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Enemy or Lover

 

Ein Roman von Sandra Busch

 

 

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2016

http://www.deadsoft.de

 

© the author

 

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

 

Bildrechte:

© closeupimages – fotolia.com

 

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-035-5

ISBN 978-3-96089-036-2 (epub)

Inhalt:

 

Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, der ständig krank ist und dem aus genau diesem Grund gekündigt wird? Wie muss man sich fühlen, wenn man an die Wohnung gefesselt ist und seine letzten sozialen Kontakte verliert?

Ohne seinen Lebensgefährten Roman hätte Marten längst das Handtuch geschmissen und aufgegeben, denn die Ärzte finden für seine Erkrankungen keine Ursachen. Eine Besserung der Lage ist daher nicht in Sicht.

Aber Liebe heilt ja bekanntlich alle Wunden …

1. Kapitel: Entlassen

 

Entlassung ist ein Wort mit einem faden Beigeschmack. Meistens wird es mit Negativem verbunden, wie der Verlust einer Erwerbstätigkeit oder einer Mitgliedschaft. Doch man kann ebenso in die Freiheit oder aus der Verantwortung entlassen werden. Und bedeutet entlassen werden nicht auch stets einen Neuanfang?

 

 

„Marten, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll.“ Mit diesem Satz eröffnet Görres das Gespräch, während er fahrig seine Brille mit einem Taschentuch putzt. Ich sitze meinem leicht übergewichtigen Chef mit den graumelierten Haaren im schlicht eingerichteten Büro gegenüber. Das letzte Mal, als eine Unterhaltung zwischen uns furchtbar formell auf mich wirkte, war bei meinem Bewerbungsgespräch. Es endete mit meiner Einstellung. Was mag mich heute erwarten? Ich bin nervös und wische mir verstohlen die feuchten Hände an der dunklen Anzugshose ab. Görres kommt mir ungewöhnlich ernst vor und scheint sich in seiner Haut nicht recht wohl zu fühlen. Je länger ich hier sitze und wir uns anschweigen, desto stärker wird meine Gewissheit, dass er mir etwas ausgesprochen Unangenehmes mitteilen muss. Görres setzt an, als ob er etwas sagen will, stattdessen schiebt er mir endlich ein Blatt Papier über den Tisch hinweg zu. Angespannt und mit vor Nervosität leicht schwitzigen Händen nehme ich es entgegen und lese, wobei ich meinen Augen immer weniger traue.

„Du … du kündigst mir?“ Völlig aus der Fassung suche ich in Görres’ Gesicht erfolglos nach einem Anzeichen von schlechtem Humor. Zu meinem großen Schrecken bleibt Görres ernst. Es ist kein blöder Scherz.

„Ich würde dich sehr gerne behalten, Marten, aber ich kann es mir finanziell nicht leisten. So leid es mir tut … Du bist zu oft krank. Ich kann unmöglich dich bezahlen, dazu ständig eine Aushilfe …“ Verständnisheischend sieht Görres mich an. Sein Blick fleht um Vergebung. Er ahnt sicherlich, dass seine Worte wie ein eisiger Guss auf mich wirken. „Außerdem zieht mein Sohn in wenigen Tagen wieder bei uns ein. Zunächst werde ich ihn auffangen müssen. Zumindest, bis er etwas für sich gefunden hat.“

Mir ist bekannt, dass die Fennemanns einen Sohn haben, der ihnen offenbar eine Menge Kummer bereitet hat, denn sie reden nicht über ihn. Und ich habe nie nachgefragt, weil ich gemerkt habe, dass ihnen das Thema unangenehm ist, und ich niemandem zu nahe treten wollte. Kennengelernt habe ich Fennemann Junior jedenfalls bis heute nicht, sondern habe nur ein lachendes Kindergesicht von diversen Fotos vor Augen.

Jetzt hocke ich starr auf dem gepolsterten Stuhl. Ein Teil von mir kann Görres voll und ganz verstehen. Der andere Teil glaubt zu träumen.

„Die Kündigung betrifft nur unser Arbeitsverhältnis, Marten. Glaube mir: Nichts hat mir bislang mehr wehgetan. Ulrike und ich würden uns trotzdem über deine Besuche freuen. Und wir sind weiterhin für dich da, wenn du Sorgen hast, eine Umarmung benötigst oder etwas Schönes mit uns teilen möchtest.“ Er schaut mich ängstlich an, als ob er auf einen wütenden Ausbruch wartet.

Mühsam ringe ich nach Worten. „Ihr habt in den letzten Jahren ungemein viel für mich getan. Mir Geborgenheit und eine Art Familie geschenkt“, murmle ich. „Ich habe sehr gerne für euch gearbeitet.“

Görres seufzt. „Ich verstehe nicht, dass die Ärzte keine Lösung für deine gesundheitlichen Probleme finden. Es muss ja eine Ursache haben, dass dir ständig übel ist, du Bauch- oder Kopfschmerzen bekommst.“

Ich kann lediglich resigniert mit den Schultern zucken. Ich begreife es ja selbst nicht, dabei habe ich einen regelrechten Ärztemarathon hinter mir, bei dem mir mein Lebensgefährte Roman treu zur Seite stand.

„Sobald es dir besser geht, Marten, bekommst du einen neuen Arbeitsvertrag. Das ist ein Versprechen.“

Plötzlich liegen wir uns in den Armen und heulen uns gegenseitig die Hemden nass.

„Ich wünschte, du wärst mein Sohn, Marten“, flüstert Görres mir in den Kragen. „Ulrike und ich sind weiterhin für dich da, vergiss das nicht. Die Kündigung tut mir ehrlich leid. Ich wünschte, ich müsste das nicht tun.“

Nach dem niederschmetternden Gespräch packe ich meine Sachen und gehe. Steif wie eine Marionette.

 

*

 

Wie betäubt sitze ich auf einer Parkbank. Mit einer Hand lockere ich meine sorgfältig gebundene dunkelviolette Krawatte, in der anderen befindet sich die Kündigung, als wäre sie an den Fingern festgeklebt.

Mit der Tatsache, dass ich mit meinen vielen Fehlzeiten für das Institut nicht länger tragbar bin, hat Görres leider recht. Eine Aushilfe kostet zusätzlich Geld und ist nie vernünftig eingearbeitet. Tja, und Ulrike kann ihm nicht großartig helfen, da sie halbtags als Schulsekretärin tätig ist.

Vor rund drei Jahren war ich agil und munter. Ich habe regelmäßig Sport getrieben, mich einigermaßen gesund ernährt und nur gelegentlich genascht. Ich war fit, gesund und vital. Ärgerlicherweise scheine ich seit einiger Zeit an Krankheiten nachzuholen, was es nachzuholen gibt. Ständig plagen mich Erkältungen, Magenkrämpfe und Erbrechen. Häufig habe ich Kopfschmerzen und werde von Erschöpfung regelrecht überrollt.

Zuletzt habe ich mich für eine weitere Woche krankmelden müssen, weil ich nichts bei mir behalten konnte. Mein Lebensgefährte Roman hat mich unverzüglich auf Schonkost umgestellt, was bloß bedingt geholfen hat. Es brauchte drei Tage kompletten Fastens und anschließendes zaghaftes Nagen an Zwieback, bis es mir besser ging. Heute ist der erste Tag, an dem ich nach der letzten Krankmeldung zur Arbeit gegangen bin. Und das mit Augenringen, die jeder Leiche, die im Bestattungsinstitut Fennemann unter die Erde gebracht wird, Konkurrenz machen.

