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Bernhard Strauß

Henning Schauenburg (Hrsg.)

Bindung in Psychologie und Medizin

Grundlagen, Klinik und Forschung – Ein Handbuch

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-023355-3

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pdf:      ISBN 978-3-17-032252-3

epub:   ISBN 978-3-17-032253-0

mobi:   ISBN 978-3-17-032254-7

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Inhaltsverzeichnis

 

 

  1. Vorwort
  2. Verzeichnis der Herausgeber und Autoren
  3. Teil I Grundlagen
  4. 1 Bindungsentwicklung im Kindesalter
  5. Gottfried Spangler und Iris Reiner
  6. 1.1 Einführung
  7. 1.2 Phasen der Bindungsentwicklung
  8. 1.3 Das Innere Arbeitsmodell von Bindung
  9. 1.4 Individuelle Unterschiede der Bindungsqualität: Bindungssicherheit und Bindungsdesorganisation
  10. 1.5 Determinanten von Bindungsunterschieden im Kindesalter
  11. 1.5.1 Transmission von Bindung
  12. 1.5.2 Elternverhalten: Feinfühligkeit als Prädiktor von Bindungssicherheit
  13. 1.5.3 Elternverhalten: Prädiktoren der Bindungsdesorganisation
  14. 1.5.4 Die Rolle individueller Dispositionen des Kindes
  15. 1.6 Konsequenzen von Bindungsunterschieden für die Persönlichkeitsentwicklung
  16. 2 Bindung und Mentalisierung in der Adoleszenz
  17. Svenja Taubner, Paul Schröder, Tobias Nolte und Laura Zimmermann
  18. 2.1 Einleitung
  19. 2.2 Adoleszente Entwicklungsaufgaben
  20. 2.2.1 Transformation der Qualität von Bindungsrepräsentationen
  21. 2.2.2 Abwendung von den Eltern
  22. 2.2.3 Ad hoc Bindungsbeziehungen zu Gleichaltrigen und erste romantische Beziehungen
  23. 2.3 Bindungsnetzwerke in der Adoleszenz
  24. 2.4 Transformation von Bindung aus ethologischer Sicht
  25. 2.5 Integrierte und reflektierte Innere Arbeitsmodelle von Bindung
  26. 2.6 Transformation von beziehungsspezifischen Bindungsmustern zu einem übergeordneten Inneren Arbeitsmodell von Bindung
  27. 2.6.1 Stabilität von Bindung von der Kindheit zur Adoleszenz
  28. 2.6.2 Bindungsstabilität aus genetischer Perspektive
  29. 2.7 Individuelle Unterschiede der Bindungssicherheit in der Adoleszenz
  30. 2.8 Risiken und Chancen der Bindungstransformation in der Adoleszenz
  31. 3 Das Innere Arbeitsmodell von Bindung bei Erwachsenen
  32. Johanna Behringer
  33. 3.1 Hintergründe und Ursprünge des Interesses an Bindung im Erwachsenenalter
  34. 3.2 Das Adult Attachment Interview zur Erfassung des Inneren Arbeitsmodells von Bindung im Erwachsenenalter
  35. 3.2.1 Die Durchführung des Adult Attachment Interview
  36. 3.2.2 Die Auswertung des Adult Attachment Interview
  37. 3.2.3 Besondere Merkmale und Funktionen des Adult Attachment Interviews
  38. 3.3 Kontinuität und Diskontinuität des Inneren Arbeitsmodells (IAM) von Bindung
  39. 3.3.1 Das Innere Arbeitsmodell von Bindung als zentrales Element für das Verständnis von Bindungsphänomenen
  40. 3.3.2 Transgenerationale Übertragung von Bindung: Grundsätzliches und organisierte Muster
  41. 3.3.3 Transgenerationale Übertragung von Bindungsdesorganisation: klinische Implikationen
  42. 3.3.4 Kontinuität von Bindung bis ins und während des Erwachsenenalters
  43. 3.3.5 Bindung und Beziehungsverhalten im Erwachsenenalter
  44. 3.3.6 Bindungsabhängige Unterschiede in psychischen Funktionen
  45. 3.4 Zusammenfassung
  46. 4 Bindung im höheren Lebensalter
  47. Helmut Kirchmann
  48. 4.1 Altern als psychische Herausforderung
  49. 4.2 Ergebnisse bindungstheoretischer Alternsforschung
  50. 4.2.1 Anzahl und Qualität der Bindungsbeziehungen im Alter
  51. 4.2.2 Verteilung von Bindungsmerkmalen bei Älteren
  52. 4.2.3 Zusammenhänge zwischen Bindungsmerkmalen und Wohlbefinden/Lebenszufriedenheit bei Älteren
  53. 4.2.4 Zusammenhänge zwischen Bindungsmerkmalen und körperlichen Gesundheitsbeschwerden bei Älteren
  54. 4.3 Zusammenfassung
  55. 5 Bindung und Paarbeziehung
  56. Kirsten von Sydow
  57. 5.1 Problem
  58. 5.2 Theoretische Grundkonzeptionen, Klassifikation und Diagnostik
  59. 5.3 Forschungsergebnisse
  60. 5.3.1 Metaanalysen
  61. 5.3.2 Befunde aus Primärstudien zu Partnerschaft und Bindung
  62. 5.3.3 Befunde aus Primärstudien zu Paar-Interaktionen (einschließlich Aggression und Gewalt) und Bindung
  63. 5.3.4 Befunde aus Primärstudien zu Emotionen, neuropsychologischer Selbstregulation und interaktioneller Ko-Regulation
  64. 5.3.5 Befunde aus Primärstudien zu Sexualität und Bindung
  65. 5.4 Spezifische Bindungsstörungen in Partnerschaften
  66. 5.4.1 Das Vermeider-Ausweicher-Beziehungsdilemma
  67. 5.4.2 Komplexe Traumafolgen und desorganisierten Beziehungen
  68. 5.5 Diskussion
  69. 6 Methoden zur Erfassung von Bindungsmerkmalen
  70. Helmut Kirchmann, Sashi Singh und Bernhard Strauß
  71. 6.1 Einleitung
  72. 6.2 Erhebung von Bindungsmerkmalen bei Kleinkindern im Alter von etwa zwölf Monaten
  73. 6.3 Erhebung von Bindungsmerkmalen bei Kindern im Kindergarten-, Vorschul- und frühen Schulalter (2–9 Jahre)
  74. 6.4 Erhebung von Bindungsmerkmalen im mittleren und späteren Schulalter (9–15 Jahre)
  75. 6.5 Erhebung von Bindungsmerkmalen bei Adoleszenten und Erwachsenen (ab ca. 16 Jahre)
  76. 6.6 Fragebogenmethoden zur Erfassung von Bindungsmerkmalen
  77. 6.7 Schlussfolgerungen
  78. 7 Neurobiologie der Bindung
  79. Beate Ditzen und Markus Heinrichs
  80. 7.1 Einleitung
  81. 7.2 Neurobiologische Mechanismen der Bindungsmotivation
  82. 7.3 Der Einfluss von Bindung auf neurobiologische Funktionen
  83. 7.3.1 Körperliche Stresssysteme
  84. 7.3.2 Haupteffekt der Bindung auf stresssensitive biologische Funktionen
  85. 7.3.3 Puffereffekt der Bindung auf die neurobiologische Stressantwort
  86. 7.3.4 Beziehungsinterne Stressoren
  87. 7.3.5 Beziehungsexterne Stressoren
  88. 7.3.6 Bindung und Stress im Entwicklungsverlauf
  89. 7.4 Ausblick
  90. 7.5 Zusammenfassung
  91. Teil II Klinische Themen
  92. 8 Bindungsbezogene psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen
  93. Inge Seiffge-Krenke
  94. 8.1 Einleitung
  95. 8.2 Unsichere Bindungsmuster, elterliche Erziehungsstile und Psychopathologie
  96. 8.2.1 Zusammenhänge zwischen unsicheren Bindungsstilen und verschiedenen Störungsbildern bei Kindern und Jugendlichen
