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Der 32-jährige Tobias Friedrich gehört zu den meistprämierten Unterwasserfotografen in Deutschland. Seine Bilder werden nicht nur in den bedeutendsten Tauchzeitschriften weltweit veröffentlicht, sondern auch in vielen namhaften Publikationen wie Spiegel Online oder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Die Kunst der Unterwasserfotografie

Wunderwelten des Meeres perfekt aufs Foto gebracht

Tobias Friedrich

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Tobias Friedrich
tobias@below-surface.com

Lektorat: Gerhard Rossbach
Copy-Editing: Susanne Rudi, Heidelberg; Sandra Gottmann, Münster-Nienberge
Herstellung: Birgit Bäuerlein
Satz: Cora Banek, Mainz
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Druck und Bindung: Himmer AG, Augsburg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte
bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN
Buch 978-3-86490-103-4
PDF 978-3-86491-418-8
ePub 978-3-86491-419-5

1. Auflage 2014
Copyright © 2014 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg

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Für meine Eltern. In Liebe.

Einleitung

Über das Buch

Wer einmal von dem Virus der Unterwasserwelt infiziert ist, kommt nicht mehr davon los. Die Faszination, die von diesem Thema ausgeht, ist tief verwurzelt in den Anfängen unserer Evolution, wo wir noch als Einzeller durch die Meere trieben. Die Begegnungen mit verspielten Delfinen, eleganten Haien oder majestätischen Walen – sie werden jedem auf ewig im Gedächtnis bleiben! Es können die kleinen Meerestiere wie ein nur ein Zentimeter großes Pygmäen-Seepferdchen sein, die uns vor Freude die Tauchmaske volllaufen lassen, oder der mächtige Walhai, der würdevoll vorbeizieht und uns mit einer Gänsehaut zurücklässt.

Wir fotografieren, damit diese Momente nicht verloren gehen und wir die Erinnerung als Bild abrufen können. Die Emotionen, Leidenschaft und die Spannung der Situation werden mit der digitalen Datei verknüpft.

Wie kann beim nächsten Urlaub aus dem eigenen Foto mehr werden als nur ein Schnappschuss? Wie kommen die Farben knackig und die Motive scharf heraus anstatt milchig und verwaschen? Dieses Buch soll Licht ins Dunkel bringen.

Welche Ausrüstung dazu benötigt wird und warum eine Spiegelreflexkamera besser ist als ein kompaktes Modell, wird zu Anfang erklärt, bevor die Grundlagen, das Lichtverhalten unter Wasser und technische Details als Voraussetzung für gute Fotos es rund machen. Ein Bild richtig zu belichten genügt jedoch nicht – erst die passende Gestaltung macht es zu einer gelungenen Aufnahme. Besonders spannend wird es in den Kapiteln »Weitwinkel« und »Makro«, in denen Belichtungswerte, Positionen der Blitzgeräte und Aufnahmetechniken beleuchtet werden. Den letzten Schliff bekommt ein Bild schließlich in der Nachbearbeitung, in der die RAW-Konverter das Maximum aus dem Foto herausholen können.

Zwischen den Kapiteln erklären die »Momente« am Beispiel einer ausgesuchten Aufnahme, wie diese produziert wurde. Wie hat sich die Situation abgespielt? Welche Blitzeinstellung wurde verwendet? Warum Blende f/16 und nicht f/8? Antworten auf all diese Fragen, gepaart mit einer Illustration, sollen die Kunst der Unterwasserfotografie am praktischen Beispiel ausführlich darlegen.

Die beste Methode, das Buch zu lesen, ist von vorne bis hinten. So wird nichts vergessen und vermeintliche Lücken werden geschlossen. Alternativ kann gestöbert und die besonders interessanten Themen können herausgepickt werden. Die Zusammenfassungen helfen, das Kapitel schnell zu erfassen und es bei Bedarf im Detail zu lesen.