Es ist viel zu kalt, um regungslos auf einer Parkbank zu sitzen, noch dazu mit offenem Mantel. Der Winter ist zwar dem Frühling gewichen, doch leider spielt der Wettergott heute nicht mit. Der Himmel ist wolkenverhangen, auf den Wegen spiegeln sich Pfützen und vom letzten Regenschauer perlen Tropfen auf den Tulpen und Narzissen in den zahlreichen Beeten. Ein paar unvermeidliche Tauben picken in meiner Nähe am Boden herum, wobei ich beim besten Willen nicht erkennen kann, was genau ihr Interesse weckt.

Verdammt!

Ich war siebzehn, als meine Eltern bei einem Verkehrsunfall starben. Ein Lkw hatte die Straßenbahn, in der sie nach einem Shoppingtrip saßen, von den Schienen geworfen. Der Fahrer war mit Telefonieren beschäftigt gewesen, seine Lebensgefährtin hatte gerade mit ihm Schluss gemacht. Damals suchte ich nach einem Ausbildungsplatz. Aus dieser Situation heraus wurde mein Wunsch geboren, Bestatter zu werden. Mein Großvater war mit einem Enkel, den er fortan betreuen sollte, ein bisschen überfordert. Dabei gab er sein Bestes und pflegte zu mir ein tolles kumpelhaftes Verhältnis. Da ich nicht aus der geerbten Eigentumswohnung meiner Eltern ausziehen wollte und mein Opa an seinem eigenen kleinen Zuhause hing, arrangierten wir uns zu beider Zufriedenheit. Nach der Arbeit fuhr ich bei ihm vorbei, aß dort eine warme Mahlzeit, die er vorbereitet hatte, und besprach mit ihm alles Wichtige. Bis ich volljährig wurde, wurde ich zusätzlich vom Jugendamt betreut, das sich zum Glück nicht großartig in meinen Tagesablauf einmischte. Offenbar waren die Beamten mit dem Arrangement zwischen mir und meinem Opa ganz zufrieden.Ansonsten glänzte ich durch Selbständigkeit.

Nach der Ausbildung folgten neun Monate Wehrdienst, der kurz danach zu meinem größten Ärger ausgesetzt wurde. Hätten sich das die blöden Politiker nicht ein bisschen früher überlegen können? Na ja, ich hakte die Sache ab und machte mich lieber auf die Suche nach einer Festanstellung, um meinem Großvater mit seiner kleinen Rente nicht auf der Tasche zu liegen. Görres Fennemann war mir in guter Erinnerung geblieben, da er mit mir sehr einfühlsam umgegangen war, als er meine Eltern beerdigt hatte. Aus diesem Grund bewarb ich mich bei dem freundlichen Mann um einen Arbeitsplatz als Bestattungsfachkraft und bekam tatsächlich eine Zusage. Görres wurde für mich eine Art Vaterfigur und seine Frau Ulrike eine Ersatzmutter.

Über vier Jahre habe ich für die Fennemanns gearbeitet: Kundentermine vereinbart, beraten, Trauerkapellen reserviert, Überführungen arrangiert sowie Särge und Urnen verkauft. Ich organisierte auf Wunsch Sargträger und Blumenschmuck, leitete Behördliches in die Wege, tat passende religiöse Sprüche auf oder empfahl Steinmetze in der näheren Umgebung. Der Job hat mit dem Tod zu tun, trotzdem bin ich ihm mit Freuden nachgegangen. Was bringt einem Angehörigen mehr Seelenfrieden, als einem geliebten Menschen eine schöne letzte Ruhestätte zu schenken? Zudem schafft er einen Ort, an dem er den Verstorbenen besuchen kann.

Vor drei Jahren schlief mein Opa friedlich ein, Görres bettete ihn ebenfalls zur letzten Ruhe. Und dann lernte ich vor zwei Jahren Roman kennen. Roman, dem ich heute irgendwie beibringen muss, dass ich arbeitslos bin.

Ich bin Görres nicht böse, da ich nachvollziehen kann, dass es den Fennemanns finanziell unmöglich ist, mir ein Gehalt zu zahlen und nebenbei dauernd eine Aushilfe anfordern zu müssen. Nichtsdestotrotz ist es für mich ein gewaltiger Schock. Fünfundzwanzig Jahre alt, Dauerwehwehchen und arbeitslos. Gut, dass meine Eltern das nicht erleben müssen. Ich blinzle Tränen fort. Entlassen zu werden bedeutet, dass man die Chance für einen Neuanfang hat. Seltsamerweise bin ich darauf wenig erpicht.

Nach Stunden raffe ich mich auf, verlasse die Bank und begebe mich auf den Heimweg. Die Kündigung halte ich weiterhin wie ein vollgeschnäuztes Taschentuch in den Fingern, unfähig, das Schriftstück einzustecken.

 

*

 

„Schaaaaahaaaatz? Bist du das?“

Eine vollkommen überflüssige Frage, da sonst niemand einen Schlüssel zu unserer Wohnung hat.

„Ja“, antworte ich, hänge meinen Mantel an die Flurgarderobe und gehe mit diesem schicksalhaften Papier in der Hand in die Küche hinüber, in der Roman herumwirbelt. Mein Freund hat sich eine Küchenschürze umgebunden und bricht Nudelplatten passend für eine Auflaufform in Stücke.

„Es gibt Lasagne“, eröffnet er mir fröhlich den heutigen Speiseplan.

„Klingt lecker. Du warst beim Friseur?“

Romans Haare sind deutlich kürzer als heute Morgen.

„Genau. Gefällt es dir?“ Roman fährt sich durch den weißblonden Schopf. Der Friseur hat ihm eine Stirntolle wie in den fünfziger Jahren verpasst, allerdings steht das Roman mit den strahlend blauen Augen prima.

„Es ist genau das Richtige für dich.“

„Sag mal, Marten, bekomme ich gar keinen Kuss?“ Roman hält mir auffordernd die Wange hin. Ein bisschen reuig umarme ich ihn, wobei die Kündigung leise in seinem Rücken knistert, gebe ihm einen Kuss auf die Schläfe und einen weiteren auf den Mund, bevor ich mich an den Tisch setze. Still beobachte ich, wie Roman mit routinierten Griffen die Lasagne in den vorgeheizten Ofen schiebt.

„Du bist heute spät dran. Gab es Probleme bei einem Trauerfall?“

Ein Glas Mineralwasser findet den Weg zu mir.

„Etwas Ähnliches“, murmle ich.

Selbstverständlich fällt meine gedrückte Stimmung auf. „Was ist los?“ Roman nimmt die Schürze ab und setzt sich zu mir.

„Görres hat mir gekündigt.“ Ich kämpfe mit der Verzweiflung und lege das offizielle Schreiben mit dem Briefkopf des Beerdigungsinstituts auf den Tisch.

Entgeistert starrt Roman mich an. „Nein!“

„Kein Joke.“ Unglücklich streiche ich mit dem Finger über die Kündigung.

