Mörder und Hacker: Drei Krimis

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2016.

Inhaltsverzeichnis

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Mörder und Hacker

MÖRDER MIT HUT

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Killer ohne Namen

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Der Hacker

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Interview mit Alfred Bekker (2008)

About the Author

Mörder und Hacker

Von Alfred Bekker

Der Umfang entsprich 400 Taschenbuchseiten.

Dieses Buch enthält folgende Krimis:

Alfred Bekker: Mörder mit Hut

Alfred Bekker: Killer ohne Namen

Alfred Bekker: Der Hacker

Er nennt sich "The Virus" - und er ist einer der berüchtigsten Hacker aller Zeiten. Und er versucht den Coup seines Lebens zu machen, indem er die Zugangscodes der Pentagon-Rechner knackt und an den chinesischen Geheimdienst zu verkaufen versucht.

Bald ist ein Gejagter, der um sein Leben kämpfen muss. Und die Fahnder des FBI sind dabei noch sein geringstes Problem...

Als beim Dreh eines Action Movies der Star eine echte Kugel abbekommt, beginnen die Ermittlungen von Jesse Trevellian und seinem Team - denn es handelte sich nicht um einen Unfall, wie sich schnell herausstellt.

Ein Action Star, der tief in die Machenschaften des organisierten Verbrechens verstrickt ist, gegen die er in seinen Filmen immer kämpfte und ein Machtkampf innerhalb der Unterwelt - damit hat es Trevellian in diesem Fall zu tun. Und schon bald steht er ebenfalls auf der Abschussliste der Syndikate...

MÖRDER MIT HUT

von Alfred Bekker

Der Umfang dieser Geschichte entspricht 5 Taschenbuchseiten.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

Alle Rechte vorbehalten.

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postmaster@alfredbekker.de

1

Alle, die an jenem Abend um Geld spielten, gehörten zu denjenigen, die es sich leisten konnte, etwas aufs Spiel zu setzen, ohne dabei auf den Pfennig sehen zu müssen: Da war Gundelach, der Juwelier, ein Spieler aus Leidenschaft, der sich diese ruinöse Sucht seines gutgehenden Geschäftes wegen leisten konnte. Geiger war Bankdirektor und als solcher schon Berufs wegen mit einem gewissen Hang zum Geiz behaftet: Er spielte nie über sein Limit hinaus, selbst wenn er dafür von den anderen, allesamt weitaus vermögenderen Mitspielern belächelt wurde. Jochimsen, ein kühler, zurückhaltender Mann, war in derselben Branche wie Brandner tätig, besaß ebenfalls ein gutgehendes Unternehmen und es gehörte fast schon zum Ritual dieser Spielabende, dass er den Gastgeber drängte, seine Firma doch an ihn zu verkaufen und sich ins Privatleben zurückzuziehen. Natürlich lehnte Brandner dieses Ansinnen seines schärfsten Konkurrenten stets ab.

"Wie wäre es, wenn Sie Ihre Firma als Einsatz stiften würden?", meinte Jochimsen nachdem er einige Fünfhunderter an seine Mitspieler hatte auszahlen müssen. "Wenn es um einen lohnenden Einsatz ginge, könnte ich mich vielleicht auch besser auf das Spiel konzentrieren!"

Brandner lächelte. "Sie werden nie aufgeben, was?"

"Da haben Sie recht!", erklärte Jochimsen "Irgendwann werde ich Ihre Firma kaufen, ob Sie nun wollen oder nicht!"

Im weiteren Verlauf des Abends suchte das Pech vor allem den Juwelier Gundelach heim, der von Runde zu Runde verbissener versuchte, das Verlorene zurückzugewinnen.

"Ich denke, Sie sollten jetzt Schluss machen!", meinte Geiger, der Bankdirektor. Gundelach rieb sich nervös die Stirn.

Es war allgemein bekannt, dass der Juwelier nicht nur innerhalb dieser Herrenrunde seiner Spielleidenschaft frönte, sondern auch regelmäßiger Gast verschiedener Spielsalons war.

"Wollen Sie Kredit, Gundelach?", erkundigte sich Brandner. "Ich bezahle Ihre Schulden und Sie unterschreiben mir einen Schuldschein. Zinslos, Sie verstehen?"

"Das ist großzügig. Sie sollten darauf eingehen", meinte Geiger, noch bevor der Betroffene selbst sich äußern konnte.

2

Es war schon nach Mitternacht, als die Spielrunde sich auflöste. Brandner wusste seine Frau bereits seit einigen Stunden schlafend im Bett, aber er selbst war noch nicht müde genug, um sich ebenfalls zur Ruhe zu begeben. Er ließ sich daher mit einem Buch in einen der schweren Sessel fallen.

Zu selben Zeit war jener Mann, der wenig später zu Brandners Mörder werden sollte, damit beschäftigt, das Küchenfenster mit Hilfe eines stabilen Schraubenziehers auszuhebeln.

Dann schlich er auf leisen Sohlen ins Wohnzimmer. Brandner drehte sich im Sessel herum. Der Eindringling trug einen auffallend breitkrempigen Schlapphut, der etwas albern wirkte und sein Gesicht im Schatten versinken ließ. Dennoch erkannte Brandner ihn. Aber er kam nicht mehr dazu, irgend etwas zu sagen, denn zwei Schüsse aus einer Pistole mit Schalldämpfer machten seinem Leben ein Ende. Später würde man feststellen, dass der Schuldschein, den Gundelach dem Hausherrn unterschrieben hatte, nicht mehr aufzufinden war.

3

Als wenige Tage später Brandner zu Grabe getragen wurde, gaben alle - bis auf Gundelach - die an jenem Abend zusammen gespielt hatten, dem so plötzlich zu Tode gekommenen das letzte Geleit. Gundelach war unterdessen vorläufig festgenommen worden, da er als Einziger ein offenkundiges Motiv zu haben schien und darüber hinaus der unter Zeugen ausgestellte Schuldschein verschwunden war.

"Mein Beileid", sagte Geiger, der Bankdirektor, zu der wie versteinert dastehenden Witwe des Ermordeten.

Sie nickte nur und sagte: "Ich hoffe, dass der Schuldige zur Rechenschaft gezogen werden wird!"

"Das wird er!", meinte Geiger zuversichtlich.

Frau Brandner lächelte zynisch. "Die Polizei hat bereits den richtigen verhaftet. Bleibt nur zu hoffen, dass man es diesem Gundelach auch beweisen kann!"

Geiger schüttelte den Kopf. "Ich für meinen Teil kann es kaum glauben, dass Gundelach einen Mord begehen könnte..."

4

Einige Tage später trafen sich Geiger und Jochimsen zufällig.

"Haben Sie schon gehört, dass man Gundelach wieder freigelassen hat?", fragte Jochimsen.

"Ach, was Sie nicht sagen! Das beruhigt mich aber. Ich konnte mir ohnehin nicht vorstellen, dass unser Freund Gundelach - auch wenn er in einer finanziell verzweifelten Situation war - deshalb zum kaltblütigen Mörder würde."

Jochimsen schüttelte den Kopf. "Es ist nicht so, dass die Polizei von seiner Unschuld überzeugt ist. Vielmehr deuten nach wie vor alle Indizien - so spärlich sie auch sein mögen auf Gundelach. Aber man kann es ihm nicht beweisen."