Egal wie an dieses Buch herangegangen wird: Der erste Schritt, um sich in der Unterwasserfotografie zu verbessern, ist mit dem Erwerb des Buches bereits getan.

Ich wünsche viel Spaß bei der Lektüre.

Ihr Tobias Friedrich

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Wrack eines P-47-Thunderbolt Kampfflugzeuges vor der Küste Korsikas.

Einstellungen: 1/60 s, f/7,1, ISO 200 Kamera: Canon EOS 300D, Tokina 10-17-mm-Fisheye-Objektiv

Inhaltsverzeichnis

1 Ausrüstung

1.1 Digitale Spiegelreflexkameras

1.2 Unterwassergehäuse

1.3 Blitzgeräte

1.4 Fokussierlicht

1.5 Kompaktkameras

1.6 Vorbereitung der Ausrüstung

1.7 Pflege der Ausrüstung

1.8 Transport

2 Grundlagen

2.1 Tauchen und Fotografieren

2.2 Lichtverhalten unter Wasser

2.3 Blende, Zeit und ISO

2.4 JPG oder RAW

2.5 Weißabgleich

2.6 Blitztechniken

2.7 TTL oder Manuell

2.8 Histogramm

3 Gestaltung

3.1 Perspektive

3.2 Goldener Schnitt

3.3 Linien & Diagonalen

3.4 Zentrierung

3.5 Kontraste

3.6 Farben

3.7 Ausnahmen

3.8 Kreativ

3.9 Gestalten lernen

Momente

»Die Begegnung«

»Raumgleiter«

»Traute Zweisamkeit«

»Der Spielkamerad«

»Wohngemeinschaft«

»Eigenheimzulage«

»Abstandswarner«

»Der dunkle Ritter«

4 Weitwinkel

4.1 Objektive

4.2 Belichtung

4.3 Einsatz von Blitzgeräten

4.4 Motive finden

4.5 Fotodistanz

4.6 Anpirschen

4.7 Wracks

4.8 Halb-halb-Aufnahmen

4.9 Großfisch

4.10 Riffe

4.11 Nahdistanz-Weitwinkel

4.12 Gegenlicht

4.13 Modelle

4.14 Bewegungsunschärfe

4.15 Filmen mit der SLR

5 Makro

5.1 Objektive

5.2 Makro oder Nahaufnahme

5.3 Einstellungen

5.4 Tiefenschärfe

5.5 Blitzpositionierung

5.6 Hintergrund

5.7 Fokussieren

5.8 SuperMakro

5.9 Motive

5.10 Lichtformer

6 Bildbearbeitung

6.1 Arbeitsabläufe

6.2 Auswahl der Bilder

6.3 RAW-Konverter

6.4 Detaillierte Bildbearbeitung

6.5 Archivierung

7 Anhang

7.1 Produktion

7.2 Danksagung

7.3 Checkliste vor Reisen

7.4 Checkliste vor dem Tauchgang

7.5 Damit springen Sie ins Wasser

7.6 Index

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»Die Begegnung«

Diese Aufnahme ist ein typisches Beispiel dafür, was erreicht werden kann, wenn Perspektiven gewechselt werden. Die Begegnung mit dem Buckelwal war sicherlich einmalig, da er sehr neugierig war und immer wieder auf die Schnorchler zugeschwommen kam. Dennoch wäre es langweilig gewesen, das Tier nur unterhalb des Wasserspiegels abzulichten. Möglichst viele Blickwinkel sind optimal, um eine Situation differenziert darstellen zu können. Nachdem ein paar Aufnahmen unter der Oberfläche im Kasten waren, galt es zu überlegen, wie das Tier noch gut darzustellen wäre. Da der Wal immer nah unter der Oberfläche schwamm, lag es auf der Hand, eine Aufnahme halb über und halb unter dem Wasserspiegel zu versuchen, bei der die dahinter gelegenen Inseln ebenfalls mit abgebildet sind.