„Ich denke, ihr seid wie Vater und Sohn? Wie kann er dir einfach kündigen?“ Roman verleiht seiner Empörung lautstark Ausdruck.

Ich fühle mich genötigt, meinen ehemaligen Arbeitgeber und Ersatzvater zu verteidigen. „Für Görres wird es eng. Im Prinzip hat er mich jeden Monat bezahlen müssen, obwohl ich nicht gearbeitet habe. Zumindest bis das Krankengeld einsetzte. Ich komme ihm zu teuer. Und sein richtiger Sohn zieht in den nächsten Tagen bei ihm ein.“

„Aha! Das schwarze Schaf kehrt in den Schoß der Familie zurück und der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Die eigenen Gene, wie verkorkst sie auch sein mögen, sind fortan wichtiger.“

Ich schüttle den Kopf. „Hör auf, Roman. Görres hat mich länger behalten, als es ein anderer Arbeitgeber getan hätte. Die letzten Monate war ich kaum im Institut.“

Roman legt eine Hand auf die meine. „Dafür kannst du nichts, Schatz. Du bist ja nicht absichtlich krank.“

„Natürlich nicht.“

„Wer weiß, wozu es gut ist. Ständig diese Toten …“

Es ist lieb, dass er mich trösten will. Aber ich mag diesen Job wirklich. Mit einem matten Lächeln entgegne ich: „Das kann dir ebenfalls passieren. Auf deiner Station kann genauso jemand versterben.“

Roman arbeitet als Krankenpfleger im Städtischen Klinikum, genauer gesagt auf der Station für Kinder- und Jugendmedizin.

„Es ist eher selten, dass bei uns ein Patient verstirbt. Heute hatten wir die Einlieferung eines vierjährigen Diabetikers. So klein und schon so süß. Ein anderer hat eine entzündete Bauchspeicheldrüse … Das ist in dem Alter dermaßen selten, dass er quasi eine Sensation ist. Die Ärzte lieben medizinische Fälle wie diesen.“ Roman verdreht die Augen. „Und einer hat schlimmes Asthma. Der keucht, wenn er nur blinzelt. Na, vielleicht wäre der etwas für deinen Görres.“

„Pfui, Roman. Du redest von einem Kind.“

Mein Freund grinst schief und kommt um den Tisch herum. „Schatz, sei nicht traurig. Ich werde dich mit meiner Liebe füttern und deine Wehwehchen mit meinen heilenden Händen pflegen.“

Wenn es bloß Wehwehchen wären …

„Morgen gehst du gleich zum Arbeitsamt. Es gibt genügend andere Beerdigungsinstitute, gestorben wird ja immer. Da findest du ganz schnell etwas Neues. Und wenn nicht in der Branche, dann halt in einer anderen. Die schulen beim Arbeitsamt ja mit Vorliebe um.“

Es ist wie Balsam, dass Roman unerschütterlich an mich glaubt und mich zu unterstützen versucht. Dabei kann er die Familie Fennemann nicht leiden, die mich nahezu adoptiert hat. Woran das liegt, kann ich mir nicht erklären. Görres und seine Frau Ulrike haben Roman nie anders als herzlich behandelt, aber aus irgendeinem Grund wird Roman mit ihnen einfach nicht warm.

Was wiederum mich bedrückt, ist die Tatsache, dass ich mittlerweile eine Last für Roman geworden bin. Unsere Beziehung spielt sich beinahe ausschließlich zu Hause ab, da ich mich meistens zu elend fühle, um irgendetwas mit meinem Liebsten zu unternehmen. Wenn die Ärzte doch endlich etwas finden würden! In diesem Fall gäbe es wenigstens einen Punkt, an dem man ansetzen könnte.

„Geh duschen, Schatz. Das Essen ist gleich fertig und ich habe aus dem Verleih eine DVD mitgebracht. Wir schauen uns den Film im Bett an und trinken ein Glas Rotwein dazu. Was meinst du?“

„Du bist fantastisch.“

Wir küssen uns und sofort werde ich ruhiger. Roman ist von sanfter und zärtlicher Natur. Unser Sex ist zwar nicht welterschütternd, dafür intensiv und erfüllend. Vanillasex nennt Roman es zufrieden. Schlicht und ergreifend Sex ohne großartige Verrenkungen oder zirkusmäßige Akrobatik. Gelegentlich denke ich mir trotz der ganzen Romantik ein bisschen ketzerisch, dass mich ein wenig Power im Bett nicht umbringen würde, wohl wissend, dass Roman dafür einfach nicht der Typ ist. Wir sind gleichaltrig, beide fünfundzwanzig, und damit sind die Ähnlichkeiten zwischen uns bereits beendet. Roman ist blond und blauäugig, ich dagegen habe kastanienbraune Haare und grasgrüne Augen. Roman fährt total auf Bill Kaulitz von Tokio Hotel ab, aus meinen Lautsprecherboxen dröhnt David Guetta. Während ich gerne in einen Club zum Tanzen gehe, kuschelt Roman lieber auf dem Sofa. Das ist nicht weiter tragisch, da ich mich gut darauf einlassen kann und ich mag das Schmusen und einander in den Armen liegen wie verrückt, da ich keineswegs ein beinharter Macho bin. Wegen des Schichtdienstes, dem Roman in seinem Beruf leider nicht entkommt, bin ich an manchen Abenden ohnehin allein und gehe daher gelegentlich ohne ihn aus. Zumindest war das so, als ich noch fit genug dafür war. Zum Glück ist Roman nicht eifersüchtig, obwohl er natürlich ab und an nachfragt, was ich in dieser Zeit getrieben habe. Es ist schön, von einem Menschen nicht nur geliebt zu werden, sondern zudem sein Vertrauen zu besitzen.

Unsere Beziehung läuft super, obwohl ich häufig ein schlechtes Gewissen wegen meiner mangelhaften Gesundheit habe. Doch mein Freund pflegt mich stets mit einem beruhigenden Lächeln und beteuert dauernd, dass es ihm nichts ausmacht und man in einer Beziehung eben auch die Tiefs gemeinsam meistern müsste. Gerne hätte ich die Möglichkeit gehabt, Roman meinen Eltern vorzustellen. Die hatten an meinem frühen Outing schwer zu knabbern, weil sich der Klischee-Schwule jede Nacht durch ein anderes Bett poppt. Roman hätte sie beruhigt und sie hätten sich bestimmt für mich gefreut, dass ich einen tollen Partner gefunden habe.