"Ach so ist das." Geiger zuckte die Achseln. "Nun, jeder kann auch unschuldig in die Fänge der Justiz geraten."

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Die mehr oder minder regelmäßigen Glücksspielabende bei Brandners fanden nun - nach dem Tod des Gastgebers - natürlich nicht mehr statt. Aber es dauerte nur wenige Wochen, da traf man erneut zusammen und zwar wieder auf einer Beerdigung. Es war Gundelach, der (mitsamt den beiden Bleikugeln im Rücken, die seinem Leben ein Ende gemacht hatten) zu Grabe getragen wurde. Jochimsen bemerkte mit Erstaunen, dass Frau Brandner bei dieser Bestattung zugegen war, und so dachte er sich, dass dies möglicherweise eine günstige Gelegenheit wäre, ihr den Kauf des Brandner'schen Unternehmens anzubieten. "Ich würde Ihnen einen vorzüglichen Preis bieten", erklärte er der Witwe.

Sie nickte. "Ja, ich bin einverstanden", sagte sie. "Um ehrlich zu sein, Sie nähmen mir mit der Firma eine große Bürde ab, denn ich verstehe nichts von geschäftlichen Dingen."

Jochimsen lächelte zufrieden. "Der Verkaufserlös, das kann ich Ihnen versichern, wird Ihnen für den Rest Ihres Lebens eine standesgemäße Existenz sichern."

Sie nickte leicht. "Das ist ein großer Tag für mich."

Jochimsen runzelte die Stirn. "Verzeihen Sie... "Würden Sie mir das näher erklären?"

Sie sah ihn mit einem offenen Blick ein paar Sekunden lang an und antwortete dann: "Es ist ein gutes Gefühl, den Mörder meines Mannes im Grab zu wissen!"

"Für die Polizei war Gundelach nicht der Mörder."

"Ach! Hören Sie doch auf!", zischte sie ihm zu, gerade noch leise genug, so dass es sonst niemand mitbekam und die Zeremonie nicht gestört wurde. "Diese Polizisten sind doch allesamt Stümper! Wie hätten sie diesen Mann sonst laufenlassen können? Erklären Sie mir den verschwundenen Schuldschein, von dem sowohl Sie, als auch Geiger übereinstimmend gesagt haben, dass er ausgestellt wurde! Nein, Gundelach ist für mich der Mörder meines Mannes, ganz gleich, was die zuständigen Beamten dazu sagen!"

"Haben Sie etwas mit Gundelachs Tod zu tun?", fragte Jochimsen zögernd. Erst schwieg sie.

"Und wenn schon...", war dann die kühle Antwort.

Als die Zeremonie beendet war, verabschiedeten sie sich voneinander und Jochimsen setzte seinen großen, breitkrempigen Schlapphut auf. Irgendwie albern, dieser Hut, dachte Frau Brandner. Aber seit sie Jochimsen kannte, hatte er stets einen gewissen Hang zur Extravaganz gehabt.

ENDE

Killer ohne Namen

von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 205 Taschenbuchseiten.

Alles beginnt mit einem Überfall auf einen Sicherheitstransport. Die Beute: Druckplatten zur Herstellung von Dollarnoten. FBI Special Agent Jesse Trevellian und sein Team nehmen die Ermittlungen auf und kommen einer unglaublichen Verschwörung auf die Spur.

Ohne es zu ahnen, ist Trevellian jedoch längst selbst im Visier eines Mörders, der nur als KILLER OHNE NAMEN bekannt ist...

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New York 1998

Der gepanzerte Transporter hielt an der rotgestreiften Barriere. Es sah ganz nach einer Vollsperrung aus. Das konnte heiter werden...

"Verdammt, warum hat uns niemand etwas davon gesagt?", knurrte einer der Wachmänner. Er saß auf dem Beifahrersitz. "Was soll das hier?"

"Vielleicht ein Unfall, Billy", meinte der Mann am Steuer.

"Ich frage trotzdem mal in der Zentrale nach."

Links von ihnen hielt ein Chevy, rechts ein Mercedes. Hinter ihnen war ein Lieferwagen. Der gepanzerte Transporter war eingekeilt.

Billy griff zum Funkgerät.

Aber noch ehe er auch nur einen Ton gesagt hatte, sprangen links und rechts bis auf die Zähne bewaffnete Vermummte aus dem Wagen. Nicht mehr als einen schmalen Streifen in Augenhöhe ließen die dunklen Sturmhauben frei. Sie trugen Maschinenpistolen, Pump Guns und Sturmgewehre. Dazu kugelsichere Westen. Fast konnte man von der Ausrüstung her an ein Sondereinsatzkommando des New York Police Departments denken.

Aber dies waren keine Polizisten.

Billy schrie es fast in das Funkgerät hinein.

"Überfall! Etwa zwei Meilen nach dem Ausgang des Lincoln Tunnels Richtung Union City... Zwölf bis fünfzehn schwerbewaffnete Täter."

"Verhalten Sie sich ruhig und gehen Sie kein Risiko ein", kam es aus dem Lautsprecher des Funkgeräts heraus.

"Verstanden", murmelte Billy.

"Versuchen Sie, die Täter hinzuhalten. Wir tun was wir können."

"Ein wunderbarer Trost", erwiderte Billy gallig.

"Wo ist unsere Eskorte?"

"Keine Ahnung. Nicht da, wenn man sie braucht..."

Einer der Gangster fuchtelte mit dem kurzen Lauf seiner Uzi-Maschinenpistole herum. Er signalisierte den beiden Wachmännern auszusteigen.

"Wir bleiben hier ganz ruhig sitzen", erklärte Billy. "Die können uns mit ihren Waffen nichts anhaben..."

Der Transporter hatte ein so stabiles Panzerglas, dass selbst ganze Salven von Maschinengewehrfeuerstößen für die Insassen ungefährlich bleiben würden.

Und auf die Panzerung der Karosserie war Verlass.

Die Türen waren von innen verschlossen.

Einer der Kerle riss jetzt von außen daran. Aber er hatte keine Chance.

Billy grinste. "Denen geht es jetzt wie dem berühmten Affen, der versucht, an das weiche Innere einer Kokosnuss heranzukommen!"

Die Wachmänner würden einfach abwarten, bis die ganze Maschinerie von Polizei und FBI sich in Bewegung gesetzt hatte. Das Gebiet würde weiträumig abgeriegelt. Die Gangster hatten keine Chance. Jede Sekunde bedeutete für sie, dass ihre Chancen erheblich sanken.

Die beiden Wachmänner griffen zu den automatischen Pistolen, die sie in den Gürtelholstern stecken hatten.

"Sie können nichts machen", meinte der Mann am Steuer zufrieden.

Aber dann öffneten sich seine Augen weit vor Entsetzen.

Einer der Gangster hatte sich mit einer Bazooka in Stellung gebracht. Deren Geschosse durchschlugen mühelos die Stahlplatten von Panzerfahrzeugen.

Die beiden Wachleute wurden bleich.

Sie erkannten, dass ihr Verzögerungsspiel jetzt vorbei war. Endgültig. Sie ließen die Waffen sinken und hoben die Hände. Aber offenbar nicht schnell genug.