Die Kamera wurde für die geplante Aufnahme wie folgt eingestellt: Eine hohe Blendenzahl ist notwendig, um sowohl Vordergrund als auch Hintergrund scharf abzubilden. Da das Wasser ziemlich trüb und dunkel war, wurde eine hohe ISO-Zahl gewählt, um die Geschwindigkeit des Verschlusses so kurz wie möglich zu halten und den Moment einfrieren zu können.

Nun wurde auf eine geeignete Annäherung des Buckelwals gewartet. Der erste und der zweite Versuch gelangen nicht richtig, da eine Welle im falschen Moment das Hauptmotiv verdeckt oder das Tier keine schöne Position hatte. Geduld zahlt sich aus: Beim dritten Versuch schwamm der Wal in geeigneter Position vor der Insel entlang – mit der Sonne im Rücken des Fotografen. Die Kamera war auf Serienaufnahme eingestellt, sodass möglichst viele Bilder aufgenommen wurden. Der Ausschuss bei Halb-halb-Aufnahmen ist besonders hoch, da Wellen das Motiv im un-geeigneten Moment verdecken können. Die Welle besonders flach und horizontal zu erwischen, ist daher optimal. Mit einem möglichst großen Dome-Port klappt das besser.

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Einstellungen: 1/400 s, f/18, ISO 800

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Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 8-15-mm-Fisheye-Objektiv, kein Blitzgerät

Besonders schön an diesem Bild ist die Wiederholung der Landschaftsform über Wasser in der Wasseroberfläche und ihre Fortführung im Wal. Zudem befindet sich das Auge des Tiers im Goldenen Schnitt, was diese Partie zusätzlich betont.

Die Bildhälfte unter Wasser ist in der Originalaufnahme sehr dunkel und wurde mithilfe eines RAW-Konverters nachträglich aufgehellt. Der Ausschnitt wurde nicht verändert. Es wurden keine Blitzgeräte eingesetzt, um während des Schnorchelns agiler zu sein. Knapp unter der Oberfläche ist der Lichteinfall immer noch ausreichend, was den Einsatz von Kunstlicht nicht unbedingt notwendig macht (siehe auch Unterkapitel »Halb-halb Aufnahmen« in »Weitwinkel«).

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Ort: Al-Hallaniyah-Inseln, Sultanat Oman, Februar 2012

Motiv: Buckelwal (Megaptera novaeangliae)

1 Ausrüstung

Eine Kompaktkamera mag über Wasser noch brauchbare Ergebnisse abliefern, aber unter Wasser erscheinen die Bilder flau und fade. Woran liegt das? In der Unterwasserfotografie hängt die Qualität eines Bildes maßgeblich von dem Fotografen ab, aber auch von dem eingesetzten Equipment. Im Vergleich zu einer Kompaktkamera wird die digitale Spiegelreflexkamera in Bedienung und Bildqualität immer Vorteile haben, da der Bildsensor viel größer ist und die Objektive eine weitaus höhere Abbildungsleistung haben. Auch die Auslöseverzögerung, die zwischen dem Auslösen und der Aufnahme verstreicht, ist um einiges kürzer. Die Spiegelreflexkameras lösen bei optimalen Lichtverhältnissen innerhalb weniger Sekundenbruchteile aus, wodurch sich der richtige Moment vom Fotografen sehr gut treffen lässt. Daher sind Spiegelreflexkameras für gute Unterwasseraufnahmen unumgänglich.

Allerdings sollte der Schritt in diese Richtung gut überlegt werden, da ein Einsteigersystem mit circa 5000 bis 6000 Euro zu Buche schlägt. Ein typisches und komplettes Equipment besteht aus der Spiegelreflexkamera selbst, dem Unterwassergehäuse, einem Weitwinkel- sowie einem Makroobjektiv, einem Weitwinkel- und Makro-Port, einem Blitzarm sowie einem externen Blitzgerät. Für einen erweiterten Einstieg wären dann noch ein zweiter Blitz, weitere Objektive und Ports, ein Winkelsucher, Fokussierlicht, Nahlinsen und diverses weiteres Zubehör aufzuführen, wodurch sich die Investition leicht auf den doppelten Betrag erhöhen kann.