Kennengelernt haben wir uns beim Bäcker. Ich hatte Bock auf Croissants und habe mich nach einer langen Partynacht an einem Samstagmorgen viel zu früh aus dem Bett bewegt. Das Schicksal stellte uns nebeneinander in die Schlange, die sich regelmäßig vor der Verkaufstheke bildet. Roman ist der Schlüssel aus der Tasche gerutscht, wir haben uns zeitgleich danach gebückt und sind mit den Köpfen zusammengedonnert. Danach sind wir schnell ins Gespräch gekommen und haben spontan beschlossen, unser Frühstück in die Bäckerei zu verlegen. An einem der kleinen Tische verspeisten wir Ei, Croissant und Schinkenbrötchen, während wir uns angeregt miteinander unterhielten. Keine zwei Monate später zogen wir zusammen. Roman hauste in einer WG und ich hatte Platz genug in meiner Eigentumswohnung. Das war eine Premiere, dass ich mein Leben richtig mit einem Mann teile. Noch nie zuvor ist jemand bei mir eingezogen, bis dahin hatte ich eher kleine Flirts und lockere Beziehungen gehabt. Obwohl wir recht verschieden sind, fügte sich Roman perfekt in meinen Alltag ein. Er lacht und weint mit mir, versteht es, zu trösten und anzupacken, wo es nötig ist. Wie selbstverständlich übernimmt er einen Teil der Hausarbeiten und macht häufig sogar viel mehr, wenn ich krank bin oder im Beerdigungsinstitut länger zu tun habe.

Nein, hatte!

Jetzt ist ja meine Arbeit dort vorbei. Ich bin irre glücklich, Roman an meiner Seite zu haben, und liebe ihn wie am ersten Tag. Ohne ihn wäre ich eine völlig leere Hülle. Ganz besonders heute.

Ich verlasse die Küche, lege die Kündigung während eines kurzen Abstechers zum Schreibtisch auf einem wachsenden Papierstapel ab und marschiere ins Bad. Zunächst dusche ich ausgiebig und trockne mich hinterher sorgfältig ab. Mittlerweile hege ich nämlich die Befürchtung, dass mir der leiseste Lufthauch eine Erkältung bescheren könnte. Was Krankheiten, Keime und Viren angeht, werde ich langsam paranoid. Wer wie ich etliche Stunden auf dem Klo gesessen oder sich wahlweise darüber gebeugt hat, wird mich sicherlich verstehen können.

„Schatz, Essen ist fertig!“

Die perfekte Hausfrau ruft zu Tisch. Ich grinse, ziehe mir rasch eine bequeme Jeans und ein Sweatshirt über und eile in die Küche zurück.

Die Lasagne ist hervorragend. Roman hat ein Händchen fürs Kochen. Zu dem Gericht trinken wir einen mittelklassigen Rotwein, was wir uns bloß selten gönnen. Denn entweder habe ich Bauchkrämpfe oder derartige Kopfschmerzen, dass ich meinen Schädel am liebsten gegen die Wand schlagen würde, um dem ein Ende zu bereiten. Heute fühle ich mich körperlich recht wohl, weshalb ich mich verwegen an den Wein herantraue. Als wir nach dem Ende des Films Fack ju Göhte nebeneinander im Bett liegen und uns in den Armen halten, verlangt Roman eine genaue Wiedergabe des Gesprächs zwischen Görres und mir. Und danach versucht er mich auf zärtliche Weise auf ganz andere Gedanken zu bringen. Ich bin wirklich froh, dass ich ihn habe.

 

*

 

Zwei Tage später schiebe ich den Einkaufswagen an den Regalen des Supermarktes vorbei. Es ist ein komisches Gefühl, nach rund zwei Jahren den Wocheneinkauf ohne meinen Liebsten zu erledigen. Bislang hat Roman den Einkauf übernommen, weil der das zeitlich besser gehändelt bekam, oder wir sind am Wochenende gemeinsam losgezogen. Ich lege eine Packung Eier aus Bodenhaltung in den Wagen, wo sich bereits frischer Dill befindet. Da ich kein großer Koch bin, habe ich Eier in Senfsoße für das Mittagessen geplant. Roman hat heute Frühdienst, daher wird er bestimmt ausgehungert zu Hause erscheinen. Zwei Dosen Senf gesellen sich zu dem graugrünen Eierkarton mit dem Aufdruck eines glücklichen Huhns. Ich besorge Aufschnitt, Mineralwasser, vergesse auch das Toilettenpapier nicht und suche nach dem Rasierschaum, der sich nicht an gewohnter Stelle finden lässt. Nachdem ich endlich sämtliche benötigten Produkte zusammengesucht habe, stelle ich mich hinter einem kahlköpfigen älteren Mann in ausgeleierter Jogginghose an der Kasse an. Der Kerl will gleich sechs Paletten Hundefutter kaufen. Ich hoffe inständig, dass der Mann tatsächlich einen Hund hat und die Dosen nicht selbst leerlöffelt. So wie der Typ ausschaut, würde ich es ihm zutrauen.

Endlich kann ich zahlen und die Einkäufe nach Hause schleppen. Einen Wagen besitzen wir nicht. In der Stadt sind ohnehin keine Parkplätze zu bekommen und wir wohnen recht zentral, sodass wir unsere Ziele problemlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können. Obwohl ich nicht weit zu laufen habe, muss ich die beiden Taschen viermal absetzen, um zwischendurch zu verschnaufen. Ängstlich horche ich in mich hinein, ob sich vielleicht gleich ein Schwindelanfall oder Übelkeit einstellt, doch lediglich mein Puls rast.

Das reicht schon. Früher hätte ich diese Taschen rennend nach Hause gebracht und wäre nicht einmal nennenswert aus der Puste gewesen. Ich fühle mich wie ein alter Opa, denke ich ärgerlich. Wie soll das erst werden, wenn ich wirklich älter bin?

Zum Glück wohnen wir im Erdgeschoss, darum muss ich nur wenige Stufen bis zu unserer Wohnung bewältigen. Erleichtert schließe ich die Tür auf und trage die Einkäufe in die Küche. Bevor ich alles ausräume, checke ich mein Smartphone. Eine Nachricht von Roman entdecke ich darauf, der sich nach meinem Befinden erkundigt und mitteilt, dass er meine Unterlagen für das Arbeitsamt in den Behördenbriefkasten geworfen hat. Ein Jahr lang kann ich Arbeitslosengeld I erhalten, was sechzig Prozent meines bisherigen Einkommens ausmacht. Wenn ich innerhalb des Jahres keinen neuen Job ergattere, darf ich mich zu den Hartz IV-Beziehern gesellen. Was für eine Karriere!

Während ich frustriert die Einkäufe forträume, die Eier und Kartoffeln koche, frage ich mich, was ich eigentlich unternehmen soll. Wenn ich mich irgendwo bewerbe und gleich zu Anfang wegen einer Erkrankung fehle, werde ich nie einen dauerhaften neuen Job bekommen. Wie ich erfahren musste, sind vertragliche Probezeiten zwischen drei und sechs Monaten gang und gäbe. Da fliege ich mit meinen Unpässlichkeiten ganz sicher gleich wieder raus. Außerdem will ich viel lieber bei Ulrike und Görres weiterarbeiten. Und Görres selbst hat beteuert, mich erneut einstellen zu wollen. Ich muss bloß gesund werden – und bleiben. Finde den Fehler …

Ich öffne unseren Doppel-Abfallbehälter, um die Kartoffelschalen zu entsorgen, da stutze ich. Halb unter einem Küchentuch verdeckt liegt in dem Mülleimer für sonstige Abfälle eine Medikamentenschachtel, die nicht mir gehört. Ich gebe die Schalen in den Biomüll und fische danach neugierig geworden die Schachtel hervor.