  97. 8.2.2 Unsichere Bindungsmuster, elterliche Erziehungsstile und Psychopathologie
  98. 8.2.3 Hochunsichere Bindungen, Bindungsstörungen und Traumata und ihr Einfluss auf Psychopathologie
  99. 8.2.4 Einflüsse elterlicher psychischer Störungen und desorganisierte Bindungsmuster ihrer Kinder
  100. 8.3 Forschungsprobleme und Forschungsbedarf
  101. 8.4 Klinische Implikationen
  102. 8.5 Ausblick
  103. 9 Bindungsdesorganisation
  104. Anna Buchheim
  105. 9.1 Einleitung
  106. 9.2 Definition von Bindung und internalen Arbeitsmodellen von Bindung
  107. 9.3 Bindung als Schutz- und Risikofaktor für die psychische Entwicklung
  108. 9.4 Genetische Abweichungen bei Kindern mit einer desorganisierten Bindung
  109. 9.5 Transgenerationale Weitergabe von Bindung
  110. 9.6 Einfluss von Bindungssicherheit oder Bindungsunsicherheit auf die körperliche und psychische Gesundheit
  111. 9.7 Diagnostik von Bindungsdesorganisation bzw. unverarbeiteten Traumata
  112. 9.8 Befunde zur Bindungsdesorganisation bei verschiedenen Störungsbildern
  113. 9.9 Genetische und neuronale Korrelate von Bindungsdesorganisation
  114. 9.10 Fazit
  115. 10 Bindungsprozesse bei Angststörungen
  116. Katja Petrowski und Peter Joraschky
  117. 10.1 Einleitung
  118. 10.2 Panik und Agoraphobie – Definition und klinisches Erscheinungsbild
  119. 10.3 Bindungstheorie und die Ätiologie der Angststörung
  120. 10.4 Interpersonelle Faktoren als Auslöser von Angststörungen
  121. 10.5 Angstvulnerabilität als ätiologisches Modell für die Entstehung der Panikattacken und der Agoraphobie
  122. 10.5.1 Genetische Modelle
  123. 10.5.2 Neurophysiologische Vulnerabilität
  124. 10.5.3 Bindung und Psychophysiologie
  125. 10.5.4 Konditionierungsmodell
  126. 10.5.5 Kognitive Faktoren
  127. 10.5.6 Kindliche Trennungsangst
  128. 10.5.7 Elterlicher Erziehungsstil
  129. 10.5.8 Konfliktdynamik der Panikstörung
  130. 10.5.9 Von der Panikattacke zur Panikstörung
  131. 10.5.10 Erwartungsangst
  132. 10.6 Das Bindungs- und Entwicklungstrauma bei Angststörungen
  133. 10.7 Bindungsklassifikation bei Angststörungen
  134. 10.8 Bindung, Selbstkonzepte und Konflikttoleranz bei Angststörungen
  135. 10.9 Interpersonelles Wechselspiel von Bindungssicherheit und Konflikt
  136. 10.10 Angststörungen und Psychotherapie
  137. 10.11 Bindungsorientierte Psychotherapie
  138. 10.11.1 Therapieleitfaden
  139. 10.11.2 Therapierational bei verstrickter Bindungsunsicherheit:
  140. 10.11.3 Vermeidender Bindungsstil
  141. 10.12 Zusammenfassung
  142. 11 Bindungsaspekte bei der Depression
  143. Henning Schauenburg
  144. 11.1 Einleitung
  145. 11.2 Biologie, Bindung und Depression – eine Vorbemerkung:
  146. 11.3 Bindungsbezogene Krankheitsmodelle der Depression
  147. 11.4 Bindungsaspekte der Depression
  148. 11.4.1 Bindungsmuster bei depressiven Erkrankungen
  149. 11.4.2 Transgenerationale Weitergabe depressiver Risikofaktoren
  150. 11.4.3 Von der frühen Bindungsunsicherheit zur Depression des Erwachsenen
  151. 11.4.4 Bindungssicherheit, Emotionsregulation und Konfliktverarbeitung
  152. 11.5 Bindungsaspekte in der Psychotherapie depressiver Erkrankungen
  153. 11.5.1 Bindungsmuster und Therapieergebnis
  154. 11.5.2 Bindungsbezogene Wirkfaktoren
  155. 11.6 Zusammenfassung
  156. 12 Bindung und Persönlichkeitsstörungen
  157. Eva Neumann
  158. 12.1 Persönlichkeitsstörungen und unsichere Bindung
  159. 12.2 Zusammenhänge der einzelnen Persönlichkeitsstörungen mit Bindung
  160. 12.2.1 Paranoide Persönlichkeitsstörung
  161. 12.2.2 Schizoide Persönlichkeitsstörung
  162. 12.2.3 Schizotypische Persönlichkeitsstörung
  163. 12.2.4 Antisoziale Persönlichkeitsstörung
  164. 12.2.5 Borderline-Persönlichkeitsstörung
  165. 12.2.6 Histrionische Persönlichkeitsstörung
  166. 12.2.7 Narzisstische Persönlichkeitsstörung
  167. 12.2.8 Vermeidende Persönlichkeitsstörung
  168. 12.2.9 Dependente Persönlichkeitsstörung
  169. 12.2.10 Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
  170. 12.3 Abschließende Bewertung
  171. 13 Bindung und substanzbezogene Störungen
  172. Andreas Schindler
  173. 13.1 Einleitung
  174. 13.2 Substanzbezogene Störungen
  175. 13.3 Theoretisches Modell der Zusammenhänge zwischen Bindung und substanzbezogenen Störungen
  176. 13.4 Empirie
  177. 13.4.1 Methodische Probleme
  178. 13.4.2 Sichere und unsichere Bindung
  179. 13.4.3 Befunde zu einzelnen Bindungsmustern
  180. 13.4.4 Befunde zu spezifischen Konsumentengruppen
  181. 13.4.5 Exkurs: Ist Bindung eine Suchtstörung?
  182. 13.4.6 Adoleszenz und familiäre Bindungsmuster
  183. 13.4.7 Exkurs: Elterliche Sucht als Risikofaktor
  184. 13.5 Diskussion
  185. 13.6 Therapeutische Implikationen
  186. 13.6.1 Die therapeutische Beziehung
  187. 13.6.2 Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (MBT)
  188. 13.6.3 Systemisch-familientherapeutische Ansätze
  189. 13.7 Fazit
  190. 14 Bindung und somatoforme Störungen
  191. Elisabeth Waller und Carl Eduard Scheidt
  192. 14.1 Einleitung
  193. 14.2 Verhältnis zum Körper und interaktionelle Aspekte bei somatoformen Störungen
  194. 14.3 Körper und Beziehung: eine entwicklungspsychologische Perspektive
  195. 14.4 Ein bindungstheoretisches Modell somatoformer Störungen
  196. 14.4.1 Bindung, Mentalisierung und Affektregulation
  197. 14.4.2 Bindung und Stressregulation
  198. 14.4.3 Bindung und Schmerzwahrnehmung
  199. 14.4.4 Bindung und Krankheitsverhalten
  200. 14.5 Untersuchungen zur Bindungsrepräsentationen bei somatoformen Störungen
  201. 14.6 Ausblick: klinische Implikationen
  202. 15 Bindung, körperliche Krankheit und Krankheitsbewältigung
  203. Claudia Subic-Wrana
  204. 15.1 Einleitung
  205. 15.2 Bindung und physiologische Stressverarbeitung
  206. 15.3 Bindung und Rückgriff auf externe Stressregulatoren
  207. 15.4 Bindung und Krankheitsverarbeitung
  208. 15.5 Zusammenfassung und Ausblick
  209. Teil III Interventionen/Psychotherapie
  210. 16 Frühe Hilfen und Kinderschutz
  211. Ute Ziegenhain und Anne Katrin Künster
  212. 16.1 Einleitung
  213. 16.2 Frühe Hilfen und Kinderschutz: Entwicklungen in Deutschland
  214. 16.3 Interdisziplinäre Kooperations- und Vernetzungsstrukturen für passgenaue Unterstützung und Versorgung von jungen Familien
