die Steine die Gestalt von Schwalbenschwingen annehmen und gleichzeitig das Dach tragen konnten. Ein großes Buntglasfenster direkt im Zentrum des Gebäudes, dessen Scheiben im Laufe der Jahre nachgedunkelt waren, zeigte einen Engel mit einem Schwert. Ihn umgab eine Aura aus himmlischer Unerschütterlichkeit.

»Willkommen in der Schattenjäger-Akademie«, sagte Catarina Loss sanft.

Gemeinsam machten sie sich an den Abstieg. Mit seinen dünnen Turnschuhen verlor Simon den Halt auf dem weichen, rutschigen Boden des steilen Abhangs und musste von Catarina aufgefangen werden.

Sie konnte ihn gerade noch rechtzeitig an der Jacke packen und ihm aufhelfen. »Ich hoffe, du hast ein Paar anständige Wanderschuhe dabei, Großstadtkind.«

»Ich hab nicht mal ein Paar unanständige Wanderschuhe dabei«, erwiderte Simon. Er hatte ja gewusst, dass er die falschen Sachen einpacken würde! Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen – aber er war auch nicht sehr hilfreich gewesen.

Catarina – vermutlich enttäuscht von Simons nachweislichem Mangel an Intelligenz – schwieg eisern, während sie im Schatten der Äste weitergingen. Die Bäume erzeugten eine grüne Dämmerung, die sich erst nach einer Weile lichtete, als das Sonnenlicht wieder durch die Zweige fiel und die Schattenjäger-Akademie vor ihnen aufragte. Beim Näherkommen entdeckte Simon eine Reihe baulicher Mängel, die er aus der Ferne gar nicht bemerkt hatte. Einer der hohen, schmalen Türme wies eine beunruhigende Seitenneigung auf. Große Vogelnester ragten aus den Steinbögen hervor und Spinnweben, so lang und dick wie Vorhänge, wehten in mehreren Fensteröffnungen. Eine der Scheiben des Buntglasfensters war zerstört – eine gähnend schwarze Fläche befand sich genau an der Stelle, wo ein Auge des Engels hätte sein müssen. Doch jetzt sah es so aus, als wäre der Engel unter die Piraten gegangen.

Simon war bei all diesen Erscheinungen unbehaglich zumute.

Vor der Akademie, unter dem Blick des Piratenengels, liefen Leute vorbei – eine hochgewachsene Frau mit einer rotblonden Mähne und dahinter zwei Mädchen. Simon nahm an, dass es sich bei den beiden um Schülerinnen der Akademie handelte, denn sie waren ungefähr in seinem Alter.

Plötzlich knackte ein Zweig unter Simons Schuh und die drei Gestalten schauten ruckartig in seine Richtung. Die rothaarige Frau setzte sich sofort in Bewegung, stürmte auf Catarina zu und fiel ihr um den Hals, als handelte es sich um ihre lang verschollene blaue Schwester. Catarinas Miene spiegelte ihre extreme Verwirrung wider.

»Ms Loss, dem Engel sei Dank, dass Sie hier sind«, rief die Rothaarige. »Hier herrscht das reinste Chaos. Das reinste Chaos!«

»Ich glaube nicht, dass ich bisher das Vergnügen hatte ...«, setzte Catarina an und schwieg dann vielsagend.

Die Frau fasste sich wieder, gab Catarina frei und nickte so heftig, dass ihr leuchtendes Haar um ihre Schultern flog. »Ich bin Vivianne Penhallow. Die, äh, Dekanin der Akademie. Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.«

Sie mochte sich zwar gewählt ausdrücken, aber sie kam Simon viel zu jung vor, um den Wiederaufbau der Akademie zu leiten und all die neuen Schüler auszubilden, die zur Verstärkung der Schattenjägertruppen dringend gebraucht wurden. Andererseits passierte nun mal genau das, wenn man um zwei Ecken mit der Konsulin verwandt war, überlegte Simon. Er versuchte noch immer herauszufinden, wie die Regierung der Schattenjäger funktionierte und wie die jeweiligen Stammbäume miteinander verbunden waren. Die Nephilim schienen irgendwie alle untereinander verwandt zu sein, was ihn ziemlich verstörte.