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Beim Tauchen wird man immer wieder von lustigen Situationen überrascht. Hier will ein Zackenbarsch den Atemregler des Tauchers ausprobieren.

Einstellungen: 1/80 s, f/8,0, ISO 200 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 17–40-mm- Weitwinkelobjektiv

Die Frage, ob einem diese Art der Fotografie liegt und man mit der Technik zurechtkommt, sollte sich jeder Einsteiger überlegen. Der Schritt von der Kompakt- zur Spiegelreflexkamera bedeutet nicht nur eine große finanzielle, sondern auch eine zeitliche Investition. Ein gutes Foto mit der Spiegelreflex wird nicht nebenbei gelingen, sondern erst, wenn man sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt. Viel Zeit mit der Kamera unter Wasser zu verbringen hilft dabei ungemein.

1.1 Digitale Spiegelreflexkameras

Digitale Spiegelreflexkameras werden auch als DSLRs bezeichnet, die Abkürzung für »Digital Single-Lens Reflex«. Einfach erklärt, fällt bei diesen Kameras das Licht durch das Objektiv auf einen Spiegel, der das Bild in den Sucher leitet. Beim Betätigen des Auslösers klappt der Spiegel weg und der Verschluss (oder Vorhang) öffnet sich für den an der Kamera eingestellten Zeitraum, welcher in den meisten Fällen nur den Bruchteil einer Sekunde beträgt. Hinter dem Verschluss befindet sich der Sensor der Kamera, der bei den Spiegelreflexkameras in der Größe unterschiedlich sein kann und das Bild aufzeichnet. Die gemachte Aufnahme kann auf dem eingebauten LCD-Monitor der Kamera angesehen werden. Im Vergleich zu Kompaktkameras erreichen die Spiegelreflexkameras durch den meist größeren Sensor und die hochwertigeren Objektive eine deutlich bessere Qualität.

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Eine typische digitale Spiegelreflexkamera (DSLR).

Bei der Unterwasserfotografie ist es sinnvoll, in eine aktuelle Spiegelreflexkamera zu investieren, da das Unterwassergehäuse in den meisten Fällen wesentlich teurer ist als die Kamera selbst. Um häufige Modellwechsel und den Kauf kostspieliger Unterwassergehäuse zu vermeiden, sollte ein Gehäuse im Optimalfall über drei bis fünf Jahre genutzt werden. Je länger die Nutzung dauert, desto besser wird der Fotograf mit Kamera und Bedienknöpfen des Gehäuses umgehen können. Das ist in der Tierfotografie von großer Bedeutung, um in hektischen Situationen schnell reagieren zu können.

Unter Wasser ist die manuelle Einstellung der Kamera (M) die beste Methode, um zu guten Resultaten zu kommen. Kreativprogramme oder Automatiken sollten ignoriert werden. In manchen Situationen ist auch eine Blenden- oder Zeitautomatik legitim, wird aber nur in Ausnahmefällen genutzt.

Zusammenfassung:

image Bei Spiegelreflexkameras wird das Bild durch das Objektiv über einen Spiegel zum Sucher geleitet. Der Spiegel klappt weg, sobald der Auslöser durchgedrückt wird.

image DSLRs bringen im Vergleich zu Kompaktkameras eine deutlich bessere Qualität.

image Für die Unterwasserfotografie sollte ein aktuelles Modell genutzt werden, damit es möglichst lang genutzt werden kann.

image DSLRs haben eine kürzere Auslöseverzögerung und einen schnelleren Autofokus als Kompaktkameras.

image Unter Wasser ist es am besten, die Spiegelreflexkamera auf »manuell« (M) zu stellen.

Sensorgrößen

Die Sensoren in Digitalkameras haben unterschiedliche Größen, bei denen pauschal gesagt werden kann: je größer der Sensor, desto besser die Bildqualität und desto teurer die Kamera.