  215. 16.4 Optimierung des Angebotsrepertoires zur Förderung elterlicher Beziehungs- und Erziehungskompetenzen
  216. 16.5 Stand der empirischen Evaluation zur Förderung elterlicher Beziehungs- und Erziehungskompetenzen
  217. 16.6 Zusammenfassung und Ausblick
  218. 17 Bindungsaspekte in der primärmedizinischen Versorgung
  219. Katja Brenk-Franz
  220. 17.1 Einführung und bindungstheoretische Grundlagen
  221. 17.2 Interindividuelle Unterschiede in den Bindungsmerkmalen
  222. 17.3 Modell der Aktivierung des Bindungssystems und deren Bedeutung für die Primärmedizin
  223. 17.4 Bindung und Krankheitsverarbeitung
  224. 17.5 Bindung und Selbstmanagement in der Primärversorgung
  225. 17.6 Die Arzt-Patient-Beziehung in der Primärmedizin
  226. 17.7 Bindungsmerkmale des Arztes
  227. 17.8 Bindung als Prädiktor für Adherence und Behandlungserfolg
  228. 17.9 Ausblick
  229. 18 Bindung und Psychotherapie
  230. Johannes C. Ehrenthal
  231. 18.1 Einleitung
  232. 18.2 Hintergrund
  233. 18.3 Bindung als Prädiktor
  234. 18.4 Bindung als Outcome
  235. 18.5 Desiderate für zukünftige Forschung
  236. 18.6 Fazit für die therapeutische Praxis
  237. 19 Bindungsaspekte im Psychotherapieprozess
  238. UIrike Dinger
  239. 19.1 Einleitung
  240. 19.2 Theoretische und klinische Grundlagen
  241. 19.3 Bindungsmerkmale von Patienten
  242. 19.3.1 Exploration in der Psychotherapie: Öffnungsbereitschaft und narrativer Prozess
  243. 19.3.2 Qualität der therapeutischen Allianz
  244. 19.3.3 Andere Merkmale von therapeutischen Beziehungen
  245. 19.4 Bindungsmerkmale von Therapeuten
  246. 19.4.1 Verteilung der Bindungsmuster von Therapeuten
  247. 19.4.2 Reaktion und Gegenübertragung auf verschiedene Patienten
  248. 19.4.3 Therapeutische Allianz und Bindung an den Therapeuten
  249. 19.4.4 Passung von Patienten und Therapeuten
  250. 19.5 Veränderungen von Bindungsmerkmalen während der Therapie
  251. 19.6 Implikationen für die therapeutische Praxis
  252. 20 Bindungsaspekte in der Gruppenpsychotherapie
  253. Bernhard Strauß
  254. 20.1 Einleitung
  255. 20.2 Bindung und Gruppentherapie: Theoretische Überlegungen
  256. 20.3 Befunde zum Zusammenhang zwischen Bindungsmerkmalen und Gruppenprozessen
  257. 20.4 Bindungsstatus und Behandlungserfolg in Gruppentherapien
  258. 20.5 Schlussfolgerungen
  259. 21 Bindungstheorie und Verhaltenstherapie
  260. Diane Lange und Daniela Victor
  261. 21.1 Einleitung
  262. 21.2 Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP)
  263. 21.2.1 Liste prägender Bezugspersonen und Übertragungshypothese
  264. 21.2.2 Diszipliniertes persönliches Einlassen
  265. 21.2.3 Situationsanalyse
  266. 21.2.4 Zusammenhang zwischen CBASP und Bindungstheorie
  267. 21.3 Strategisch-Behaviorale Therapie (SBT)
  268. 21.3.1 Überlebensregel
  269. 21.3.2 Interventionen aus der SBT
  270. 21.3.3 Zusammenhang zwischen SBT und Bindungstheorie
  271. 21.4 Schematherapie
  272. 21.4.1 Interventionen aus der Schematherapie
  273. 21.4.2 Zusammenhang zwischen Schematherapie und Bindungstheorie
  274. 21.5 Interpersonelle Psychotherapie (IPT)
  275. 21.6 Verschiedene weitere Verfahren
  276. 21.7 Zusammenfassung
  277. 22 Bindungstheorie und Humanistische Psychotherapie
  278. Jochen Eckert
  279. 22.1 Einleitung
  280. 22.2 Zur Bedeutung einer emotionalen zwischenmenschlichen Beziehung für die menschliche Entwicklung
  281. 22.3 Grundannahmen der Gesprächspsychotherapie zur Persönlichkeitsentwicklung
  282. 22.4 Die Persönlichkeitstheorie von Rogers und die Bindungstheorie von Bowlby im Vergleich
  283. 22.5 Zur Qualität der Beziehung zwischen Kind und Pflegeperson
  284. 22.5.1 Die Qualität einer bindungsfördernden Beziehung aus Sicht der Bindungstheorie
  285. 22.5.2 Die Qualität einer psychischen Stabilität fördernden Beziehung aus Sicht der Gesprächspsychotherapie
  286. 22.6 Mentalisierung und empathische Erfassung des Inneren Bezugsrahmens
  287. 22.7 Ein empirischer Vergleich von »Mentalisierung« und »Selbstexploration«
  288. 22.8 Welchen praktischen Gewinn können humanistische Therapieansätze aus den Erkenntnissen der Bindungstheorie ziehen?
  289. 22.9 Zusammenfassung
  290. 23 Bindungstheorie und Psychodynamische Therapie
  291. Anna Buchheim
  292. 23.1 Einleitung
  293. 23.2 Die Veränderbarkeit von unsicheren Bindungsrepräsentationen durch Psychodynamische Psychotherapien
  294. 23.2.1 Psychodynamische Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung
  295. 23.2.2 Langzeitpsychoanalysen und Veränderung von Bindungsrepräsentationen im Münchner Bindungs- und Wirkungsforschungsprojekt
  296. 23.2.3 Veränderung von Bindungsrepräsentation bei chronisch depressiven Patienten in der Hanse-Neuro-Psychoanalyse-Studie
  297. 23.2.4 Einsatz der Bindungsdiagnostik in der Katathym Imaginativen Therapie
  298. 23.3 Fazit
  299. 24 Bindung, Paar-/Familientherapie und Systemische Therapie
  300. Kirsten von Sydow
  301. 24.1 Problem
  302. 24.2 Systemische Therapie und ihre theoretischen Grundlagen
  303. 24.3 Bindungstheorie
  304. 24.4 Versuch einer Integration: Systemische Bindungstheorie
  305. 24.5 Implikationen für die therapeutische Praxis
  306. 24.6 Spezifische bindungsorientiert-systemische Paar- und Familientherapie-Ansätze
  307. 24.6.1 Emotionsfokussierte Paartherapie (Emotion Focused Couple Therapy, EFT)
  308. 24.6.2 Multidimensionale Familientherapie (Multidimensional Family Therapy, MDFT)
  309. 24.6.3 Bindungsorientierte Familientherapie (Attachment-Based Family Therapy, ABFT)
  310. 24.7 Diskussion und Ausblick
  311. Teil IV Versuch einer Integration
  312. 25 Bindung in Psychologie und Medizin – Perspektiven einer klinischen Bindungsforschung
  313. Henning Schauenburg und Bernhard Strauß
  314. 25.1 Einleitung
  315. 25.2 In welchem Spannungsfeld bewegt sich die Bindungstheorie und -forschung heute?
  316. 25.2.1 Manifestationen von Bindungsstrategien und ihre Erfassung
  317. 25.2.2 Psychobiologie der Bindung
  318. 25.2.3 Bindung und (Psycho-)Pathologie
  319. 25.2.4 Bindung und psychologische Interventionen
  320. 25.3 Was nützt die Bindungstheorie den Psychotherapeuten?
  321. 25.4 Potential und Grenzen der Bindungstheorie in Psychologie und Medizin
  322. Literaturverzeichnis
  323. Stichwortverzeichnis