Die Bazooka wurde abgefeuert. Das Geschoss durchschlug das Panzerglas. Die Fahrerkabine des Transporters verwandelte sich in ein Inferno. Flammen schossen empor. Der Knall der Detonation war ohrenbetäubend und übertönte die Todesschreie der Insassen.

Diese hatten keine Chance.

Wenn sie nicht durch die Explosion förmlich zerrissen worden waren, versengten sie die Flammen.

In die Reihen der Gangster kam Bewegung.

Mit zwei Feuerlöschern wurden die Flammen eingedämmt.

Grauweißer Schaum erstickte das Feuer innerhalb von fünfzehn, zwanzig Sekunden.

Einer der Maskierten half einem Komplizen dabei von vorn, durch die zerstörte Frontscheibe hindurch in die Fahrerkabine zu steigen. Es roch nach verbrannten Leichen und geschmolzenem Plastik.

"Der Schlüssel!", rief der Kerl.

Er warf ihn hinaus, einem Komplizen direkt in die Hand.

Dieser rannte zur Rückfront des Transporters.

Die Tür wurde geöffnet.

Und dann lag endlich das vor ihnen, was sie haben wollten.

Es war eine Kiste aus Stahl, gut gesichert durch mehrere Halterungen. Mit zwei winzigen Plastiksprengstoffladungen wurden sie zersprengt.

Die Kiste war schwer.

Zwei Männer trugen sie hinaus und luden sie in den Kofferraum des Chevys.

Zehn Sekunden später brausten die Vermummten in ihren Wagen davon. Reifen drehten durch und quietschten. Sie fuhren wie die Teufel, denn sie wussten nur zu gut, dass jetzt jeder Cop im Umkreis von fünfhundert Meilen hinter ihnen her sein würde.

Aber ihre Beute war es wert.

Glaubten sie.

Der Staat New Jersey gehört zum Zuständigkeitsbereich des FBI-Districts New York. Aber das war längst nicht der einzige Grund dafür, dass das unser Fall war.

Als ich zusammen mit meinem Freund und Kollegen Milo Tucker am Ort des Geschehens eintraf, herrschte dort das blanke Chaos. Die State Police des Staates New Jersey hatte alles weiträumig abgeriegelt. Der McKeeway nach Union City war gesperrt.

Ich ließ die Seitenscheibe meines Sportwagens hinuntergleiten, als man uns an der ersten Straßensperre anhielt.

Ein uniformierter und schwerbewaffneter State Police-Beamter grüßte knapp.

Ich hielt ihm meinen Dienstausweis hinaus.

"Special Agent Jesse Trevellian vom FBI-District New York", murmelte ich dazu.

Mein Gegenüber nickte nur und winkte mich durch.

Ich stellte den Sportwagen irgendwo ab. Wir stiegen aus.

Der überfallene Transporter sah furchtbar aus.

Spurensicherer machten sich bereits überall zu schaffen.

Unser FBI-Distrikt hatte auch eine gute Handvoll Erkennungsdienst-Spezialisten herübergeschickt, um die hiesigen Kräfte zu unterstützen.

Außerdem war da noch ein ziemlich gestresst wirkender Captain der Polizei von Union City, in deren Zuständigkeitsbereich diese Tat bereits lag.

Der Captain hieß Craig, war grauhaarig und etwas untersetzt. Seine Schultern waren breit und gaben ihm ein sehr stämmiges Aussehen.

Er sah sich meinen Ausweis interessiert an.

"Ihnen nach dem, was hier passiert ist, noch einen guten Tag zu wünschen, würde mir unpassend erscheinen, Agent Trevellian", brummte Craig zwischen den Zähnen hindurch. "Kommen Sie, ich zeige Ihnen, was wir bislang haben."

Wir umrundeten den Transporter.

Ein unangenehmer Geruch stieg uns in die Nase.

Bei dem Blick in die Fahrerkabine wurde mir fast schlecht.

Ich habe dem Kampf gegen das Verbrechen mein Leben gewidmet. Und mein Job als G-man bringt es nun einmal mit sich, immer wieder auch dem Tod in vielfältiger Gestalt zu begegnen. Und doch gibt es immer wieder Dinge, die man in den Schlaf mitnimmt. Bilder wie das der beiden schrecklich zugerichteten Wachmänner in diesem Transporter zum Beispiel.

Ich bin hart im Nehmen.

Aber nicht abgestumpft.

"Die Gangster waren sehr gut organisiert", erklärte Craig mit tonloser Stimme. "Sie haben eine Bazooka oder so etwas verwendet. Die beiden armen Kerle hatten nicht den Hauch einer Chance."

Craig ballte die Hände zu Fäusten.

Irgendein Kollege meldete sich über Funk bei ihm. Er zog das Gerät aus der Manteltasche und meldete sich.

Offenbar gab es noch immer keine Spur von den Tätern. Und das obwohl eine Großfahndung eingeleitet worden war. Das konnte eigentlich nur heißen, dass sie eine sehr gute Organisation im Hintergrund hatten, die ihnen beim Untertauchen half.

Ich erwartete, dass wir bald irgendwo auf ein paar Wagen stießen, die sie benutzt und dann irgendwo abgestellt hatten.

Wenn wir Glück hatten, ergaben sich dann ein paar Hinweise.

Wenn wir Glück hatten. Aber die Chancen standen nicht allzu gut, wenn man die Kaltblütigkeit bedachte, mit der sie gehandelt hatten.

Jedes Detail schien genau überlegt und organisiert gewesen zu sein.

Während Craig damit fortfuhr, uns den Tatort zu erläutern, wurde mir das immer klarer.

"Sehen Sie das weißgraue Pulver, Agent Trevellian?"

"Ja. Stammt wohl von einem Feuerlöscher. Sie haben den Brand gelöscht. Warum haben sie das gemacht?"

"Um den Schlüssel an sich zu bringen. Das Schloss der Hintertür verfügt über einen besonderen Schutzmechanismus gegen Sprengungen. Bei Hitzeeinwirkung schmilzt da irgend etwas zusammen und man kann die Tür dann nur noch mühsam aufschweißen. Deswegen haben die auch nicht einfach ihre Bazooka auf die Rückfront gehalten oder versucht, die Tür aufzusprengen. Nein, sie mussten an den Schlüssel..."

"Sie meinen, dass sie diese Details wussten?", mischte sich jetzt Agent Milo Tucker ein.

Craig zuckte die Achseln.

"Haben Sie eine bessere Erklärung? Das mit der Bazooka hatte übrigens auch noch einen anderen Vorteil für diese Killer. Sehen Sie den schwarzen, eingeschmolzenen Klumpen da oben?"

"Ich sehe ihn."

"Das war mal die Videoüberwachungsanlage."

Selbst, wenn die Täter maskiert gewesen waren, ließen sich aus solchen Aufnahmen oft wertvolle Rückschlüsse ziehen.

Auch, wenn von den Gesichtern nichts zu sehen war. In Kalifornien war von den dortigen FBI-Kollegen vor kurzem ein maskierter Bankräuber auf Grund des unverwechselbaren Waschmusters seiner Jeans überführt worden.

Aber wir konnten in diesem Fall auf derartige Hilfe nicht hoffen.

Ich wandte mich von dem schrecklichen Anblick der ausgebrannten Fahrerkabine ab und deutete auf die rotgestreiften Barrieren, die mitten auf die Straße gestellt worden waren.

"Sieht nicht gerade nach einer Baustelle aus, an der viel gearbeitet worden ist", stellte ich fest.

