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Inhaltsverzeichnis
Über den Autor:
Titel
Impressum
Widmung
Prolog
Kapitel 1 - Oskar
Kapitel 2 - Planung
Kapitel 3 - Überzeugungsarbeit
Kapitel 4 - Familienzuwachs
Kapitel 5 - Maja, der Blindenführhund
Kapitel 6 - Die Pferdekoppel
Kapitel 7 - Besuch von Maja
Kapitel 8 - Timmi
Kapitel 9 - Tanjas Träume
Kapitel 10 - Oskars große Tat
Kapitel 11 - Oskar vermisst Tanja
Kapitel 12 - Besuch im Krankenhaus
Kapitel 13 - Wieder zu Hause
Kapitel 14 - Giftalarm
Kapitel 15 - Rettung in letzter Minute
Kapitel 16 - Angst um Oskar
Kapitel 17 - Oskars Entführung
Kapitel 18 - Polizeieinsatz
Kapitel 19 - Drei Schnüffelnasen - sechs Ohren
Kapitel 20 - Der Fund
Kapitel 21 - In der Gaunerhochburg
Kapitel 22 - Die Befreiung
Kapitel 23 - Einsatzbefehl
Kapitel 24 - Illegaler Handel mit Hunden
Kapitel 25 - Seeurlaub
Kapitel 26 - Unter Trümmern begraben
Kapitel 27 - Peters neuer Weg
Kapitel 28 - Oskars späte Rache
Kapitel 29 - Rückblick
Danksagung:
Danksagung:
Mein besonderer Dank gilt meiner Gegenleserin Eva-Maria Zöllner, die mir in stundenlangen Telefongesprächen und Erstkorrekturen helfend mit Rat und Tat zur Seite stand.
Ein zweiter Dank gilt meiner Lektorin, die mir schon vor dem eigentlichen Lektorat aus manchem Tief und mancher Schreibblockade heraushalf.
Nicht zuletzt gilt ein Dank meiner Blindenführhündin Wendy. Durch sie bekam ich manchen guten Gedanken, und sie ihren festen Platz in der Rolle der Führhündin Maja.
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Über den Autor:
„1962 erblickte ich das Licht der Welt.“ (T. Löffler) Trotz seines fehlenden Augenlichts - er ist geburtsblind - führte ihn sein Leben in eine Selbstständigkeit als Klavierstimmer.
Schreiben war seit jeher eine weitere Leidenschaft.
Seine Liebe zu Hunden, insbesondere zu seinen Blindenführhunden, wurden der Grund für mehrere literarische Projekte. Mit unerschütterlichem Humor meistern er und sein Blindenführhund Wendy die Probleme des Alltags. Beide leben heute in Mitteldeutschland.
 
»Bruno, der Weihnachtsmann«, erschien in der Anthologie „Märchenhaus-Geschichten für den Kaminabend“, veröffentlicht im Verlagshaus el Gato
 
Das vorliegende Werk ist sein erstes Kinderbuch.
Kapitel 1
Oskar
Tanja verstaute die Einkäufe in ihrem Rucksack und verließ mit eiligen Schritten den Supermarkt. Aus tief hängenden Wolken fiel feiner Regen herab. Nichts hasste sie mehr als dieses Schmuddel-Wetter. Darüber schimpfend, zog sie sich die Kapuze über den Kopf und ging zu ihrem Fahrrad. Als sie es aus dem Ständer zog, sah sie Rico über den Platz heran kommen.
„Hi Tanja! Was machst du denn hier?“ Innerlich über die Störung fluchend, kippte sie das Fahrrad auf den Seitenständer. Jetzt war wirklich keine Zeit sich mit ihrem Freund auseinander zu setzen.