»Wo liegt denn das Problem, Dekanin Penhallow?«, fragte Catarina.

»Nun ja, um ganz offen zu sprechen: Die für die Renovierungsarbeiten eingeräumten Wochen sind ... äh, wie soll ich sagen? ›Höchst unzureichend‹ beschreibt die Situation vermutlich am besten«, stieß die Dekanin hervor. »Und einige der Tutoren haben die Akademie bereits ... überstürzt verlassen. Ich glaube nicht, dass sie wiederzukehren gedenken. Genau genommen haben sie mich sogar mit sehr expliziten Worten darüber in Kenntnis gesetzt. Außerdem sind die Räume der Akademie ein klein wenig kühl und, um ganz ehrlich zu sein, mehr als nur ein klein wenig baufällig. Des Weiteren muss ich Ihnen der Vollständigkeit halber mitteilen, dass wir ein Problem mit den Vorräten haben.«

Catarina hob eine elfenbeinfarbene Augenbraue. »Und worin besteht das Problem mit den Vorräten?«

»Das Problem ist, dass es keine Vorräte gibt.«

»Das ist in der Tat ein Problem.«

Die Dekanin ließ die Schultern hängen und ihre Brust sank ein wenig ein – als hätten all diese Schwierigkeiten, die sie bis dahin für sich hatte behalten müssen, sie in ein unsichtbares Korsett gezwängt. »Diese Mädchen hier sind zwei der älteren Schülerinnen und stammen aus guten Schattenjägerfamilien: Julie Beauvale und Beatriz Velez Mendoza. Sie sind gestern eingetroffen und haben sich bereits als von unschätzbarem Wert erwiesen. Und das hier muss der junge Simon sein«, sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln.

Simon war einen Moment verblüfft, wusste aber nicht, warum – bis er sich dunkel daran erinnerte, dass nur sehr wenige der erwachsenen Schattenjäger sich über einen Vampir in ihrer Mitte erfreut gezeigt hatten. Aber natürlich gab es für die Dekanin keinen Grund, ihn aufgrund seines Anblicks zu hassen. Außerdem hatte sie sich über Catarinas Erscheinen geradezu entzückt gezeigt, überlegte er; vielleicht war sie ja ganz in Ordnung. Vielleicht zeigte sie sich aber auch nur deshalb so begeistert, damit Catarina ihr half.

»Ah ja«, sagte Catarina. »Welch eine Überraschung, dass ein Gebäude, das seit einem Aufruhr vor mehreren Jahrzehnten leer gestanden hat, nicht schon nach wenigen Wochen wieder reibungslos funktioniert. Am besten zeigen Sie mir die Bereiche, die Ihnen die größten Probleme bereiten. Ich werde mich darum kümmern, damit wir wenigstens das Theater vermeiden, wenn sich einer der Schattenjägerzöglinge seinen kleinen Hals bricht.«

Alle Umstehenden starrten Catarina sprachlos an.

»Die unermessliche Tragödie, meinte ich natürlich«, berichtigte Catarina sich und lächelte strahlend. »Wäre es möglich, dass eines der Mädchen Simon zu seinem Zimmer begleitet?«

Sie schien Simon unbedingt loswerden zu wollen. Ganz offensichtlich mochte sie ihn nicht. Aber Simon fiel nichts ein, was er ihr angetan haben könnte.

Die Dekanin starrte Catarina noch einen Moment an und riss sich dann aus ihren Gedanken. »Oh jaja, natürlich. Julie, wärst du bitte so freundlich? Bring ihn ins Turmzimmer.«

Verwundert zog Julie die Augenbrauen hoch. »Ernsthaft?«

»Ja, bitte. Der erste Raum nach Betreten des Ostflügels«, erklärte die Dekanin mit angespannter Stimme und wandte sich erneut an Catarina: »Ms Loss, ich bin wirklich sehr froh, dass Sie hier eingetroffen sind. Sie sind tatsächlich in der Lage, einige dieser Mängel zu beheben?«

»Sie kennen doch bestimmt die Redensart: Es bedarf eines Schattenweltlers, um den Mist eines Schattenjägers zu beseitigen«, bemerkte Catarina.