Craig nickte.

"Sie haben vollkommen recht, Agent Trevellian. Das haben die Gangster inszeniert, um den Transport anzuhalten."

"Das bedeutet, dass sie auch über den Zeitplan genau Bescheid wussten, der für den Transporter galt."

"Das ist auch mein Gedanke."

"Ich möchte mir den Wagen gerne von innen ansehen", meinte Milo.

Craig nickte.

"Nichts dagegen."

Er führte uns zur hinteren Tür. Der Schlüssel steckte noch.

Er war verkohlt. Schon daran konnte man sehen, dass er aus der Fahrerkabine geholt worden war.

Craig kramte einen Latexhandschuh aus der Manteltasche, bevor er die Tür öffnete.

Er stieg hinein und deutete mit der ausgestreckten Hand auf eine Stelle am Boden. Zerborstene Halterungen zeugten davon, dass man hier wenig zimperlich vorgegangen war.

"Hier war die Kiste mit den Druckplatten", erklärte der Police Captain. "Mehr als nur eine Lizenz zum Gelddrucken! Wer diese Dinger hat, kann Originalbanknoten der Vereinigten Staaten von Amerika herstellen, soviel er will." Craig deutete mit gestrecktem Zeigefinger im Laderaum des Transporters umher. "Die Halterungen wurden gesprengt... Der Transport wurde übrigens von einer Zivileskorte begleitet, die dem eigentlichen Transport unauffällig folgen sollte. Aber die wurde durch einen - vermutlich provozierten Auffahrunfall aufgehalten..."

Milo sah mich an.

Sein Gesicht war ernst.

"Da muss ein ganz großer Hai dahinterstecken", war er überzeugt. Ich konnte ihm nur zustimmen.

3

26 Federel Plaza ist die Adresse des FBI-Distrikthauptquartiers. Wir saßen im Büro von Special Agent in Charge Jonathan D. McKee, unserem Chef.

Außer Milo Tucker und mir waren noch ein halbes Dutzend weiterer Agenten anwesend. Darunter Ronald Figueira, ein Falschgeldspezialist aus dem Innendienst und Max Carter aus unserer Fahndungsabteilung.

Carter erläuterte uns gerade, wie der Stand der Großfahndung war, die man in vier Bundesstaaten ausgelöst hatte. Leider war das Ergebnis bis jetzt gleich null, wenn man es auf den Punkt brachte.

"Der Wagen war von Queens aus unterwegs. Ausgangspunkt war das Gelände von McGordon Inc., einem kleinen McKee-Tech-Unternehmen, das unter anderem solche hochwertigen Druckplatten in seiner Produktpalette hat. Zielpunkt war eine Druckerei in Newark, die im Auftrag der US-Zentralbank arbeitet."

"Wir werden sehr intensiv nachforschen müssen, in wie weit es in der Druckerei oder bei McGordon Inc. schwache Stellen gibt", meinte Mr. McKee.

"Es muss sie geben", war Carter überzeugt. "Dazu waren die Täter einfach zu gut informiert."

"Was ist mit den Wachleuten?", fragte ich.

"Soweit wir wissen, sind das zuverlässige Sicherheitsbeamte, die über jeden Zweifel erhaben scheinen", erwiderte Carter. "Sowohl diejenigen, die das Pech hatten mit im Transporter zu sitzen als auch die Leute von der Eskorte scheinen über jeden Zweifel erhaben..."

"Auch das werden wir genau überprüfen müssen", kündigte Mr. McKee an. Er sah sich um, blickte von einem G-man zum anderen. "Dieser Fall hat absolute Priorität. Denn, wenn der FBI nicht sehr schnell und sehr gut ist, werden uns die Täter durch die Lappen gehen. Und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann irgendwo eine Geldfabrik zu arbeiten beginnt, die Dollarnoten herstellt, die von niemandem mehr von echten Scheinen zu unterscheiden sind!"

Wir waren uns alle über den Ernst der Lage im Klaren.

"Ich werde mal die Reihe unserer Informanten abklappern", meinte Agent Clive Caravaggio. Der flachsblonde Italo-Amerikaner kratzte sich am Hinterkopf. "Wäre doch gelacht, wenn nicht der eine oder andere in Little Italy etwas von diesem Coup gehört hätte!"

"Sie tippen auf die Mafia?", fragte Mr. McKee.

Caravaggio zuckte die Achseln.

"Es war doch hier immer von einer schlagkräftigen Organisation die Rede! Die Mafia mag etwas in die Jahre gekommen sein, aber was die Organisation angeht, ist sie anderen Syndikaten immer noch meilenweit voraus!"

"Falschgeld ist eigentlich nicht gerade das traditionelle Betätigungsfeld der Mafia", gab Mr. McKee zu bedenken.

Caravaggio beugte sich etwas vor. "Ihr Betätigungsfeld liegt immer da, wo es großen Gewinn gibt..."

"Und wenig Risiko", gab ich zu bedenken. "Wenn wirklich die Mafia dahinterstecken würden, hätten wir vermutlich im Vorfeld irgend etwas gehört. Hinweise, Gerüchte... irgendetwas."

Mr. McKee sah mich nachdenklich an, dann wandte er sich an Caravaggio. "Versuchen Sie es, Clive! Immerhin ist die Mafia eine der wenigen in Frage kommenden Organisationen, die so etwas überhaupt auf die Beine stellen könnte! Außerdem müssen wir natürlich die bekannten Adressen in der Falschgeldszene abklappern..."

Jetzt meldete sich Agent Orry Medina zu Wort, ein G-man indianischer Herkunft, der durch seine ausgesucht edle Garderobe auffiel. "Wenn wir jeden unter die Lupe nehmen, der in dieser Hinsicht mal auffällig geworden ist und zur Zeit frei herumläuft, brauchen wir viel zu lange, um den Tätern noch gefährlich werden zu können!"

"Keine wahlloses Überprüfen", korrigierte Falschgeldspezialist Figueira. "Ich habe nach bestimmten Kriterien eine Vorauswahl getroffen... Es könnte gut sein, dass die Druckplatten in der Szene irgendwann angeboten werden und dann müssen wir zur Stelle sein. Schließlich sind die Dinger nicht geraubt worden, um sie in einem Safe versauern zu lassen."

Ich hoffte nur, das Figueira damit recht hatte.

Ein bisschen Zweckoptimismus war sicher auch dabei. Denn, wenn sich wirklich jemand dazu entschloss, die Platten einfach für ein paar Jahre wegzuschließen, sah es für uns unter Umständen nicht gut aus.

Aber vielleicht hatten wir ja Glück, und einer der Täter lief in das weitgespannte Netz, das der FBI im Verbund mit den Staatspolizeien von New York und New Jersey gezogen hatte. Straßenkontrollen an den Highways und Bundesstraßen gehörten dazu ebenso wie eine Überwachung der Flughäfen.

Ein Netz, das uns Fahndungsspezialist Max Carter im Anschluss eingehend erläuterte.

Uns rauchten die Köpfe, als schließlich Mandy, die Sekretärin unseres Chefs, für eine angenehme Unterbrechung sorgte. Sie brachte uns ein Tablett mit dampfenden Pappbechern herein. Mandys Kaffee war im gesamten FBI-Hauptquartier eine Legende.