Für Mechthild und Renate

 

Vorwort

 

 

John Bowlby (1913–1990) begann mit den Vorarbeiten seiner Bindungstheorie schon vor dem Zweiten Weltkrieg, als er bei schwer verhaltensauffälligen Jugendlichen die Folgen emotionaler Deprivation für die kindliche Entwicklung studierte. Der klinische Kontext dieser Theorie war also eigentlich immer evident, dennoch sah sich Bowlby in der Gemeinschaft insbesondere der psychoanalytischen Psychotherapeuten seiner Zeit wegen seiner behaupteten »reinen Verhaltensorientierung« und seiner kritischen Haltung gegenüber der klassischen Triebtheorie starker Kritik und Ablehnung ausgesetzt. Dies trug dazu bei, dass die Bindungstheorie zwar in der Entwicklungspsychologie florierte und eine Vielzahl von Fortentwicklungen erlebte, in der Psychotherapie und in der psychosozialen Medizin dagegen lange nicht beachtet, wenn nicht gar unbekannt blieb.

In den 1980er und 1990er Jahren begann sich dieses Bild zu wandeln. Zuerst noch recht zögerlich und nun wiederum von den Entwicklungspsychologen kritisch beäugt, begann ein zartes Pflänzchen klinischer Bindungsforschung zu wachsen, wobei zu Beginn hauptsächlich die Frage im Blickpunkt stand, ob und in welcher Weise Bindungsunsicherheiten entwicklungspsychopathologisch relevant sind (Strauß et al., 2002).

In der Folge hat sich die klinische Bindungsforschung sehr rasch weiter differenziert. Bindungstheoretische Aspekte spielen heute sowohl in Psychotherapietheorien wie auch in der empirischen Psychotherapieforschung eine große Rolle. Auch in Bereichen, die eher der psychosomatischen Medizin zuzuordnen sind, aber auch im primärärztlichen Kontext ist die Zahl klinischer Studien mit bindungstheoretischem Hintergrund deutlich gewachsen.

Dieses große Wachstum war letztendlich Anregung für unsere Idee, den Stand des Bindungsthemas in Psychologie und Medizin zusammenzufassen und diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die die jeweiligen Bereiche im deutschen Sprachraum repräsentieren, zu bitten, kompakte und aktuelle Übersichten zu diesem Handbuch beizusteuern.

Das Ergebnis ist in unseren Augen ein sehr erfreuliches: Im Abschnitt Grundlagen werden die Bindungsentwicklung und ihre Stabilität in unterschiedlichen Lebensaltern, die Bedeutung von Bindung in Paarbeziehungen, neurobiologische Grundlagen und Methoden zur Erfassung von Bindungsmerkmalen zusammengefasst.

In dem Abschnitt über klinische Themen finden sich insgesamt neun Kapitel zum Zusammenhang von Bindungsmerkmalen und typischen psychischen Störungsbildern bzw. altersspezifischen Beeinträchtigungen.

Schließlich gibt es in dem Abschnitt über Bindungsaspekte von therapeutischen Interventionen eine Übersicht über Frühe Hilfen, über generelle Zusammenhänge zwischen Bindung und Psychotherapie bzw. Therapieprozess, in der Einzel- wie in der Gruppenpsychotherapie. Die vier wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren werden sodann aus der Perspektive der Bindungstheorie beleuchtet (Verhaltenstherapie, Gesprächspsychotherapie, Psychodynamische Therapie und Systemische Therapie).

Die Herausgeber haben versucht, in einem abschließenden Beitrag die vielfältigen Aspekte klinischer Bindungsforschung zu integrieren.

Wir sind allen Autorinnen und Autoren zu großem Dank verpflichtet, dass Sie ihre Beiträge so kompetent verfasst haben und gleichzeitig geduldig waren abzuwarten, bis alle Beiträge vorlagen und noch einmal auf den aktuellen Stand gebracht wurden.

Wir danken außerdem den Vertretern des Kohlhammer Verlags, Frau Brutler und Herrn Poensgen und insbesondere Frau Laux, die das Lektorat für diesen Band übernommen hat, für ihre sorgfältige und zuverlässige Arbeit.

Wir würden uns wünschen, dass der vorliegende Band die aktuellen Meilensteine der klinischen Bindungsforschung markiert und anregt, auf ihren Feldern weiter zu arbeiten und würden uns natürlich auch wünschen, dass es nicht allzu lange dauern muss, bis wir diese Übersicht mit neuen Ergebnissen versehen aktualisieren können.

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern eine anregende Beschäftigung mit der Bindungstheorie, die mittlerweile aus dem klinischen Kontext nicht mehr wegzudenken ist.

