Details

Spannung,  zart kribbelnd bis mörderisch


Spannung, zart kribbelnd bis mörderisch

Methoden der Spannungserzeugung für alle Genres
1. Auflage

von: Mara Laue

CHF 6.00

Verlag: Autoren.tips
Format: EPUB
Veröffentl.: 29.11.2021
ISBN/EAN: 9783961272501
Sprache: deutsch

Dieses eBook erhalten Sie ohne Kopierschutz.

Beschreibungen

Ob Krimi, Fantasystory oder Liebesroman – ohne Spannung geht es nicht. In diesem Ratgeber beschreibt die erfolgreiche Autorin Mara Laue alle gängigen Methoden der Spannungserzeugung, angefangen bei der im Thema des Plots begründeten Grundspannung über den Aufbau des Spannungsbogens bis hin zu den 20 gebräuchlichsten Tricks der zusätzlichen Spannungssteigerung. Er zeigt, beginnend mit dem Klappentext, das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten, mit denen das Spannungsniveau erzielt und gehalten wird, und erläutert unter anderem die wichtige Rolle von Originalität zur Spannungserzeugung. Hinweise zu genrespezifischen Besonderheiten und spezielle Tipps für Kurzgeschichten und das Schreiben verkaufsfördernder Klappentexte runden diesen Ratgeber ab.
​ 1. Spannung. Eine Definition

​ Spannung im literarischen Sinn ist ein dichterisches Mittel, um die Neugier und das Interesse der Lesenden in gesteigertem Maß zu wecken und wach zu halten. Dies gilt für jede Art der belletristischen Literatur, nicht nur für Krimis, Thriller und Abenteuerromane, die als Inbegriff der Spannungsliteratur gelten. Auch alle anderen Genres brauchen ein Mindestmaß an Spannung, um die Lesenden nachhaltig aus dem Alltag zu entführen. Sie erwarten eine Handlung, die sie idealerweise atemlos die Seiten verschlingen lässt in dem Bestreben, möglichst schnell zu erfahren, wie die Geschichte sich entwickelt und endet. Sie möchten mit den Hauptfiguren mitempfinden, mit ihnen leiden, hoffen, lachen, sich mit ihnen freuen. Ohne eine wenigstens zart kribbelnde Spannung sind selbst humorvolle Geschichten langweilig. Und wenn in einem Liebesroman keine Spannung – positive (Anziehung) wie negative (Konflikte) – zwischen den beiden sich (künftig) Liebenden herrscht, wirkt die Geschichte bis zu dem Moment, wo sie sich „kriegen“ (und darüber hinaus), wie eine Schlaftablette. Schon Voltaire meinte: „Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur nicht die langweilige.“
Ein Teil des Publikumsinteresses wird bereits durch das Thema selbst geweckt und dadurch, wie originell und mitreißend es sich schon in den ersten Sätzen/Absätzen des Textes präsentiert. Jedoch, das sei hier vorab gesagt, liegt es „im Auge der Betrachtenden“, was als spannend oder langweilig empfunden wird. In „Moby Dick“ gibt es seitenlange Ausführungen über Wale, ihre Arten, ihre Gewohnheiten. (Heute würde man solche Passagen als unschönen „Infodump“ streichen.) Manche Lesenden finden solche Informationen spannend, weil das Thema sie interessiert, andere sind davon zu Tode gelangweilt.
In Liebesromanen ist für viele Leserinnen (männliche Leser eher weniger) interessant, welche Kleidung die Heldin trägt und von welcher Marke ihre Schuhe sind oder wie ihre Handtasche aussieht. Andere überspringen solche Passagen, weil sie sie belanglos und uninteressant finden. Wieder andere empfinden jede Handlung als langweilig, die nicht möglichst viel Action enthält und können selbst dem spannendst präsentierten psychologischen Konflikt nichts abgewinnen. Manche fühlen Spannung erst, wenn sie mörderisch zuschlägt und empfinden Langeweile, wenn sie nur zart kribbelt, weil sie diese zärtliche („cosy“) Variante der Spannung gar nicht wahrnehmen.
Unabhängig von solchen Vorlieben gibt es etliche Methoden zu garantieren, dass das gesamte „Gewebe“ der Geschichte – egal ob lang (Roman) oder kurz (Kurzgeschichte) – ein Grundmaß an Spannung enthält, das die Lesenden sie bis zum Ende verschlingen und sie hinterher zufrieden mit dem Gelesenen zurücklassen. Diese Methoden lernen Sie hier kennen.