4

Milo und ich fuhren nach Queens. Das Gelände von McGordon Inc. lag an einer Sackgasse, bei der sich niemand die Mühe gemacht hatte, ihr einen Namen zu geben. Strenggenommen war es überhaupt keine öffentliche Straße, sondern ein Privatweg, der der Firma gehörte.

Wir mussten mehrere Schlagbäume passieren. Jedesmal wurden unsere FBI-Ausweise einer intensiven Prüfung unterzogen.

"Als würden die den Schatz von Fort Knox bewachen", scherzte Milo.

Der eigentliche Komplex war mit einem hohen Zaun abgesperrt. Düster dreinblickende Uniformierte patrouillierten auf und ab. Mannscharfe deutsche Schäferhunde wurden an kurzen Leinen geführt. Es beruhigte mich zu sehen, dass sie Maulkörbe trugen.

Wir stellten den Sportwagen auf einen Mitarbeiterparkplatz und stiegen aus.

Eine wasserstoffblonde Schönheit erwartete uns mit geschäftsmäßigem Lächeln.

Sie reichte mir die zierliche Hand mit rotlackierten Nägeln - passend zu ihrem engsitzenden Kostüm.

"Mein Name ist Janet Larono. Ich bin die Pressesprecherin von McGordon Inc. und verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit."

"Jesse Trevellian, FBI", sagte ich. "Dies ist mein Kollege Milo Tucker..."

"Ja, Sie wurden bereits erwartet..."

"Allerdings weiß ich nicht, ob Sie der richtige Gesprächspartner für uns sind", wandte Milo ein. "Nichts gegen Ihre Arbeit, aber es geht hier nicht darum, etwas an die Öffentlichkeit zu verkaufen."

Janet Larono hob die Augenbrauen. Sie ließ sich nicht anmerken, ob sie beleidigt war.

"Ich kann Ihnen versichern, dass ich durchaus in der Lage bin, Ihnen zu helfen. Ich bin instruiert worden, Sie überall dort hinzuführen, wo Sie hinwollen..."

"Das ist gut", sagte ich. "Uns interessiert vor allem der organisatorische Ablauf bei der Vorbereitung des Transports. Seit wann standen Zeitpunkt und Fahrtroute fest?"

"Das werden wir klären können, Mr. Trevellian", erwiderte sie.

"Nennen Sie mich ruhig, Jesse."

Vielleicht war das Lächeln, das ich dieser Schönheit geschenkt hatte, etwas zu nett. Jedenfalls war ihre Erwiderung kühl wie ein Gefrierschrank.

"Ich will Ihnen gleich sagen, dass Ihr Charme an dieser Stelle verschwendet ist, Mr. Trevellian."

"Ach,ja?"

"Ich halte Beruf und Privatleben strikt auseinander."

"Ich wollte nur freundlich sein!"

"Dann ist es ja gut."

"Hören Sie, Janet..."

"Nennen Sie mich lieber Miss Larono."

"...könnte es sein, dass jemand anderes in Ihrem Unternehmen diese Trennung nicht so genau nimmt?"

"Was meinen Sie damit?"

"Die Täter waren sehr gut informiert. Sie wussten Details, die eigentlich nur jemand wissen konnte, der an der Quelle sitzt!"

Sie zeige mir ihre wunderschönen Zähne, als sie erwiderte: "Was glauben Sie, worüber sich hier jeder Gedanken macht, Mr. Trevellian?"

Officer Cameron von der New Jersey State Police schob sich die Mütze ein Stück in den Nacken. Er schwitzte erbärmlich unter seiner kugelsicheren Weste. Die Maschinenpistole vom Typ Heckler und Koch hing ihm an einem breiten Riemen über der Schulter.

"Die Kerle sind doch längst über alle Berge", war sein Kollege, Officer Brent überzeugt, der eigentlich seinen verdienten Urlaub hatte nehmen wollen und von seinem Vorgesetzten in letzter Sekunde zurückgepfiffen worden war.

Ein weißer Golf fuhr langsam an die Straßensperre heran, die die Interstate in Richtung Pennsylvania blockierte.

Ein gutes Dutzend State Police-Beamte waren schwer bewaffnet in Stellung gegangen und kontrollierten jeden Fahrer. So gründlich wie möglich durchsuchten sie die Wagen nach Waffen oder anderen Gegenständen, die vielleicht mit dem Überfall auf den Druckplatten-Transport in Verbindung stehen konnten.

Die Gangster waren ja in alle Richtungen davongebraust.

Bei irgendeinem von ihnen war die Beute.

Der Golffahrer trug eine dunkle Sonnenbrille. Er wirkte ziemlich mürrisch.

Als er ziemlich hektisch unter seine Jacke griff, um seine Papiere herauszuholen, wurden gleich mehrere Maschinenpistolen durchgeladen. Das Geratsche ließ den Mann erstarren.

Ganz langsam zog er dann seinen Führerschein heraus.

"Sie müssen schon entschuldigen", meinte Officer Cameron dann, nachdem er die Papiere überprüft und den Kofferraum durchsucht hatte. "Die Kerle, auf die wir scharf sind, haben eine Bazooka..."

"Schon gut", sagte der Mann. "Ich habe von der Sache im Radio gehört!"

Cameron winkte ihn durch.

Dann kam ein Mercedes.

Zwei Männer saßen darin.

Baseballmützen und Sonnenbrillen mit Spiegelgläsern ließen von ihren Gesichtern so gut wie nichts übrig, woran man sie identifizieren konnte.

Die beiden wirkten nervös. Ein heftiger Wortwechsel ging zwischen ihnen hin und her. Cameron konnte davon keine Silbe verstehen. Er sah nur die Gesten.

Der Wagen kam heran.

Cameron klopfte an die Scheibe der Beifahrertür. Langsam glitt sie hinunter.

"Führerschein und Zulassung bitte. Und setzen Sie Sonnenbrille und Mütze ab..."

Der Fahrer suchte in seinen Taschen, während Officer Brent von außen die Tür öffnete. Die Maschinenpistole hatte der State Police-Mann im Anschlag.

"Hier ist der Führerschein", sagte der Fahrer schließlich und reichte ihn Brent.

"Sie sind Jay Wilbur?" fragte Brent.

"Ja." Er setzt seine Brille und die Baseballmütze ab. "Gibt bessere Fotos von mir, denke ich!"

"Was ist mit der Zulassung?", fragte Brent.

"Ich weiß nicht, ich dachte, ich hätte sie in den Führerschein gelegt... Vielleicht im Handschuhfach..."

Der Beifahrer beugte sich vor, um das Handschuhfach zu öffnen. Aber Cameron hielt ihn davon ab. "Zurück! Steigen Sie aus, das machen wir!"

Brent wandte sich an den Fahrer: "Sie auch, Mr. Wilbur! Ziehen Sie den Schlüssel ab und geben Sie ihn mir!"

Die beiden stiegen aus.

Wilbur gab Brent den Schlüsselbund.

"Welcher ist für den Kofferraum?"

"Der mit dem schwarzen Rand!"

Brent warf ihm einem Kollegen zu, der nach hinten ging, um die Klappe zu öffnen.

"Das Gesicht zum Wagen, die Hände auf das Dach", sagte Brent. Wilbur gehorchte. Der Beifahrer stand ihm auf der anderen Seite gegenüber, ein Officer hinter ihm. Cameron öffnete derweil das Handschuhfach.