„Ich war einkaufen.“
„Hast du heute Abend Zeit?“
„Ich denke nicht. Am Nachmittag kommt der Tierarzt, das wird eine Weile dauern. Hausaufgaben müsste ich auch machen.“
„Na ja, das ist ja nichts Neues“, sagte Rico verärgert. „Wäre ja mal etwas anderes, wenn du auch einmal für mich Zeit hättest.“
„Mach‚ hier keine Szene! Wie war das zum Beispiel vorige Woche? Da musste der Herr unbedingt zum Fußball gehen.“
„Ich weiß, dass du sauer warst. Ich konnte es nicht ändern.“
„Du hast unsere Verabredung platzen lassen. Deswegen war ich sauer“, fauchte Tanja zurück und wendete ihr Fahrrad Richtung Straße.
Der Sattel war nass vom Regen. Ohne darauf zu achten, stieg sie auf und fuhr vom Parkplatz. Nur knapp konnte sie einem rückwärts einparkenden Auto ausweichen. Nicht weit vom Supermarkt bog sie nach rechts und lenkte ihr Fahrrad auf einen schmalen Weg, der schlammig vom Regen war. Rechts sah man, so weit das Auge reichte, eine große Obstplantage. An solchen Tagen wie diesem schien alles trostlos und leer. Tanja mochte diese Gegend. Oft lag sie im Sommer unter einem Baum und träumte. Links des Weges, hinter einem hohen Zaun, lag eine seit vielen Jahren stillgelegte Eisenbahnstrecke. Durch wucherndes Unkraut sah man kaum noch die verrosteten Schienen. Weiter weg, am Horizont kaum noch zu erkennen, verlief eine Autobahn. Jeden Tag fuhr Tanja diesen Weg vom Gymnasium nach Hause beim Tierheim vorbei. Wie jeden Tag stieg sie auch diesmal vom Fahrrad und ging zu den Hunden. Tanja mochte Tiere, besonders Hunde. Alle waren noch da. Benny der Spitz, Rocco der Zwergpudel, Mira die Setter Hündin. Auch der braune Labrador.
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Er saß wie immer abseits. Den hatte Tanja besonders in ihr Herz geschlossen. Seit einer Woche besuchte sie ihn jeden Tag. Er erkannte sie sofort und kam an den Zaun.
„Hast du immer noch keine neue Heimat gefunden? Ich würde dich sehr gern nehmen.“ An diesem Tag hatte Tanja keine Zeit, sich weiter mit dem Hund zu beschäftigen. Daher stieg sie auf ihr Rad und fuhr weiter. Der Hund saß hinter dem Zaun und sah traurig dem Mädchen hinterher.
Seitdem er im Tierheim war, besuchte sie ihn jeden Tag. Zuerst verspürte er Ablehnung der Besucherin gegenüber. Aus Erfahrung wusste er, das man Menschen nicht vertrauen durfte. In seiner Hundewelt gab es nur Extreme. Zuneigung oder Ablehnung, überschwängliche Freude oder tiefe Trauer, innige Freundschaft oder Hass. Mittelwege gab es nicht. Ein Gefühl, was alles überdeckte, war die Angst. Die Angst wieder verlassen zu werden. Jeden Tag fasste der Hund stärkeres Vertrauen zu dem Mädchen. Jeden Tag wurde bei ihrem Weggang die Angst stärker, wieder verlassen zu werden. Im Laufe der Woche entwickelte er die Fähigkeit sie durch Geruchs- und Hörsinn von anderen zu unterscheiden. Langsam stand er auf und suchte seine Lieblingsecke auf. Hier rollte er sich zusammen. Er schien zu schlafen. Nur ein Auge blinzelte.
Unterwegs gingen dem Mädchen die traurig blickenden Augen nicht aus dem Kopf. Irgend etwas musste sie unternehmen. Sie hielt ihr Fahrrad an, zog ihr Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer. Nach einigen Rufzeichen meldete sich eine Frauenstimme. „Mutti, hier ist Tanja. Ich kann erst später kommen. Muss noch was erledigen.“
„Hör mal! Ich muss bald weg. Der Tierarzt kommt heute wegen deinem Pferd.“
„Ich weiß. Ich rufe ihn an.“
„Was ist denn so Dringendes?“
Tanja zögerte. „Das... das sag ich dir später.“ Sie beendete das Telefonat und steckte das Handy wieder in die Tasche. Dann wendete sie und raste zurück zum Tierheim.