Das Ausgangsmedium, auf dem auch alle Brennweiten für Spiegelreflexkameras basieren, ist das Kleinbildformat mit 24 × 36 Millimetern Größe, das auch Vollformat genannt wird. Die nächstkleinere Stufe mit 15 × 23 Millimetern wird als Crop-Sensor bezeichnet und hat etwa die Hälfte der Fläche eines Kleinbildformats. Der Crop-Sensor kann jedoch je nach Kameramodell ein wenig abweichen und wird abhängig vom Hersteller mit einem eigenen Format, wie zum Beispiel »DX« für Nikon oder »APS-C« für Canon, benannt. Ganz klein fallen die Sensoren der Kompaktkameras aus, die eine Größe von circa 5 × 7 Millimetern und damit nur noch etwa fünf Prozent der Größe eines Sensors im Kleinbildformat haben. So lässt sich auch die deutlich bessere Bildqualität der DSLRs erklären.

Für den Vergleich von Objektiven und ihren Brennweiten muss der Crop-Faktor der Kamera berücksichtigt werden, der durch die Länge der Sensordiagonalen bestimmt wird. Im Vergleich zum Vollformatsensor ist die diagonale Fläche des Sensors für Crop-Kameras nur etwa zwei Drittel groß.

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Ein Vergleich der Originalgrößen gängiger Sensorformate, in Kompakt- oder Handykameras werden sogar noch wesentlich kleinere Sensoren verbaut. Dies macht deutlich, wie unterschiedlich die Qualität der Bildergebnisse zwangsläufig ausfallen muss.

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Bei Fischschwärmen sollten Sie vorsichtig mit der Blitzkraft umgehen, da die Tiere das Licht der Blitzgeräte extrem reflektieren.

Einstellungen: 1/200 s, f/10, ISO 200 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 17–40-mm-Weitwinkelobjektiv

Für den korrekten Vergleich der Brennweiten muss man bei einem Crop-Sensor die Brennweite mit einem Faktor von 1,5 multiplizieren. Ein 100-Millimeter-Objektiv wäre an einer Kamera mit Crop-Sensor also ein 150-Millimeter-Objektiv. Hier wird vom Kleinbild-Äquivalent gesprochen. Bei Kameras mit kleinerem Sensor vergrößert sich dieser Faktor noch mehr. Kompaktkameras haben fest integrierte Objektive, bei denen die Brennweite schon im Kleinbild-Äquivalent angegeben wird.

Bei der Berechnung des Crop-Faktors wird oft von einer Brennweitenverlängerung gesprochen. Diese ist im Makro- und Telebereich sehr hilfreich, ist aber keine Verlängerung im eigentlich Sinne, sondern nur ein Ausschnitt des Bildes. Ein 200-Millimeter-Teleobjektiv an einer Kamera mit Crop-Sensor ergibt einen Ausschnitt bei circa 300 Millimetern. Ein 300-Millimeter-Objektiv an einer Vollformatkamera hat daher eine bessere Qualität, da das Objektiv optimal genutzt wird.

Im Weitwinkelbereich muss zu der minimalen Brennweite ebenfalls immer der Crop-Faktor hinzugerechnet werden. Ein Objektiv mit 17 Millimeter Brennweite wäre umgerechnet etwa 25 Millimeter weit und schränkt dadurch den Winkel ein. Daher sind die Brennweiten für Weitwinkelobjektive für Crop-Kameras deutlich niedriger als für Vollformatkameras. Wichtig ist das Grundverständnis, dass der Crop-Faktor keine Brennweitenverlängerung, sondern immer nur ein Ausschnitt des Bildes ist.

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Nur an wenigen Plätzen auf der Erde können Große Weiße Haie gut fotografiert werden, wie hier in Mexiko an der Isla Guadalupe.