Jena und Heidelberg im Sommer 2016

Bernhard Strauß und Henning Schauenburg

 

Verzeichnis der Herausgeber und Autoren

 

 

Herausgeber

Prof. Dr. Bernhard Strauß

Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie

Universitätsklinikum Jena

Stoystraße 3

07740 Jena

E-Mail: bernhard.strauss@med.uni-jena.de

Prof. Dr. Henning Schauenburg

Universitätsklinikum Heidelberg

Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik

Thibaustraße 2

69115 Heidelberg

E-Mail: henning.schauenburg@med.uni-heidelberg.de

Autoren

Dr. Johanna Behringer

Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie

Universität Erlangen

Nägelsbachstraße 49a

91052 Erlangen

E-Mail: johanna.behringer@fau.de

Prof. Dr. Anna Buchheim

Institut für Psychologie

Universität Innsbruck

Bruno-Sander-Haus

Innrain 52

A 6020 Innsbruck

E-Mail: anna.buchheim@uibk.ac.at

Dr. Katja Brenk-Franz

Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie

Universitätsklinikum Jena

Stoystraße 3

07740 Jena

E-Mail: katja.brenk-franz@med.uni-jena.de

Dr. Dipl.-Psych. Ulrike Dinger

Universitätsklinikum Heidelberg

Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik

Thibautstraße 2

69115 Heidelberg

E-Mail: ulrike.dinger@med.uni-heidelberg.de

Prof. Dr. phil. Beate Ditzen

Universitätsklinikum Heidelberg

Institut für Medizinische Psychologie

Lehrstuhl für Medizinische Psychologie und Psychotherapie

Bergheimer Str. 20

69115 Heidelberg

E-Mail: beate.ditzen@med.uni-heidelberg.de

Prof. Dr. Jochen Eckert

Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf

Institut für Psychotherapie

Von-Melle-Park 5

20146 Hamburg

E-Mail: jeckert@uni-hamburg.de

Dr. Dipl.-Psych. Johannes C. Ehrenthal

Universitätsklinikum Heidelberg

Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik

Thibautstraße 2

69115 Heidelberg

E-Mail: johannes.ehrenthal@med.uni-heidelberg.de

Prof. Dr. Markus Heinrichs

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Institut für Psychologie

Lehrstuhl für Biologische und Differentielle Psychologie

Stefan-Meier-Straße 8

79104 Freiburg i. Br.

E-Mail: heinrichs@psychologie.uni-freiburg.de

Prof. Dr. Peter Joraschky

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus

Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik

Fetscherstraße 74

01307 Dresden

E-Mail: peter.joraschky@uniklinikum-dresden.de

Dr. Helmut Kirchmann

Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie

Universitätsklinikum Jena

Stoystraße 3

07740 Jena

E-Mail: helmutkirchmann@web.de

Dr. Anne Katrin Künster

Institut Kindheit und Entwicklung

Herrenweg 10

89079 Ulm

E-Mail: kuenster@institut-ke.de

Dr. Diane Lange

Eos-Klinik für Psychotherapie

Alexianer Münster GmbH

Hammer Straße 18

48153 Münster

E-Mail: lange@alexianer.de

Dr. Eva Neumann

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Medizinische Fakultät

Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Bergische Landstraße 2

40629 Düsseldorf

E-Mail: eva.neumann@uni-duesseldorf.de

Tobias Nolte

The Anna Freud Centre

12 Maresfield Gardens

London NW3 5SU

E-Mail: tobias.noltemd@annafreud.org

Prof. Dr. Dipl. Psych. Katja Petrowski

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus

Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik

Fetscherstraße 74

01307 Dresden

E-Mail: katja.petrowski@tu-dresden.de

Dr. phil. Dipl.-Psych. Iris Reiner

Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Universitätsmedizin Mainz

Untere Zahlbacher Straße 8

55131 Mainz

E-Mail: iris.reiner@unimedizin-mainz.de

Prof. Dr. Carl Eduard Scheidt

Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin

Universitätsklinik Freiburg

Hauptstraße 8

79104 Freiburg

E-Mail: carl.eduard.scheidt@uniklinik-freiburg.de

Dr. Andreas Schindler

Spezialambulanz für Persönlichkeits- und Belastungsstörungen

Integrierte Versorgung Borderline

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Martinistraße 52

20246 Hamburg

E-Mail: a.schindler@uke.de

Paul Schröder

Institut für Psychosoziale Prävention

Universitätsklinikum Heidelberg

Bergheimerstr. 54

69115 Heidelberg

E-Mail: paul.schroeder@med.uni-heidelberg.de

Prof. Dr. Inge Seiffge-Krenke

Johannes Gutenberg Universität Mainz

Kostheimer Landstraße 11

55246 Mainz-Kostheim

E-Mail: seiffge-krenke@uni-mainz.de

Dipl. Psych. Sashi Singh

Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie

Universitätsklinikum Jena

Stoystraße 3

07740 Jena

E-Mail: sashi.singh@med.uni-jena.de

Prof. Dr. Gottfried Spangler

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Institut für Psychologie

Nägelsbachstraße 49a

91052 Erlangen

E-Mail: gottfried.spangler@psy.phil.uni-erlangen.de

PD Dr. Dipl.-Psych. Claudia Subic-Wrana

Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Universitätsmedizin Mainz

Untere Zahlbacher Straße 8

55131 Mainz

E-Mail: claudia.subic-wrana@unimedizin-mainz.de

Prof. Dr. Kirsten von Sydow

Professur für Klinische Psychologie und Psychotherapie

Psychologische Hochschule Berlin (PHB)

Am Köllnischen Park 2

10179 Berlin

E-Mail: kirsten.von.sydow@psychologische-hochschule.de

Prof. Dr. Svenja Taubner

Universitätsklinikum Heidelberg

Institut für Psychosoziale Prävention

Bergheimerstraße 54

69115 Heidelberg

E-Mail: svenja.taubner@med.uni-heidelberg.de

Dr. Daniela Victor

Eos-Klinik für Psychotherapie

Alexianer Münster GmbH

Hammer Straße 18

48153 Münster

E-Mail: lange@alexianer.de

Dr. Elisabeth Waller

Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin

Universitätsklinik Freiburg

Hauptstraße 8

79104 Freiburg

E-Mail: elisabeth.waller@uniklinik-freiburg.de

Prof. Dr. Ute Ziegenhain

Sektion Pädagogik, Jugendhilfe, Bindungsforschung und Entwicklungspsychopathologie

Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie

Universitätsklinikum Ulm

Steinhövelstraße 5

89075 Ulm

E-Mail: ute.ziegenhain@uniklinik-ulm.de

Laura Zimmermann

Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Universitätsstraße 65-67

9020 Klagenfurt am Wörthersee

 

 

 

Teil I   Grundlagen

 

1          Bindungsentwicklung im Kindesalter

Gottfried Spangler und Iris Reiner

 

1.1       Einführung

Unser Wissen über die Bindungsentwicklung beim Kind ist wesentlich durch die Bindungstheorie und die darauf aufbauende empirische Forschung geprägt. Die Bindungstheorie geht auf John Bowlby zurück (1969), der sie in den 1950er Jahren vor dem Hintergrund psychoanalytischer und verhaltensbiologischer Grundannahmen erstmals formuliert hat. Sie befasst sich mit dem Aufbau von emotionalen Beziehungen zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen, deren individuellen und sozialen Grundlagen sowie mit deren Konsequenzen für die weitere Entwicklung. Im Gegensatz zu früheren psychoanalytischen und lerntheoretischen Vorstellungen von Bindung als sekundärem Motivationssystem, das sich aus der Befriedigung von Primärbedürfnissen des Säuglings (z. B. Hunger) durch die Mutter entwickelt, wird Bindung aus der Sicht der Bindungstheorie als ein Primärmotiv gesehen, also einem grundlegenden Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, Kontakt und Liebe, welches sich unabhängig von anderen Primärbedürfnissen entwickelt. Die Entstehung des Primärmotivs wird phylogenetisch mit dessen biologischer Schutzfunktion bzw. dem daraus resultierenden Überlebenswert erklärt. Das Potential zur Ausbildung des Bindungsverhaltenssystems ist also universell. Allerdings können sich durch Lerneinflüsse Unterschiede in ihrer qualitativen Ausprägung ausbilden (Grossmann und Grossmann, 1986a).