Bisoprolol, lese ich mit einem Stirnrunzeln. Dem Beipackzettel entnehme ich, dass es sich um einen Betablocker handelt. Die Schachtel kann einzig Roman mitgebracht haben. Aber warum? Soweit ich weiß, ist Roman gesünder als der liebe Gott, zudem bedeutend jünger. Wozu benötigt er ein solches Medikament? Da mir keine passende Antwort einfällt, werfe ich die Schachtel in den Karton fürs Altpapier. Unser Hausmeister achtet akribisch auf ordentliche Mülltrennung und neigt dazu, wegen einer falsch sortierten Verpackung an der Tür zu klingeln, um endlose Monologe über Umweltbewusstsein zu halten. In diesem Moment brummt der Eierkocher und pünktlich schallt mir ein „Hallo Schatz!“ entgegen. Roman kommt in die Küche gelaufen, schmiegt sich an meinen Rücken und gibt mir ein dickes Bussi auf die Wange.

„Bist du okay?“

„Mir geht es gut. Ich bin lediglich etwas schlapp. Schön, dass du endlich zu Hause bist. Ich habe dich vermisst.“

„Und ich dich, mein Schatz. Das hört sich prima an, dass du dich besser fühlst. Vielleicht geht es endlich aufwärts.“

„Schön wär’s“, brumme ich. „Hast du Hunger?“

„Wie ein Wolf. Es sieht großartig aus.“

Roman schnappt sich die Eier, um sie zu pellen, und ich studiere die mit Dill gespickte gelbliche Pampe im Soßentopf. Großartig? Roman sollte sich die Augen untersuchen lassen. Rasch kippe ich ein wenig Wasser in den Topf, damit sich der Kleister unter heftigem Rühren in Soße zurückverwandelt.

Wenig später sitzen wir am Tisch. Ich habe mir angewöhnt, langsam zu essen und dabei auf meinen Magen zu achten. Beim leisesten Brennen gerate ich in Alarmbereitschaft. Natürlich ist mir klar, dass ich meine Situation mit dieser Überreaktion nicht besser mache, doch ich komme nicht dagegen an. Mittlerweile sind in der kompletten Wohnung Magentropfen, Durchfalltabletten, Kopfschmerzmittel und Koffeinkapseln gegen die Müdigkeitsschübe verteilt. Ich beginne mein eigenes Zuhause zu hassen, da es allmählich den Eindruck einer Apotheke erweckt. Ich bekomme Schnappatmung, wenn sich das Toilettenpapier dem Ende neigt, weil dann garantiert die Flotte Lotte einsetzt. Früher habe ich im Winter gerne mit der Kuscheldecke auf dem Sessel am Fenster gehockt, dagegen bringe ich sie zurzeit nur mit den hässlichen Tagen in Verbindung, an denen ich vor Erschöpfung kaum die Augen offen halten kann oder mich vor den hämmernden Kopfschmerzen zu verkriechen suche. Ich habe Dutzende von Blutanalysen, Ultraschallaufnahmen, zahlreiche MRTs und CTs machen lassen, um eine Ursache für die unangenehmen Krankheitsanfälle zu finden. Man hat mich so oft geröngt, dass ich eigentlich Zeit meines Lebens verstrahlt sein müsste …

Nichts!

Die Ärzte haben nichts gefunden. Sie verschrieben mir ein leichtes Kopfschmerzmittel, später etwas für akute Migräneanfälle. Ich nehme MCP bei Übelkeit und kaufe die gängigen Medikamente gegen Diarrhoe. Es gibt Tage, an denen könnte ich heulen, wäre nicht Roman tröstend zur Stelle. Hin und wieder frage ich mich, wie lange es mein Freund mit mir aushalten wird. Ich kann mich ja selbst nicht mehr ertragen. Kein Wunder, wenn Görres mir kündigt.

„Wieso benötigst du eigentlich Beta-Blocker?“, frage ich, als mir die Medikamentenschachtel einfällt.

„Hm? Was?“ Roman schaut überrascht von seinem Teller auf.

„Beta-Blocker? Ich habe vorhin im Müll eine Packung Bisop…“ Der Name ist dermaßen blöd, dass ich prompt darüber stolpere.

„Bisoprolol.“ Roman ist so freundlich und hilft mir aus.

„Genau. Das habe ich im Müll gefunden.“

„Stöberst du neuerdings im Müll herum?“

Ich seufze. „Natürlich nicht. Ich habe das Zeug zufällig entdeckt.“

„Mir ist ein Knopf vom Kittel abgerissen und da habe ich ihn in die leere Schachtel getan, damit ich ihn nicht verliere.“

„Oh!“

Roman lacht. „Was hast du denn gedacht?“

Verlegen senke ich den Blick. „Ich habe mich schon um dich gesorgt. Ein Kranker in diesem Haushalt reicht.“

„Herrgott! Bist du süß. Schatz, denk lieber an dich.“ Roman schenkt mir ein zärtliches Lächeln. „Was hast du heute gemacht?“

„Gedanken“, brummel ich.

„Viele?“

„Oh ja.“

„Was für Gedanken?“

„Wie es mit mir weitergehen soll“, murmle ich bedrückt. „Mir fehlt die Arbeit. Ich komme mir wie ein Invalider vor. Ist es überhaupt sinnig, mir einen neuen Job zu suchen, wenn ich mir gleich wieder etwas Unaussprechliches einfange?“

Roman schiebt seinen Teller von sich und lehnt sich im Stuhl zurück. „Ich würde dir raten, dass du dich von deinem Arzt erneut komplett durchchecken lässt, sobald dich etwas niederwirft. Und wir gehen morgen zusammen zu einer Veranstaltung, die ich heute in der Zeitung entdeckt habe. Da geht es um gesunde Ernährung, die bei Krankheiten den Körper bei der Heilung unterstützen kann.“

Ich zögere, da ich zu einem solchen Vortrag eher keine Lust verspüre. „Eine derartige Ernährungsumstellung ist meist sehr teuer.“

„Mein lieber Scholli! Marten! Das können wir uns bestimmt erlauben. Selbst wenn du Leistungen vom Jobcenter bekommen solltest. Die Wohnung ist bezahlt, wir benötigen keinen Luxus und geben selten Geld fürs Weggehen aus.“

„Das tut mir leid.“

„Hör auf, dich dauernd dafür zu entschuldigen. Ich bin ohnehin der häusliche Kerl. Ich brauche keine Partys, Clubs oder Kinobesuche. Da bin ich ein bisschen langweilig geraten, wie du weißt. Manchmal verstehe ich wirklich nicht, wie ich mich in eine Pistensau verlieben konnte.“

Ich schmunzle. Früher bin ich wirklich gerne und oft ausgegangen. Das hat die Einsamkeit ein wenig gemildert, die mich in einer leeren Wohnung empfing. Den Fennemanns konnte ich ja unmöglich jeden Abend auf dem Schoß hocken. Außerdem wollte ich Spaß mit Gleichaltrigen suchen. Mittlerweile bin ich froh darüber, dass mein Partner der genaue Gegensatz von mir ist. Ansonsten wäre unsere Beziehung bestimmt längst gescheitert. Wer bitteschön will einen Dauerkranken um sich haben, wenn man lieber feiern gehen möchte?

