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Inhalt

Voahwot

Hinweise zur Benutzung

Land & Leute

Was ist Hamburgisch?

Unterschiede zum Hochdeutschen

Von Quiddjes und Hanseaten

Hamburger Originale

Tüffeliger, jiddeliger Bambuse! — Wesenszüge

De Bagaasch — Familie

Auffe Ahbeit

Glaich gehdasloos! — Unterwegs in Hamburg

Döds, Dassel, Bregen un Co. — Körperteile

Nachn Mahk fahn und was einholn — Einkaufen

Buscherump & Manchesterbüx — Kleidung

Essen & Trinken

Schietwedda! — Das Wetter

Die lockere Sprache des Alltags

Hummel, Hummel – Mors, Mors — Begrüßen, Verabschieden, Bedanken

Tratschen, Schnacken, Sabbeln

Ausser Lameng, für Passlatant, Schietegool — Zustimmen, Ablehenen, Egal sein

Zu Potte kommen

Ischa gediegn! — Erstaunt sein

Verkasematuckeln — Begreifen, Verstehen

Dascha scheneerlich! — Fluchen, Launen haben

Nu is daddeldu!

Ein anne Mahmel ham

Mach kaine Fisimatenten! – Liebe

Midn Zampel nachn Hafn — Hafen-und Seemannssprache

Luden-ABC — Kiez-Slang der Reeperbahn

Auf dem Fischmarkt

Anhang

Zeittafel: Hamburgs Gecshichte

Lesetipps

Wörterliste

Der Autor

Impressum

Voahwot

Lang, lang ist’s her. Passierte sozusagen in einem anderen Leben. Damals schlug sich der Autor als junger Student durch die Hamburger Uni. Und wie das so ist, manchmal hockt man als Studiosus lieber in der Kneipe als im Seminar. So auch damals. An einem verregneten Juni-Nachmittag. Statt eines Proseminars Goethe in Weimar lieber ein Prosit auf Gyros aus Griechenland. Soweit so normal.

Aber gleich nach meiner Bestellung kam das Bemerkenswerte, das ich bis heute nicht vergessen kann. Der griechische Wirt sagte mir auf den Kopf zu: „Du stammst nicht aus Hamburg.“ Ich war baff. Denn das stimmte zwar, aber mein Heimatort liegt gerade mal 35 Kilometer von der City entfernt. Woher weiß der das? „Klar doch“, grinste der Wirt, „das hört man.“ Ich war doppelt baff. Gibt es wirklich so eine feine sprachliche Grenze, dass jemand, der knapp außerhalb des Stadtgebietes aufwächst, schon eine so deutlich anders gefärbte Sprachmelodie hat?

Ich hätt’s erst nicht für möglich gehalten, aber so ist es wirklich. Er hatte mich ja nur an der Sprache als Butenhamburger erkannt. Mein Interesse war erwacht – das Ergebnis halten Sie hier in den Händen. Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren,

Hans-Jürgen Fründt

Hinweise zur Benutzung

Tatsächlich ist Hamburg heute ziemlich groß (755 km2, zum Vergleich: Berlin 891 km2), aber das noch nicht allzu lange. 1937 integrierten die Nazis die damals selbstständigen Städte Altona, Wandsbek und Harburg-Wilhelmsburg ins Stadtgebiet, die Gesamtfläche wuchs beträchtlich, Hamburg hatte plötzlich eine halbe Million Einwohner mehr.

Aber das eigentliche Zentrum mit Hafen und den Fabriken in Altona blieb überschaubar, und vor allem dort wurde das breite Hamburgisch gesprochen. Manche der Neubürger nahmen es an, andere nicht, in den Randgebieten schwächte es sich schon etwas ab. Auch deshalb hört man heute Hamburgisch mal stärker, mal schwächer gesprochen im ganzen Stadtgebiet.