Die psychologische Funktion von Bindung besteht in der emotionalen Regulation des Kindes (z. B. Zimmermann, 1999). Vor allem Neugeborene und Säuglinge sind auf Regulation durch ihre Bezugspersonen angewiesen. Ältere Säuglinge können ihr Verhalten in Alltagssituationen, die nur geringe emotionale Belastungen mit sich bringen, zu einem gewissen Grad selbst organisieren (Als, 1986; Spangler et al., 1994), benötigen aber die Unterstützung der Bindungsperson, um Situationen, die in ihnen negative Emotionen auslösen, angemessen bewältigen zu können. Entsprechende Erfahrungen führen zum Aufbau spezifischer Erwartungen des Kindes bezüglich der Verfügbarkeit der Bezugsperson, die sich nach Bowlby in sogenannten Inneren Arbeitsmodellen von Bindung widerspiegeln und welche in zukünftigen bindungsrelevanten, emotional belastenden Situationen entscheidend zur Verhaltens- und Emotionsregulation beitragen. Nachdem dies etwa bis zur Mitte des 2. Lebensjahres prozedural organisiert ist, also kindliche Erwartungen mit spezifischen Verhaltensstrategien einhergehen, spielen mit fortschreitender kognitiver und sprachlicher Entwicklung zunehmend mentale Strategien und kognitive Repräsentationen eine zunehmend wichtige Rolle in der Organisation des Inneren Arbeitsmodells (Spangler und Zimmermann, 1999). Diese beinhalten schließlich Vorstellungen und Erwartungen bezüglich der Bezugsperson und ihrer Verfügbarkeit, über die eigene Person und verfügbare Handlungsmöglichkeiten und Bewertungen über die Bedeutung von Bindungen.

Sowohl die biologische Schutzfunktion als auch die emotionale Regulationsfunktion von Bindung wird gewährleistet durch eine stabile Neigung des Kindes, Nähe zu Bezugsperson zu suchen. Zur Herstellung von Nähe dienen Bindungsverhaltensweisen, beim Kleinkind beispielsweise Schreien, Weinen, Anklammern, Rufen oder Nachfolgen. All diese Verhaltensweisen haben Nähe oder Körperkontakt zur Bezugsperson zur Folge, entweder weil sie die Bezugsperson veranlassen, die Nähe zum Kind herzustellen, oder weil das Kind diese Nähe aktiv herstellt. Bindungsverhalten zeigt das Kind allerdings nur dann, wenn sein Bindungsverhaltenssystem aktiviert ist, welches die innere Organisation von Bindung darstellt. Das Bindungsverhaltenssystem steht antithetisch zum Explorationsverhaltenssystem (Bowlby, 1969; Ainsworth et al., 1978), einem weiterem biologisch angelegtem Verhaltenssystem, das darauf ausgerichtet ist, die Umwelt zu erkunden. Eine Aktivierung des Explorationsverhaltenssystems ist nur dann möglich, wenn das Bindungsverhaltenssystems nicht aktiviert ist, da das Gefühl gewisser psychischer Sicherheit Voraussetzung für Spiel und Exploration beim Kind ist. Gleichermaßen führt eine Aktivierung des Bindungssystems unmittelbar zu einer Deaktivierung des Explorationsverhaltenssystems. Auf Seiten der Bezugsperson steht dem Bindungsverhaltenssystem des Kindes das sogenannte Fürsorgeverhaltenssystem gegenüber, welches Aufmerksamkeit gegenüber dem Kind und eine Bereitschaft oder Tendenz beinhaltet, auf kindliches Signalverhalten angemessen zu reagieren. Durch die Komplementarität der Verhaltenssysteme ist das Kind prä-adaptiv an seine soziale Umwelt angepasst.

Die Organisation des Bindungsverhaltenssystems erfolgt nach Bowlby (1969) über Emotionen, die als Bewertungsprozesse der gegebenen Situation sowohl als Warnsystem zur Regulation der eigenen Verhaltensweisen als auch – über den emotionalen Ausdruck – als Kommunikationssystem zur Regulation der Verhaltensweisen der Bezugsperson dienen. So aktivieren negative Emotionen des Kindes (z. B. Kummer oder Angst) das Bindungsverhaltenssystem, was durch Weinen oder ängstliches Rufen zum Ausdruck kommt und/oder aktives Bindungsverhalten wie Suchen oder Nachfolgen hervorruft. Durch den emotionalen Ausdruck teilt das Kind dabei der Bezugsperson seine emotionalen Bedürfnisse mit und veranlasst sie über die Aktivierung ihres Fürsorgeverhaltenssystems, Körperkontakt aufzunehmen und es zu trösten (Bowlby, 1969). Beide Prozesse, also sowohl die internen wie die externen Regulationsmechanismen, tragen zur Herstellung und Aufrechterhaltung der nötigen Nähe zur Bezugsperson bei.

1.2       Phasen der Bindungsentwicklung

Kindliche Bindungen entwickeln sich im Laufe der ersten Lebensjahre in vier Phasen (Bowlby, 1969; Marvin und Bittner, 2008). Bindungsverhaltensweisen wie Weinen, Schreien oder Anklammern zeigt ein Kind schon nach der Geburt. In der ersten Phase von zwei bis drei Monaten zeigt das Kind deutlich Orientierungsverhalten gegenüber Menschen, reagiert spezifisch auf soziale Reize, differenziert aber noch kaum zwischen verschiedenen Personen. Während dieser Phase werden allerdings beim Kind schon gewisse Erwartungen an Personen seiner Umwelt aufgebaut (Ainsworth et al., 1978). In der zweiten Phase, die bis etwa zum 6. Monat dauert, wird das Orientierungsverhalten zunehmend auf vertraute Personen, die primären Bezugspersonen, beschränkt. Von einer Bindung wird hier noch nicht ausgegangen. In der dritten Phase, ab ca. sechs bis sieben Monaten, wird das Kind zunehmend wählerisch im Umgang mit Personen. Fremden begegnet es mit Zurückhaltung, Vorsicht oder Angst. Es bemüht sich, Nähe zur Bezugsperson aufrechtzuerhalten und benutzt sie als «sichere Basis« für seine Erkundungen der Umwelt. Es zeigt Kummer, wenn die Bezugsperson weggeht, und lässt sich gegebenenfalls nur von ihr trösten. Mit fortschreitender lokomotorischer Entwicklung zeigt es zusätzlich zu Signalverhalten zunehmend aktives Bindungsverhalten in Form von Kontaktaufnahme, Nachfolgen usw. Die Bindungsverhaltensweisen sind zunehmend ziel-orientiert und werden dem Bindungsverhaltenssystem funktionell untergeordnet (Ainsworth et al., 1978), so dass sie in Abhängigkeit vom Aktivierungszustand des Bindungsverhaltenssystems nach Art und Intensität zunehmend flexibel eingesetzt werden können. In der vierten Phase, die etwa im dritten Lebensjahr beginnt, bildet das Kind eine zielkorrigierte Partnerschaft zu seinen Bezugspersonen aus (Marvin und Bittner, 2008). Es ist aufgrund seiner kognitiven Entwicklung nun auch zunehmend in der Lage, Erwartungen, Bedürfnisse und Pläne der Bezugspersonen in die eigene Verhaltenssteuerung mit einzubeziehen und sie mit eigenen Plänen zu koordinieren. Das Kind kann auf zielkorrigierte Weise mit der Bezugsperson um Zeitpunkt und Ausmaß von Nähe verhandeln und benötigt zunehmend weniger körperlichen Kontakt zur emotionalen Regulation.