Dort war nichts, außer einem Funktelefon.

Jetzt meldete sich der Officer zu Wort, der den Kofferraum geöffnet hatte.

"Seht euch das an!", rief er, nachdem er etwas darin herumgekramt hatte. "Eine Bazooka!"

Sekundenbruchteile war Officer Brent abgelenkt. Der Schlag kam mit unwahrscheinlicher Geschwindigkeit. Ein mörderischer Handkantenschlag in die Halsgegend - geführt, als wäre die Hand eine messerscharfe Klinge. Jay Wilbur hatte seine volle Kraft in diesen Schlag gesetzt. Ein hässliches, knackendes Geräusch wurde von dem Ächzen übertönt, das aus Wilburs Mund kam.

Während Officer Brent mit starren Augen und unnatürlich abgewinkeltem Kopf zu Boden sackte, riss Wilbur dem Toten die MPi aus den Händen. Eine Sekunde später feuerte er wild drauflos.

Zwei State Police Beamte zuckten unter den Feuerstößen zusammen, die aus der MPi herauskrachten. Die Projektile rissen die Einsatzjacken auf, fraßen sich in die kugelsicheren Westen. Ihre Wucht war dennoch immens. Einer der Officers taumelte zurück und riss dabei seine eigene Waffe hoch. Rot züngelte das Mündungsfeuer aus dem kalten Lauf.

Aber der Schuss ging dicht über Wilbur hinüber.

Den etwas weiter rechts stehenden Officer erwischte es am Kopf.

Wilbur duckte sich, während der Feuerstoß einer Polizeiwaffe in seine Richtung ging. Die Kugeln ließen die Scheiben zerspringen und stanzten Löcher in das Blech.

Wilbur hechtete in den Wagen und zog die Tür hinter sich zu. Seinen Beifahrer hatten die Cops. Jedenfalls sah Wilbur nichts von ihm. Und die Officers, die auf der Beifahrerseite des Mercedes gestanden hatten, hatten sich ganz offensichtlich in Sicherheit gebracht.

Wilbur lud die MPi durch.

Keiner würde ihn kriegen!

Keiner!

Erst jetzt bemerkte er das Blut an der Schulter. Er fluchte lautlos.

Das Puls ging ihm bis zum Hals.

"Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!", dröhnte von draußen ein Megafon. "Sie haben keine Chance!"

Wilbur verzog das Gesicht zu einer wölfischen Grimasse.

Er dachte gar nicht daran, aufzugeben.

Wilburs griff ging an die Verkleidung unterhalb des Lenkrades. Er riss sie einfach heraus. Mit geübten Bewegungen zog er die entscheidenden Kabel heraus. Er schloss den Wagen kurz. Der Motor sprang an und übertönte das Megafon, das ihn noch einmal zum Aufgeben aufforderte.

Wilbur drückte den Schalthebel des Automatikgetriebes in die Position D.

Dann trat er mit dem Fuß das Gaspedal voll durch.

Der Mercedes schoss vorwärts.

Wilbur musste blind fahren.

Den Straßenverlauf schätzte er grob aus der Erinnerung.

Mit einer Hand lenkte er, während die andere die MPi umklammert hielt.

Wie ein Geisterwagen schoss der Mercedes auf die Barriere zu. Die State Police Officers sprangen zur Seite, während die rotgestreifte Sperre durch die Luft geschleudert wurde.

Wilbur tauchte hoch, hielt mit einer Hand die Maschinenpistole empor und ließ die Waffe losknattern.

Die Projektile pfiffen durch die zersprungene Scheibe.

Der Mercedes jagte indessen in seiner Höllenfahrt vorwärts.

Aber nur noch wenige Sekunden lang.

Ein Ruck ging durch den Wagen.

Ein Knall!

Wilbur verlor die Kontrolle über den Wagen. Ein schleifendes Geräusch ertönte. Der Geruch von verbranntem Gummi erfüllte die Luft.

Wilbur hatte eine Wegfahrsperre überfahren.

Spitze Metalldornen hatten sich in die Reifen gebohrt. Der Wagen rutschte schräg über die Straße und krachte dann gegen einen der Einsatzwagen der State Police.

Wilbur schlug mit dem Kopf hart auf.

Etwas benommen erhob er sich.

Einer der State Police-Männer war bereits mit der Waffe im Anschlag an den Mercedes herangestürmt.

"Fallenlassen!", brüllte dieser.

Wilbur ließ die MPi nicht fallen. Er riss die Waffe hoch und ließ seinem Gegenüber keine Wahl. Die Kugel traf Wilbur im Oberkörper. Er selbst hatte fast gleichzeitig gefeuert.

Das Projektil war oben an der Dachkante durch das Blech gefetzt. Etwa eine Handbreit am Kopf des State Police-Beamten vorbei.

Janet Larono hatte uns in die Personalabteilung geführt. Wir gingen zusammen mit Personalchef Duane Jennings die Daten jener Mitarbeiter durch, die in den sicherheitsrelevanten Bereichen beschäftigt waren. Insbesondere interessierte uns natürlich, in wie weit sie Zugang zu den Einsatzplänen hatten, die für die Transporte existierten.

"Wir gehen da auf Nummer sicher", erläuterte uns Duane Jennings, ein ergrauter Mitvierziger, der ziemlich ratlos wirkte. "Einzelheiten werden immer erst festgelegt, kurz bevor es losgeht. Selbst die begleitenden Sicherheitsleute wissen nicht, wann es losgeht oder was sie transportieren."

"Solche Transporte scheinen häufiger vorzukommen", meinte ich.

"Wir sind eines der wenigen Unternehmen in unserer Branche, das diesen Standard aufweist. Das der Dollar immer noch eine relativ leicht zu fälschende Währung ist, liegt nicht an uns, sondern an der Regierung, die einfach kein Geld für wirklich innovative Neuerungen hat." Jennings redete sich geradezu in Rage. "Aus Sicherheitsgründen wäre ein Austauschen sämtlicher Dollar-Noten längst überfällig. Aber wer will das bezahlen."

"Allerdings."

"Wir bieten unsere Technologie übrigens weltweit an. Einige südamerikanische und asiatische Länder lassen ihr Geld mit unseren Verfahren drucken und wir warten auch die Druckanlagen. Wir hatten sogar schon Anfragen aus den ehemaligen GUS-Staaten, von denen ja jetzt jeder sein eigenes Geld produziert. Naja, Sie können sich denken, dass wir da eben ab und zu kostbare Teile hin- und hertransportieren müssen."

"Ist das kein immenses Risiko?"

"Es sind ja nicht jedesmal komplette Druckplatten. Manchmal auch elektronische Bauteile, mit denen höchstens die Konkurrenz etwas anfangen könnte. Aber bis jetzt haben wir nie Probleme gehabt, Mr. Trevellian."

"Doch diesmal hat jemand genau Bescheid gewusst und entsprechend zugeschlagen", gab ich zu bedenken. "Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann hätte es den Gangstern auch wenig gebracht, einfach nur irgendeinen ihrer Transporte zu überfallen, weil das transportierte Gut dann zumindest für sie - wertlos gewesen wäre."

"Das ist richtig." Duane Jennings nickte nachdenklich.

"Haben Sie irgendeine plausible Erklärung dafür?"