Einstellungen: 1/125 s, f/9, ISO 200 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 17–40-mm-Weitwinkelobjektiv

Ein weiterer Punkt, worin sich die Größen der Sensoren unterscheiden, ist die Tiefenschärfe: Je größer der Sensor ist, desto geringer ist auch die Tiefenschärfe. Für das Arbeiten mit geringer und selektiver Tiefenschärfe ist ein großer Sensor besser geeignet. Soll das Bild von vorne bis hinten scharf sein, wäre der kleinere Sensor die bessere Wahl. Der Effekt ist im Weitwinkelbereich weniger bemerkbar als bei Makro- oder Teleaufnahmen.

Unter Wasser wird es viele Situationen mit wenig Licht geben – viel weniger als an Land, was ein Anheben des ISO-Wertes, also der Lichtempfindlichkeit, erfordert. Ein Sensor besteht aus einer Vielzahl an Pixeln, die als Mega-Pixel beziffert werden und die maximale Auflösung der Kamera angeben. Je höher die Auflösung der Kamera ist, desto mehr Pixel müssen auch auf den jeweiligen Sensor verteilt werden. Müssen die einzelnen Pixel sehr eng zusammenliegen wie bei Crop-Kameras, kann es dazu führen, dass die in der Umgebung liegenden Pixel den Wert verfälschen. Kameras mit großen Bildsensoren haben bei hohen ISO-Werten meistens ein geringeres Bildrauschen.

Wer gerne mit Weitwinkelobjektiven fotografiert oder viel bei schlechten Sichtverhältnissen unterwegs ist, dem ist eine Vollformatkamera anzuraten. Für die Makro-Liebhaber kann eine Kamera mit Crop-Sensor zur vollen Zufriedenheit ausfallen.

Zusammenfassung:

image Je größer der Sensor einer Kamera, desto besser die Qualität und teurer die Kamera.

image Die Brennweite aller Objektive für Spiegelreflexkameras wird auf den Vollformatsensor in der Größe 24 × 36 mm berechnet.

image Bei Kameras mit kleinerem Sensor verringert sich der Ausschnitt des Bildes und muss mit einem Faktor von etwa 1,5 multipliziert werden.

image Der Crop-Faktor ist kein Verlängern der Brennweite, sondern nur ein kleinerer Ausschnitt des Bildes.

image Je größer der Sensor ist, desto kleiner ist die Tiefenschärfe.

image Größere Bildsensoren liefern bessere Qualität in hohen ISO-Bereichen.

Objektive

Für professionelle Unterwasserfotografie reichen drei Objektive: ein Weitwinkel-, ein Fisheye- und ein Makroobjektiv. Besonders ungeeignet sind teure Teleobjektive, die erstklassige Ergebnisse über Wasser erzielen, aber unter Wasser nichts verloren haben. Mit diesen Objektiven müsste man sich sehr weit vom Motiv entfernen, um es abbilden zu können. Das hätte nur blaustichige und farblose Bilder zur Folge, da Wasser eine etwa 800-mal höhere Dichte als Luft hat. Eine der wichtigsten Regeln ist daher, möglichst nah an das Motiv heranzukommen. Durch die nahe Distanz wird die höhere Dichte besser kompensiert und die Farben kommen wesentlich lebendiger auf das Bild (siehe Unterkapitel »Fotodistanz« in »Weitwinkel«).

Objektive teilen sich hauptsächlich in zwei große Klassen: die Festbrennweiten und die Zoomobjektive. Bei einer Festbrennweite ist, wie der Name schon sagt, die Brennweite fixiert und kann nicht mehr verändert werden. Bei Zoomobjektiven ist die Brennweite variabel und wird wie vom Fotografen gewünscht eingestellt. Festbrennweiten verfügen über eine wesentlich bessere Qualität, wohingegen Zoomobjektive den Bildausschnitt flexibler setzen können.