Die Bindungsentwicklung ist kein individueller Prozess auf Seiten des Kindes, sondern findet in enger Wechselwirkung mit dem Interaktionsverhalten der Bezugsperson statt, deren komplementäres Fürsorgeverhaltenssystem prä-adaptiv zum kindlichen Verhalten ist. Nach Bowlby (1969) versuchen auch Mütter, eine gewisse Nähe zum Kind aufrechtzuerhalten, und zeigen Rückholverhalten, wenn das Kind zu weit entfernt ist. Eine wesentliche Komponente des elterlichen Fürsorgeverhaltens ist nach Ainsworth et al. (1978) die Feinfühligkeit der Mutter für kindliche Signale. Durch die prä-adaptiv komplementären Verhaltenssysteme von Kind und Eltern ist in der Regel die Entwicklung einer ersten Bindung gewährleistet. Steht allerdings keine Bindungsperson zur Verfügung, so hat dies gravierende Konsequenzen, wie die Deprivationsforschung gezeigt hat (vgl. Zeanah et al., 2005; Bowlby, 1973; Harlow, 1971).

1.3       Das Innere Arbeitsmodell von Bindung

Während der Aufbau einer Bindung also phylogenetisch determiniert und somit umweltstabil ist, entwickeln Kindern unterschiedliche Qualitäten von Bindungen, die sich in der Art der kindlichen Verhaltensorganisation im Umgang mit emotional verunsichernden (d. h. bindungssystem-aktivierenden) Situationen zeigen (Ainsworth et al., 1978). Als psychologische Organisationsstruktur des Bindungsverhaltenssystems, welches individuelle Unterschiede in der Bindungsqualität erklären soll, wird das Innere Arbeitsmodell von Bindung postuliert (Bowlby, 1969; Main et al., 1985; Bretherton, 1985). Die Arbeitsmodelle sind Verinnerlichungen der frühen Erfahrungen des Individuums mit seinen ersten Bezugspersonen. Sie enthalten als solche Wissen zum einen über die Verfügbarkeit der Bindungsperson, verbunden mit Erwartungen an deren Verhalten in bindungsrelevanten Situationen, und zum anderen über eigene Selbstwert- oder Kompetenzeinschätzungen bzw. Wissen und Vorstellungen über eigene Handlungsmöglichkeiten. Schließlich gehört dazu Wissen um die Bedeutung von Bindungen sowie die Bedeutung von Emotionen und ihre Funktion in der Gestaltung von sozialen Beziehungen. Innere Arbeitsmodelle von Bindung wirken im Laufe der Entwicklung zunehmend auch in Abwesenheit der Bezugsperson. Mit fortschreitendem Alter wird das Innere Arbeitsmodell auch durch die zunehmende kognitive Entwicklung ausgeweitet und flexibler in seiner Organisation und Funktion. Die Arbeitsmodelle stellen im gewissen Sinne zielkorrigierte Pläne oder kognitive Landkarten dar, die bewusst oder unbewusst sein können, und die das individuelle Verhalten in spezifischen, insbesondere belastenden Situation beeinflussen. Theoretisch sind Innere Arbeitsmodelle von Bindung Voraussetzung für die Erklärung situations- und altersübergreifender Zusammenhänge und der Funktion und Dynamik der Bindungsorganisation (Bretherton et al., 1990).

Das Innere Arbeitsmodell von Bindung enthält sowohl emotionale als auch kognitive Anteile. Wesentliche auch empirisch zugängliche Komponenten könnten hier das Emotionsverständnis, Wissen über eigenen Handlungsmöglichkeiten, Erwartungen an das Verhalten der Bezugsperson sowie die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme sein (vgl. Delius et al., 2008). In Anlehnung an kognitive Theorien zur Entwicklung bereichsspezifischen Wissens (Hirschfeld und Gelman, 1998) könnte davon ausgegangen werden, dass Kinder im Verlauf ihrer Entwicklung in Auseinandersetzung mit der Umwelt immer komplexere Vorstellungen über Bindung entwickeln und dies in Form einer Wissenstheorie organisieren. Das Innere Arbeitsmodell von Bindung wäre in diesem Sinne als eine »Theorie von Bindung« zu verstehen, in der Kinder auf der Grundlage ihrer Erfahrungen in bindungsrelevanten Situationen Wissen erwerben über deren emotionale Bedeutung, über eigene Verhaltensmöglichkeiten und über Gefühle und typische Reaktionen der Bezugspersonen (Delius et al., 2008).

Die Organisation des Inneren Arbeitsmodells von Bindung erfolgt in verschiedenen Alterstufen auf unterschiedlichen Ebenen (vgl. Spangler und Zimmermann, 1999). Im Neugeborenenalter ist Bindungsverhalten eher auf der Reflexebene organisiert und noch nicht an spezifischen Personen orientiert, das Bindungswissen ist im Wesentlichen in Form eines phylogenetisch erworbenen Moduls (im Sinne von Gopnik und Meltzoff, 1997) vorhanden. Dieses primäre Bindungssystem erfüllt die Funktion des Bindungsverhaltens in einer Entwicklungsphase, in der spezifische Bindungsbeziehungen noch nicht bestehen. Auf der Basis des primären Bindungssystems und spezifischer Erfahrungen mit den Fürsorgepersonen und erster sozial-kognitiver Fertigkeiten entwickelt das Kind bis zum Ende des ersten Lebensjahres spezifische Bindungsbeziehungen mit primären Bezugspersonen. Es verfügt über affektiv-prozedural organisiertes Wissen um Bindung (vgl. Spangler und Zimmermann, 1999). So kann die emotionale Bewertung einer emotional anfordernden Situation zu einem Bedürfnis nach Nähe und damit gegebenenfalls zur Aktivierung des Bindungsverhaltenssystems führen, wodurch dann eine spezifische, durch die Erwartungen an die Bezugsperson determinierte Verhaltenstrategie ausgelöst wird. Die individuelle Organisationsstruktur der Bindung zeigt hier kaum Freiheitsgrade. Das Kind verfügt über implizite Erwartungen bezüglich des Verhaltens der Bezugsperson, die in der aktuellen Situation unmittelbar mit spezifischen Verhaltensstrategien verknüpft werden. Aus der Theorie-Theorie Perspektive hat das Kind eine Theorie über Handlungen und ihre Konsequenzen (Gopnik und Meltzoff, 1997). Dieses prozedural organisierte IWM ist ein implizites affektives Modell, bei dem kognitive Bewertungsprozesse auf bewusster oder repräsentationaler Ebene noch kaum eine Rolle spielen.

Mit dem Beginn des symbolischen Denkens bzw. der Sprachentwicklung erlangt das Kind die Fähigkeit, psychische Zustände (z. B. Wünsche und Bedürfnisse) und Handlungsoptionen zu repräsentieren – nicht nur eigene, sondern durch die zunehmende Fähigkeit zur Perspektivenübernahme auch diejenigen der Bezugsperson (Bovenschen, 2006), und sie mental zu verknüpfen. Die Repräsentation psychischer Zustände und Handlungsoptionen sowie deren Koordination ermöglicht spezifischere Bewertungsprozesse, erweitert das Spektrum von alternativen Reaktionsmöglichkeiten und eröffnet vielfältigere Entscheidungsoptionen bei der Reaktionsauswahl. Das Innere Arbeitsmodell wird nun zunehmend auf der Repräsentationsebene organisiert und stellt aus der Theorie-Theorie Perspektive nun eine vollständige Theorie von Bindung dar.