»Diese Redensart habe ich ... noch nie gehört«, erwiderte Vivianne Penhallow.

»Wie seltsam«, sagte Catarina. »Wir Schattenweltler benutzen sie oft. Ziemlich oft sogar.« Ihre Stimme wurde leiser, während die beiden Frauen sich entfernten.

Simon blieb mit Julie Beauvale allein zurück und musterte sie. Das andere Mädchen hatte ihm besser gefallen. Julie war zwar sehr hübsch, aber Nase und Mund wirkten verkniffen, wodurch es den Eindruck hatte, als drückte ihr gesamtes Gesicht ständig Missbilligung aus.

»Simon, hab ich recht?«, fragte sie und ihre bereits geschürzten Lippen schienen sich noch stärker zu schürzen. »Dann komm mal mit.«

Abrupt machte sie auf dem Absatz kehrt – wie ein Ausbilder in der Armee, und Simon folgte ihr langsam in das Gebäude. Über der großen Eingangshalle wölbte sich eine gewaltige Kuppel. Simon legte den Kopf in den Nacken und fragte sich, ob der grünliche Schimmer an der Decke vom spärlichen Licht des Buntglasfensters stammte oder ob es sich in Wahrheit um Moosbewuchs handelte.

»Bitte trödel nicht herum«, drang Julies Stimme aus einem der sechs dunklen, engen Torbögen in der Steinmauer. Die Besitzerin der Stimme war bereits verschwunden und Simon tauchte hinter ihr in die Dunkelheit ein.

Die Dunkelheit entpuppte sich als ein schwach beleuchteter Treppenaufgang. Dieser führte zu einem ebenso dunklen Korridor, in den kaum Licht fiel, weil es sich bei den Fenstern eher um schmale Schlitze handelte. Simon erinnerte sich daran, was er einmal über solche Schießscharten gelesen hatte – sie waren so konstruiert, dass man zwar von innen Pfeile auf den Gegner abfeuern konnte, dieser aber von außen nur eine geringe Trefferchance hatte.

Julie führte ihn durch einen weiteren Gang. Dann bog sie in den nächsten Korridor ein, erklomm an dessen Ende eine kurze Stiege, durchquerte einen dritten Gang und winkte Simon durch einen kleinen kreisrunden Raum – eine nette Abwechslung –, von dem erneut ein Korridor abging. Das dunkle Gemäuer in Kombination mit dem seltsamen Geruch und den endlosen Steinfluren ließen Simon unwillkürlich an eine »unterirdische Grabanlage« denken. Er versuchte, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, aber der Begriff wollte nicht verschwinden.

»Dann bist du also eine Dämonenjägerin«, sagte er, warf die Reisetasche auf die andere Schulter und hastete Julie nach. »Wie ist das denn so?«

»Schattenjägerin«, berichtigte sie. »Genau deswegen bist du hier ... um das herauszufinden.« Abrupt blieb sie vor einer der vielen Türen stehen: eine schwere Holztür mit schwarzen Eisenbeschlägen und einem Türgriff, dessen Gestalt an eine Engelsschwinge erinnerte. Julie legte die Hand auf die Klinke und Simon erkannte, dass der Griff im Laufe der Jahrhunderte so viele Mal gedrückt worden war, dass die Konturen der Engelsschwinge fast glatt geschliffen waren.

Der dahinterliegende Raum besaß ein Sprossenfenster mit staubigen rautenförmigen Glasscheiben, einen großen, leicht schiefen Kleiderschrank, dem ein Bein zu fehlen schien, und zwei schmale Betten mit geschnitzten Holzpfosten. Auf einem der Betten lag ein aufgeklappter Koffer.

Außerdem befand sich noch ein Junge im Raum. Er stand auf einem Hocker, drehte sich langsam zu Simon und Julie um und schaute von oben auf sie herab wie eine Statue auf einem Sockel.