„Lass uns die Veranstaltung besuchen, Marten. Da gibt es das Beispiel eines zwölfjährigen Jungen, der extrem hohen Blutdruck hatte. Den konnten sie mit Hilfe von Sport und einer Ernährungsumstellung ohne jeglichen Einsatz von Medikamenten senken.“

„Lass mich raten: Der Junge war dick.“ Hat nicht nahezu jeder Übergewichtige Probleme mit dem Blutdruck?

„Natürlich brachte er zu viele Kilos auf die Waage. Eine andere hatte einen entzündeten Darm und die war nicht fett. Der konnte man helfen, indem sie auf Vollkornbrot und bestimmte Gemüsesorten verzichtete. Nichts Scharfes, Süßes oder Fettiges. Das Gemüse hübsch gekocht anstatt es bissfest zu belassen, damit der Darm leichter arbeiten kann. Warum sollten die nicht ein passendes Rezept für dich übrig haben?“

Ich wünschte, ich wäre annähernd so experimentierfreudig und hoffnungsfroh wie Roman. Oder wenigstens so enthusiastisch. Aber allmählich geht mir die Geduld aus. Neben den zahlreichen Fachärzten bin ich bei Heilpraktikern gewesen, habe es sogar mit Meditation versucht, da Roman meinte, meine Lästigkeiten könnten möglicherweise aufgrund eines gestörten inneren Gleichgewichts entstehen. Nichts hat dauerhaft geholfen. Es ist schlichtweg frustrierend. Dabei würde ich unheimlich gerne mal wieder ins Sixty-Nine gehen, meinen einstigen Lieblingsclub.

„Anhören kann man sich den Vortrag ja“, sage ich wenig begeistert.

„Das wird bestimmt interessant.“

„Dass du zusätzlich zu deinem Dienst im Krankenhaus zu derartigen Vorträgen überhaupt noch Lust hast, grenzt an ein Wunder.“

Roman beugt sich über den Tisch und tätschelt mir die Hand. „Man lernt nie aus. Wer weiß, wozu ich diese Infos verwenden kann. Zudem geht es hier um dich, mein Schatz. Da müssen wir sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen. Die Lösung für dein Problem mag ganz nahe liegen. Wenn wir sie gefunden haben, werden wir uns garantiert vor die Stirn schlagen und sagen: Mann, da hätten wir viel eher drauf kommen müssen!“

Ich umfasse Romans Finger, um sie sanft zu drücken. „Danke. Du tust mir wirklich gut.“

Mein Liebster strahlt mich an. „Das hoffe ich. Und jetzt husch! Pack dich auf deinen Lieblingssessel und nimm dir etwas zu lesen. Ich räume den Kram in den Geschirrspüler und koche dir einen Kaffee. Oder lieber Tee?“

Ich erhebe mich, um zu helfen, doch Roman drängt mich energisch aus der Küche. „Nein! Nein, du hast bereits das Essen gemacht. Setz dich und ruh dich aus. Du wirkst ein bisschen müde. Gönn dir eine Auszeit.“

Er meint es gewiss bloß gut, trotzdem komme ich mir an manchen Tagen entmündigt vor. Außerdem währt meine Auszeit schon eineinhalb Jahre. Es wäre schön, wenn endlich Schluss damit wäre.

 

*

 

Zahlreiche Küsse wecken mich am Samstagmorgen auf. Roman schmiegt sich an mich und lässt die Hände über meinen Körper wandern. Mit einem zufriedenen Brummen drehe ich mich zu meinem Liebsten um und ziehe ihn an mich.

„Guten Morgen“, flüstert Roman und haucht einen weiteren Kuss auf mein Ohr. „Wie geht es dir?“

Einen Moment horche ich in mich hinein. „Gut“, erkläre ich anschließend.

Prompt wird Romans Lächeln breiter. „Fantastisch!“

Seine Hände umfassen mein Gesicht und in der nächsten Sekunde pressen sich Lippen auf meinen Mund. Dieser Kuss ist eindeutig verlangend und ich erwidere ihn mit aufkeimender Leidenschaft. Deutlich kann ich Romans Härte am Schenkel spüren, ich werde ebenfalls steif. Das ist beinahe ein Wunder, weil mir meistens das Verlangen nach Sex fehlt. Zu schlapp, zu übel, zu krank. Jetzt greife ich begierig hinab und umfasste Romans Erektion, was der mit einem freudigen Keuchen kommentiert. Mit leichtem Druck beginne ich an dem prallen Schaft entlangzustreicheln. An meiner eigenen Härte machen sich Romans flinke Finger zu schaffen, geben mir an Lust zurück, was ich selbst spende. Unsere Lippen hängen aneinander und die Zungen kämpfen um die Vorherrschaft, bis Roman mir atemlos lachend den Sieg überlässt. Blind tastet er zum Nachttischchen und zieht die Schublade auf, in der die Kondome liegen.

„Du willst mit mir schlafen?“, frage ich gespielt ernst. „Und wenn ich dabei einen Herzinfarkt erleide? Gestern der Wein und heute Sex?“

„Dann gebe ich dir eine Mund-zu-Mund-Beatmung. Ich habe ja Ahnung, wie man dein süßes Herz vorsichtig zum Leben erweckt.“

Es hätte wirklich romantisch klingen können, würde ich Roman nicht gerade im weißen Kittel und mit einem Defibrillator vor Augen haben.

„Marten, ich vergöttere dich. Du bist das Beste, was mir je passieren konnte.“ Roman zeichnet mit der Fingerspitze die Konturen meiner Oberlippe nach.

„Ich liebe dich auch.“

„Zeigst du es mir?“

„Natürlich.“ Zärtlich beiße ich in den Finger, küsse danach die Kuppe und greife nach einem der Gummis. Ohne den Blick von Romans strahlendem Gesicht zu nehmen, reiße ich die Verpackung auf, die Feuchtigkeit und Gefühlsechte verspricht. Rasch rolle ich mir das Kondom über, ehe der Magen grummeln kann oder mir der Kreislauf wegbricht. Wir hatten schon viel zu lange keinen Sex mehr miteinander, nun bin ich regelrecht wild darauf. Und eigentlich sollte man beim Bettsport nicht darüber nachdenken, ob man in der nächsten Minute mit einer Kopfschmerzattacke flachliegt.

Flachlegen ist übrigens ein hübsches Stichwort, denn Roman erwartet genau das. Gleich darauf bekomme ich das Gleitgel in die Hände gedrückt und mache ausgiebig davon Gebrauch. Ich streichle und dehne meinen Liebsten, bis sich Roman vor Erregung auf dem Laken windet. Vorsichtig drücke ich mich endlich in ihn hinein und schiebe mich behutsam voran. Ein zufriedenes Stöhnen belohnt diesen genussvollen Vorstoß und ich beginne mich sachte zu bewegen. Wärme, Enge, Reibung, Romans Keuchen, der Geruch schwitzender Haut und die fahrigen Finger, die sich in meine Oberarme graben … All das zusammengenommen bildet eine wunderschöne Komposition, ein körperliches Kunstwerk und einen Tanz zu einer Musik, die nur wir beide hören können. Zuckende Hüften und flatternde Lider, leicht geöffnete Lippen, die zum Küssen einladen … Es folgt ein Wirbel aus Losgelöstheit, Erfüllung und unglaublicher Glückseligkeit. Danach fangen mich vertraute Arme auf und drücken mich an eine schwer atmende Brust.