"Nein."

In diesem Moment ertönte ein Summton. Jennings schaltete die Gegensprechanlage seines Büro ein.

"Ich habe doch gesagt: Keine Störung!", fauchte er.

"Mr. Jennings, es gibt Schwierigkeiten", säuselte eine Sekretärinnenstimme, der man die Verwirrung deutlich anhörte.

"Hier ist Mr. Reilly von der EDV... Es scheint da ein Problem zu geben..."

Reilly war noch einen ganzen Kopf größer als ich, blassgesichtig und trug eine ziemlich dicke Brille.

"Es scheint so, als hätte jemand an unserer EDV herummanipuliert", erläuterte er. "Jedenfalls ist eine E-Mail abgeschickt worden, kurz nachdem der Einsatzplan für den Transport eingegeben wurde."

"Können Sie nicht ermitteln, wer von den Mitarbeitern zu der Zeit im System war?", fragte ich.

"Sicher, das ist möglich."

"Gut. Sie werden verstehen, wenn wir die befragen würden. Ich schlage vor, Sie rühren das System jetzt nicht mehr an."

"Aber..."

Reilly schien davon nicht begeistert zu sein.

"Der FBI verfügt über Computerspezialisten. Lassen Sie unsere Leute da heran. Dann haben wir vielleicht eine Chance, zu rekonstruieren, was passiert ist!"

In diesem Moment klingelte das Handy in Milo Tuckers Jackentasche. Er holte das Gerät heraus, nahm es ans Ohr und sagte ein paarmal "Ja."

"Und?", fragte ich, nachdem das Gespräch beendet war.

"Die New Jersey State Police hat zwei Kerle gefasst, die eine Bazooka im Kofferraum hatten. Einer der beiden starb bei einem Feuergefecht, aber der zweite Mann lebt."

Immerhin, dachte ich. Das sah endlich nach einem Anfang in diesem Fall aus.

Die meisten Leute wohnen in Queens, um in Manhattan zu arbeiten. Bei Nathan Reilly war es umgekehrt und damit gehörte er zu einer Minderheit. Der Top-Job, den er bei McGordon Inc. innehatte, sorgte dafür, dass er sich eine Wohnung am Central Park West leisten konnte. Nicht gerade ein Penthouse, aber die Aussicht war auch aus dem 9.Stock traumhaft genug.

Es war später als gewöhnlich.

New York war bereits zu einem Lichtermeer in der Dunkelheit geworden.

Reilly passierte den Security-Mann am Eingang dieses Mietshauses. Nur die wirklich guten Adressen leisteten sich diesen Luxus noch. Zumeist wurden die Sicherheitsdienste durch elektronische Überwachungsanlagen verdrängt.

"Guten Abend, Mr. Reilly!"

"Hallo, Jordan! Wie geht's?"

"Ich beneide Sie, Sir. Sie haben schon Feierabend, mein Dienst beginnt erst."

Reillys Lächeln war matt. Die Erlebnisse des heutigen Tages waren nicht spurlos an ihm vorbeigegangen.

Er nahm den Aufzug.

Wenig später stand er dann vor seiner Wohnungstür.

Sie war nicht abgeschlossen.

Reilly runzelte die Stirn. Er öffnete die Tür und trat ein.

Die Wohnung war sehr großzügig - zumal für einen Single.

Und für New Yorker Verhältnisse ohnehin, wo jeder bewohnbare Quadratmeter einer Wertanlage gleichkam.

Reilly durchquerte das Wohnzimmer. Seine Aktentasche legte er auf einen der weichen, etwas klobigen Sessel.

Die Tür zum Schlafzimmer stand einen Spalt breit offen.

Dahinter war es dunkel.

Reilly lockerte sich die Krawatte und schob sich die dicke Brille wieder den Nasenrücken hinauf.

Dann ging Reilly zur Schlafzimmertür. Er gab ihr einen Stoß, so dass sie sich vollkommen öffnete.

"Hallo, Darling!"

Die rauchige, tiefe Frauenstimme wirkte elektrisierend auf Reilly.

Er machte einen Schritt nach vorn.

Auf dem breiten Bett räkelte sich im Halbdunkel eine aufregende Schönheit. Die langen Stiefel reichten ihr bis zur Hälfte der Oberschenkel. Der schwarze Lederfummel den sie trug, ließ die Körpermitte frei. Die wenigen Fetzen, mit denen sie bekleidet war, schmiegten sich geradezu perfekt an ihre aufregende Formen.

Ihr Blick hatte etwas Herausforderndes.

Eine Strähne ihrer blauschwarzen Mähne befand sich zwischen ihren großen, sinnlich wirkenden Lippen.

"So magst du mich doch am liebsten, oder Darling?", hauchte die Leder-Lady.

"Ja...", murmelte Nathan Reilly kaum hörbar. Er musste schlucken. Der ganze verdammte Tag bei McGordon Inc. war für ein paar Augenblicke vergessen. Mein Gott, dachte er.

Die Leder-Lady zog einen Schmollmund.

"Ich musste lange auf dich warten, Darling."

"Ich weiß, Baby... Ich weiß..."

"War irgend etwas Besonderes?"

"Es gab Probleme in der Firma!"

"Was denn für Probleme?"

"Unwichtig, Baby!"

"Komm schon, öffne dein Herz, Darling."

Reilly kam näher. Ein Schritt noch trennte ihn von dem breiten Bett und dieser Traumlady. Reilly registrierte, dass ihre Brüste das knappe Lederteil um ihren Oberkörper beinahe zu sprengen drohten.

Und dann blieb der Computerfachmann von McGordon Inc. abrupt stehen.

Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte die Leder-Lady etwas metallisch Aufblinkendes in der Hand.

Eine Pistole.

Der kalte Lauf war so blank, dass man sich darin spiegeln konnte. Und die Mündung war direkt auf Reillys Körper gerichtet.

Ein teuflisches Lachen ging über die dunkelrot geschminkten Lippen der Leder-Lady.

"Setz dich, mein Guter," säuselte sie.

"Ja..."

Reilly gehorchte wortlos.

Die Leder-Lady lachte schrill.

"Na, los, mach schon!" forderte sie ihn dann auf.

Reilly langte in seine Hemdtasche. Er holte ein Päckchen Zigaretten heraus und nahm sich eine heraus. Seine Finger zitterten leicht. Er steckte sie sich in den Mund. In den Augen der Leder-Lady blitzte es.

"Na, endlich, Darling", hauchte sie.

Und drückte ab.

10 

Die Leder-Lady atmete tief durch. Ihre Brüste hoben und senkten sich dabei. Sie richtete sich vollends auf und lächelte zufrieden, als die Flamme aus dem Revolverlauf schlug.

Reilly beugte sich etwas nieder, so dass die Zigarette an die Flamme kam.

Dann nahm er einen tiefen Zug.

"Die eigenen vier Wände - einer der wenigen Orte an denen man in New York diesem Laster noch frönen darf", meinte er.

"Du solltest es dir trotzdem abgewöhnen", erwiderte die Leder-Lady.

"Ja, ja..."

"Ist auch schlecht für die Liebe, Darling."

"Wenn mich nichts anderes umbringt, bin ich zufrieden, Baby."

"Tja, wer kann das schon garantieren", murmelte die Leder-Lady mehr zu sich selbst als zu ihrem Darling.

