Stefanie Taschinski

Die kleine Dame feiert Weihnachten

Stefanie Taschinski

Die kleine Dame
feiert Weihnachten

Mit Bildern von
Nina Dulleck

Für meine großen Brüder und für Gretschi

121 Striche

Spielst du mit mir kleine Dame?«, fragte Karlchen und hüpfte zu Lilly, die am Schreibtisch vor dem Fenster saß.

»Jetzt nicht«, grummelte Lilly ohne aufzusehen.

Unter dem Schreibtisch begann es zu klopfen. Karlchen hockte sich hin und streichelte den schwarzen Hund, der eifrig mit dem Schwanz wedelte. »Pim hat aber auch Lust.«

Wie zur Bestätigung schlappte eine feuchte Hundezunge über Karlchens Hand.

»Ich kann nicht!« Lilly blinzelte kurz zu der Strichliste, die über ihrem Schreibtisch an der Wand hing. Jeder Strich war ein Tag ohne die kleine Dame! Vier Monate – genau 121 Tage waren vergangen, seit die kleine Dame und Chaka, ihr tausendjähriges Chamäleon, sich in Schweden von Lilly und Karlchen verabschiedet hatten. Lilly stieß einen sehnsuchtsvollen Seufzer aus. Neben der Strichliste hingen die Briefe, in denen die kleine Dame von ihrer Salafari berichtete.

Ja, Lilly wäre auch lieber auf große Salafari gegangen, als schriftliche Division oder Rechtschreibregeln zu üben. Doch nun war schon seit drei Wochen kein neuer Brief von der kleinen Dame gekommen.

Karlchen streckte den Kopf unter dem Schreibtisch hervor. »Ich kann Chaka spielen«, bot sie großzügig an. »Und du bist die kleine Dame!«

»Es geht aber nicht! Ich schreibe einen Brief an die kleine Dame!«

»Einen Brief? Was für einen Brief?«

»Na, eine Einladung zu Weihnachten.«

Für einen Moment war Karlchen ganz still. Dann wandte sie sich an Pim. »Lilly schreibt einen wichtigen Brief. Dabei dürfen wir sie nicht stören!«

Pim sah Karlchen aus seinen hellen Augen an. Wuff! Das verstand sich doch von selbst.

Lilly wollte eben weiterschreiben, da ging die Tür zum Kinderzimmer auf und Herr Bär kam herein. »Na, meine Mädchen? Läuft alles rund?«

Karlchen legte den Finger auf die Lippen. »Pscht, Papsel. Du darfst Lilly nicht stören.«

Herr Bär blickte zu seiner großen Tochter. »Eigentlich wollte ich euch vorschlagen, dass ihr eure Wunschzettel für Weihnachten schreibt. Sonst wird es zu spät für den Weihnachtsmann.«

»Oja!«, rief Karlchen und sprang auf.

»Und du?«, fragte Herr Bär.

»Ich komm, wenn der Brief fertig ist«, sagte Lilly und beugte sich wieder über das Papier.

Da verließen Karlchen und Herr Bär das Kinderzimmer.

»Und was wünschst du dir zu Weihnachten?«, hörte Lilly ihren Vater fragen.

Lilly grinste. Sie kannte Karlchens Antwort schon im Voraus.

»Na, dass die kleine Dame wiederkommt!«, krähte Karlchen.

Und genau das war auch Lillys größter Wunsch.