Und er sah einem Standbild gar nicht mal unähnlich – wenn man mal von den Jeans und dem leuchtend rot-gelb gestreiften Rugbyshirt absah. Seine klaren Gesichtszüge hatten etwas Statuenhaftes und mit seinen breiten Schultern wirkte er athletisch – wie die meisten Schattenjäger. Simon hatte ja den Verdacht, dass der Erzengel keine Asthmatiker in seine Reihen berief oder jemanden, der beim Sport schon einmal einen Volleyball ins Gesicht bekommen hatte. Der Junge besaß einen sonnengebräunten Teint, dunkelbraune Augen und hellbraune Locken, die ihm bis über die Augenbrauen fielen. Als er Simon und Julie entdeckte, lächelte er und ein Grübchen bildete sich in einer seiner Wangen.

Simon hielt sich nicht gerade für einen Fachmann in Sachen männlicher Schönheit, aber er hörte hinter sich ein leises Geräusch und warf einen Blick über die Schulter.

Das Geräusch stammte von Julie, der unwillkürlich ein kleiner Seufzer entschlüpft war und die nun mit den Augenbrauen zuckte. Simon deutete dieses Verhalten so, dass der Junge wohl ziemlich außergewöhnlich sein musste, zumindest sein Erscheinungsbild.

Er verdrehte die Augen. Anscheinend handelte es sich bei allen männlichen Schattenjägern um Unterwäschemodels, einschließlich seines neuen Mitbewohners. Sein Leben war der reinste Witz.

Julie schien vollauf damit beschäftigt, den Typen auf dem Hocker anzuhimmeln. Dabei brannten Simon gleich mehrere Fragen auf der Zunge, wie zum Beispiel »Wer ist das?« und »Warum steht der auf einem Hocker?«. Aber er wollte sie nicht damit belästigen.

»Ich bin echt froh, dass ihr hier seid. Okay, geratet jetzt nicht gleich in Panik, aber ...«, flüsterte der Junge auf dem Hocker.

Hastig wich Julie einen Schritt zurück.

»Wie bist denn du drauf?«, fragte Simon aufgebracht. »Der Aufruf, nicht in Panik zu geraten, sorgt doch nur dafür, dass alle sofort in Panik ausbrechen! Sag uns mal lieber, was los ist.«

»Okay, ich verstehe, worauf du hinauswillst, und du hast ja nicht ganz unrecht«, erwiderte der Junge. Er sprach mit einem leichten Akzent, wobei seine helle Stimme über bestimmte Silben zu stolpern schien. Simon war sich ziemlich sicher, dass sein neuer Mitbewohner aus Schottland stammte. »Es ist nur so ... Ich glaube, im Kleiderschrank hockt ein Dämonenopossum.«

»Beim Erzengel!«, stieß Julie hervor.

»Das ist doch lächerlich«, meinte Simon.

Allerdings drang im nächsten Moment ein Geräusch aus dem Kleiderschrank – ein schleppendes Knurren und Zischen, bei dem Simon sich die Nackenhaare aufstellten.

Blitzschnell und mit der Anmut aller Schattenjäger sprang Julie auf das leere Bett. Simon vermutete, dass es sich dabei wohl um seines handelte. Die Tatsache, dass er noch keine zwei Minuten hier war und sich schon ein Mädchen auf sein Bett warf, wäre eigentlich sensationell gewesen, aber natürlich versuchte Julie nur, einem Höllennager zu entkommen.

»Tu doch was, Simon!«

»Ja, Simon ... du heißt Simon? Hi, Simon! ... Bitte unternimm etwas gegen dieses Dämonenopossum«, bat der Junge auf dem Hocker.

»Ich bin ziemlich sicher, dass das kein Dämonenopossum ist.«

Das kratzende Geräusch wurde lauter und bei Simon meldeten sich leise Zweifel: Es klang wirklich, als würde irgendetwas Gewaltiges im Schrank lauern.