​ Grundsätzlich unterscheidet man zwischen den folgenden Spannungsarten.
​ Konfliktspannung. Alle Konflikte bestehen aus der Spannung, die durch die Differenzen erzeugt werden, welche die Hauptpersonen – Heldinnen/Helden mit ihren Feindinnen/Feinden oder mit sich selbst – beizulegen, zu lösen oder anderweitig auszutragen haben. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel7. Vorab schon jetzt: Ohne Konflikte (im weitesten Sinn) gibt es keine Spannung. Niemals.
​ Handlungsspannung. Die Handlung ist als solche spannend oder die Spannung erwächst aus der Handlung, zum Beispiel das Entschärfen einer Bombe, die jeden Moment explodieren kann, eine Actionszene oder eine Verfolgungsjagd. Abenteuerromane und Actionthriller leben überwiegend von Handlungsspannung.
​ Situationsspannung. Stehen sich die Hauptfigur und ihr Todfeind gegenüber, beide fest entschlossen, dass nur einer von ihnen die Begegnung überleben soll, so ist allein diese Konstellation spannungsgeladen, selbst wenn die beiden einander erst einmal nur anstarren. Das gilt auch für jede andere Situation, in der die positive und die negative Hauptperson aufeinandertreffen, auch wenn sie keine Todfeinde sind.
​ Entscheidungsspannung. Jemand muss eine Entscheidung treffen. Je weitreichender, konsequenzreicher oder schwerwiegender diese Entscheidung ist, desto größer ist der Konflikt oder sogar die Last der Entscheidungsfindung. Die Lesenden fiebern mit, wofür die Person sich entscheiden wird und was die Konsequenzen sein werden. Besonders spannend wird es, wenn jede Lösungsmöglichkeit einen erheblichen Nachteil beinhaltet und die Entscheidung die sprichwörtliche Wahl zwischen Teufel und Beelzebub ist, vielleicht sogar Opfer fordert. Nur: Welche Wahl ist das kleinere Übel?
​ Erwartungsspannung. Hierbei gibt es zwei Varianten. Entweder die Lesenden wollen wissen, wie die Handlung, die Geschichte, weitergeht, haben vielleicht sogar eine Vermutung und sind nun gespannt, ob sie sich erfüllt. Oder die Hauptfigur erwartet etwas Bestimmtes und will wissen, ob ihre Erwartung oder Befürchtung (Erwartung von etwas Negativem) zutrifft.
​ Überraschungsspannung. Sie ist die andere „Seite“ der Erwartungsspannung. Indem Sie die Lesenden mit unerwarteten Handlungsverläufen und ebenso unerwarteten Wendepunkten überraschen, erzeugen Sie in ihnen Spannung. Der Grund: Wenn Sie sich an althergebrachte Erzählstrukturen, Konflikte, Figuren und bekannte Handlungen halten und diese in Ihre Romane und Storys einarbeiten, wissen die Lesenden bereits, was kommen wird (zumindest teilweise). Dieses Wissen verhindert aber das Aufkommen von Spannung. Haben Sie Ihr Publikum stattdessen mit Ungewöhnlichem, vielleicht sogar bis dahin Unbekanntem überrascht, können die Lesenden nicht mehr vorausahnen, wie sich die Handlung entwickelt und sind gespannt, wie sie wohl weitergeht. (In Kapitel6, in dem die Originalität als Spannungsmittel vorgestellt wird, erfahren Sie dazu mehr.)
​ Psychologische Spannung. Diese greift nicht nur in ausgesprochenen Psychothrillern oder Kammerspielen (siehe Glossar), in denen sich zwei oder mehrere Leute ein Psychoduell liefern (hervorragendes Beispiel: das Theaterstück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ von Edward Albee). Psychologische Spannung entsteht, wenn zwei grundverschiedene Überzeugungen, ethische Werte, Verhaltensweisen oder Absichten (unvereinbar) aufeinandertreffen. Banales Beispiel: Das Ermittlerteam hat den Entführer geschnappt, der aber ums Verrecken nicht preisgeben will, wo er das Entführungsopfer gefangen hält, denn ohne das Opfer, das mit dem Finger auf ihn als Täter zeigt, kann man ihm die Tat nicht beweisen. Nun muss das Team ihn „weichkochen“, um das Opfer zu retten, bevor es verhungert, verdurstet, erstickt oder anderweitig ums Leben kommt. Dadurch entwickelt sich ein (actionloses) höchst spannendes Katz-und-Maus-Spiel, um dem Entführer mit allen möglichen psychologischen Tricks diese Information zu entlocken, bei dem es bei jedem Manöver um die Frage geht: Welches ist der eine Trick, auf den er reinfällt? Und während die Ermittelnden darüber rätseln, tun das auch die Lesenden. Spannung pur!