Hamburg boomt! Immer mehr Touristen besuchen die Hansestadt, verbringen ein langes Wochenende oder gar einen Kurzurlaub in der Elbmetropole. So bummelig 10 Millionen Übernachtungen sollen es nun schon sein. Jahr für Jahr. Dasissochwas! würde der Hamburger sagen, genau, das ist doch was! Die Reeperbahn, die Musicals, der HSV (oder der FC St. Pauli, je nachdem), der Hafen, das Nachtleben, die Großveranstaltungen wie Marathon, Triathlon, Schlagermove, Dom. Genügend Gründe also, um mah nach Hambuich zu fahn, mal nach Hamburg zu fahren.

Und was ist mit den Menschen? Tüülich, die auch. Natürlich, wie auch nicht! Denn auch dies ist vielleicht ein Lockmittel: Die Hamburger sprechen keinen unverständlichen Dialekt wie etwa die, na-Sie-wissen-schon-wer … Wia wolln hia kain nich diskriminian, wolln wia nich! Die Sache mit dem guten Verstehen klappt tatsächlich prima, man versteht sie schon, die Hamburger, in ech, du. Aber wenn sie denn doch mal so richtig schön breit Hamboogisch schnacken, muss man doch ein wenig die Oahn aufspehn (die Ohren aufsperren).

Wir versuchen in diesem Büchlein die heute in Hamburg gesprochene Sprache abzubilden. Und das ist Hochdeutsch mit einer sehr speziellen Sprachmelodie und einigen eigenen Begriffen. Wörter, die früher alltäglich gebraucht wurden und zumeist aus dem Plattdeutschen stammen, aber heute nicht mehr genutzt werden, sind hier nicht erwähnt. Nur wenn sie heute noch gesprochen werden, wie beispielsweise Büx, Deern oder Udel, erwähnen wir sie hier.

Wichtik (wichtig): Wir schreiben hier sozusagen „nach Gehör“, versuchen also das gesprochene Wort so lautmalerisch wie möglich wiederzugeben.Viele Wörter aus diesem Buch kennt man natürlich auch anderswo im deutschen Sprachraum. Auf eine „Übersetzung” konnte daher verzichtet werden. Wann immer es mir sinnvoll erschien, habe ich jedoch eine umgangssprachliche hochdeutsche Entsprechung in kursiver Schrift angegeben.

Was ist Hamburgisch?

Auf dem Hamburger Stadtgebiet leben heute knapp 1,8 Millionen Menschen. Vor gar nicht so langer Zeit sah das noch ganz anders aus. Denn das Hamburger Stadtgebiet war über Jahrhunderte ziemlich klein. Und dort wurde lange Zeit Plattdeutsch gesprochen, nichts anderes. Platt war sogar die hochoffizielle Amtssprache, neben Latein. Aber wer konnte schon Latein? Sogar der Bürgereid wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf Platt abgelegt.

Hamburg war schon immer eine Stadt, die vom Handel und von der Seefahrt lebte. Hamburger Kaufleute schickten ihre Söhne in die Ferne, was damals zumeist Nordeuropa, England und Russland bedeutete. Überall dort konnte man sich zumindest in den Kontoren mit Platt verständigen. Erst sehr viel später ging es auch nach Übersee, wo dann Spanisch und Englisch gefragt waren.

Umgekehrt kamen täglich viele Bauern, Fischer und sonstige Händler durch die Stadttore und beschickten die vielen Hamburger Märkte. Und die wohlhabenden Hamburger Familien suchten Personal fürs Haus und Angestellte für die Firma. Man suchte und fand auch hier in der nahen plattdeutschen(!) Umgebung. Sie alle brachten ihre eigenen sprachlichen Färbungen und Begriffe mit, was sich dann mit dem Hamburger Platt vermischte.

Hochdeutsch wurde damals bestenfalls in der Kirche gesprochen und sehr viel später erst in der Schule. Was so manchem Erstklässler am ersten Schultag einen veritablen Kulturschock verpasst haben dürfte. Dennoch verlor Platt zu Beginn des 20. Jahrhunderts allmählich seine beherrschende Stellung. Was dann auch zur Ausbildung des sogenannten Missingsch führte.