Sie erhob sich und stand auf.

Reilly verschluckte sich fast, als er die schwindelerregende Silhouette ihrer Figur sah.

Ihr Blick war auf die silberfarbene Pistole gerichtet.

"Ein hübsches Feuerzeug, was du da hast", meinte sie und richtete den Lauf erneut auf Reilly. Sie drückte ab, ließ das Feuer herausschießen und warf dem Computerspezialisten dann das Spielzeug zu. Reilly fing es mit Mühe auf.

Dann lehnte er sich zurück.

Die Leder-Lady begann, an ihren Sachen herumzunesteln.

"Was machst du da?", fragte Reilly.

"Na, wonach sieht's denn aus, Darling?"

Ein Teil nach dem anderen glitt zu Boden, bis sie schließlich nur noch die hohen Stiefel trug. Nichts sonst.

Ihr aufregender Körper schimmerte im Gegenlicht. Reilly sah ihr fasziniert zu.

Dann beugte sie sich über ihn. Ihre aufregenden Brüste wippten dabei auf und nieder.

Sie packte ihn an der Krawatte.

"Darling, du erzählst mir jetzt, was in der Firma war..."

"Später, Baby! Später..."

"Nein, jetzt! Solange das nicht 'raus ist, kannst du dich sowieso nicht richtig entspannen, Nathan!"

Reilly atmete tief durch.

Ihre Augen funkelten ihn an.

"Na, los!", forderte sie.

Sie saß jetzt rittlings auf seiner Körpermitte.

"Du hast sicher von dem Überfall gehört... Auf den Transport, der Druckplatten zur Produktion von Dollarnoten in eine Druckerei nach Newark bringen sollte..."

"Die kamen aus eurem Laden?", fragte die Leder-Lady.

"Ja." Reilly hatte Schweißperlen auf der Stirn. Er starrte erst einen Augenblick auf ihre Brüste, dann in ihr Gesicht.

"Mein Gott, der FBI war bei uns. Wir sind nacheinander verhört worden. Die Gangster wussten genauestens Bescheid... Und dann stellte sich noch heraus, dass jemand an unserer EDV

herummanipuliert hat."

"Ach! Jemand von euch?"

Reilly schüttelte den Kopf. "Jemand von außen... Aber eigentlich ist das unmöglich..."

"Wieso? Hacker sind doch auch in die Zentralcomputer des Pentagon gelangt!"

"Trotzdem... Mit Hilfe der FBI-Spezialisten konnten wir in etwa rekonstruieren, was passiert ist. Die haben unsere Passwörter benutzt!"

"Hat der FBI denn schon irgendeine Spur?"

"Die werden jetzt nacheinander jeden durchleuchten, der Zugang zum Sicherheitsbereich hatte! Und dann ist da noch..."

Er hielt plötzlich inne.

Sein Blick wurde nachdenklich. Er schien durch ihren Körper hindurchzublicken.

"Was?", fragte sie.

Ihre Stimme klirrte jetzt wie Eiswürfel in einem Glas Scotch.

"Nichts", murmelte er.

Sie stieg von ihm herunter.

"Was ist los?", fragte Reilly.

Sie antworte ihm nicht.

Er sah, wie sie nackt auf diesen bis zu den Oberschenkeln reichenden Stiefeln durch das Halbdunkel ging.

Reilly richtete sich auf.

Er sah gerade noch, wie die Leder-Lady nach ihrer Handtasche griff, die sie auf einem Stuhl abgelegt hatte. Sie öffnete die Tasche. Etwas Dunkles, Längliches kam zum Vorschein.

Eine Pistole mit Schalldämpfer.

Reilly öffnete den Mund. Seine Augen waren schreckgeweitet.

Er brachte keinen Ton heraus.

Die Leder-Lady streckte den Arm aus und zielte. Ein kurzes 'Plop!' ertönte. Rot züngelte für einen Sekundenbruchteil das Mündungsfeuer aus dem Schalldämpfer.

Mitten auf Reillys Stirn bildete sich ein roter Punkt, der rasch größer wurde. Reilly wurde nach hinten gerissen.

Ein zweiter Schuss traf ihn im Oberkörper und verursachte ein letztes Zucken.

Reillys tote Augen blicken fragend gegen die Decke.

Die Leder-Lady trat noch einmal etwas näher an ihn heran, um sich davon zu überzeugen, dass er auch wirklich nicht mehr lebte.

"Tut mir leid, Darling", murmelte sie dann. "Aber dich am Leben zu lassen hätte einfach ein zu großes Risiko bedeutet."

11 

Es war schon dunkel, als Milo und ich mit meinem Sportwagen durch die Straßen von Manhattan jagten. Das Blaulicht hatte Milo auf das Dach gesetzt.

Wir mussten schnell sein.

Verdammt schnell.

Stundenlang hatten wir in den Büroräumen von McGordon Inc. die Mitarbeiter befragt, während unsere Computerspezialisten sich um die Manipulationen in der EDV gekümmert hatten.

Inzwischen stand fest, dass jemand von außen in das System eingedrungen war. Ein Hacker. Er hatte das Computersystem von McGordon Inc. dahingehend manipuliert, dass sämtliche Daten über Transporte, für die irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, sofort per E-Mail verschickt wurden. So waren die Gangster über jede Änderung - auch in letzter Minute - sofort informiert. Das Programm, dass bei McGordon Inc. benutzt wurde, erstellte normalerweise selbsttätig eine Protokoll-Datei, in der sämtliche Vorgänge verzeichnet waren. Der Hacker hatte dafür gesorgt, dass dieses Protokoll nur in verstümmelter Form vorlag. Unsere Spezialisten hatten es geschafft, die gelöschten Daten zurückzugewinnen. In dem Fall war das nicht so problematisch, weil die entsprechende Datei noch nicht neu überschrieben worden war. Aber unsere Leute hatten auch schon aus halb eingeschmolzenen Notebooks hin und wieder noch Daten retten können.

Das wichtigste hatten wir jedenfalls.

Nämlich jenen Telefonanschluss, über den die Daten empfangen worden waren.

Der Anschluss gehörte zum Blackwood-Hotel in der Lower East Side. Ein Etablissement der gehobene Ansprüche.

"Kaum zu glauben", meinte Milo. "Da sitzen diese Kerle seelenruhig in einem Hotelzimmer, schließen ihre Notebook ans Telefonnetz an und spionieren ohne irgendein Risiko die bestgehütesten Geheimnisse von McGordon Inc. aus!"

"Ja, Spione sind auch nicht mehr das, was sie mal waren", murmelte ich.

Vor uns wichen die Wagen nach rechts und links aus.

Die Leute hinter denen wir her waren, hatten keinen Grund, ihren Horchposten aufrecht zu erhalten.

Sie hatten bekommen, was sie wollten.

Die Lizenz zum Gelddrucken.

Wenn wir Pech hatten, dann waren sie längst über alle Berge.

Die Reifen des Sportwagen quietschten, als ich um eine Ecke bog. Ich hoffte, dass die Kollegen schneller waren, als wir.

Immerhin kamen wir von Queens her, während die anderen alarmierten G-men von der Zentrale an der Federal Plaza in Manhattan aus einen viel kürzeren Weg hatten.

Allerdings musste das im dichten New Yorker Abendverkehr nicht unbedingt sehr viel bedeuten.