​ Anderes Beispiel: Man hat dem jungen Mönch sein Leben lang beigebracht, dass alle Nichtchristen „böse“ und verdammt sind, die man entweder bekehren oder töten muss. Dann trifft er auf einen Anhänger Odins, der sich nicht bekehren lassen will, aber der verhält sich „christlicher“ (indem er den Mönch rettet und beschützt), als die meisten Christen. Töten kann und will er den Odin-Anhänger nicht (mehr), aber wie kann er ihn bekehren? Oder ist am Ende er selbst der „Bekehrte“ und sei es nur in der Form, dass er das Missionieren aufgibt?
​ Allerdings empfinden nicht alle Lesenden psychologische Spannung als interessant, denn es gibt durchaus Menschen, für die nur geballte Action Spannung bedeutet und alles andere langweilig ist.
​ Erklärungsspannung/Aufklärungsspannung. Hierbei steht die Erklärung einer Handlung oder eines Verhaltens oder die Auflösung eines Rätsels (im weitesten Sinn) im Mittelpunkt. Diese Erklärung/Aufklärung wirkt jedoch – zusätzlich zur Art der Beschreibung – nur dann spannend, wenn sie erstens etwas offenbart, womit die Lesenden nicht gerechnet haben oder was sie nicht schon durch die vorangegangene Handlung wissen. War sich der Verliebte sicher, seine Freundin habe ihn wegen eines anderen Mannes verlassen, wäre eine Erklärung, die das bestätigt, gänzlich unspannend. Anders verhält es sich, wenn die Freundin einen ganz anderen Grund hatte, vielleicht erpresst wurde. Zweitens: Zur Erzeugung von Spannung darf die Erklärung nicht „linear“ gegeben, nicht einfach der Reihe nach „aufzählend“ berichtet werden.
BEISPIEL:
Bleiben wir bei der Frau, die ihren Freund verlassen hat. Am Ende der Geschichte oder auch – je nach Aufbau – in der Mitte (als ein wichtiger Wendepunkt) treffen sie sich zufällig oder verabredet und der Freund verlangt eine Erklärung. Die lautet: „Ich habe dich nicht freiwillig verlassen. Ich wurde erpresst. Alex hat gedroht, meinen Bruder zu töten, wenn ich es nicht tue. Er wollte dadurch erreichen, dass du so sehr von der Rolle bist wegen der Trennung, dass du bei deinem Projekt Fehler machst, damit er selbst den Auftrag bekommen konnte. Es geht immerhin um Millionen.“
Diese Erklärung gibt zwar eine überraschende Begründung für den Freund und die Lesenden, wenn alles bisher wie ein böswilliges Verlassen von Seiten der Freundin ausgesehen hat, ist aber in ihrer Schilderung völlig spannungslos. Machen wir daraus eine spannende Erklärung.
„So lass dir doch erklären“, bat Ina.
„Du musst mir gar nichts erklären“, wehrte Ben schroff ab. „Du hast mich wegen eines anderen Kerls verlassen, schon klar. Ich frage mich nur, was der dir bieten kann, was ich dir nicht auch hätte bieten können.“ Wirklich wissen wollte er das allerdings nicht.
Hier entsteht Spannung dadurch, dass die Erklärung zu scheitern droht, weil Ben sie angeblich gar nicht wissen will. (Konfliktspannung: Ina will erklären, Ben will das nicht hören.)
Sie ballte die Fäuste. „Ja, ich habe dich wegen eines anderen Mannes verlassen, wenn du so willst. Nämlich wegen Oliver.“
Er runzelte die Stirn. „Oliver“, wiederholte er und schüttelte den Kopf. „Was hat denn dein Bruder damit zu tun?
Weitere Spannung entsteht, denn auch die Lesenden möchten wissen, was der Bruder mit der Sache zu tun hat, wo doch bisher alles darauf hindeutete, dass Ina in einen anderen Mann verliebt war. (Erwartungsspannung)