Missingsch war das Ergebnis, wenn ein plattdeutscher Muttersprachler Hochdeutsch sprechen musste und dabei Fehler machte, weil er den plattdeutschen Satzbau auch im Hochdeutschen anwendete. Ein Beispiel wäre der falsche hochdeutsche Satz: „Das ist für ihr“, abgeleitet vom Plattdüütschen „Dat is för ehr“, was wörtlich übersetzt eben tatsächlich Das ist für ihr hieße, aber natürlich meint: „Das ist für sie“. Dieses Phänomen gibt es heute im Alltag nicht mehr, bestenfalls noch im Kabarett.

Keine Frage: Plattdeutsch ist eindeutig zu einer Zweitsprache geworden, die überwiegend im ländlichen Raum gesprochen wird. Auf Hamburg bezogen wäre das vor allem in den südlichen Randgebieten in den Vier- und Elbmarschen, wo noch viele Bauernhöfe liegen, im Alten Land mit seinen vielen Obstplantagen und ganz generell eher nur noch von der älteren Bevölkerung. Und teilweise im Hafen, aber auch hier ist Platt auf dem Rückzug. Isso!

Das Hafenplatt war übrigens eine Art Sonderform, da es um viele Fachbegriffe und fremdsprachliche Ausdrücke erweitert wurde, die heute nur noch vereinzelt im allgemeinen Sprachgebrauch erhalten sind. Auch so mancher älterer Kaufmann aus der City schnackt noch Platt! Dennoch ist und bleibt die Hamburger Innenstadt im Alltag platt-freies Gebiet.

Sonderformen sind auch der Nachtjargon, der früher auf St. Pauli gesprochen wurde. Hier hatte sich eine Art Geheimsprache entwickelt, in der sich die Zuhälter, Kellner und Prostituierten unterhielten, damit Gäste und Polizei nicht alles mitbekamen. Aus diesem Jargon sind einige Begriffe ins allgemeine Hamburgisch eingeflossen, einige sehr gebräuchliche davon werden am Ende des Buches im Kapitel „Luden-ABC“ vorgestellt.

Und dann gab es noch die Ketelklopper-Sprook, die Kesselklopfer-Sprache aus dem Hafen. Die ist heute verschwunden, genau wie die Berufsgruppe der Kesselklopfer. Die führten eine schwere Arbeit aus, sie klopften nämlich mit schwerem Hammer den steinharten Kesselstein aus den Kesseln der Dampfschiffe. Eine wirklich harte und sehr laute Arbeit, in der Hafen-Hierarchie standen diese Jungs recht weit unten. Um sich besser verständigen zu können, bauten sie die Sprache ein wenig um, passten sie dem Rhythmus der Hammerschläge an.

Grundlage war Plattdeutsch, aber von jedem Wort, das mit einem Konsonanten begann, wurde dieser erste Buchstabe nach hinten ans Wortende gesetzt und um ein i ergänzt (aus „du“ wurde „udi”). Alle Wörter, die mit einem Vokal begannen, wurden um ein „i” ergänzt (aus „ich“ wurde „ichi“). So entstand eine Art Singsang, der wohl beim Lärm im Schiffsbauch besser zu verstehen war. Mit dem Aussterben der Dampfschiffe verschwand diese Sprache, einige Fragmente hielten sich noch eine Zeit lang am Hafenrand und sind dem einen oder anderen älteren Hamburger vielleicht als „Barmbeker Latein“ bekannt, aber heutzutage dürfte diese Sondersprache verschwunden sein.

Übrigens, ein gängiges Beispiel, das Kinder noch lange kannten: „Du bist doof“ wird zu udi istbi oofdi. All dies (Platt, Missingsch, Sonderformen) ist überwiegend verschwunden, oder deutlich auf dem Rückzug, hat aber viele Spuren in der Hamburger Mundart hinterlassen. Besonders die Sprachmelodie, das etwas breiter Gesprochene hat Anlehnungen ans Plattdeutsche. Auch bestimmte Begriffe überlebten. Sie wurden gebraucht, gehegt und gepflegt und fanden schließlich Einlass in den alltäglichen (hochdeutschen) Sprachgebrauch der Hamburger.

hamburgische Ausdrücke

Deern (unverheiratetes) Mädchen
lütt un lütt kleines Bier & kleiner Schnaps (klein und klein)
högen freuen
fühnsch verärgert
duun, duhn angetrunken
Büx Hose

Fremdsprachliche Einflüsse