Für Standard- oder Kit-Objektive, die häufig beim Kauf einer Kamera dabei sind, gibt es unter Wasser ebenfalls keinen Bedarf. Weder gute Weitwinkelaufnahmen noch anständige Makroaufnahmen können gelingen, da diese Objektive einfach nicht für diese Brennweiten spezialisiert sind. Die weiteste Einstellung ist nicht weit genug und die kürzeste Distanz liefert kein brauchbares Makro-Bild.

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Pygmäen-Seepferdchen werden nur etwa einen Zentimeter groß und werden am besten mit der Super-Makro-Methode fotografiert, um die Tiere möglichst groß abbilden zu können.

Einstellungen: 1/30 s, f/16, ISO 400 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 100-mm-Makroobjektiv, Inon UCL-165-Nahlinse

Für beste Resultate muss in lichtstarke Objektive investiert werden. Die Lichtstärke hat einen erheblichen Einfluss auf die Qualität des Objektivs und damit auch auf das Bildergebnis. Bei der Wahl des Herstellers sollte es im Bestfall auch der Kamerahersteller sein. Dessen Objektive haben eine hohe Wertigkeit und sind mit der Kamera kompatibel.

Zusammenfassung:

image In der Unterwasserfotografie werden hauptsächlich Weitwinkel- und Makroobjektive eingesetzt.

image Durch die hohe Dichte des Wassers muss möglichst nah am Motiv fotografiert werden.

image Teleobjektive und Standard- oder Kit-Objektive sind unter Wasser weniger geeignet.

image Festbrennweiten haben eine bessere Bildqualität, wohingegen Zoomobjektive flexibler sind.

1.2 Unterwassergehäuse

Die Wahl des richtigen Unterwassergehäuses ist am Anfang eine der schwierigsten Aufgaben. Viele Faktoren wie die lange Nutzbarkeit gilt es zu bedenken, ebenso wie den nicht unerheblichen finanziellen Aufwand. Vor dem Kauf einer Spiegelreflexkamera muss man sich darüber informieren, ob für die ausgewählte Kamera überhaupt ein Unterwassergehäuse existiert. Da diese Gehäuse hauptsächlich von Drittanbietern und in relativ kleinen Stückzahlen gefertigt werden, sind es meistens nur die gängigen Modelle, für die auch ein Gehäuse geliefert werden kann.

Gut zu überlegen ist die Wahl des Gehäuseherstellers, da von ihm auch das Zubehör wie Front-Ports und Sucher gekauft wird, die nicht auf die Gehäuse anderer Hersteller passen. Um das Zubehör daher so lange wie möglich nutzen zu können, ist ein langfristiger Verbleib beim Gehäusehersteller ratsam, auch im Hinblick auf einen späteren Wechsel des Kameramodells.

Ein weiteres Kriterium ist die Wahl des Materials: Es gibt Unterwassergehäuse aus Kunststoff (Polycarbonat), Carbon oder Aluminium. Bei Gehäusen aus Polycarbonat ist der Vorteil, dass sie relativ leicht und günstig sind und im Falle eines Lecks dies auch schnell zu sehen ist. Ein Nachteil des Polycarbonats ist die schnellere Anpassung an die Umgebungstemperatur, was ein Beschlagen des Gehäuses hervorrufen kann: Hier kann mit Silicagel-Beuteln ausgeholfen werden, welche die Feuchtigkeit aufnehmen. Auch sind diese Gehäuse nicht so widerstandsfähig wie Carbon- oder Metallgehäuse.

Aluminiumgehäuse sind meist aus einem massiven Block gefräst, zeichnen sich durch ihre Robustheit aus und sind die meistverkauften Unterwassergehäuse auf dem Markt.

Carbongehäuse vereinen einige der Qualitäten von Kunststoffund Aluminiumgehäusen, wie zum Beispiel das geringe Gewicht, das keinen Einfluss auf die Robustheit hat. Jedoch sind der Herstellungsprozess und die Reparatur umständlich, weshalb sich Aluminium als Material durchgesetzt hat.