»Ich stamme aus der Gläsernen Stadt«, sagte Julie. »Ich bin eine Schattenjägerin und kann mit Dämonen umgehen. Aber ich bin in einem anständigen Haus aufgewachsen, das nicht mit dreckigen Ratten verseucht war!«

»Okay, also ich komme aus Brooklyn«, sagte Simon. »Und obwohl ich meine geliebte Heimatstadt bestimmt nicht schlechtmachen oder als ungezieferverseuchten Müllhaufen mit guter Musik und so bezeichnen will, kenne ich mich mit Nagetieren aus. Außerdem war ich selbst mal eine Ratte, allerdings nur für kurze Zeit, glaub ich ... Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern und möchte nicht darüber reden. Aber mit einem Opossum werde ich wohl noch fertig ... wobei ich übrigens überzeugt bin, dass es nicht dämonisch ist.«

»Ich hab das Biest gesehen und ihr nicht!«, rief der Junge auf dem Hocker. »Es war verdächtig groß, kann ich euch sagen! Höllisch groß.«

Erneut drang ein Rascheln aus dem Schrank, gefolgt von einem fies klingenden Schnüffeln. Simon schlich zu dem aufgeklappten Koffer auf dem anderen Bett. Darin lagen eine Menge weitere Rugbyshirts, auf denen aber etwas völlig anderes thronte.

»Ist das eine Waffe?«, fragte Julie.

»Äh, nein«, sagte Simon. »Das ist ein Tennisschläger.« Die Schattenjäger brauchten unbedingt mehr außerschulische Aktivitäten, überlegte er. Vermutlich war der Tennisschläger keine wirklich tödliche Waffe, aber er war das Beste, was er hatte. Langsam näherte er sich dem Kleiderschrank und riss die Tür auf. Dort, in den splittrigen, angenagten Tiefen des Schranks hockte ein Opossum. Seine roten Augen glühten und es sperrte sein kleines Maul auf und zischte Simon an.

»Wie ekelhaft«, stieß Julie hervor. »Simon, töte es!«

»Simon, du bist unsere einzige Hoffnung!«, rief der Junge auf dem Hocker.

Der Nager machte eine Bewegung, als wollte er nach vorn stürzen. Simon ließ den Schläger mit Wucht auf den Steinboden krachen. Das Opossum zischte und flitzte in eine andere Richtung. Simon hatte den irren Verdacht, dass es eine Finte anwendete, um dann direkt zwischen seinen Beinen hindurchzuschießen. Unwillkürlich stieß er einen Laut aus, der einem Quieken verdammt nahekam, taumelte rückwärts und schlug dabei wild um sich auf die Steinplatten.

Die beiden anderen kreischten, während Simon herumwirbelte, um das Opossum zu orten. Als er aus dem Augenwinkel etwas Pelziges aufblitzen sah, drehte er sich in diese Richtung. Doch der Junge auf dem Hocker packte Simon an den Schultern, entweder weil er Schutz suchte oder das Gefühl hatte, irgendwie helfen zu müssen. Er krallte die Finger in Simons T-Shirt und zog ihn in eine andere Richtung.

»Da!«, brüllte er Simon ins Ohr. Und Simon, noch in seiner eigenen Drehbewegung gefangen, taumelte durch die gegenläufige Drehung rückwärts gegen den Hocker.

Er spürte, wie der Hocker gegen seine Beine kippte, worauf der Junge erneut nach Simons Schultern griff. Inzwischen ziemlich schwindelig, machte Simon einen Ausfallschritt und sah, wie der kleine pelzige Körper des Opossums über seinen Turnschuh krabbelte. Da beging er einen Riesenfehler: Hastig ließ er den Tennisschläger auf seinen Fuß herabsausen. Mit voller Wucht.

Im nächsten Moment krachten Simon, der Hocker, der Junge und der Tennisschläger auf den Steinboden.

Das Opossum flitzte durch die Zimmertür und Simon hatte den Eindruck, als hätte es ihm aus seinen roten Augen noch einen hämischen Blick zugeworfen.

Aber Simon war nicht in der Lage, die Verfolgung aufzunehmen, da er sich inmitten eines wirren Knäuels aus Stuhl- und Menschenbeinen befand und sich den Kopf an einem Bettpfosten gestoßen hatte. Vorsichtig setzte er sich auf und rieb sich gerade den surrenden Kopf, als Julie vom Bett sprang. Bei dieser heftigen Bewegung schwankte der Bettpfosten erneut und traf Simon ein weiteres Mal am Hinterkopf.

»Also, ich werde euch jetzt mal lieber allein lassen, bevor dieses Vieh zu seinem Nest zurückkehrt!«, verkündete Julie. »Äh, ich meine, allein ... weitermachen lassen.« An der Tür blieb sie einen Moment stehen und starrte in die Richtung, in die das Opossum verschwunden war. »Macht’s gut«, fügte sie hinzu und stürmte dann in die andere Richtung davon.