„Du gehörst mir“, höre ich Roman leise murmeln. „Meins.“

Ich erwidere die Umarmung und schwelge in dem schönen Gefühl von Entspannung und Liebe. Außerdem freut es mich, dass ich Roman zumindest auf diese Weise zeigen kann, wie sehr ich ihm zugetan bin. Erst als mein liebstes Körperteil schlaff wird und ich aus Roman herausgleite, rolle ich mich herum, um das Gummi abzustreifen. Schade, dass man nicht ewig miteinander verbunden kuscheln kann. Dieses danach scheint stets ein Stück von dem Glück mitzunehmen, das man zuvor empfunden hat. Ich habe dabei immer ein unangenehmes Verlustgefühl.

„Duschen, frühstücken und hinterher einen langsamen Spaziergang zum Rathaus?“

Ich drehe mich zu Roman um. „Äh … Was wollen wir beim Rathaus?“

„Da findet der Ernährungsvortrag statt. Hast du das vergessen?“ Roman lacht.

„Nein, habe ich nicht. Du hattest bloß nicht erwähnt, wo der stattfinden soll. Möchtest du zuerst unter die Dusche? In diesem Fall würde ich Frühstück machen.“

Mein Liebster erhebt sich und streckt sich ausgiebig. Ein Wirbel knackt in seiner Rückengegend.

„Oh je! Fünfundzwanzig sollte eigentlich noch längst nicht das knackige Alter sein.“ Er zwinkert mir vergnügt zu. „Ich beeile mich mit dem Duschen.“

Ich winke ab. „Lass dir Zeit.“ Träge gehe ich in die Küche, werfe das zusammengeknotete Kondom in den Müll und wasche mir die Hände, bevor ich Kaffee aufsetze, den Tisch decke, zwei Schälchen mit Naturjoghurt, Müsli und den gestern gekauften Heidelbeeren neben die Kaffeepötte stelle.

Das ist bestimmt ein guter Auftakt für einen Ernährungsvortrag, denke ich mir zufrieden.

Roman taucht in der Tür auf, er ist bereits fertig angezogen. „Das Bad ist frei. Ich hole die Zeitung aus dem Kasten, okay?“

Meine Zustimmung erfolgt nickend und nun gehe ich selbst ins Bad. Zähneputzen und duschen erledige ich ohne zu trödeln. Anschließend nehme ich meine Bodycreme aus dem

Schrank. Ich bestelle sie bei einem Privatanbieter, der unter anderem tolle Seifen fertigt und zum Verkauf ins Internet setzt. Die Creme ist luftig, beinahe wie eine Mousse, und duftet angenehm nach Sandelholz. Ich bin regelrecht verrückt nach ihr.

„Brauchst du Hilfe?“

Erschrocken wirble ich herum und begegne Romans entschuldigendem Lächeln. Er streckt die Hand aus. „Soll ich dir den Rücken eincremen?“

Ich reiche ihm die Dose. „Das wäre prima.“

Mit geübter Routine macht sich Roman ans Werk, immerhin cremt und salbt er ständig im Krankenhaus alle möglichen Körperpartien. Sorgfältig verreibt er die Creme auf meinem Rücken, während ich den Rest einschmiere.

„Ich muss mir unbedingt Nachschub besorgen. Das kann ich ja machen, nachdem wir wieder zurück sind.“

„Bestell gleich von der Seife mit. Und diese Handcreme, die du mir mal probehalber geordert hast“, bittet Roman. Er hat dauernd raue trockene Hände von den Gummihandschuhen und Desinfektionsmitteln in der Klinik.

„Mach ich.“ Ich freue mich, etwas für Roman tun zu können. Ein Kuss deutet an, dass mich mein Liebster fertig eingecremt hat, darum eile ich ins Schlafzimmer, um mich anzuziehen, während Roman sich die Hände wäscht.

 

*

 

Es nieselt. Ich habe mich bei Roman eingehakt, der unseren Zwei-Mann-Schirm trägt. Eingemummelt in meine gefütterte Allwetterjacke, einen roten Schal sowie eine gleichfarbige Mütze, ist es mir beinahe zu warm. Gemächlichen Schrittes spazieren wir die Straße entlang und an den Auslagen der Geschäfte vorbei. Handys und Tablets, eine Bäckerei mit Brötchen, Vollkornbroten und Puddingteilchen, ein Friseur, ein Blumenladen mit frühlingsbunten Gestecken, eine Modeboutique für Damen und Herren in Übergröße … Ich mag diese Vielfalt und betrachte die Schaufenster gerne. Manche sind mit Werbe- oder Vermisse-meine-Katze-Plakaten beklebt, andere sind länger nicht geputzt worden und es haften tote Fliegen am speckigen Glas. Doch viele sind liebevoll dekoriert. Letztes Wochenende war Ostern, deswegen besteht die Deko hauptsächlich aus Hasen, Küken und farbenfrohen Eiern.

„Sollen wir eine Pause machen?“ Roman deutet auf eine Haltestelle, wo wir die Möglichkeit hätten, uns auf der Bank niederzulassen.

Ich schüttle den Kopf. „Nein. Ich fühle mich gut.“ Eigentlich seit Tagen schon. Daher bin ich ja in der Lage gewesen, zum Arbeiten ins Institut zu gehen. Dass mich dort eine Kündigung erwartet, habe ich freilich nicht ahnen können. Sonst hätte ich mich wohl gar nicht erst hingetraut.

„Du siehst wirklich besser aus.“ Roman zerrt mich in einem Anfall stürmischer Leidenschaft zu einer Hauswand, gegen die er mich presst, und küsst mich. „Ich bin froh, dass du dich endlich erholst.“

Gerührt strahle ich ihn an und streichle kurz über seine Wange. „Mein Pfleger lässt nicht locker. Das hilft.“ Ich nehme Roman den Schirm ab, um ihn zur Abwechslung eine Weile zu tragen. Bis zum Rathaus ist es nicht mehr weit. Da wir bis zu dem Vortrag noch ein bisschen Zeit haben, kauft Roman an einem Kiosk zwei Coffee to go, die wir auf dem Rathausvorplatz trinken. Wir drängen uns dicht unter dem Schirm aneinander, denn aus dem Nieseln wird ein leichter Regen.

„Es riecht nach Frühling“, sagt Roman.

Ich schnuppere und rieche den Rest Kaffee in den Pappbechern, Romans orientalisch anmutendes Deo, die nassen Pflastersteine und einen Hauch Döner aus einer Bude zwanzig Meter weiter.

„Dein Frühling duftet seltsam“, erwidere ich.

Roman lacht und breitet die Arme aus. „Ich könnte direkt auf eine Runde Singing in the Rain.“

„Bräuchtest du dazu nicht den Schirm? Den gebe ich nämlich nicht her, Gene Kelly.“

„Egoist!“

„Gar nicht!“ Ich gebe Roman einen leichten Schubs, sodass er einen Schritt zurücktreten muss und damit in den Regen gerät.