Unterwassergehäuse ermöglichen es aufgrund von Durchführungen und Hebeln, die Funktionen einer Spiegelreflexkamera bedienen zu können.

Eine Beflockung auf der Innenseite des Gehäuses, die jegliche Reflexion vermeidet und im Fall eines Wassereinbruchs Wasser aufnehmen kann, gehört zur guten Grundausstattung.

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Ein Unterwassergehäuse der Firma Seacam für eine digitale Spiegelreflexkamera. © Seacam

Damit es aber gar nicht erst dazu kommt, bieten die meisten Gehäusehersteller einen Leckwarner an, der signalisiert, sobald Wasser eindringt. Hierbei sollte man sich unbedingt der Position des Leckwarners bewusst sein: Wird das Equipment schräg gehalten, schlägt der Sensor im schlimmsten Fall erst an, wenn das Gehäuse bereits vollgelaufen ist. Sichtkontrolle durch den Front-Port ist während eines Tauchgangs immer wieder erforderlich.

Generell sollte ein Unterwassergehäuse gut in der Hand liegen und die wichtigsten Funktionen wie Blende, Zeit und ISO sollten leicht zu verstellen sein – am besten ohne die Hand vom Griff nehmen zu müssen.

Unter Wasser ist das Gehäuse am besten neutral tariert und hat weder Auf- noch Abtrieb. Wenn dies nicht der Fall ist, kann mit Auftriebskörpern oder kleinen Gewichten gegengesteuert werden, die im Fachhandel zu bekommen sind. Ein leichter Abtrieb kann hilfreich sein, damit mehr Gewicht in der Hand liegt und Sie ein Gefühl für die Kamera behalten.

Die Art und Anzahl der Durchführungen für Blitzgeräte richtet sich nach der Wahl des Blitzgeräts. Eine gute Wahl sind die sogenannten S6- und Nikonos-5-Blitzbuchsen. Jeweils einer dieser beiden Blitzübertragungsadapter am Gehäuse verbaut ist der Optimalfall.

Als Faustregel gilt: Je teurer ein Unterwassergehäuse ist, desto besser ist es auch.

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Bei Modellaufnahmen ist vor allem auf die Sicherheit des Modells durch einen Sicherungstaucher zu achten!

Einstellungen: 1/125 s, f/8, ISO 200 Kamera: Canon EOS 5D Mark II, Canon 17–40-mm-Weitwinkelobjektiv

Zusammenfassung:

image Vor der Neuanschaffung einer Kamera ist zu prüfen, ob es für dieses Modell auch ein Unterwassergehäuse gibt.

image Die Wahl des Herstellers sollte gut überlegt sein, um Zubehör bei einem Modellwechsel wieder verwenden zu können.

image Kunststoff- oder Polycarbonatgehäuse sind leicht und günstig, können aber schnell beschlagen und sind nicht so robust wie Metallgehäuse.

image Carbon- und Aluminiumgehäuse sind sehr robust und langlebig, kosten aber zwei- bis dreimal so viel wie ein Kunststoffgehäuse.

image Mittels Durchführungen können die meisten Funktionen einer Spiegelreflexkamera auch unter Wasser bedient werden.

image Die meisten Gehäusehersteller bieten einen Leckwarner an, der einen Wassereinbruch signalisiert.

image Ist ein Gehäuse unter Wasser nicht neutral tariert, kann mit Aufoder Abtriebskörpern gegengesteuert werden.

image Bei den Blitzbuchsen ist ein S6- oder Nikonos-5-Anschluss eine gute Wahl, im besten Fall sind beide Arten verbaut.

image Als Faustregel gilt: Je teurer ein Unterwassergehäuse ist, desto besser ist es auch.

Front-Ports

Objektive einer Spiegelreflexkamera sind wechselbar. Dementsprechend muss auch die Vorderseite des Unterwassergehäuses angepasst werden. Das wird über sogenannte Ports realisiert, die mit einem Bajonettsystem oder per Schraubverschluss am Gehäuse befestigt sind.