1.4       Individuelle Unterschiede der Bindungsqualität: Bindungssicherheit und Bindungsdesorganisation

Individuelle Unterschiede in der Bindungsqualität können im Hinblick auf Bindungssicherheit (Ainsworth et al., 1978) und Bindungsdesorganisation (Main und Solomon, 1990) festgestellt werden. Die Bindungssicherheit äußert sich in der Art der Strategien, die ein Kind zur Nähe-Distanzregulierung verwendet, insbesondere in der Fähigkeit, bei Aktivierung des Bindungssystems der Bezugsperson die Bedürfnisse nach Nähe mitzuteilen, und somit auf der Basis der Verfügbarkeit der Bezugsperson die emotionale Stabilität wiederzuerlangen und eine Deaktivierung des Bindungssystems zu erreichen. Sicher gebundene Kinder zeigen deutliches Explorationsverhalten bei Anwesenheit der Bezugsperson, signalisieren bei der Trennung deutlich, dass sie sie vermissen (reduzieren Explorationsverhalten, zeigen Bindungsverhalten) und sie nehmen bei der Rückkehr der Bezugsperson Interaktion oder Kontakt zu ihr auf und können mit ihrer Hilfe die negativen Gefühle regulieren und dadurch ihre emotionale Stabilität wiedergewinnen. Andere Kinder zeigen unsichere Bindungsmuster (vgl. Ainsworth et al., 1978). Kinder mit einer unsicher-vermeidenden Bindung scheinen während der Trennung kaum betroffen, zeigen kaum Bindungsverhalten und halten zumindest oberflächlich ihr Explorationsverhalten aufrecht, bei der Rückkehr der Bezugsperson ignorieren sie diese und vermeiden deutlich den Kontakt mit ihr. Sie scheinen also nicht in der Lage, ihre Bezugsperson zur Emotionsregulation zu nutzen. Kinder mit einer unsicher-ambivalenten Bindung wirken von Anfang an eher ängstlich und lösen sich nur schwer von der Bezugsperson. Durch die Trennung sind sie stark betroffen; sie zeigen deutlich ihren Kummer, und nehmen bei der Rückkehr der Bezugsperson Kontakt auf, der aber mit deutlichem Ärger verbunden ist. Sie zeigen also Bindungsverhalten, können jedoch die Nähe zur Bezugsperson nicht nutzen, um sich bald wieder emotional zu stabilisieren und zum Spiel zurückzukehren.

Main und Solomon (1986) haben die Bindungsdesorganisation als ein weiteres Bindungsmuster beschrieben. Dieses äußert sich darin, dass keine durchgängigen Bindungsstrategien festzustellen sind bzw. trotz zugrundeliegender Strategien ein großes Ausmaß an desorganisiertem Verhalten zu beobachten ist, welches z. B. durch ungeordnete oder unterbrochene Bewegungen, sich widersprechende Verhaltensweisen bzw. Verwirrung oder Furcht vor der Bezugsperson zum Ausdruck kommt. Während die durch die Ainsworthschen Kategorien beschriebenen Gruppen die Sicherheit der Bindung beschreiben, bezieht sich die Mainsche Kategorie auf die Qualität der Organisation. Das Verhalten der Kinder in der Fremden Situation kann im Hinblick auf beide Dimensionen unabhängig voneinander beschrieben werden (vgl. z. B. Spangler, 2011).

Die Bindungsmuster und ihre Interpretation im Hinblick auf die Angemessenheit bezüglich der Funktion des Bindungsverhaltenssystems wurden mittlerweile auch durch Studien validiert, die die psychobiologische Organisation des Bindungsverhaltens erforscht haben. So belegt die erhöhte Nebennierenrindenaktivität (Cortisolanstieg) nach der Fremden Situation bei unsicher bzw. desorganisiert gebundenen Kindern emotionale Belastung und die adaptive Unangemessenheit unsicherer Bindungsstrategien (Spangler und Grossmann, 1993; Hertsgaard et al., 1995; Spangler und Schieche, 1998). Weiterhin fanden sich Hinweise auf die soziale Pufferfunktion einer sicheren Bindung bei gegebenen ungünstigen individuellen Dispositionen: Bei ängstlichen oder verhaltensgehemmten Kleinkindern kam es in Anforderungssituationen nur dann zu einer physiologischen Stressreaktion (Cortisolanstieg), wenn gleichzeitig keine sichere Bindung gegeben war (Nachmias et al., 1996; Gunnar et al., 1996; Spangler und Schieche, 1998). Herzfrequenzakzelerationen bei unsicher-vermeidenden Kindern während der Trennung in der Fremden Situation zeigen, dass es auch bei diesen Kindern zu einer Aktivierung des Bindungsverhaltenssystems kommt (Spangler und Grossmann, 1993), obwohl augenscheinlich kein Bindungsverhalten gezeigt wird. Ebenso konnte mit Hilfe von Herzfrequenzparametern bei desorganisierten Kindern der theoretisch postulierte psychophysiologische Alarmierungszustand belegt werden, auch wenn dieser auf Verhaltensebene teilweise nur sehr subtil in Erscheinung tritt (Spangler und Grossmann, 1999).

Die altersabhängige Organisation des Bindungssystems hat Implikationen für die Erfassung von individuellen Unterschieden. Die Erfassung der Bindungsqualität erfolgt in emotional belastenden Situationen bzw. emotionalen Anforderungssituationen, die dazu führen, dass das Bindungssystem aktiviert wird. Dies ist im Kleinkindalter die Fremde Situation (Ainsworth und Wittig, 1969), in deren Verlauf die Kinder zwei kurzen räumlichen Trennungen von der Mutter unterworfen werden. Nach der Bindungserfassung auf der Verhaltensebene im Kleinkindalter wird in späteren Altersabschnitten zunehmend die Repräsentationsebene einbezogen, während gleichzeitig die Verhaltensebene mit steigendem Alter in den Hintergrund rückt. Gemeinsam ist allen Verfahren, dass sie kategoriale Verhaltens- bzw. Repräsentationsmuster erfassen, die von ihrer Struktur her mit den in der Fremde Situation beobachteten klassischen Verhaltensmustern von Bindungssicherheit und -desorganisation korrespondieren. Als direkte Beobachtungsmethode wird im Kleinkind- und Vorschulalter auch der Attachment Q-Sort von Waters und Deane (1985) verwendet. Der entscheidende Unterschied zu den anderen Verhaltensbeobachtungsmethoden besteht darin, dass hier eine Bindungserfassung durch Beobachtung kindlichen Verhaltens in Alltagssituationen erfolgt, in denen eine Aktivierung des Bindungssystems nicht explizit induziert wird, jedoch davon ausgegangen wird, dass in Alltagssituationen auch Bindungsverhalten aktiviert wird und somit Bindungsverhaltensstrategien beobachtbar sind.

Im Vorschulalter und beginnenden Grundschulalter werden einerseits – vergleichbar der Fremden Situation – Verhaltensstrategien in bindungsrelevanten Situationen untersucht (z. B. Main et al., 1985; Wartner et al., 1994). Hierbei erfolgt eine Ausweitung der Trennungssituation, in der