Plötzlich sprang der Hund auf. Da war wieder der Geruch. Gleichzeitig vernahm er auch die wohl bekannten Geräusche. Wie der Blitz rannte der Hund an den Zaun.
Außer Atem kam Tanja am Tierheim an und sah den Hund scheinbar an derselben Stelle sitzen. „Ich muss dich heute einfach noch einmal besuchen. Du, Hund, ich habe eine Idee. Ob sie klappt, kann ich dir nicht versprechen. Aber ich versuche dich mit zu mir nach Hause zu nehmen.“
Der Labrador stand auf, kam näher an den Zaun und schaute das Mädchen schwanzwedelnd an. Nachdenklich ging sie weiter. „Eigentlich habe ich schon zwei Tiere. Meine Eltern werden ein drittes bestimmt nicht zulassen.“ Der Labrador lief fiepend jenseits des Zaunes neben Tanja her. Langsam reifte in ihr ein Entschluss. Sie blieb stehen und sah den Hund von der Seite an. Einem Hund mit diesen Augen, die einen um Hilfe bittend anschauen, konnte sie nicht widerstehen. Eine Woche war es her, dass er im Tierheim aufgenommen worden war. Innerhalb dieser Zeit hatten sie sich richtig angefreundet. Rechts neben dem Zaun sah Tanja ein Gebäude, in dem sie die Verwaltung vermutete. Tanja trat durch den Eingang und fand sich in einem kleinen Vorraum wieder. In diesem befand sich eine weitere Tür. Sie blieb vor dieser stehen und konnte sich nicht entschließen, anzuklopfen. „Ist das richtig, was ich tue? Warum gerade der Labbi? Da waren doch noch andere Hunde, die auf ein Frauchen oder Herrchen warten.“
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Das war neu. Erwartungsvoll starrte der Hund auf den Hauseingang. Es tat sich was und er spürte die sich anbahnende Veränderung.
Zu allem entschlossen klopfte Tanja an die Tür, öffnete sie und trat in einen etwas spartanisch eingerichteten Raum, in dessen Mitte ein mit Papieren übersäter Schreibtisch stand. Ein etwas untersetzter, nicht mehr ganz junger Mann kam dem Mädchen lächelnd entgegen. „Komm ruhig herein.“
Er drückte sie auf einen ziemlich wacklig scheinenden Besucherstuhl. Ein Schnauzer kam aus einem Nachbarzimmer herbeigerannt und legte sich vor Tanja auf den Teppich.
„Das ist unser neuer Zugang. Sein Frauchen musste ins Pflegeheim. Übrigens, mein Name ist Leitner. Was darf ich …“ Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach ihn erneut. „Herein!“ Langsam öffnete sich die Tür und zwei Mädchen von etwa zwölf Jahren betraten den Raum. „Hi, Anja und Svenja!“, rief Herr Leitner erfreut. „Wollt ihr wieder Miki ausführen? Sein Herrchen kommt morgen aus dem Urlaub zurück. Wartet, ich hole den Hund. Ich komme gleich wieder“, sagte er an Tanja gewandt. „Nebenbei führe ich eine Hundepension.“ Als Tanja allein war, sah sie sich im Raum um. In der Ecke lag eine Hundedecke, auf der es sich Aron, der Schnauzer, bequem gemacht hatte. An der Wand gegenüber der Tür stand ein Regal, das mit Ordnern vollgestellt war. Tanja stand auf und ging zu dem einzigen Fenster im Raum.