Erzähl mir nicht, er habe dich gezwungen, mir den Laufpass zu geben, weil er mich nicht leiden kann oder was auch immer für eine Scheiße dir einfällt. Er ist mein Freund. Schon länger als ich dich kenne.“
„Nein, er hat mich zu nichts gezwungen. Das war Alex.“
Ben war sich sicher, dass sie ihn verarschen wollte, um ihr Verhalten zu rechtfertigen. Er sollte sie stehen lassen und seines Weges gehen.
Der nächste Spannungsschub: Geht Ben, denn dann bleibt die Sache an dieser Stelle noch unaufgeklärt (und die Lesenden schmoren im Saft ihrer Erwartung auf Inas Erklärung), oder bleibt er?
Aber er war unfreiwillig neugierig geworden. „Was hat Alex damit zu tun?“
„Er hat mich mit Olivers Leben erpresst und gedroht, ihn zu töten, wenn ich dich nicht verlasse.“
PENG! Hier ist ein kleines Bömbchen explodiert, denn mit dieser Erklärung haben die Lesenden nicht gerechnet. Aber ist das die Wahrheit? Wenn ja, warum? Neue Erwartungsspannung ist entstanden.
Sie verarschte ihn, kein Zweifel. Er musste sich beherrschen, um ihr nicht eine reinzuhauen. „Verdammt, Ina, behalte deine Lügen für dich und steh gefälligst zu deinen Entscheidungen, statt hier Horrorstorys zu erfinden.“
Sie funkelte ihn zornig an. „Das ist keine Story, du selbstgerechtes Arschloch, sondern die Wahrheit!“
„Ach nee!“ Er wurde langsam richtig wütend. „Und welchen gottverdammten Grund sollte Alex für so eine Intrige und kriminelle Handlung haben?“
Ja, warum, verdammt?, wollen die Lesenden nun unbedingt wissen und warten auf die Erklärung, die sie sich ebenso wenig zusammenreimen können wie Ben. (Erwartungsspannung)
„Das Projekt. Kannst du dir das nicht denken?“
Das hatte er sich zwar bis zu diesem Moment tatsächlich nicht denken können, aber falls das stimmte, ergab es durchaus einen Sinn.
Den die Lesenden aber nicht (er)kennen, ihn auch nicht erahnen können und unbedingt die Antwort erfahren wollen. (Erwartungsspannung)
Fragend sah er Ina an.
„Alex wusste, wie viel ich dir bedeute. Und er wusste oder ahnte zumindest, wie viel Kraft du aus unserer Beziehung schöpfst. Du hast mich ja mehr als einmal in aller Öffentlichkeit als deine Muse bezeichnet und dass ich der Mittelpunkt deines Lebens sei. Er hat sich gedacht, wenn ich nicht mehr da bin, bist du so von der Rolle, dass du das Projekt vernachlässigst und vielleicht Fehler machst, sodass er mit seiner eigenen Ausführung glänzen kann und dann den Auftrag bekommt. Und er war wohl überzeugt, dass dich eine Trennung erheblich mehr aus der Bahn werfen würde, als mein Tod. Das ist der einzige Grund, warum er mich nicht umgebracht, sondern mich mit Olivers Leben zur Trennung von dir erpresst hat.“
BUMM! Nun ist die dicke Bombe geplatzt und der Rest Spannung – vorerst! – damit abgeebbt.
Dieser Text berichtet inhaltlich dasselbe wie die oben beschriebene Kurzfassung. Sie ist aber deshalb erheblich spannender, weil Ina nicht sofort mit dem Grund für die Trennung „linear“ herausrückt, sondern sie Ben häppchenweise in Andeutungen serviert. Dadurch gibt sie ihm die Möglichkeit, seine eigenen Schlüsse zu ziehen und hofft, dass er auf die richtige Begründung kommt. Die dämmert ihm aber erst, als Ina das Projekt erwähnt.
Die hier verwendete Methode, Andeutungen zu machen und sie (vorerst) unerklärt in der Luft hängen zu lassen, sodass sich die Figuren der Geschichte wie auch die Lesenden erst langsam an den Kern der Sache herantasten müssen, wirkt auch an anderen Stellen spannungssteigernd (siehe Kapitel11.9 „Schweigen ist Gold“).

Diese verschiedenen Arten der Spannung kann man alle oder nur einige in einem Roman oder einer Story verarbeiten.

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