»Au«, stöhnte Simon und gab jeden Versuch auf, sich aufzurappeln. Stattdessen stützte er sich auf die Hände und verzog das Gesicht. »Verdammt großes Au ... Also, das war ja mal ...« Er deutete auf den Hocker, die offene Tür, den schrecklichen Schrank und seine lang ausgestreckten Beine. »Das war ...«, fuhr er fort, musste dann aber den Kopf schütteln und lachen. »Das war ja eine echt beeindruckende Vorstellung von drei zukünftigen Dämonenjägern.«

Der Junge, nicht mehr länger auf dem Hocker, warf ihm einen verwirrten Blick zu. Sein neuer Mitbewohner musste ihn für gestört halten, weil er sich über ein Opossum kaputtlachte. Aber Simon konnte nichts dagegen machen. Er lachte und lachte und konnte gar nicht mehr aufhören.

Jeder der Schattenjäger, die er in New York kannte, hätte die Situation gelöst, ohne mit der Wimper zu zucken. Simon war sich sicher, dass Isabelle dem Opossum mit irgendeiner Art von Schwert den Kopf abgetrennt hätte. Doch jetzt und hier war er von Leuten umgeben, die in Panik gerieten und kreischten und auf Hocker sprangen – fuchtelnde Mängelexemplare der menschlichen Spezies, die nicht einmal mit einem einzigen Nagetier zurechtkamen. Und Simon war einer von ihnen. Sie waren einfach nur ganz normale Jugendliche.

Simon war fast schwindlig vor Erleichterung. Aber vielleicht lag es auch daran, dass er sich den Kopf gestoßen hatte. Er lachte und lachte, und als er erneut zu seinem Mitbewohner hinüberschaute, trafen sich ihre Blicke.

»Eine Schande, dass unsere Tutoren diese fantastische Vorstellung nicht miterlebt haben«, meinte Simons neuer Zimmergenosse in ernsthaftem Ton. Und dann brach auch er in Gelächter aus und schlug sich eine Hand vor den Mund, während sich Lachfältchen in seinen Augenwinkeln bildeten, als würde er ständig lachen und als hätte sein Gesicht sich an diesen Zustand gewöhnt. »Wir werden die echt umhauen.«

Nach diesem leichten Anflug von Opossum-Hysterie rappelten Simon und der Junge sich auf und machten sich daran, ihre Sachen auszupacken.

»Tut mir leid wegen eben«, sagte der Junge. Er setzte sich auf sein Bett, neben den aufgeklappten Koffer. »Ich bin nicht besonders gut im Umgang mit kleinen wuseligen Viechern. Eines Tages werde ich hoffentlich etwas oberhalb des Erdbodens gegen echte Dämonen kämpfen. Ich heiße übrigens George Lovelace.«

Simon warf einen Blick auf seine Tasche, die bis zum Rand mit schrägen T-Shirts gefüllt war, und dann auf den Kleiderschrank. Er war sich nicht sicher, ob er seine Sachen diesem Opossum-Schrank anvertrauen sollte. »Dann bist du also ein Schattenjäger?«, fragte er. Mittlerweile hatte er herausgefunden, auf welche Weise Schattenjägernamen sich zusammensetzten, und George hatte er ohnehin auf den ersten Blick für einen Schattenjäger gehalten. Aber das war noch, bevor Simon überlegt hatte, dass George möglicherweise cool sein könnte. Und jetzt war er enttäuscht. Er wusste, was Schattenjäger von Irdischen hielten. Es wäre einfach nett gewesen, wenn er jemanden kennengelernt hätte, für den das alles auch neu war und mit dem er gemeinsam die Schulbank hätte drücken können.

Wieder einen coolen Mitbewohner zu haben, wäre toll, dachte Simon. So einen wie Jordan. Jordan, mit dem er während seiner Zeit als Vampir zusammengewohnt hatte. Er hatte zwar nur bruchstückhafte Erinnerungen an ihn, aber das, was er sich ins Gedächtnis rufen konnte, fühlte sich gut an.

Was soll man machen?