Nicht weit vom Verwaltungsgebäude entfernt, sah sie einen lang gestreckten Leichtbau. „Das wird die Hundepension sein“, vermutete sie. „Da kommen die Mädchen mit Miki.“ Aus einer Tür des gegenüber liegenden Gebäudes, kamen Anja und Svenja mit einem Beagle an der Leine heraus. Tanja hörte Schritte im Vorraum und ging zu ihrem Stuhl zurück. Hans Leitner kam ins Büro, setzte sich hinter den Schreibtisch und machte sich einige Notizen.
„Die zwei Mädchen kommen jeden Tag und führen Pensionshunde aus. Ich schreibe das nur noch schnell auf.“ Die Besucherin rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her.
Hans Leitner legte den Kugelschreiber weg und sah Tanja lächelnd an.
„Jetzt habe ich Zeit für dich.“
„Ich komme jeden Tag hier vorbei und ...“
Sie stockte. Wie sollte sie es sagen?
„Nun, Du hast wahrscheinlich unsere Hunde gesehen und dich in einen verliebt.“
„Stimmt.“
„Welcher ist es?“
„Der Labrador.“
„Klar, unser Oskar. Ein ganz Lieber. Du interessierst dich für ihn?“
„Ich hätte Oskar sehr gern. Ich besuche ihn, seitdem er bei Ihnen ist, fast jeden Tag.“
„Darf ich nach deinem Namen fragen?“
„Ich bin Tanja Marbach.“
„Wie alt bist du?“ Tanja wurde etwas verlegen. Sie wusste genau, dass sie zu jung war, um allein Entscheidungen, was die Anschaffung eines Tieres anging, treffen zu können. „Ich bin erst 15.“
„Na ja, was Oskar betrifft... wissen deine Eltern davon?“
„Noch... noch nicht.“
„Du weißt, dass du in diesem Fall nicht allein entscheiden kannst.“
„Das ist mir klar.“ Herr Leitner stand auf, ging zu einem hohen Regal und zog einen Ordner heraus.
„Hier sind alle Angaben über Oskar, soweit uns bekannt.“ Tanja öffnete den Ordner und schaute die einzelnen Seiten durch. Tag, Zeitpunkt und Ort des Fundes, Rasse, Geschlecht und ungefähres Alter des Hundes, Zustand des Hundes und tierärztliche Untersuchungen. Herr Leitner nahm den Ordner zurück und stellte ihn wieder ins Regal. Einer Schublade unter dem Schreibtisch entnahm er einen dicken Hefter, worin sich Fotografien befanden. „Wir fertigen von jedem Tier bei uns mehrere Fotos an. Wenn du möchtest, gebe ich dir eines für deine Eltern mit. Du bekommst von mir das Foto von Oskar und unsere Visitenkarte mit den Kontaktdaten.“ Herr Leitner schob alles in einen Briefumschlag und reichte diesen über den Tisch.
„Sprich zu Hause darüber. Ihr könnt mich jederzeit anrufen. Alles weitere besprechen wir dann.“
„Müssen wir uns schnell entscheiden?“
„Das ist nicht nötig. Großrassige Hunde sind schlechter vermittelbar als kleine Rassen oder andere Tiere.“
„Wir rufen Sie möglichst bald an“, sagte Tanja und verabschiedete sich. Als sie zur Tür ging, erhob sich Aron und lief hinter ihr her. „Du möchtest wohl gern mitkommen?“ Schweren Herzens öffnete sie die Tür und trat ins Freie. Oskar stand hinterm Zaun wedelte mit dem Schwanz und bellte laut.
„Ich komme wieder. Dann nehme ich dich mit.“ Nachdenklich bestieg sie ihr Fahrrad und lenkte es auf den Radweg zurück. Ihr war nicht klar, wie sie ihren Plan den Eltern beibringen sollte. Langsam ließ der Regen nach. Wenn sie sich beeilte, konnte sie noch vor dem Tierarzt zuhause sein.
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