„Iiieh! Voll in den Nacken!“ Hastig rettet sich Roman zurück unter das schützende Dach des dunkelblauen Schirms. Spielerisch zupft er an meinem Schal herum. „Wollen wir rein?“

„Wie lange soll der Vortrag dauern?“

„Nicht sonderlich lang. Etwa eine Stunde.“

„Ziemlich kurz, um die Gesundheit zu fördern.“

Roman zuckt mit den Schultern. „Vielleicht haben sie die Befürchtung, dass sich sonst überhaupt niemand dafür interessiert. Gesundes Essen steht bei einer Bevölkerung, die sich gerne von Fast Food ernährt, ohnehin nicht an der Spitze der Pyramide, selbst wenn der Trend allmählich in Richtung Bio, Vegan und Dampfgaren geht. Über die neuesten PC-Games könntest du wahrscheinlich einen Vortrag von fünf Stunden ansetzen, ohne dass dein Publikum an Konzentration verliert. Aber sich etwas über Gemüse und Vitamine anzuhören ist weniger spannend. Für die meisten“, fügt er hinzu. „Für uns beide ist es ganz, ganz wichtig.“

Ich nicke brav, dabei hege ich meine Zweifel. Trotzdem will ich Roman in seinem Enthusiasmus nicht bremsen. Ich bezweifle bloß, dass ich nichts weiter als meine Essgewohnheiten umstellen muss, damit es mich zukünftig nicht mehr ständig ans Bad fesselt. Schließlich kann ich nicht einmal sagen, ob ich ein Darm- oder eher ein Magenproblem habe. Vielleicht hängt das alles mit der Migräne zusammen. Außerdem kratze ich mich. Seit einiger Zeit beginnt meine Haut zu jucken, bisher habe ich es aber ignoriert, da ich die gereizten Hautpartien für Einbildung hielt. Je mehr man annimmt, dass man krank ist, desto schlechter ergeht es einem. Das ist zumindest meine Meinung. Bestimmt bilde ich mir die Wehwehchen lediglich ein und entwickle daraufhin die entsprechenden Symptome, weil ich einen psychischen Schaden habe. Möglicherweise liegt es daran, dass ich den Verlust meiner Eltern und meines Großvaters nicht verarbeitet habe. Ich verdrehe die Augen.

Absoluter Quatsch!

Unfälle passieren und das Alter nagt früher oder später an jedem Menschen. Das ist der Lauf der Natur, deswegen entwickelt man keine Psychosen.

Basta!

„Lass uns reingehen. Die haben da garantiert eine öffentliche Toilette.“

Alarmiert blickt mich Roman an.

„Keine Panik. Ich will den Jürgen würgen. Obwohl ich mich prima fühle, muss ich doch gelegentlich Pipi.“ Ich grinse halbherzig. Innerlich ist mir allerdings eiskalt zumute. Mein Freund ist offenbar daran gewöhnt, dass ich dauernd etwas habe. Romans sichtliche Erleichterung und sein verlegenes Grinsen verursachen mir ein schlechtes Gewissen. Wie könnte unsere Beziehung aussehen, wenn ich wie vor ein paar Jahren fit und munter wäre?

„Ich liebe dich“, murmle ich.

Roman drückt meine Hand. „Ich dich auch, Schatz.“

Hand in Hand marschieren wir auf die Rathaustreppe zu. Ich klappe den Schirm zusammen und schüttle ihn aus, bevor wir das imposante Gebäude mit den vielen Erkern und Türmchen betreten. Wir laufen über einen grünen, abgewetzten Teppich an einem gelangweilten Pförtner vorbei und folgen den Schildern, die uns zum kleinen Sitzungssaal lotsen. Als ich die Toiletten entdecke, flitze ich rasch los, um mein dringendes Bedürfnis zu erledigen. Der Kaffee will wieder raus. Als ich mir wenig später die Hände wasche und in den Spiegel blicke, kann ich mir sogar zulächeln. Ich wirke tatsächlich gesünder als in den vergangenen Wochen. Dank des Spaziergangs haben die Wangen etwas Farbe bekommen. Nur das hartnäckige Jucken hält an. Ich schiebe den Jackenärmel höher und entdecke eine gerötete Stelle in der Armbeuge.

Kommt vom Kratzen, denke ich, rubble ordentlich mit den Fingern darüber und setze kurz die Fingernägel ein, bevor ich den Ärmel herabziehe.

„Mir geht es gut. Mir geht es gut“, flüstere ich auf dem Weg zu Roman. „Mir geht es wunderbar.“ Daran wird selbst das blöde Jucken nichts ändern.

 

*

 

Der Vortrag der DAK Gesundheit dauert entgegen der Ankündigung knappe eineinhalb Stunden. Wie erwartet ist er nicht überfüllt gewesen, ganz im Gegenteil. Etliche Plätze blieben frei. Nun schwirrt mir der Kopf. Informationen über Kalorienzufuhr, Blutzuckerspiegel, Hungerattacken und die kleinen Konzentrationshelfer sausen durch meine Gedanken. Gesunde Fette, tierische und pflanzliche Eiweiße, Antioxidantien … Waren da Ärzte unter den Zuhörern gewesen? Manche hatten nach dem Vortrag Fragen gestellt, die furchtbar fachlich klangen, und ich habe für mich feststellen müssen, dass Essen, was ich für die normalste Sache der Welt gehalten habe, eigentlich schrecklich kompliziert ist. Roman schleppt mich nach dem Vortrag an den Informationsständen entlang, die vor dem Sitzungssaal aufgebaut sind, packt hier eine Broschüre ein und probiert dort ein Stück Trockenobst oder Vollkornknäcke mit Kürbiskernen. Dagegen halte ich mich zurück. Beim Smoothiestand stoppen wir erneut. Die grünen oder roten breiartigen Pfützen in den Plastikbechern sprechen mich überhaupt nicht an. Spinat gehört auf einen Teller, zusammen mit Kartoffelbrei und einem Spiegelei, und nicht in ein Getränk. Genauso wie Basilikum auf eine Pizza gehört. Und rote Beete … Mich schaudert es.

„Die haben mehrfach ungesättigte Fettsäuren“, klärt mich Roman ungefragt auf.

„Und das bedeutet?“

„Dass sie gesund sind.“

„Dann esse ich lieber einen Apfel. Der ist ebenfalls gesund.“

„Kann man wunderbar mit Roter Beete kombinieren“, schlägt die Frau hinter dem Stand vor. Ich verziehe das Gesicht. Allein der Gedanke, dieses knallrote Zeug essen zu müssen, verursacht Magendrücken.

„Ich glaube, wir lassen das mit der Roten Beete“, brummt Roman, der mich aufmerksam mustert.

„Hier haben wir einen Cool Cucumber. Vielleicht liegt Ihnen der mehr.“

Wir bekommen jeweils einen Becher mit grüner Pampe gereicht. Während Roman begeistert nippt, studiere ich den Inhalt skeptisch.

„Kopfsalat, Avocado, Gurke und etwas Wasser“, informiert uns die Dame von der DAK freundlich.

Ich stelle den Becher zurück. „Meiner Meinung nach gehört das als Vorspeise auf einen Teller. Trinken mag ich so etwas nicht.“

„Sei nicht spießig.“ Roman stößt mich an. „Smoothies sind voll im Trend.“

„Genau“, stimmt ihm die DAK-Mitarbeiterin zu. „Und sehr gesund.“